Freitag, 28.Oktober

Heute haben
Otto Flake * 1880
Jean Girodoux * 1882
Claire Goll * 1890
Geburtstag
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Theodor Fontane
Spätherbst

Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün,
Reseden und Astern sind im Verblühn,
Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht,
Der Herbst ist da, das Jahr wird spät.

Und doch (ob Herbst auch) die Sonne glüht, –
Weg drum mit der Schwermut aus deinem Gemüt!
Banne die Sorge, genieße, was frommt,
Eh‘ Stille, Schnee und Winter kommt.
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Unser Jugendbuchtipp


Anna Woltz: „Nächte im Tunnel“
Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann
Carlsen Verlag € 16,00
Jugendbuch ab 14

Wir sind jetzt zu dritt.
Wir waren zu viert, aber einer von uns wird sterben. Besser, du weißt das. Jetzt schon, bevor ich anfange.
Einer von uns stirbt, aber darum geht es nicht. Es änderte alles, das schon. Aber es geht darum, dass drei von uns weiterleben.
Wir drei haben alles überstanden. Die Bomben, die Brände, die Nächte. Wir sind noch da.
Unser Leben fängt gerade erst an.

Wir waren zu viert, aber oft hätten wir genauso gut allein sein können.
Wenn du Nächte im Dunkeln wartest, die knallharten Eisenrippen des Tunnels im Rücken, während über deinem Kopf die Welt zusammengeschlagen wird, was bringen dir dann andere Menschen?

Manchmal gar nichts.
Aber manchmal hilft es.

Wir waren zu viert, und das half.

London, September 1940. Fast jede Nacht wird die Stadt bombardiert.
Die 14jährige Ich-Erzählerin Ella verbringt mit ihrem 9jährigen Bruder Robbie und ihren Eltern die Nächte in den U-Bahnschächten unter der Stadt. Eng aneinandergedrängt liegen hier hunderte, tausende Menschen und das über acht Monate hinweg.
Ella begegnet immer wieder Jay, einem 16jähren, undurchsichtigen, Jungen, der irgendwelche krumme Dinger dreht. Und plötzlich steht da noch Quinn, ein Mädchen aus adligem Hause, die die Enge in ihrer Familie nicht mehr aushält und helfen will. Sie weiss zwar nicht wie, aber sie will mit ihren Händen zugreifen und nicht nur bedient werden.
Ella, Jay und Quinn haben jeweils ihre Geheimnisse, die im Laufe des Romanes aufgedeckt werden. Es ist fast schon, wie die „Letzte Brownie“-Geschichte aus Nottinghill, da jeder von sich meint, das schlechteste Lebenslos gezogen zu haben.
Diese Freundschaften müssen sich erst noch finden und festigen, aber dann halten sie auch auf Dauer.
Anna Woltz hat diesen Roman 2021 in den Niederlanden veröffentlicht und wohl nicht gedacht, wie aktuell er jetzt, ein Jahr später, werden wird. Wenn wir uns an die Berichte von Serhji Zhadan erinnern, der über die Bombadierungen der Städte berichtet, wie Menschen sich wieder in Luftschutzbunkern begeben müssen (sogar Herr Steinmeier musste ein paar Stunden dort verbringen) und wie Zhadan dort unten Konzerte gibt (genauso wie Quinns älterer Bruder), ist es schon verblüffend.
Ein Buch über eine brutale Realität, über die jeweiligen Hoffnungen für die Zukunft. Denn eigentlich fängt das Leben ja erst an.
Ein bewegender, spanndender Jugendroman mit einem hoffnungsvollen Ende in eine bessere Zukunft und einem Sprung sechs Jahre später.


Montag, 10.Mai

Gestern hatte Sophie Scholl ihren 100.Geburtstag.
Das Banner hängt am ehemaligen Wohnhaus der Familie Scholl am Ulmer Münsterplatz.
Davor die Stehlen zur Erinnerung an die Weiße Rose.
(Foto: Uwe)

Heute haben
Johann Peter Hebel * 1760
Friedrich Gerstäcker * 1816
Fritz von Unruh * 1885
Petra Hammesfahr * 19561
Ralf Rothmann * 1953
Geburtstag
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Johan Peter Hebel
Abendlied wenn man aus dem Wirtshaus geht

Jetzt schwingen wir den Hut.
Der Wein, der war so gut.
Der Kaiser trinkt Burgunder Wein,
Sein schönster Junker schenkt ihm ein,
Und schmeckt ihm doch nicht besser,
Nicht besser.
Der Wirt, der ist bezahlt,
Und keine Kreide malt
Den Namen an die Kammertür
Und hintendran die Schuldgebühr.
Der Gast darf wiederkommen,
Ja kommen.
Und wer sein Gläslein trinkt,
Ein lustig Liedlein singt
Im Frieden und mit Sittsamkeit
Und geht nach Haus zu rechter Zeit,
Der Gast darf wiederkehren,
Mit Ehren.
Des Wirts sein Töchterlein
Ist züchtig, schlank und fein,
Die Mutter hält’s in treuer Hut,
Und hat sie keins, das ist nicht gut,
Musst’ eins in Strassburg kaufen,
Ja kaufen.
Jetzt, Brüder, gute Nacht!
Der Mond am Himmel wacht;
Und wacht er nicht, so schläft er noch.
Wir finden Weg und Haustür doch
Und schlafen aus im Frieden,
Ja Frieden.
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Unser Tipp:


Judith Vanistendael: „Penelopes zwei Leben
Graphic Novel
Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann
Reprodukt € 20,00

Penelope ist nicht die Frau von Odysseus, die jahrelang auf ihren Ehemann wartet und die Freier abwert. Sie ist hier in dieser Graphic Novel eine Ärztin, die im Bürgerkrieg in Syrien versucht Menschenleben zu retten. Gleich zu Beginn, zu sehen auf der Diaschau oben, versucht die das Leben eines Mädchens zu erhalten. Was ihr aber nicht geliegt. Im oberen Teil des Bildes bekommt ihre eigene Tochter daheim zum ersten Mal ihre Tage. Beides hat mit Blut zu tun und doch ist es himmelweit verschieden. Sie hat ihre Tochter vier Jahre nicht gesehen.
Judith Vanistendael hat in ihrer neuen Graphic Novel ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen und erzählt und zeichnet es sehr intim und direkt. Die Ärztin ist auch Mutter und Ehefrau und auf ihrem Heimatbesuch wird sie im Kopf begleitet von dem Mädchen, deren Leben sie nicht retten konnte. Gleichzeitig hat ihre Tochter ganz andere Probleme, wie zum Beispiel die Lateinprüfung in der nächsten Woche. Und Odysseus? Ja, ihr Ehemann ist ein einfühlsamer Lyriker und liebevoller Ehemann, der Leben der gemeinsamen Tochter in den richtigen Bahnen hält.
Leicht haben es alle Personen in diesem Buch nicht. Aber wie soll es auch sein in dieser verrückten Welt.
Judith Vanistendael erzählt diese Episode mit so einer Empathie und Liebenswürdigkeit, dass wir das Buch, trotz all der Traumata, genießen können und auch unseren Blick weiten für die Probleme mir den Menschen in nah und fern.
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Über 2.000 TeilnehmerInnen beim Ulmer Stadtradeln haben bis jetzt fast 200.000 geradelt.
Hammer.
Das „Team Jastram“ hat schon über 1.000 km erradelt. Super. Danke. Toll.