Donnerstag, 29.März

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Heute haben
Yvan Goll * 1891
Ernst Jünger * 1895
Ur-Opa Hans * 1927
Georg Klein * 1953
Jo Nesbo * 1960
Geburtstag
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Heute auf dem Lyrik-Kalender:

Heinrich Heine
Unterm weißen Baume sitzend

Unterm weißen Baume sitzend,
Hörst du fern die Winde schrillen,
Siehst, wie oben stumme Wolken
Sich in Nebeldecken hüllen;

Siehst, wie unten ausgestorben
Wald und Flur, wie kahl geschoren; –
Um dich Winter, in dir Winter,
Und dein Herz ist eingefroren.

Plötzlich fallen auf dich nieder
Weiße Flocken, und verdrossen
Meinst du schon, mit Schneegestöber
Hab‘ der Baum dich übergossen.

Doch es ist kein Schneegestöber,
Merkst es bald mit freud’gem Schrecken;
Duft’ge Frühlingsblüten sind es,
Die dich necken und bedecken.

Welch ein schauersüßer Zauber!
Winter wandelt sich in Maie,
Schnee verwandelt sich in Blüten,
Und dein Herz, es liebt aufs neue.
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Claudia Wiltschek empfiehlt:

U_5957 GERTRUDE GRENZENLOS.IND12

Judith Burger:Gertrude grenzenlos
Ulrike Möltken (Illustr.)
Gerstenberg Verlag € 12,95
Ab 13 Jahren

Ina kommt oft zu spät in die Schule, bekommt ständig Ärger mit der Lehrerin und wird von ihrer Nebensitzerin auch nur streng zurechtgewiesen. Dann kommt eines Tages Gertrude neu in die Klasse, Gertrude, die ganz anders ist, Westklamotten trägt und sogar nach Westwaschmittel riecht. Ina kennt diesen Geruch von einem einmaligen Besuch im Intershop, in dem sie mit ihrer Mutter gewesen und überwältigt von der Buntheit und Vielfalt der Waren war. Ina und Gertrude werden Freundinnen, doch das ist weder den Lehrern, noch den Eltern der beiden Mädchen recht. Gertrudes Eltern sind sogenannte Staatsfeinde, der Vater schreibt Gedichte, die Familie geht in die Kirche und weil es für sie unerträglich ist in Unfreiheit zu leben haben sie einen Ausreiseantrag gestellt.
Doch Ina und Gertrud lassen sich ihre Freundschaft nicht verbieten und leben mutig das Gegenteil von dem, was viele andere aus Angst und Parteitreue vermeiden. Es gelingt Ihnen sogar, dass Inas Mutter die Eltern von Getrude besucht und dadurch in Kauf nimmt auch von der Stasi beobachtet zu werden. Ina und Gertrude sind glücklich endlich ihre Freundschaft leben zu dürfen und doch Ina hat grosse Trauer, wenn sie daran denkt, dass der Tag kommen kann, an dem der Ausreiseantrag von Getrudes Familie genehmigt wird.

Ein tolles Jugendbuch, das von den Siebzigerjahren in der DDR erzählt, schon Geschichte für viele und kaum mehr vorstellbar in der jüngeren Generation. Ein Buch, von zwei mutigen Mädchen und deren wunderbarer Freundschaft.
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Am kommenden Dienstag stellen wir wieder vier neue Bücher vor.
Beginn: pünktlich um 19 Uhr.

Mittwoch, 28.März

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Heute haben
Maxim Gorki * 1868
Bohumil Hrabal * 1914
Marianne Fredrikssen * 1927
Mario Vargas Llosa * 1936
Tilman Röhrig * 1945
Geburtstag
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Sarah Wiltschek empfiehlt und wir stellen das Buch am kommenden Dienstag im Rahmen unserer „Ersten Seite“ ab 19 Uhr in unserer Buchhandlung vor:

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Ulrich Alexander Boschwitz:Der Reisende
Klett-Cotta Verlag € 20,00

Boschwitz´ Roman „Der Reisende“ dauert nur wenige Tage. Diese Zeit reicht aus, um aus dem erfolgreichen und angesehenen Otto Silbermann einen geistig, körperlich und materiell gebrochenen Menschen zu machen. Silbermann ist Jude und der Roman beschreibt die deutschen Novemberpogrome 1938. Der Protagonist verliert dabei alles: seine Wohnung, seine Geschäftsräume, sein Vermögen, seine Frau. Ihm gelingt die Flucht aus seiner eigenen Wohnung, an deren Tür die SS-Leute hämmern. Von diesem Moment an bleibt er ein Fliehender. Es hält ihn keine einzige Nacht an einem Ort, immer in der Angst, die Nazis könnten das Hotel- oder Pensionszimmer aufbrechen und ihn mitnehmen. Lieber ist er in ständiger Bewegung, fährt mit der Reichsbahn quer durch Deutschland. Zweimal bietet sich ihm die Chance zur Flucht aus Deutschland. Aber die Grenzen sind längst dicht. Auch die angrenzenden Länder lassen keine Juden legal ins Land. Silbermanns erster Kontaktmann wird verhaftet und auch der zweite Fluchtversuch wird vereitelt und bringt ihn vollends um den Verstand. Weder sein Sohn in Paris, noch seine arische Schwiegerfamilie können ihm helfen. Zweitere verweigert ihm vielmehr den Zutritt ins Haus. Alle versuchen sich zu schützen, brechen Kontakte ab, um nicht selbst verdächtig zu werden.
Was Silbermann viel zu lange in Deutschland hält, ist sein Unglauben über die Ereignisse und seine immer weiter aufrechterhaltene Hoffnung, dass das alles nur eine Laune der Geschichte, ein aushaltbarer Moment sei.
Sein Glück, im großen Unglück: er hat kein jüdisches Aussehen, wird auf offener Straße nicht erkannt oder schikaniert. Das führt dazu, dass er sich selbst von seinen jüdischen Freunden fernhält, um unbeschadet zu bleiben. So irrt er von Berlin nach Hamburg, von Dortmund nach Aachen, nach Dresden und wieder zurück. Er sieht keinen Ausweg, versucht mit seiner Frau in Kontakt zu treten, geht endlich doch noch einmal in die gemeinsame Wohnung, nimmt ein Bad und danach das, was ihm nötig scheint mit, bezahlt die Brötchen- und Milchrechnung und schleppt sich mit Koffer und einer Aktentasche mit seinem verbleibenden Vermögen weiter. Die Müdigkeit, die Angst und die Ausweglosigkeit sperren Silbermann ein wie gejagtes Tier. Egal welche Richtung er wählt, Silbermann ist längst gefangen. Er fleht regelrecht darum einfach mitgenommen zu werden, geht schließlich sogar selbst zur Polizei und nimmt das Risiko in Kauf verhaftet zu werden. Er hat weder die Kraft, noch den Mut zu einem erneuten Fluchtversuch, er möchte Mensch und Bürger bleiben und hat doch nur die Chance zu verlieren.

Ulrich Alexander Boschwitz´ Roman ist eines der ersten literarischen Zeugnisse der antisemitischen Pogrome in Deutschland. Boschwitz selbst war frühzeitig emigriert, wurde aber in England interniert und nach Australien verschifft. Auf der Rückreise wurde das Schiff, auf dem sich Boschwitz befand, von einem deutschen U-Boot torpediert und sank. Der Autor starb im Alter von 27 Jahren. Erst jetzt erscheint sein Roman „Der Reisende“ auf Deutsch und ist ein unglaublich direktes und schonungsloses Dokument der geschichtlichen Ereignisse im Dritten Reich, wie auch der zerstörerischen Auswirkungen auf die ganze menschliche Existenz. Gerade in Zeiten, da uns Flucht und der Umgang mit Geflüchteten wieder mittel- oder unmittelbar betrifft, ist dieser Roman eine bezeichnende Innenschau eines, in seinem eigenen Land heimatlos Gewordenen, dessen Flucht kein Ziel kennt und dem am Ende nichts mehr bleibt, was ihm lebenswert erscheint.

Dienstag, 27.März

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Heute haben Geburtstag:
Heinrich Mann * 1871
Golo Mann * 1909
Hansjörg Schneider * 1938
Harry Rowohlt * 1945
Patrick McCabe * 1955
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Selma Meerbaum-Eisinger
Frühling

Sonne. Und noch ein bißchen aufgetauter Schnee
und Wasser, das von allen Dächern tropft,
und dann ein bloßer Absatz, welcher klopft,
und Straßen, die in nasser Glattheit glänzen,
und Gräser, welche hinter hohen Fenzen
dastehen, wie ein halbverscheuchtes Reh …

Himmel. Und milder, warmer Regen, welcher fällt,
und dann ein Hund, der sinn- und grundlos bellt,
ein Mantel, welcher offen weht,
ein dünnes Kleid, das wie ein Lachen steht,
in einer Kinderhand ein bißchen nasser Schnee
und in den Augen Warten auf den ersten Klee …

Frühling. Die Bäume sind erst jetzt ganz kahl
und jeder Strauch ist wie ein weicher Schall
als erste Nachricht von dem neuen Glück.
Und morgen kehren Schwalben auch zurück.
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Ta-Nehisi Coates:Zwischen mir und der Welt
Fischer Taschenbuch € 12,00

Das Buch des us-amerikanischen, schwarzen Journalisten Ta-Nehisi Coates liegt bei mir schon einiger Zeit ungelesen im Regal. Mittlerweile gibt es das Buch als Taschenbuch und immer noch nicht fand ich einen Zugang. Jetzt sind seine gesammelte Essays über die acht Obama-Jahre erschienen und in allen Literaturbeilagen tauchten Besprechungen auf. Dann war er auf dem Titelblatt der ZEIT-Beilage und das Interview hat mich endlich dazugebracht, mit dem Text anzufangen. Ach, hätte ich das nur schon länger gemacht. Der Zugang zur Lektüre von James Baldwin und Jesmyn Ward wäre mir leichter gefallen. Coates schildert in einem Brief an seinen Sohn den us-amerikanischen Rassimus. Hier speziell das Verhältnis zwischen Weißen und Schwarzen. Oder das Missverhältnis. Er spricht in seinem Buch nicht über arm und reich, sondern von schwarz und weiß. Arme Weiße stehen immer noch über armen Schwarzen. Seine Analysen verbindet er mit persönlichen Erfahrungen am eigenen Leib und intensiven Recherchen. Rassistische Gewalt ist fest eingewoben in die amerikanische Identität – sie ist das, worauf das Land gebaut ist. Der Wert der schwarzen Sklaven betrug deutlich mehr als das, was die Amerikaner damals produzierten. Dieser Rassismus hat sich festgesetzt und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass nach acht Jahren Obama ein wirklich Weisser zum Präsidenten wurde. Der Hass auf den schwarzen Präsidenten war zu groß. Es musste ein möglichst großes Gegengewicht her.
Es nützt den Schwarzen auch nichts, besser zu sein, angepasster. Im wirklichen Leben zählt dies dann doch wieder nichts. Ein schwarzer Toter ist keine große Anklage wert. Die mordenten Polizisten werden nicht verurteilt und treiben ihr Spiel weiter.
Coates sagt, dass Obama zum Flügel der Martin Luther King Anhänger gehört und auf einen guten Ausgang hofft. Coates gehört zu denen, die Malcolm X folgen, der meinte, dass die Schwarzen keine Chancen haben.
Solange es jetzt z.B. zwei Mietverträge gibt, solange es zwei Hypotheken-Unterlagen gibt, eine für Weisse und eine für Schwarze, ist an eine Gleichberechtugung nicht zu denken. Der Rassimus ist alltäglich und nicht wegzudenken. Toni Morrison schreibt, dass dieses Buch Pflichtlektüre ist. Mittlerweile wird er in Schulen gelesen. Gut so.
Für uns ist es sofern ein Muss, weil wir dadurch besser verstehen, warum das mit Trump kommen musste.

Leseprobe

Detlef Surreys Samstagsskizze

Sonntagsskizzen – Menschen im Café

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Die  Espresso Lounge in Kreuzberg – ein angenehmer Ort für Zeitungsleser, wie für Mobile Kreative oder für fröhliche Unterhaltungen …
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Freitag, 23.März

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Heute haben
C.F.D.Schubart * 1739
William Morris * 1834
Dario Fo * 1926
Martin Walser * 1927
Peter Bichsel * 1935
Geburtstag.
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Hugo von Hofmannsthal
Im Grünen zu singen

War der Himmel trüb und schwer,
Waren einsam wir so sehr,
Voneinander abgeschnitten!
Aber das ist nun nicht mehr:
Lüfte fließen hin und her;
Und die ganze Welt inmitten
Glänzt, als ob sie gläsern wär.

Sterne kamen aufgegangen,
Flimmern mein – und deinen Wangen,
Und sie wissens auch:
Stark und stärker wird ihr Prangen;
Und wir atmen mit Verlangen,
Liegen selig wie gefangen,
Spüren eins des andern Hauch.
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Mitarbeiterin Susanne Link empfiehlt:

Pleschinski:Wiesenstein
C.H.Beck Verlag € 24,00

Kennen Sie Wiesenstein? Die Trutzburg Gerhart Hauptmanns in Schlesien,selbst
entworfen mit Paradieshalle und Wandelgarten? Heute ein wunderbares Museum in Polen.
Pleschinski hat in seinem aktuellen Roman diesem Haus ein Denkmal gesetzt und nimmt
uns mit auf Gerhart Hauptmanns letzte Reise: Im Februar 1945 aus dem zerstörten,
geliebten Dresden nach Schlesien zum Wiesenstein, seine Heimat. Hier wird er die nächsten, seine letzten, 16 Monate verbringen – mit Masseur, Gärtner, Köchin, Küchenhilfe und seiner zweiten Ehefrau Margarete.
Pleschinski schafft es, die Atmosphäre im Haus, im Dorf und im Land sehr gut und
intensiv darzustellen. Über 500 Seiten hinweg bin ich jeden Abend gerne zum Wiesenstein gereist und habe mit den Protagonisten auch in alten Zeiten geschwelgt als die großen
Feste gefeiert wurden. Ein herrliches Buch.

Donnerstag, 22.März

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Heute haben
Albrecht Goes * 1908
Michael Hamburger * 1924
und Bruno Ganz * 1941
Geburtstag.
Heute, im Jahre 1832 ist Goethe gestorben.
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Johann Wolfgang von Goethe
Lebensregel

Willst du dir ein hübsch Leben zimmern,
Musst dich ums Vergangne nicht bekümmern;
Das Wenigste muss dich verdrießen;

Musst stets die Gegenwart genießen,
Besonders keinen Menschen hassen
Und die Zukunft Gott überlassen.
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Emilia Wiltschek (12 Jahre) empfiehlt:

Marion Meister:Julie Jewels – Perlenschein & Wahrheitszauber
S.Fischer Verlag € 16,99
Kinderbuch ab 12 Jahren

Julie ist ein ganz normales Mädchen, das Schmuck über alles liebt und das endlich seine langersehnten 16 Jahre alt wird. Wenn sie da nicht das Gespräch an ihrem Geburtstag zwischen ihrem Vater und ihrer Mutter belauscht hätte, in dem es darum ging, dass ihre Mutter ihr das Geschenk nicht geben wollte, das sie von ihrer Oma geschickt bekommen hatte. Denn ihre Mutter hatte schon Jahre nicht mehr mit ihrer Mutter geredet. Ihr Vater aber besteht darauf, dass sie das Geschenk bekommen soll. Hätte Julie das Gespräch nicht belauscht, so hätte sie nie etwas von dem Geschenk mitbekommen und sie hätte auch nicht nach ihm gesucht. So aber war ihr Interesse geweckt. Sie wollte das Geschenk haben!!! Als ihre Mutter einmal nicht ihm Haus war, durchforstet sie alle Zimmer bis sie das kleine, an sie adressierte Päckchen im Keller findet. Es ist eine Schmuckschatulle!!!! Als aber ihre Freundin und sie herausfinden, was wirklich in ihr steckt, stellt sich ihre Welt auf den Kopf. Sie bringt ihren Mathelehrer dazu die richtigen Antworten auf die Tafel zu schreiben und ihren Freund in Lebensgefahr. Was ist bloß los mit der Schmuckschatulle????? Findet es heraus, in dem ihr das Buch lest!!!!!
Es ist genau das Richtige für Leute, die gern Fantastisches lesen und die Schmuck lieben.
Viel Spaß bei Julie Jewels.
Eure Emilia

Der erste Band dieser magischen Trilogie ist auch optisch ein richtiges Schmuckstück: Mit hochwertig veredelter Sonderausstattung mit Metallic-Lack und verdecktem Buchschnitt funkelt und glitzert er wie ein echtes Schmuckkästchen!

Weitere Bände der Serie in Vorbereitung:
Julie Jewels – Silberglanz und Liebesbann (Erscheint im Herbst 2018)
Julie Jewels – Mondsteinlicht und Glücksmagie (Erscheint im Frühjahr 2019)

Mittwoch, 21.März

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Heute haben
Jean Paul * 1763
Peter Hacks * 1928
Hubert Fichte * 1935
Michael Dibin * 1947
Andrea Maria Schenkel * 1962
Geburtstag
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Unser Buchtipp des Tages:

9783423146203

Emma Cline:The Girls
Aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl
dtv  € 10,90

Dieses Debüt einer 25jährigen unbekannten Autorin hat eingeschlagen wie eine Bombe. Das liegt nicht nur an dem Millionenbetrag, der ihr als Vorschuss bezahlt wurde oder an den bereits verkauften Filmrechten, sondern sicher auch an dem Thema: Ein sehr junges Mädchen gerät in den Einfluss einer Hippiesekte, im hitzegeschwängerten Kalifornien am Ende der 60er Jahre, die einen Ritualmord nach dem gleichen Muster wie die Manson Familie begehen wird.
Wollte man das Buch jedoch auf diesen Plot reduzieren, würde man ihm in keiner Weise gerecht werden. Die 14-jährige Evie, von den sich gerade getrennten Eltern vernachlässigt, steht am Anfang ihres Erwachsenenlebens. Sie erwacht, will gesehen, geliebt werden. Das Bild, das sie selbst von sich hat, erscheint ihr eher mittelmäßig, uninteressant. Evie beobachtet und bewertet jedoch auch ihre Umgebung, die Menschen um sich herum sehr genau.

Und genau hier beginnt diese Geschichte wirklich interessant zu werden. Evies Sicht auf die Dinge und Zusammenhänge, auf ihre Mitmenschen und deren Verhalten, ist, bei all ihrer pubertätsgeprägten Gnadenlosigkeit, klar und genau sezierend. Ihre rundliche Freundin Conni, die älteren Jungs in der Garage, der zweite Frühling der verlassenen Mutter und deren Freundin, die verwahrloste Ranch des Hippiegurus Russel, die unterernährten Kinder dort und Suzanne, die schmuddelige, abgerissene Schönheit, die sich Evie als Vorbild nehmen wird. All das starrt Evie an und sie sieht auch wirklich, was diese Menschen ausmacht. Ihr Zerbrochensein, ihre Angst, ihre Selbstüberschätzung, ihre Lügen und Verharmlosungen, ihre Scham und ihre Verzweiflung.
Und wir sehen mit. Wir tauchen ein in Evies chaotische Gefühlswelt von Trotz und Aufbegehren, von Sehnsucht und Gier, von Gleichgültigkeit und echter Liebe und wir erinnern uns an unser eigenes Aufbegehren, unsere Verzweiflung, unseren Trotz. Dies gelingt dieser jungen Autorin durch ihren pointierten, scharfen Sprachstil. Emma Cline beschreibt mit großer Zärtlichkeit die hingebungsvolle Suche nach Liebe und deren Scheitern.

„Das war das erste Mal. dass ich Suzanne je sah – ihr schwarzes Haar kennzeichnete sie schon aus der Entfernung als anders, das Lächeln, mit dem sie mich bedachte, direkt und forschend. Ich konnte es mir nicht erklären, den Stich, den ihr Anblick mir versetzte. Sie wirkte so seltsam und rein wie jene Blumen, die einmal in fünf Jahren in greller Fülle aufblühen, die farbenprächtige, prickelnde Lockung, die beinahe dasselbe war wie Schönheit. Und was hatte sie gesehen, als sie mich anblickte?“

Emma Cline, geboren 1989, wuchs mit ihren sechs Geschwistern im nordkalifornischen Sonoma auf. Nach einem Master of Fine Arts an der Columbia University zog sie nach Brooklyn. Sie schreibt u.a. für den ›New Yorker‹ und Oprah Winfreys Magazin ›O‹, 2014 hat sie den Plimpton Prize for Fiction der Paris Review erhalten. ›The Girls‹ ist Emma Clines erster Roman.

Dienstag, 20.März

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Heute haben
Ovid * 43 v.Chr.
Friedrich Hölderlich * 1770
Henrik Ibsen * 1828
Ralph Giordano * 1923
David Malouf * 1934
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Friedrich Hölderlin
An die Nachtigall

Dir flüsterts leise – Nachtigall! dir allein,
Dir, süße Tränenweckerin! sagt es nur
Die Saite. – Stellas wehmutsvoller
Seufzer – er raubte mein Herz – dein Kehlchen –

Es klagte – o! es klagte – wie Stella ists.
Starr sah ich hin beim Seufzer, wie, als dein Lied
Am liebevollsten schlug, am schönsten
Aus der melodischen Kehle strömte.

Dann sah ich auf, sah bebend, ob Stellas Blick
Mir lächle – ach! ich suche dich, Nachtigall!
Und du verbirgst dich. – Wem, o Stella!
Seufztest du? Sangest du mir, du süße?

Doch nein! doch nein! ich will es ja nicht, dein Lied,
Von ferne will ich lauschen – o! singe dann!
Die Seele schläft – und plötzlich schlägt die
Brust mir empor zum erhabnen Lorbeer.

O Stella! sag es! sag es! – ich bebe nicht! –
Es tötete die Wonne, geliebt zu sein,
Den Schwärmer. – Aber tränend will ich
Deinen beglückten Geliebten segnen.
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Emilia Wiltschek (12 Jahre) empfiehlt:



Akram El-Bahay:Wortwächter

Ueberreuter Verlag € 14,95
Jugendbuch ab 11 Jahre

Tom soll in den Ferien nach England zu seinem Onkel David, den er so gut wie gar nicht kennt!!! Dabei möchte er viel lieber zu seinem Onkel George, der in London wohnt, und als Musikjournalist arbeitet. Sein Onkel David wohnt mitten auf dem Land in einem Haus mit tausend Büchern und ohne Fernseher und Internet!!!! Als sein Onkel dann in der ersten Nacht entführt wird, stellt sich Toms Welt auf den Kopf. Der Diener seines Onkels ist in echt ein steinerner Bibliothekar, eine Statue von Shakespeare, dem, wie er erfährt, Wörter auf den Rücken geschrieben wurden und der somit zum Leben erweckt wurde. Der steinerne Bibliothekar heißt Will. Als dann auch noch das Mädchen Josephine plötzlich vorbeikommt und erzählt, dass auch ihr Vater entführt wurde, weiß Tom, dass mehr hinter der Sache steckt. Und dass es mit Räubern oder Entführern zu tun hat.
Wollt ihr genau so wie Tom wissen, was hinter der Entführung seines Onkels steckt?
Dann lest „Wortwächter“!!!

Eure Emilia

Leseprobe

Detlef Surreys Sonntagsskizze

Reisende im Zug Frankfurt/M – Berlin

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Mehr Reisende, mehr Lesende im Zug finden Sie auf Detlef Surreys Skizzenblog:
http://surrey-skizzenblog.blogspot.de/2018/03/sonntagsskizzen-032018-reisende-im-zug.html

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