Dienstag, 13.Dezember

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13.Dezember mit den Küken von Anke Raum
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Heinrich Heine * 1797
Laurens van der Post * 1906
Ross Macdonald * 1915
Robert Gernhardt * 1937
Howard Brenton * 1942
haben heute Geburtstag
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Heinrich Heine
Es fällt ein Stern herunter

Es fällt ein Stern herunter
aus seiner funkelnden Höh,
das ist der Stern der Liebe,
den ich dort fallen seh.

Es fallen vom Apfelbaume,
der weißen Blätter so viel,
es kommen die neckenden Lüfte,
und treiben damit ihr Spiel.

Es singt der Schwan im Weiher,
und rudert auf und ab,
und immer leiser singend,
taucht er ins Flutengrab.

Es ist so still und dunkel,
verweht ist Blatt und Blüt‘,
der Stern ist knisternd zerstoben,
verklungen das Schwanenlied.
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Großartig:


Sabine Lemire und Rasmus Bregnhoi: „Mira-Reihe“
aus dem Dänischen von Franziska Gehm
Graphic Novel (nicht nur) für Mädchen
dtv € 15 / € 16,00

Dieser Comic, besser: Graphic Novel, über Mira ist einfach großartig und ich hoffe, dass Sabine Lemire noch einige Jahre weiterzeichnet.
Mira wohnt mit ihrer Mutter, deren Freund und ihrem kleinen Bruder auf einem Hausboot in Kopenhagen.
Wir erleben ihren Alltag mit, der genauso ist, wie bei vielen anderen Mädchen. Mira wird von Band zu Band älter und bewegt sich natürlich dann auch auf Instagram, verliebt sich und hat immer wieder mal eine extrem peinliche Mutter. Tja, manchmal halt.
Das ist witztig, cool, ganz schön schräg, aber auf jeden Fall sehr einfühlsam erzählt.
Die Geschichten machen riesig Spaß und werden sicher mehrfach gelesen und angeschaut.

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Heute, Dienstag, 13. Dezember 2022, 19:00 Uhr
Lesung und Gespräch im Haus der Begegnung:
Im Schatten des Kreml – Unterwegs in Putins Russland

In der Ukraine herrscht seit neun Monaten Krieg. Zehntausende Ukrainerinnen und Ukrainer wurden verletzt oder getötet, fast ein Drittel der Bevölkerung ist auf der Flucht vor Wladimir Putins Truppen. Doch was bewegt diesen autokratischen Herrscher im Kreml, wieso steht ein erheblicher Teil der russischen Bevölkerung hinter seinem brutalen Angriffskrieg?
Seit Wladimir Putin 1999 an die Macht kam, hat Udo Lielischkies als ARD-Korrespondent ihn und die Menschen in Russland hautnah erlebt, bei unzähligen Reisen durch dieses riesige Land. Wie leben sie, wie denken sie, in Moskau und auf dem Land, die an der Macht und die „im Schatten des Kreml“?

Udo Lielischkies, geboren 1953 in Köln, war im Moskau von 2014 bis 2018 ARD-Studioleiter. Seine Filme erhielten drei Nominierungen für den Deutschen Filmpreis, weitere für Festivals in New York, Moskau und Monte Carlo.

Die Veranstaltung im Haus der Begegnung findet statt in Kooperation Reinhold-Maier-Stiftung.
Veranstaltungsort: Haus der Begegnung, Grüner Hof 7, 89073 Ulm, www.hdbulm.de

Der Eintritt ist frei.

Donnerstag, 9.Juni

Corona!
Für alle, die bei der „1.Seite“ dabei waren, haben gemerkt, dass ich ordentlich gehustet hatte. Bis dahin war ich dreimal negativ getestet.
Heute geht es mir wieder gut, aber der heutige Test ist positiv.

Dies als Information. Ich hätte die Veranstaltung nicht gemacht, wenn die vorherigen Tests nicht negativ gewesen wären. So dachte ich, dass es auch noch normale Rotznasen gibt.
Passen Sie auf sich auf,
Samy
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Heute haben
Saul Bellow * 1915
Maurice Sendak * 1928
und
Peter Kurzeck * 1943
Geburtstag
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Heiß. Frankfurt. Heiß ist es. Mittag, Nachmittag. Blau, blaugrau und lila die Hitze und hat sich so angesammelt. Genau wie die Müdigkeit, schwer. Schläfrig die Stadt. Mittagsmatt. Und die Tauben gurren. Gerade jetzt ist wahrscheinlich die Hitze am größten. Schwül. Diesig das Licht. Heiß ist es. Frankfurt am Main. Schon halb? Halb zwei? Halb wie im Halbschlaf schon? Im Juli, im August. Lang wie ein Sommer dieser einzige heutige Nachmittag. Vielleicht stehengeblieben die Zeit? Wie wenn du träumst, daß du träumst, daß du träumst.

Peter Kurzeck: „Übers Eis“
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Eine neue Graphic Novel:

gg: „wie dinge sind
Aus dem englischen von Johann Ulrich
avant Verlag 14,00

Einen kleines Format, eine kurze Geschichte und doch ein großer Einblick in das Leben einer jungen Frau mit Migrationshintergund. Ein Einundherpendeln zwischen ihren kranken Eltern und den Erwartungen an ihr eigenes Leben, zeichnet die kanadische Autorin mit feinen Strichen und Andeutungen. So fehlen in den Gesichter manchmal die Augen, oder die Körper werden schemenhaft abgebildet. Ohne Sprechblasen, ohne Text ensteht eine besondere Stimmung beim „Lesen“, in der wir uns in die ungenannte Person hineinfinden können. Dass sie die Möglichkeit hat, in die Idendität einer ihr ähnlich sehenden Frau zu schlüpfen, gibt dieser traumhaften Geschichte eine neue Wendung.
Eine Entdeckung.
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Hardy on Tour

Tag 13
111 km bis Truro in Cornwall 

Heute in der Früh kam ich nicht richtig in die Gänge. Vielleicht lag es an dem einen Bier gestern Abend zuviel im Pub, vielleicht lag es am Regen oder kühlen Südwind. So genau kann ich es gar nicht sagen. Jedenfalls vertrödelte ich den Vormittag mit zwei Kaffeepausen und verradelte mich zudem noch mächtig in Plymouth. Von den Wirren der Großstadt entkam ich mit der Fähre hinüber nach Torpoint und landete dann auf den einsamen, engen Straßen in Cornwall nahe der Küste.
Das Navi spielte mir dort wieder mal Streiche, in dem es mich auf den South West Cost Wanderpfad führte und auf diesem, teils extrem steilen Pfad, mit seinen herrlichen Ausblicken über die Küste hinweg, ist Radfahren schlicht unmöglich. Also habe ich irgendwann dann das Navi abgeschaltet und bin nach der Landkarte auf größeren Straßen geradelt, was den Vorteil dann mit sich brachte, das ich doch noch Strecke machen konnte.
Samy hat mir das Buch „Der Salzpfad“ mit auf die Reise gegeben. Dieser Spiegel Bestseller beschreibt die eindrucksvolle Wanderung eines vom Schicksal getroffenen Paares auf diesem über 1000 km langen  South West Cost Path und soll sehr empfehlenswert sein.


Viel mehr Bilder finden Sie auf hardyontour.wordpress.com

Mittwoch, 17.November

Ab heute gilt im Buchhandel die 3G-Regel.
Das heisst, Sie müssen also entweder getestet (Schnelltest in der Apotheke reicht), genesen oder geimpft sein und das nachweisen können.
Bitte zeigen Sie uns beim Eintreten unaufgefordert den entsprechenden Nachweis, damit erleichtern wir uns alle das Leben in der kleinen Buchhandlung.

Danke.

(Modell im Ulmer Rathaus)

Heute hat
Isabelle Eberhardt * 1877
Geburtstag
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Winfried Hermann Bauer
Splitter

Rüstzeug alles
Strebekreuz und scharfes Gitter
Ein plangeschienter Geist
Im Einerlei vertäut
Entzweit
die Sehne reißt
Das Ich
Entgleist
Und
WeltumWeltumWelt
Verliert sich in der Zeit
Doch sieh!
Noch wetzt im Ton, der dich und mich geweiht
Ein Vogel sich
Am alten Turm
Und heischt nach Ewigkeit
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Yuval Noah Harari: „Sapiens 2 – Die Falle
Illustrationen von David Vandermeulen und Daniel Casanave
Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn
C.H.Beck Verlag € 25,00

„Sapiens“ kehrt zurück: Die Graphic Novel zu Yuval Noah Hararis Weltbestseller „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ geht in die zweite Staffel. Im ersten Band schwangen sich die frühen Sapiens zu Herren der Welt auf. Im zweiten Band werden sie von einem völlig unscheinbaren Lebewesen aufs Kreuz gelegt. Wer das war? Das erfahren Sie in „Sapiens: Die Falle“.
Vor etwas mehr als 10.000 Jahren trafen einige Sapiens eine Entscheidung, die den Gang der Geschichte dramatisch verändern sollte: Sie fingen an, mit Weizen zu experimentieren. Bald war die Welt nicht mehr von einer relativ kleinen Zahl gesunder, gleicher und freier Jäger und Sammler bevölkert, sondern von einer sehr viel größeren Zahl hart arbeitender, schlecht ernährter und kranker Bauern. Die landwirtschaftliche Revolution legte die Grundlage für komplexere soziale und politische Gebilde. Königreiche und Imperien entstanden. Doch für die meisten Menschen wurde das Leben schlechter. Sie waren jetzt Sklaven des Weizens und mussten auf den Feldern Arbeiten verrichten, für die ihr Körper nicht gemacht war. Gleichzeitig kam die Ungleichheit in die Welt. Ohne die landwirtschaftliche Revolution gäbe es unseren heutigen Wohlstand nicht, aber er wurde möglich auf dem Rücken von Generationen unglücklicher Bauern.   

Montag, 10.Mai

Gestern hatte Sophie Scholl ihren 100.Geburtstag.
Das Banner hängt am ehemaligen Wohnhaus der Familie Scholl am Ulmer Münsterplatz.
Davor die Stehlen zur Erinnerung an die Weiße Rose.
(Foto: Uwe)

Heute haben
Johann Peter Hebel * 1760
Friedrich Gerstäcker * 1816
Fritz von Unruh * 1885
Petra Hammesfahr * 19561
Ralf Rothmann * 1953
Geburtstag
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Johan Peter Hebel
Abendlied wenn man aus dem Wirtshaus geht

Jetzt schwingen wir den Hut.
Der Wein, der war so gut.
Der Kaiser trinkt Burgunder Wein,
Sein schönster Junker schenkt ihm ein,
Und schmeckt ihm doch nicht besser,
Nicht besser.
Der Wirt, der ist bezahlt,
Und keine Kreide malt
Den Namen an die Kammertür
Und hintendran die Schuldgebühr.
Der Gast darf wiederkommen,
Ja kommen.
Und wer sein Gläslein trinkt,
Ein lustig Liedlein singt
Im Frieden und mit Sittsamkeit
Und geht nach Haus zu rechter Zeit,
Der Gast darf wiederkehren,
Mit Ehren.
Des Wirts sein Töchterlein
Ist züchtig, schlank und fein,
Die Mutter hält’s in treuer Hut,
Und hat sie keins, das ist nicht gut,
Musst’ eins in Strassburg kaufen,
Ja kaufen.
Jetzt, Brüder, gute Nacht!
Der Mond am Himmel wacht;
Und wacht er nicht, so schläft er noch.
Wir finden Weg und Haustür doch
Und schlafen aus im Frieden,
Ja Frieden.
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Unser Tipp:


Judith Vanistendael: „Penelopes zwei Leben
Graphic Novel
Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann
Reprodukt € 20,00

Penelope ist nicht die Frau von Odysseus, die jahrelang auf ihren Ehemann wartet und die Freier abwert. Sie ist hier in dieser Graphic Novel eine Ärztin, die im Bürgerkrieg in Syrien versucht Menschenleben zu retten. Gleich zu Beginn, zu sehen auf der Diaschau oben, versucht die das Leben eines Mädchens zu erhalten. Was ihr aber nicht geliegt. Im oberen Teil des Bildes bekommt ihre eigene Tochter daheim zum ersten Mal ihre Tage. Beides hat mit Blut zu tun und doch ist es himmelweit verschieden. Sie hat ihre Tochter vier Jahre nicht gesehen.
Judith Vanistendael hat in ihrer neuen Graphic Novel ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen und erzählt und zeichnet es sehr intim und direkt. Die Ärztin ist auch Mutter und Ehefrau und auf ihrem Heimatbesuch wird sie im Kopf begleitet von dem Mädchen, deren Leben sie nicht retten konnte. Gleichzeitig hat ihre Tochter ganz andere Probleme, wie zum Beispiel die Lateinprüfung in der nächsten Woche. Und Odysseus? Ja, ihr Ehemann ist ein einfühlsamer Lyriker und liebevoller Ehemann, der Leben der gemeinsamen Tochter in den richtigen Bahnen hält.
Leicht haben es alle Personen in diesem Buch nicht. Aber wie soll es auch sein in dieser verrückten Welt.
Judith Vanistendael erzählt diese Episode mit so einer Empathie und Liebenswürdigkeit, dass wir das Buch, trotz all der Traumata, genießen können und auch unseren Blick weiten für die Probleme mir den Menschen in nah und fern.
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Über 2.000 TeilnehmerInnen beim Ulmer Stadtradeln haben bis jetzt fast 200.000 geradelt.
Hammer.
Das „Team Jastram“ hat schon über 1.000 km erradelt. Super. Danke. Toll.

Freitag, 14.September

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Heute haben
Theodor Storm * 1817
Michel Butor * 1926
Ivan Klima * 1931
Eckhard Henscheid * 1941
Uli Becker * 1953
Geburtstag
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Theodor Storm
Gern schließ ich einmal meine Türen

Gern schließ ich einmal meine Türen,
Um auf des Nachbars Grund zu gehn;
Doch muß ich deutlich dort verspüren
Den Duft des Kräutleins »Gerngesehn«.
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Lucas Harari:Der Magnet
Aus dem Französischen von Christoph Schuler
Handgelettering von Michael Hau
Edition Moderne € 32,00

Vals in der Schweiz, das berühmte Bad, die Farbe Blau, der Architekt Zumthor, das alles lässt Bilder im Kopf entstehen, auch wenn man noch nicht dort gewesen ist.  So geht es auch dem Architekturstudenten in dieser großformatigen Graphic Novel, der von diesem Ort magisch angezogen wird. Normalerweise geht es dann zum Baden und Entspannen, wenn das nötige Kleingeld vorhanden ist. Hier entwickelt sich das ruhige Buch zu einem Gebirgsthriller und taucht ein in ein dunkles Geheimnis hinter dem Designerbecken.

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Dienstag, 14.November

Heute haben
Claude Monet * 1895
und Astrid Lindgren * 1907
Geburtstag.
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Paul Boldt
In der Welt

Ich lasse mein Gesicht auf Sterne fallen,
Die wie getroffen auseinander hinken.
Die Wälder wandern mondwärts, schwarze Quallen,
Ins Blaumeer, daraus meine Blicke winken.

Mein Ich ist fort. Es macht die Sternenreise.
Das ist nicht Ich, wovon die Kleider scheinen.
Die Tage sterben weg, die weißen Greise.
Ichlose Nerven sind voll Furcht und weinen.
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Keaton Henson:Gloaming
Luftschacht Verlag € 23

„Ich habe meine Kindheit alleine verbracht, mit dem Ausblick auf Dächer und Schornsteine, und habe mich gefragt, wo all die Kreaturen aus meinen Märchenbüchern waren, warum ich sie nicht in der Vorstadtlandschaft sehen konnte, wo sie doch eindeutig hingehörten. Nun, da ich erwachsen bin, lässt mich diese Idee nicht los, und im Laufe eines Jahres in Abgeschiedenheit beschloss ich, dass meine Heimatstadt Monster bräuchte. Das Ergebnis ist dieses Buch. Es zeigt, wo ich lebe, was ich sehe, und wie ich mir wünsche, dass es sein könnte. Ich nenne es Gloaming.“
Keaton Henson

Es ist schon sehr verstörend, was mir da entgegenkommt. Diese Graphic Novel, in schwarzweiss gezeichnet, erinnert an englische Gespenstergeschichten, Kindheitsphantasien, Erwachsenenängste, japanische Comics und immer wieder zeigt sich eine warme Geborgenheit, die zuerst gar nicht zu vermuten ist.
Der englische Maler, Musiker und Poet erzählt eine melancholische Geschichte ohne Worte. Er schafft sich eine eigene Welt, die er selbst Gloaming nennt. Er zeichnet Kreaturen, die in Stadtlandschaften und Vorstädten herumschleichen, in Wohnungen eindringen. Irgendwie auf der Suche nach … Ja nach was? Geborgenheit? Dazuzugehören?
Ich blättere vor, dann wieder zurück, bleibe bei bestimmten Bildern hängen. Nehme den Schutzumschlag ab und schaue auf deren Innenseite, die auch bedruckt ist. Nichts ist dem Zufall überlassen. Alles hängt zusammen. Ein eigene Szenerie, die so fremd ist und doch gleich um die Ecke auftauchen könnte.

Draußen ist alles weiß verreift, zwischen den Bäumen ist es noch dunkel.
Vielleicht …., wenn wir genau hinschauen …?

In der „Tiny Desk“ Serie können wir Keaton Henson als Sänger und Musiker zuhören.

Freitag, 8.September

Heute haben
Eduard Mörike * 1804
Frédéric Mistral * 1830
Alfred Jarry * 1873
Michael Frayn * 1933
Helga Novak * 1935
Matt Ruff * 1965
Geburtstag.
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Eduard Mörike
An den Schlaf

Schlaf! süßer Schlaf! obwohl dem Tod wie du nichts gleicht,
Auf diesem Lager doch willkommen heiß ich dich!
Denn ohne Leben so, wie lieblich lebt es sich!
So weit vom Sterben, ach, wie stirbt es sich so leicht!
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Gion Capeder: „Superman
Edition Moderne € 28,00

In seiner neuen Arbeit bleibt sich der Schweizer Zeichner und Autor in seiner Art gleich. Klare Zeichnungen mit reduzierten Farben und wenig Personal. Manchmal erinnert es an ein Drehbuch für einen Film, hat Anklänge an eine sehr intensive Erzählung, oder wäre bestens geeignet für einen dicken Roman, in dem dieses Psychodrama detailliert ausgearbeitet wird. Hier kommt er mit wenigen Worten aus und denken uns das, was Chris bewegt.

Bei Chris scheint beruflich und familiär alles in bester Ordnung. Er wird von seinen Freunden geschätzt, im Geschäft wird er befördert, seine Frau liebt ihn und er kümmert sich rührend um seine kleine Tochter. Doch hinter der gutbürgerlichen Fassade herrscht das Chaos. Chris verliert die Kontrolle über seine Sex- und Gewalteskapaden, der Superman entpuppt sich als wandelnde Zeitbombe.

Dies schreibt der Verlag und wir blättern eifrig durch diese Graphic Novel, weil wir wissen wollen, wie diese Geschichte zu Ende geht. Chris ist sich seiner Situation bewusst, aber er schafft es nicht, sich selbst aus dem Strudel zu retten. Er muss funktionieren, so meint er. Er muss den Superman spielen, sonst fällt er durch das Getriebe, sagt er seiner Frau. Gleichzeit merkt er, dass ihm alles zu viel wird, dass er sich immer weiter verstrickt und keinen Horizont für sich mehr sieht.

Diese Situation fängt Gion Capeder perfekt ein und zeigt, wie ein Mensch offensichtlich grundlos allmählich ausser Kontrolle geraten kann. So lassen sich vielleicht Meldungen in den Zeitungen besser verstehen, wenn wir über unverständliche Gewalttaten lesen.

Freitag, 28.April

Heute haben
Kark Kraus * 1874
Bruno Apitz * 1900
Harper Lee * 1926
Terry Pratchett * 1948
Roberto Bolano * 1953
Ian Rankin * 1960
Geburtstag
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Karl Kraus
In diesem Land

In diesem Land wird niemand lächerlich,
als der die Wahrheit sagte. Völig wehrlos
zieht er den grinsend flachen Hohn auf sich.
Nichts macht in diesem Lande ehrlos.

In diesem Land münzt jede Schlechtigkeit,
die anderswo der Haft verfallen wäre,
das purste Gold und wirkt ein Würdenkleid
und scheffelt immer neue Ehre.

In diesem Land gehst du durch ein Spalier
von Beutelschneidern, die dich tief verachten
und mindestens nach deinem Beutel dir,
wenn nicht nach deinem Gruße trachten.

In diesem Land schließt du dich nicht aus,
fliehst du gleich ängstlich die verseuchten Räume.
Es kommt die Pest dir auch per Post ins Haus
und sie erwürgt dir deine Träume.

In diesem Land triffst du in leer Luft,
willst treffen du die ausgefeimte Bande,
und es begrinst gemütlich jeder Schuft
als Landsmann dich in diesem Lande.
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Text & Zeichnung: Marcello Quintanilha: „Tungstênio
Übersetzung aus dem brasilianischen Portugiesisch von Lea Hübner
Avant Verlag € 24,95

Durch einen scheinbar unbedeutenden Zwischenfall vor der Küste von Salvador de Bahia kreuzen sich die Wege von vier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Caju, schlitzohriger Kleindealer, Seu Ney, autoritärer Ex-Militär, Richard, abgebrühter Undercover-Polizist. Dazu kommt noch Keira, die an der Beziehung zu ihrem Mann Richard, dem oben erwähnten Polizisten verzweifelt. Während die Männer sich am Strand aufhalten, erzählt sie ihr Leid ihrer Freundin im Bus. Aus dem heraus hat sie ihren Mann auch mit einer kleinen Hübschen im Café sitzen sehen. Und während diese Männer sich prügeln, sich verfolgen und die großen Machos geben, sind die Frauen nach innen gekehrt und machen sich Gedanken.
Diese Männergruppen treffen sich zufälig und hängen plötzlich sehr eng miteinander zusammen. Alles spielt an einem Tag. Es gibt Zeitverschiebungen und Schnitte, wie in einem Krimi. Und ein Krimi ist es auch. Hard boilded. schwarz weiß, noir. Es gibt zwar keine Leichen. Marcello Quintanilha läßt seine Protagonisten am Leben und daran erkennt man auch, daß sich Spannung, Action auch ohne Toten bewerkstelligen läßt.
Die Schrift ist etwas klein und zu Beginn gewöhnungsbedürftig zu lesen. Die Dialoge sind schnell und knallen hin und her. Die architektonischen Zeichungen sind großartig, genau platziert und zeigen das Können des Autoren und Zeichners Marcello Quintanilha.
Ich habe diese Graphic Novel bei den Krimis stehen. Da gehört sie auch hin.
Ein Happy End? Kann es das geben in einem Krimi, wie diesem? Na irgendwie schon. Oder zumindest: Das Leben geht weiter. Das kleine Leben,das wenige Leben.

Leseprobe

Dienstag, 7.Februar

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Heute haben
Thomas Morus * 1477
Charles Dickens * 1812
und Sinclair Lewis * 1885
Geburtstag
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Emmanuel Guibert:Martha und Alan
Die Geschichte einer Jugendliebe
Aus dem Französischen von Christoph Schuler
Edition Moderne € 24,00

Zum dritten Mal stellt der französische Comiczeichner Emmanuel Guibert Alan Cope in den Mittelpunkt eines Romanes, einer Graphic Novel. Wir sind in Kalifornien der 30er Jahre und Alan verbringt Stunden mit seiner Freundin Martha. Es sind kleine Begebenheiten, wie Kinderspiele, oder Vögel beobachten oder auf Bäume klettern. Danach das Glas Milch, das Alan von Marthas Mutter zu trinken bekommt. Alans Mutter verbietet ihm allerdings den Umgang mit dem Mädchen, was ihn jedoch nicht daran hindert, sich mit Martha zu treffen.
Die Zeiten ändern sich, Alan zieht in den Krieg. Es kommt zu kurzen Treffen und einem Klavierspiel. Plötzlich hat sich viel geändert und wir wissen nicht warum. In der Mitte des Buches gibt es Bild mit einer Weggabelung, das sinnbildlich für die beiden Biografien steht. Der Faden ist gerissen, Alan bleibt in Europa, kann Martha jedoch sein ganzes Leben nicht vergessen. Bis er in hohem Alter beschließt, den Kontakt zu ihr wieder aufzunehmen. Und: Es klappt. Martha schreibt ihm zurück. Ein wunderschöner Brief voller Nähe und Freude. Der Roman endet jedoch anders, als Sie es sich vielleicht vorstellen. Wenn Sie das Buch zuschlagen, bleibt ein wohlig warmes Gefühl, auch ein Gefühl der Melancholie zurück.

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„Das Leben gleicht einer Reise durch aneinander gereihte Kreise, jeder davon enthält bestimmte Entwicklungsstadien, Erlebnisse und Freundschaften.“
Alan Cope

Emmanuel Guibert schafft es mit seiner einigartigen Weise zu zeichnen, daß wir wie in einer vergangenen Zeit blättern, daß wir die Gegenwart vergessen. Wir sind wie aus der Welt gefallen und meinen, ein altes Buch in Händen zu halten.


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Werner Färber Ungereimtheit der Woche
Das Ungetier

Es lebte einst mal dort mal hier
ein fürchterliches Ungetier.

Es hatte Spaß am böse sein,
deshalb blieb es meist allein.

Donnerstag, 23.Juni

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Heute haben
Ernst Rowohlt *1887
Anna Achmatowa * 1889
Wolfgang Koeppen * 1906
Jean Anouilh * 1910
Paul Kersten * 1943
Pascal Mercier * 1944
Geburtstag
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Unser heutiger Buchtipp passt zum Wetter:

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David Prudhomme und Pascal Rabaté:“Ab in die Fluten!
Aus dem Französischen von Ulrich Pröfrock
Handlettering von Dirk Rehm
Reprodukt Verlag € 24,00

Der erste heisse Tag in Ulm und sofort kommen Gedanken auf ans Meer, an Urlaub, an die Hitze. Die Stimmung ist sofort ne andere. Nur die Schweißflecken bleiben die gleichen.
Dazu passend ist die Graphic Novel „Ab in die Fluten!“ im Reprodukt Verlag erschienen. Die beiden Franzosen Prudhomme und Rabaté, von denen wir schon andere Bücher vorgestellt haben, nehmen uns mit ans Meer. In die Bretagne. Ein Tag. Mehr nicht. Aber der hat es in sich. Es ist ein Bilderreigen und wir hüpfen von Auto zu Auto. Von dort in den Zug und zurück auf die Straße in ein gelbes Cabrio. So bleiben wir nicht bei einer Person, bei einer Familie, sondern kommen in Kontakt zu ganz vielen auf dem Campingplatz, am Strand und in den Cafés. Wir kennen unsere Personen, treffen immer wieder auf sie und erhalten so ein großes Kaleidoskop, ein Bilderbuch, in dem geliebt, gestritten, beäugt, flaniert wird. Kreideweiße Körper werden krebsrot, kleine Krebse landen in Eimerchen, Kinder gehen verloren und tauchen wieder auf. Nackte Körper werden begutachtet, alleinliegende Frauen werden angebaggert und schwule Pärchen abgelehnt. Es gibt einen „Sandburgen“-Wettbewerb und Überlegungen, ob oben ohne, oder nicht. Dicke Bäuche werden eingezogen. Väter marschieren ihren Kindern vorne weg. Wenn dann allerdings der Autoschlüssel im Sand verloren geht, dann braucht es schon ein allerletztes Bild.
Sie merken schon: Das ist Episodenkino in Buchformat und macht richtig Spaß.
Schauen Sie sich die ersten Bildseiten hier unten an.

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Lutz SeilersRömische Saison ist erschienen. Der Ulmer Verlag Topalian & Milani (Arnold & Schöll) sind stolz wie Bolle und am Freitag, den 24.Juni ab 19:30 ist in der Umer Museumsgesellschaft, Neue Straße 55, die Buchpräsentation in Anwesenheit des Autoren. Das Buch haben wir vorrätig.