Donnerstag, 31.August

Heute haben
Fabrizia Ramondino * 1936
Knut Faldbakken * 1941
Wolfgang Hilbig * 1941
Geburtstag
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Im Gedichtekalender gefunden:

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Im Walde möcht ich leben

Im Walde möcht´ ich leben
zur heißen Sommerzeit,
der Wald, der kann uns geben
viel Lust und Fröhlichkeit.

In seine künlen Schatten
winkt jeder Zweig und Ast
das Blümchen auf den Matten
nickt mir: “Komm, lieber Gast!”

Wie sich die Vögel schwingen
im hellen Morgenglanz!
Und Hirsch´ und Rehe springen
so lustig wie zum Tanz

Von jedem Zweig und Reise
hört nur, wie´s lieblich schallt!
Sie singen laut und leise:
“Kommt, kommt zum grünen Wald!”
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Beste Unterhaltung

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Simone Buchholz: „Beton Rouge
Suhrkamp Verlag € 14,95

Ein neuer Verlag, ein neuer Fall und eine alte Chastity Riley.
Simone Buchholz hat fünf Bände bei Droemer Knaur, bis sie mit ihrem sechsten Roman zu Suhrkamp gegangen ist. Mit „Blaue Nacht“ hat sie jede Menge Preise abgeräumt, war auf den Krimi-Bestenlisten und hat jetzt nachgezogen. Die Staatsanwältin für besondere Fälle, Chastity Riley, ist immer noch eine einsame Wölfin, die gerne trinkt, sich viele Gedanken macht und merkt, wie ihr Freundeskreis sich verändert. Vielleicht liegt es auch an ihr, dass sie plötzlich überall den Halt verliert.
Und dann passiert es:
Ein scheinbar Irrer sperrt mitten in Hamburg Manager nackt in Käfige, und Riley, die von ihren Chefs hin und wieder von der Leine gelassen wird, muss ran. Ihre Ermittlungen führen sie in die Welt der Verlagshäuser und Kaderschmieden.

„Bei Mohn & Wolff liegt ein Mann in einem Käfig, direkt vor dem Haupteingang. Die Kollegen von der zuständigen Wache versuchen, ihn da rauszukriegen.“

Es ist ein warmer Septembermorgen auf St.Pauli, als sie und der neue und undurchsichtige Kollege Stepanovic vor dem Verlagsgebäude auftauchen. Zuerst denken sie an einen Racheakt der Mitarbeiter. Als dann ein zweiter Manager des Hauses auch so aufgefunden wird, bekommt die Geschichte eine andere Wendung.
Riley ermittelt auf ihre Art, aber viel mehr ermittelt sie in ihrem eigenen Leben. Sie hat eine große Klappe, zu jedem ihre schnoddrige Meinung, die wir oft als Leser nur mitbekommen. Sie ist zwar die Hauptperson, doch mehr noch ist es ein Hamburg-Roman, ein St.Pauli-Krimi. Es ist die Stadt, die Typen, die Menschen, das Lebensgefühl, das Simone Buchholz extrem gut wiedergibt.

„Dunst liegt über der Stadt, der Regen von letzter Nacht hat ihn dagelassen. (…) Ich stehe auf meinem Balkon und trinke Kaffee, um mich herum diese Waschküche. Die Kräne am Horizont sind verschwunden, die dicke Luft hat sie aufgegessen, nur das Kreischen der Hafenmöwen hört sich ungewöhnlich klar an und fast zu nah, so als könnten sie gleich ihre Freundlichkeit ablegen und jemandem in die Stirn hacken, vielleicht mir.“

„Ich wollte mal sehen, was passiert, wenn dieser Freundeskreis unzuverlässig wird. Wenn die nicht mehr dastehen wie eine Revolverheldentruppe und sie bedingungslos beschützen. Ich glaube, man vermisst die ein bisschen. Ich glaube, das tut schon weh, aber das tat mir auch weh beim Schreiben. Das kann ich versichern. Doch das musste mal sein.“, sagt die Autorin und nimmt uns mit auf eine Reise durch die Gefühlswelt der Staatsanwältin. Wobei ich jetzt aber wirklich betonen muss, dass der Krimi unglaublich frech, witzig, bissig böse ist und ich dauernd ein Schmunzeln auf den Lippen hatte.
Simone Buchholz arbeitet auch journalistisch und hat sich öffentlich gegen den G20-Gipfel ausgesprochen. Vielleicht fließt dieses Thema in ihr nächstes Buch ein. Ich bin gespannt.

Leseprobe
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Bitte vormerken:
Nächsten Dienstag, den 5.September
liest Clemens Grote wieder aus vier Neuheiten.
Diesmal findet die „1.Seite“ im Rahmen der Ulmer Friedenswochen statt.

Mit dabei sind
Arundhati Roy: Das Ministerium des äußersten Glücks
Mohsin Hamid: Exit West
Colson Whitehead: Underground Railroad
Angeli/Piciocchi: Kiribat

Beginn, wie immer pünktlich um 19 Uhr.
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Mittwoch, 30.August

Heute haben
Mary Shelley *1797
Ivan Kusan * 1933
Libuse Monikova * 1945
Geburtstag.

Mary Wollstonecraft Shelley
Stanzas

Oh, come to me in dreams, my love!
I will not ask a dearer bliss;
Come with the starry beams, my love,
And press mine eyelids with thy kiss.

‚Twas thus, as ancient fables tell,
Love visited a Grecian maid,
Till she disturbed the sacred spell,
And woke to find her hopes betrayed.

But gentle sleep shall veil my sight,
And Psyche’s lamp shall darkling be,
When, in the visions of the night,
Thou dost renew thy vows to me.

Then come to me in dreams, my love,
I will not ask a dearer bliss;
Come with the starry beams, my love,
And press mine eyelids with thy kiss.
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Ariane Starczewski stellt bei uns aus.
Im großen Schaufenster können Sie einen Teil ihrer aktuellen Produktion anschauen.

Die Preise pro Bild verstehen sich in diesem Fall inclusive dem entsprechenden Rahmen. Die breiten Holzrahmen werden einzeln auf Maß angefertigt und gehen bei 140.- Euro los… Die schmale Leiste ab 15.- Euro…

Platzhirsch 350.- Euro
Hirsch 200.-
Fuchs..teufelswild 380.-
Fuchs/ Ringelnatz 340.-
Wappenfüchse 220.-
Hase… 180.-
Schwein 220.-
Vogelkäfig – Schrift.. 340.-
Vogel-Silberei 220.-
Golden Ei…200.-
Fremde Feder schön 260.-

Es sind Aquarelle/ Originale teilweise mit Blattgold / Blattsilber
Alles weitere auf Anfrage.

Dienstag, 29.August

Heute haben
Maurice Maeterlinck * 1862 (Nobelpreis 1911)
Herman Löns * 1866
Ernst Kreuder * 1903
Lukas Hartmann * 1944
Geburtstag
und Ingrid Bergmann.
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Im Diogenes Buch: „Mit Gedichten durchs Jahr“ gefunden:

Joseph Freiherr von Eichendorff
Mondnacht

Es war, als hätt´ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blüten-Schimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus.
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
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John Lennon:Imagine
Illustr. von Jean Jullien
Aus dem Englischen von Richard Rosenstein

Wie wäre es, wenn wir in einer Welt jenseits aller Konflikte zwischen Menschen, Nationen und Religionen leben würden? Wie wäre es, wenn wir alle in Frieden leben könnten?

Wenn wir das Bilderbuch aufschlagen und die ersten Zeilen lesen, haben wir sofort die Melodie im Ohr und so summen wir uns durch die einzelnen Seiten, in der die Friedenstaube seine ganz einfache Botschaft durch die Stadt New York und die ganze Welt trägt. Ja, es wäre wirklich sehr einfach dem Refrain der Ballade von John Lennon zu folgen. Ganz einfach. Wir müssten nur wollen. Die einfachen, kindlichen, aber auch ausdruckstarken Illustrationen, machen aus der Kombination von Text und Bild ein gut geeignetes Bilderbuch.

Was ich bemängele, ist die deutsche Übersetzung. Die lässt sich gut mitsingen, klingt aber doch etwas altertümlich.

»Das Lied Imagine hat eine starke Botschaft: Es wurde aus einer unverkennbar tiefen Liebe für alle Menschen geschrieben.«
Yoko Ono Lennon

Die Autorenhonorare für dieses Buch werden an Amnesty International gespendet. Für jedes verkaufte Exemplar dieser Ausgabe spendet der Verlag zusätzlich 1 Euro an die deutsche Sektion von Amnesty International.

ORTE 21

Christel Müller, bildende Künstlerin, und Silvia Trummer, Schriftstellerin, arbeiten seit vielen Jahren themenbezogen zusammen. Sie haben in der Schweiz und Deutschland mehrere Ausstellungen gestaltet, indem sie Bilder, Texte und Objekte nebeneinander stellten. Unter dem Titel “ORTE“ zeigen die beiden Frauen Fotos und Notizen von unterwegs, an denen sie in den letzten Jahren gearbeitet haben. Was dabei entstanden ist, illustriert den Prozess von Gehen, Schauen und Gestalten. „Man könnte alles neu sehen“.

T10

Freitag, 25.August

Heute haben
Apollinaire, Jules Romains, Isherwood, Julia Cortazar und W.H.Fritz Geburtstag.
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Achim von Arnim
Trinklied im Vollmondschein
 
Was ist’s, das wir in Ahnung fühlen
Und was erhöhet jede Stirn?
Im Herzen dunkle Wurzeln wühlen,
Die Knospen brechen auf im Hirn;
Was ist in dieser Nacht geschehen,
Das uns so freudig will umwehen?
 
Ob wir in süßer Liebe wachten
Vor manchem Jahr um diese Zeit?
War heut ein Jahres-Tag der Schlachten,
Die unser Vaterland befreit?
Doch der Kalender in dem Herzen
Weiß nichts von Sieg und süßen Scherzen.
 
Ihr Sterne, nennet mir dies Zeichen,
Das heute über uns regiert?
Ich sah: ihr Alle müsset weichen,
Nun es den Himmelsrand berührt;
Des Vollmonds blühend rote Wangen
Sind uns zum Vorbild aufgegangen.
 
Weil heut der Vollmond uns bescheinet,
So schenken wir die Gläser voll,
Wir wissen, was der Himmel meinet,
Warum er heut uns scheinen soll:
Wir sollen sehn, wie er sich füllte,
Seit er den Durst im Taue stillte.
 
Aus vollen Flaschen werden Neigen
Und leere Menschen werden voll,
Es hängt der Himmel voller Geigen:
Weil heut ein Jeder tanzen soll;
Die Erde dreht sich schon im Kreise,
Die Pfropfen springen nach der Weise.
 
Auf Pfropfen steigen wir zum Monde
Der allen Wein der Erde reift,
Und machen gern mit ihm die Ronde,
Wenn quer er durch den Himmel schweift.
Heut ist im Mond die große Faßnacht,
Und alles Wein da, was hier naß macht.
 
Die große Not in den Finanzen
Und der Verfassung Schwierigkeit,
Löst sich, nun wir die Welt im Ganzen
Beschaun, als eine Kleinigkeit;
Kommt Zeit, kommt Rat! im Wein ist Wahrheit
Und wer gespart, der zahlet baar heut.
 
Ein Glück, das ich kein Gott geworden,
Denn ich vertränk‘ mein Bischen Welt,
Den diamantnen Sternen-Orden
Und auch das blaue Himmelszelt,
Dies Zelt, das mir so wohlgefallen,
Seit unsre Stimmen drin erschallen.
 
Ja, morgen würd‘ ich’s recht bereuen:
Wenn über uns der Himmel leer;
Ich würd‘ ein neues Zelt mir leihen,
Und wenn es bei dem Teufel wär;
Ja Freunde, laßt uns das bedenken,
Eh wir vom Glauben was verschenken.
 
Am Himmel ist nichts überflüßig,
Und auf der Erde nichts zu viel,
Und wenn wir ihrer überdrüßig
Und wenn der Himmel uns zu kühl,
Steigt süßer Schlaf aus edlem Weine
Und hüllet in Träumen die Gemeine.
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Suhrkamp-Bücher lesen und gewinnen.
Ist ja eh klar, dass wir durchs Lesen nur gewinnen können.
Aber hier gibt es wirklich das eine oder andere Buch(paket) abzugreifen.

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50 Jahre „Jahrestage“. Wie großartig. Und dann noch diese Aktion.
Einen Monat lang kostenlos die passenden Einträge aufs Smartphone, inkl. vieler Anmerkungen und Erläutertungen. Sie können sich die einzelnen Tage auch vorlesen lassen. Welcher Luxus. D.h. im Bus sitzen und abtauchen nach Mecklenburg und New York City. Umsonst leider nur einen Monat. Und dann? Ich weiß es nicht und bin selbst gespannt.

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Uwe Johnson:Jahrestage
Suhrkamp Taschenbuch , 2150 Seiten, € 39,95
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Unter allen Anmeldungen bis zum 31. Oktober 2017 verlost der Verlag dreimal den Jahrestage-Schuber mit der Jahrestage-DVD im Paket.

Anmelden unter: www.uwejohnson.de/jahrestage

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Elena Ferrante: „Die Geschichte der getrennten Wege
Band 3 der Neapolitanischen Saga
Aus dem Italienischen von Karin Krieger
Suhrkamp Verlag € 24,00

Lange mussten wir auf den dritten Band warten und eigentlich hätte der vierte schon da sein müssen. Egal. jetzt geht es weiter mit der Neapolitanischen Sage und wir sind mitten in den 70er Jahren.

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Alles über Ferrante, ihre Bücher, viele Hintergrundinformationen gibt es hier.

Donnerstag, 24.August

Heute haben
Jean Rhys * 1890
Jorge Luis Borges * 1899
AS Byatt * 1936
Joshua Sobel * 1939
Paulo Coelho * 1947
Stephen Fry * 1957
Michael Kleeberg * 1959
Geburtstag
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Andreas Gryphius
Betrachtung der Zeit

Mein sind die Jahre nicht,
Die mir die Zeit genommen;
Mein sind die Jahre nicht,
Die etwa möchten kommen;

Der Augenblick ist mein,
Und nehm ich den in acht
So ist der mein,
Der Jahr und Ewigkeit gemacht.
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Claudia Wiltschek empfiehlt:

9783455406214

Siegfried Lenz:Marvellas ganze Freude
Illustriert von Nikolaus Heidelbach
Hoffmann und Campe Verlag € 18.-
ab 5 Jahren und auch für die Großen

Marvella ist eine glückliche braune Schweizer Kuh, die in Kansas auf dem Bauernhof von Herrn Bollmann lebt. Herr Bollmann liebt seine Marvella über Alles und deswegen hat er ihr auch eine ganze Wiese nur für sie alleine geschenkt. Die Südecke ihrer schönen Wiese grenzt an die Eisenbahnschienen und morgens und abends kommt ein Güterzug. Das ist Marvellas ganze Freude, sie streckt ihren Kopf über das Gitter und wartet, manchmal zehn Minuten, manchmal eine ganze Stunde. Dann ertönt das schwache „Tu-u-ut – Tu-u ut“ aus der Ferne, Marvella holt tief Luft und antwortet: „Muu- uu -uu“.
Aber eines Tages , nach einen grossen Unwetter wartet Marvella vergeblich. Deswegen will sie abends auch nicht zum Melken in den Stall. Bauer Bollmann kann es garnicht glauben, dass seine liebevolle Kuh plötzlich so störrisch und bockig ist und zu allem Ärger auch nur ein paar Tropfen Milch hergibt. Als der nächste Tag auch keine Besserung bringt, weiss sich Bauer Bollmann keinen anderen Rat mehr, als Doktor Anderson zu rufen. Marvella nutzt einen unbeaufsichtigten Moment und stürmt raus aus dem Stall in Richtung Eisenbahnschienen. Nachdem sie entdeckt hat, dass die kleine Eisenbahnbrücke eingestürzt ist, stellt sie sich mutig auf die Schienen und verhindert so ein grosses Unglück. Marvella wird zur Heldin !

Diese liebevolle, warmherzige Kindererzählung von Siegfried Lenz war bisher noch nie veröffentlicht. Auch Heidelbach zeigt sich hier von seiner sanften Seite und die Illustrationen sind eine wunderbare Ergänzung zum Text.
Ein Spass für gross und klein. Muuuuuuh!

Mittwoch, 23.August

Heute haben
Alfred Lichtenstein * 1889
Ephraim Kishon * 1924
Nelson DeMille * 1943
Ilija Trojanow * 1965
Geburtstag
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Alfred Lichtenstein
Punkt

Die wüsten Straßen fließen lichterloh
Durch den erloschnen Kopf. Und tun mir weh.
Ich fühle deutlich, daß ich bald vergeh –
Dornrosen meines Fleisches, stecht nicht so.

Die Nacht verschimmelt, Giftlaternenschein
Hat, kriechend, sie mit grünem Dreck beschmiert.
Das Herz ist wie ein Sack. Das Blut erfriert.
Die Welt fällt um. Die Augen stürzen ein.
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Sophie Janjanin empfiehlt:

lila-lila-9783257063868

Martin Suter: „Lila, Lila
Diogenes Verlag € 12,00

„Das ist die Geschichte von David und Marie. Lieber Gott, lass sie nicht traurig enden.“ David verliebt sich unsterblich in Marie. Marie aber nicht in David. Doch der findet in einem alten Nachtkästchen ein Manuskript einer tieftraurigen Liebesgeschichte, gibt es als sein Roman aus und kann die angehende Literaturstudentin damit beeindrucken. Sie finden zueinander und der Roman wird veröffentlicht.
Aber das junge Glück wird von Davids Selbstzweifeln überschattet. Wie konnte er die Liebe auf einer Lüge aufbauen? Was, wenn der wahre Autor des Manuskripts auftaucht?
Mitten im Drama um David und Marie zeichnet der schweizerische Autor Martin Suter ein gnadenloses Bild der Bücherindustrie. Es geht um Profit, Geldgier und arrogante Verlagsvertreter.
Primär regt der Roman aber, finde ich, zum Nachdenken an: David gibt einen Teil seiner Identität auf, um etwas zu erreichen, das er unbedingt möchte. Und wird damit nicht glücklich. Geht es uns nicht allen so, dass wir uns verstellen? Sollten wir unseren Umgang mit unserem „Selbst“ vielleicht überdenken, um wieder zu uns zu finden?
Ein sehr dichtes Buch mit allerlei Handlungsschauplätzen, welches mich zwar trauern lässt, dessen Aussage aber nur allzuleicht auf das eigene Leben anwendbar ist.

Leseprobe

 

Dienstag, 22.August

Heute haben
Dorothy Parker * 1893
Wolfdietrich Schnurre * 1920
Ray Bradbury * 1920
Irmtraud Morgner * 1933
Geburtstag
und es ist der Todestag von Nikolaus Lenau.
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Nikolaus Lenau
Heimatklang

Als sie vom Paradiese ward gezwungen,
Kam jeder Seele eine Melodie
Zum Lebewohl süß schmerzlich nachgeklungen,
Darauf umschloß die Erdenhülle sie.
Noch ist dies Lied nicht völlig uns verdrungen,
Doch tönt es leiser stets auf Erden hie.
Gib acht, o Herz, daß in den Schütterungen
Dir nicht des Liedes letzter Hauch entflieh!
Ein Nachhall dieses Liedes ist entsprungen
Des Morgenlandes süße Poesie,
Von Jugendträumen wirds manchmal gesungen,
Doch dunkel, unbewußt woher? und wie?
Wem aber einmal klar und voll geklungen
Die wunderbare Heimatmelodie,
Der wird von bangem Heimweh tief durchdrungen,
Und er genest von seiner Sehnsucht nie.
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Sarah Wiltschek empfiehlt:

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Theresia Enzensberger:Blaupause
Hanser Verlag € 22,00

20er Jahre in Berlin. Der Studienplatz am Bauhaus Weimar ist für Luise Schilling gleichzeitig die Flucht aus dem patriarchalischen Elternhaus. Doch wo sie in Berlin vor der Allmacht des Vaters flieht, trifft sie in Weimar, unter der Leitung von Walter Gropius, auf nicht minder restriktive Machtstrukturen.
Luise kämpft um ihren Traum, Architektur zu studieren, eckt an, ob bei den Meistern oder Mitstudenten, fühlt sich nie ganz zugehörig, weder bei den esoterisch agierenden Ittenjüngern, noch bei den politisch aktiven Kommunisten.
Die deutsche Kunst und Kultur befindet sich auf ihrem Höhepunkt, Berlin ist weltoffen und feierwütig. Doch es fängt an zu gären im Land. Die Freizügigkeit und Toleranz der Hauptstadt trifft auf prügelende Nazionalisten. Die liberale Koexistenz unterschiedlichster kultureller, religiöser und sexueller Orientierung wird, so weiß man im Nachhinein, sich bis heute nicht wieder auf diese Höhen geschwungen haben.
Doch Luise stößt auf taube Ohren, wenn ihr das Studium und der Fokus auf das rein Ästhetische zu unpolitisch ist. Am Ende muss sie gar um das Recht an ihren eigenen Ideen fürchten. Was bleibt, ist die endgültige Flucht vor Ohnmacht und Verrat.
Theresias Enzenbergers Debüt taucht ein in die Anfänge der Bauhausgeschichte, erzählt von den selbstgefälligen Lehrmeistern, von der elitären Gesinnung der Bauhäusler in einer politisch explosiven Vorkriegszeit. Ein Emanzipationsroman, in der die Protagonistin ihren Wunsch von einem selbstbestimmten Leben nicht aufgeben will, allen Widrigkeiten zum Trotz.

Leseprobe

Theresia Enzensberger wurde 1986 in München geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Film und Filmwissenschaft am Bard College in New York und schreibt als freie Journalistin unter anderem für die FAZ, FAS, ZEIT Online, Krautreporter und Monopol. 2014 gründete sie das vielfach preisgekrönte BLOCK Magazin.

ORTE 20

Christel Müller, bildende Künstlerin, und Silvia Trummer, Schriftstellerin, arbeiten seit vielen Jahren themenbezogen zusammen. Sie haben in der Schweiz und Deutschland mehrere Ausstellungen gestaltet, indem sie Bilder, Texte und Objekte nebeneinander stellten. Unter dem Titel “ORTE“ zeigen die beiden Frauen Fotos und Notizen von unterwegs, an denen sie in den letzten Jahren gearbeitet haben. Was dabei entstanden ist, illustriert den Prozess von Gehen, Schauen und Gestalten. „Man könnte alles neu sehen“.

T10