Samstag

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Heute haben
Jonathan Swift * 1667
und Mark Twain * 1835
Geburtstag
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Mark Twain
Truth is stranger than fiction, but it is because Fiction is obliged to stick to possibilities; Truth isn’t.

The most interesting information comes from children, for they tell all they know and then stop.

Do the right thing. It will gratify some people and astonish the rest.
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Als Einstimmung auf ein mummeliges Wochenende (drin) mit einem Blick in den beginnenden Winter (draußen):

Jewish

A Jewish Celebration
Putumayo € 15,90

Jüdische Festtage rund um die Welt. Ob Israel, oder die USA, Deutschland oder Uganda, diese neue Putumayo-CD verwöhnt uns mit gewohnter Qalität. Aufnahmen, an die wir hier gar nicht (so leicht) rankommen, sind hier versammelt.
Klezmer, Reggae, Ska, Chor, oder nur instrumental, alles ist darauf versammelt.
Machen Sie sich selbst ein Bild, hier können Sie die komplette CD anhören:
Reinhören
Und wenn Sie auf der Seite von putumayo noch andere interessante Musik gefunden haben (auch weihnachtlich), dann schauen Sie bei uns vorbei. Wir haben eine schöne Auswahl im Laden vorrätig.

Klezmer Conservatory Band
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=9i3BU8yTN9I]

Klezmer Juice

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Die SWR Bestenliste für Dezember steht.
Und wenn Sie genau schauen, werden Sie merken, dass wir die fast alle Bücher von der Liste im Laden haben, die meisten gelesen und zum Teil auch schon vorgestellt haben.

Bestenliste Dezember 2013

Platz 2 (Monika Maron) stellen wir u.a. am kommenden Freitag
bei unserer „Ersten Seite“ vor.

Beginn 19.00, Eintritt frei.
Gast: Florian L.Arnold

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Freitag

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Heute hat Wilhelm Hauff (* 1802) Geburtstag

Und der Lyrikkalender bringt:

Conrad Ferdinand Meyer
Lethe

Jüngst im Traume sah ich auf den Fluten
Einen Nachen ohne Ruder ziehn,
Strom und Himmel stand in matten Gluten
Wie bei Tages Nahen oder Fliehn.

Sassen Knaben drin mit Lotoskränzen,
Mädchen beugten über Bord sich schlank,
Kreisend durch die Reihe sah ich glänzen
Eine Schale, draus ein jedes trank.

Jetzt erscholl ein Lied voll süsser Wehmut,
Das die Schar der Kranzgenossen sang –
Ich erkannte deines Nackens Demut,
Deine Stimme, die den Chor durchdrang.

In die Welle taucht ich. Bis zum Marke
Schaudert ich, wie seltsam kühl sie war.
Ich erreicht‘ die leise ziehnde Barke,
Drängte mich in die geweihte Schar.

Und die Reihe war an dir zu trinken,
Und die volle Schale hobest du,
Sprachst zu mir mit trautem Augenwinken:
„Herz, ich trinke dir Vergessen zu!“

Dir entriss in trotzgem Liebesdrange
Ich die Schale, warf sie in die Flut,
Sie versank, und siehe, deine Wange
Färbte sich mit einem Schein von Blut.

Flehend küsst ich dich in wildem Harme,
Die den bleichen Mund mir willig bot,
Da zerrannst du lächelnd mir im Arme
Und ich wusst es wieder – du bist tot.
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Sehr passend zu meinem Filmtipp, in dem das Vergessen eine große Rolle spielt:

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Die Wohnungvon Arnon Goldfinger
Deutschland, Israel 2011
DVD € 19,90

Dass ich auf den Film gekommen bin, verdanke ich wieder einmal meiner Tippgeberin Marianne. Auf arte lief der Film am vergangenen Montag und kann noch bis Ende der Woche auf deren Internetportal angeschaut werden (arte+7), oder bei uns als DVD gekauft werden.
Ich konnte zuerst nur die erste Hälfte anschauen und war so aufgewühlt, dass ich es kaum erwarten konnte die kompletten 97 Minuten zu sehen.

Die Großeltern des israelischen Dokumentarfilmers Arnon Goldfinger sind vor dem Holocaust aus Deutschland nach Israel geflohen. Nach dem Tod der Großmutter löst Arnon Goldfinger gemeinsam mit seiner Mutter die Wohnung der Großeltern in Tel Aviv auf, in der Gerda Tuchler mit ihrem Mann Kurt gelebt hat. Doch zunächst will Arnon Goldfinger die Wohnung in ihrem ursprünglichen Zustand mit der Kamera festhalten. Dabei geht es sehr turbulent und lustig zu. Die Familie, die Jungen und Alten machen endlich alle Schubladen und Schränke auf, was sie sich vor ein paar Wochen nie getraut hätten. Unglaubliche Mengen von Handtaschen und Handschuhe kommen hierbei zum Vorschein. Ein Nerz (?) mit Kopf und Füssen sorgt für spitze Schreie bei den Urenkeln. Die Mutter beschließt, dass das Meiste wegkommt, da es nichts wert sei. Arnon Goldfinger ist immer nah dran, steht mit seiner Kamera mitten im Gewühl.
Bei der Sichtung des Nachlasses entdecken Mutter und Sohn neben unzähligen Haushaltsdingen und Kleidungsstücken Dokumente, Briefe und Fotografien, die eine bislang der Familie unbekannte Geschichte erzählen. Die jüdischen Großeltern des Filmemachers pflegten eine Freundschaft mit der Familie eines SS-Offiziers. Leopold von Mildenstein, war einst Vorgesetzter Adolf Eichmanns. Und selbst nach Ende des Krieges bestand der Kontakt zwischen Kurt Tuchler in Israel und von Mildenstein in Deutschland weiter.
Die Freundschaft zwischen den Tuchlers und den von Mildensteins hatte auf einer gemeinsamen Reise der beiden Männer nach Palästina begonnen. Kurt Tuchler war damals Richter in Berlin und überzeugter Zionist. Leopold von Mildenstein war seit 1935/36 Kommandant des sogenannten Judenreferats. Ihr gemeinsames Ziel bestand darin, Einwanderungen von deutschen Juden nach Palästina zu vereinfachen. Denn Palästina war damals das einzige Land, das bereit war, Juden in größerer Zahl aufzunehmen.
Eine unglaubliche Geschichte, so scheint es. Für mich sehr fremd und unbekannt. Es öffnen sich für Arnon Goldfinger jedoch Welten, als er anfängt, seine Mutter über deren Mutter und ihre Großmutter zu befragen. Großes Kopfschütteln. Ich weiß es nicht, ich habe nicht nachgefragt, darüber wurde nie gesprochen, sind die Antworten, die er zu hören bekommt. Dabei war die Beziehung zwischen den beiden Ehepaaren sehr intensiv und langandauernd. Goldfinger forscht weiter, liest sich durch Berge von Briefe, die nie weggeworfen worden sind und nimmt Kontakt zur Tochter der von Mildensteins auf, die als ältere Dame in Wuppertal lebt. Auch dort großes Kopfschütteln und Reinwaschen des Vaters. Bis zum Schluss weigert sich die Tochter an die Nazi-Vergangenheit ihres Vaters zu glauben, oder dies zu akzeptieren. Goldfinger legt ihr Dokumente vor, die sie zwar liest, aber für sie nie glaubwürdig genug sind.
Arnon Goldfinger kommt dieser unwahrscheinlich klingenden Geschichte immer näher und bringt seine Mutter dazu, mit ihm viele Fotos anzuschauen und sich erzählen zu lassen, was darauf zu sehen ist. Sie reisen nach Berlin,wo seine Urgroßmutter lebte und von dort nach Theresienstadt abtransport und ermordet worden ist, weil sie nicht nach Palästina auswandern wollte. Ein Stolperstein am Hauseingang erinnert an sie. Es kommt zu einem Treffen der beiden Töchter in Wuppertal. Alles ist herzlich und freundlich und doch herrscht eine Atmosphäre des Schweigens, wenn es um die heiklen Themen geht.
Arnon Goldfinger hat einen Dokumentarfilm gedreht, der mich wirklich bis ins Innerste bewegt hat.
Was hat es mit diesen verschiedenen Arten des Vergessens auf sich? Warum wurde nie richtig nachgefragt? Wie konnte eine solche Freundschaft überhaupt entstehen und so lange anhalten? So ganz kann er dieses Phänomen nicht aufdecken, aber das, was hochgespült worden ist, reicht schon mehr als genug.

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Hier geht es zur website des Filmes mit vielen Fotos, Dokumenten und Hintergrundinformationen, u.a. zum Haavara-Abkommen.

Trailer

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=qT7Ty6b0rng]

Donnerstag

Heute haben
William Blake * 1757
Alexander Blok * 1880
Stefan Zweig * 1881
Alberto Moravia * 1907
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Stefan Zweig
In tiefer Nacht

So mitternächtig alle Gassen,
Die silberblank der Mond durchzieht
So blaß und stumm die Häusermassen …
Hinauf zu schlummernden Gelassen
Klingt sonnetrunken noch mein Lied.

Die Straßen sind so traumesselig
Und sprechen leis mein Lied zurück.
Und lauter, voller wirds allmählich
Und bald erdröhnt es hell und fröhlich
Das Lied von meiner Liebe Glück.

Es dringt durch dunkle Fensterläden
So leise trägts der laue Wind.
In tiefem Traum umfängt es jeden
Mit seinen feinen, feinen Fäden
Die Mutter Sehnsucht um uns spinnt,

Daß sich die Mädchenherzen dehnen
Im dunklen Banne seiner Macht,
Und immer heißer wird ihr Sehnen,
Und glühend rinnen brennende Tränen
Hinein in die stumme, verschwiegene Nacht.

Doch mein Lied und ich, wir schreiten
Immer nur weiter, immer nur zu
In die silberblinkenden Weiten
Hin zu den blendendsten Seligkeiten
Hin zu Dir, oh Geliebte Du …

Ein paar Verse …

Ein paar Verse zum Erwachen,
Liebste, nimm in deinen Tag!
Eine frohe froh zu machen,
Sei, was sie entschulden mag,

Daß sie sich so ernst bemühen
Und so voll gemessen sind,
Statt zu flammen, statt zu glühen,
Statt zu flackern wie ein Wind,

Statt dich brennend zu umfangen,
Bis du, Liebe, Herz und Hand,
Stirn und Lippen, Brust und Wangen
Loderst in beseeltem Brand.
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Jochen Fischer, Sabine Ries: „Einfach genial!
Über 40 weltberühmte Erfindungen aus Baden-Württemberg
Silberburg Verlag € 19,90

Wir wussten es ja schon immer und werden deswegen auch von den anderen Deutschen belächelt: Wir sind halt schon Käpsele. Ob wohl zerstritten (Badener versus Württemberger) bilden wir halt schon eine gemeinsame Macht, was Patente und Erfindungen anbelangt. Endlich hat sich ein Verlag getraut und zumindest 40 weltberühmte Erfindungen vorzustellen.
Wussten Sie, dass Pustefix, UHU und dieser klebrige Mückenfänger, der bei jeder Oma von der Küchendecke hin und schwarz vor Fliegen war, alle hier aus dem Ländle kommen? Obwohl es (im Moment) noch früh am Morgen ist, möchte ich  die Spätzlespresse erwähnen und auch den Teddybären, der bei den Kleinen noch im Bett liegt. Die bekommen dann auch noch Brausepulver, bevor der Vater mit der Motorsäge loszieht. Natürlich mit dem Auto, oder dem Taxi. Alles von hier.
Windkraftanlagen und Plastikdübel, genauso wie der Pistenbully, die Funkuhr und die No-Rewind-Filmteller und noch einiges mehr. Und das sind ja nur die weltberühmten Erfindungen. Da muss es ja noch jede Menge andere nützliche Dinge geben, die wir im Alltag benutzen und die hier erfunden worden sind.
Viele Fotos und Dokumente runden die kurzen informativen Texte ab.
Viel Vergnügen damit. Im Buchladen gab es schon einige große Lacher und
Ooohs und Aahs.
Auf Libreka gibt es eine sehr ausführliche Leseprobe. Sie können fast durch das Buch klicken.
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Und das kam gerade im Radio:

Leonard Cohen
Famous Blue Raincoat

It’s four in the morning, the end of december
I’m writing you now just to see if you’re better
New york is cold, but I like where I’m living
There’s music on clinton street all through the evening.
…..

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=6fMnF0Fvdpo]

Mittwoch

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Heute hat Ludwig Fels Geburtstag
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Ludwig Fels

Es steht nichts mehr zwischen den Zeilen
kein Platz zwischen den Zeilen
das Papier vollgeschrieben
mit dem Nichts von Heute.
Immer zu wenig
Blut in den Adern, immer
zu kalt.
…..

So beginnt ein Gedicht vom heutigen Geburtstagskind und ich finde: er hat recht.
Heute morgen minus zehn Grad auf der Alb und die Sterne funkeln dazu.
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Unser „Ulmer“ ist fertig. In der Papierform verteilen wir ihn schon seit einer Woche im Laden, digital gibt es ihn jetzt auch hier unter dem ReiterchenUlmer zu lesen. Wir haben versucht, aus der riesigen Flut von Neuerscheinungen, eine kleine, spezielle Auswahl zu treffen.
Sarah Käsmayr hat ihn gestaltet und das Titelblat als eine Homage an ….. angelegt.
Wer weiß für wen, dem winkt ein Büchergutschein.
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Passend zur Jahreszeit, zum Wetter, stelle ich Ihnen heute eine Taschenbuch-Neuerscheinung vor.
Ehemals im Schweizerischen Kein&Aber Verlag erschienen, gibt es den Roman
jetzt bei dtv.
Eine winterliche Manhattan Love Story – die perfekte Lektüre für die Weihnachtszeit.

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André Aciman: „Acht helle Nächte
Aus dem Englischen von Renate Orth-Guttmann
dtv € 11,90

André Aciman, geboren 1951 in Alexandria, studierte Komparatistik in Harvard. Er ist Romancier, Essayist und Dozent für Vergleichende Literaturwissenschaft, zudem schreibt er für verschiedene New Yorker Zeitungen. Aciman gehört zu den führenden Proust-Experten. Auf Deutsch liegen seine autobiografischen Bücher „Damals in Alexandria“ und „Hauptstädte der Erinnerung“ sowie der Roman „Ruf mich bei deinem Namen“ vor. Aciman lebt mit seiner Familie in New York.
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Mit seinem Buch über Alexandria ist er hier bekannt geworden und die Zeitungen haben sich fast überschlagen. „Ruf mich bei deinem Namen“ gibt es auch als Taschenbuch bei dtv. Und nun liegt dieser Manhattan-Winter-Weihnachts-Liebesroman bei uns auf dem Neuerscheinungstisch. Gut, ich gebe es zu, mich hat das Titelbild gepackt. Wie Sie oben gelesen haben, ist Aciman ein Proust-Verehrer und Experte; das zeigt sich auch hier. Sie brauchen schon etwas Geduld zu Beginns des Romanes. Es sind acht Nächte, die er hier beschreibt. Und das sehr detailverliebt. Gerade das erste Kapitel verleitet vielleicht, das Buch aus der Hand zu legen. Er landet durch eine Einladung auf einer Weihnachtsparty in der Upper East Side. Dort tritt eine junge Frau auf ihn zu, streckt im die Hand entgegen und sagt: „Ich bin Clara“. Dieses „Ich bin Clara“ zieht sich nun über Seiten hinweg durch das ganze erste Kapitel. Dieses „Ich bin Clara“ wird zum Leitmotiv für den ganzen Roman. Er könnte auch so heissen. Aciman beschreibt dieses Szenerie sehr genau, fast meint man in einem Kinofilm zu sehen. Einzelne Handbewegungen füllen Zeilen und werden von verschiedenen Seiten betrachtet. Allein, wie die beiden auf dem Balkon stehen und auf den verschneiten Riverside Drive hinterschauen, wie sie raucht und ihre Bloody Mary in den Schnee des Geländers drückt füllt Seiten. Die beiden reden und reden und reden und er ist ab dem ersten Moment von ihr fasziniert. Nein, eigentlich ist er total verknallt in sie. Er kennt sie nicht, weiß nichts von ihr, wird an diesem Abend (wie auch an den darauf folgenden acht Nächten) immer wieder vor den Kopf gestoßen. Und doch kann er nicht von ihr lassen. Eigentlich ein Woody Allen Film. Diese Dialoge, das dauernde Hinundher und das zaudernde Verhalten von ihm, wären doch der ideale Stoff für den Regisseur aus Manhattan. Die beiden gehen abends ins Kino, da gerade eine Eric Rohmer-Festival stattfindet. Sehr passend, da in diesen Filmen auch nicht mehr passiert, als dass die Verliebten miteinander reden und nie richtig zu Potte kommen. Danach gehen sie in „ihre“ die Bar, und reden und reden. Sie ist sehr direkt, sagt, was sie denkt. Macht immer wieder Dinge, die ihn aus dem Konzept bringen. Er hingegen, wartet, sitzt im Park unter ihrer Wohnung und träumt sich in eine Beziehung mit ihr. Sie machen Ausflüge mit dem Auto, sie besuchen sich gegenseitig in ihren Wohnungen; ein spontaner Kuss von ihm, bringt sie jedoch dazu, ihn brüskt wegzuschieben. Er sitzt daheim, traut sich nicht, die Wohnung zu verlassen, da er auf einen Anruf von ihr erwartet, der nicht kommt. Er lässt sein Handy aus, weil er nicht sehen will, dass keine SMSe von ihr ankommen. Es stellt sich jedoch heraus, dass sie mehrfach versucht hat, ihn anzurufen.
Sie merken schon: Alles nicht so einfach. Wenn Sie durch das erste Kapitel durch sind und sich an den angenehm fließenden Stil gewohnt haben. Wenn Sie sich darauf einstellen, dass nicht allzuviel passiert, wenn Sie es genießen können, den Dialogen zu lauschen, wenn sich gerne verwundern lassen, wie die beiden sich verhalten, dann sind Sie hier richtig aufgehoben. Es ist tiefster Winter, es sind 500 Seiten … genau das Richtige für diese kalten dunklen Abende, die hier zu acht hellen Nächten werden. Es ist fast schon eine Proust’sche Suche nach der dahinrasenden Zeit, die hier fast still zustehen scheint. Und einfach einfach ein gelungenes Buch zum Thema: Liebe.

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Alice Munro im Gespräch mit Diana Athill auf dem International Festival of Authors 2009.
Eine tolle Frau und eine ausgezeichnete Autorin.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=_5qgRSwuxFU#t=70]
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Bilder aus der Jastram-Welt gibt es hier auf jastram.tumblr.com

Dienstag

Heute haben
Georg Forster * 1754
Franz Jung * 1888
Eugène Ionesco * 1909
Geburtstag
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Franz Jung: „Das Trottelbuch“
(Leseprobe aus: Das Trottelbuch, 2013, Edition Nautilus).

Um einen Tisch des Café du Dôme saßen mehrere Herren. Eine Frau schritt draußen am Fenster vorbei. Sie hatten sie alle gekannt, und einige kannten sie noch. Einer las vor: Zwei junge Burschen stolpern aus einer Vorstadtkneipe in die Nacht. Blutjunge Burschen und sehr betrunken. Sie schlagen das Pflaster mit ihren Stöcken, sie johlen, krümmen sich vor Lachen, und sie schleppen die schwer gewordenen Füße hinter sich her, dass sie von fern wie hinkende Greise erscheinen. Eine Katze huscht über den Weg.
Die Betrunkenen bleiben stehen, die Lässigkeit ist aus ihren Gliedern gewichen, ein Rausch ballt sich zusammen. Sie jagen dem Tier nach, verstellen den Weg, sie schlagen mit ihren Stöcken – als ob das Tier schuld wäre an ihrer Jugend und ihrer Betrunkenheit, so schlagen sie.
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frerk

Finn-Ole Heinrich:Frerk, du Zwerg!
Illustrationen von Rán Flygenring
dtv € 8,95
Deutscher Jugendliteraturpreis 2012.
Jetzt als Taschenbuch.

Jargs Blog hat mich drauf gebracht, dieses tolle Buch auch hier vorzustellen. Sein Grund ist allerdings die Hör-CD von Finn-Ole Heinrich selbst gesprochen. Und diese Aufnahme lobt er sehr.
Nachdem wir sein letztes Buch (Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt – Mein kaputtes Königreich“) auch schon auf unserem Blog vorgestellt haben, jetzt also die Taschenbuch-Ausgabe des prämierten „Frerk, du Zwerg!„.
Frerk hat es nicht leicht. In der Schule wird er gehänselt. Den Spruch kennen Sie jetzt ja schon: „Frerk, du Zwerg“, obwohl er doch nur der Zweitkleinste in der Klasse ist. Es reimt sich halt so schön. Und eigentlich hätte Frerk gerne einen Hund. Aber keinen kleinen, schnuckeligen, sondern einen großen, einen Wolfshund, der brüllen und heulen kann. Der ihm treu ergeben ist und der sooo groß sein soll, dass Frerk gerne so klein wie ein Zwerg neben im aussähe. „Ein wilder Hund riecht nämlich wie Waldboden, Sauerkirschen und Baumrinde, wie Abenteuer und Apfelblüten und Heu, wie Erde und Salzwasser, das auf der Haut getrocknet ist.“ Aber: Hund is nich, da Frerks Mutter allergisch ist. Allergisch gegen ganz vieles und wennn es ihr zuviel wird, dann bekommt sie Migräne und Migräne ist wie Kopfweh, nur viel schlimmer und das kann sich niemand vorstellen, der sie nicht selbst hat. Sprich: Keine Chance für Frerk einen Hund zu bekommen. Zusätzlich wird Frerk auch noch sehr gesund ernährt und fragt sich jeden Morgen beim Müsliessen, warum seine Mutter das Obst so klein schnippelt, wo er doch eh alles in der Milch schwimmend bekommt und auch locker größere Brocken wegessen könnte. Sie merken schon, Frerk hat es nicht leicht. Dazu noch der große Junge, der ein paar Klassen über ihm ist und ihn ordentlich trietzt. So auch an diesem Tag. Er steckt Frerks Nase mit dem Spruch: „Friss Mist, du Wurst!“ ganz tief in den Sand. Frerk denkt, warum Mist und warum Wurst und merkt, dass der große Junge nicht alle Tassen im Schrank hat. Doch diesmal entdeckt Frerk ein kleines Ei im Sand. Größer als ein Hühnerei, aber deutlich kleiner als ein Straußenei. Irgendetwas scheint sich darin zu bewegen. Er nimmt es mit nach Hause, legt es in die Schublade seines Tisches. Aus dem Ei schlüpfen 5 Zwerge, die schnell wachsen und nur Blödsinn im Sinn haben. Sie werfen mit Spielzeug, sie schneiden Frerk die Haare ab und bringen ihm viele Wörter bei, die er daheim nicht sagen soll. Aber wie soll er seinen Eltern das mit den Zwergen erklären? Wer wird ihm glauben? Also: Er sagt gar nix, lässt die Zwerge toben und lernt nebenbei, dass man sich nicht alles gefallen lassen muss. Nach ein paar Tagen sind die Zwerge plötzlich verschwunden. Sie haben ihm einen Brief hinterlassen. Zwergenklein, in Zwergenschrift.
Was darauf steht, sei nicht verraten.
Jedoch: Dieses Buch ist so frech, so witzig, so politisch unkorrekt, voller Wortwitz und Worterfindungen, dass es kaum zu glauben ist. Diesen wilden Text hat die Isländische Malerin Rán Flygenring genial umgesetzt und weiter entwickelt.
Ein klasse Vorlesebuch, ein tolles Buch zum Selberlesen ab acht Jahren.
Und wenn die Hör-CD wirklich so toll gelesen ist, wie Jarg schreibt, dann kann ich die ungehört empfehlen.
Erschienen bei der Hörcompanie für € 12,95

p.s. und aufgepasst. Die kleinen Körner im Müsli sehen zwar aus wie Körner, sind in echt aber Zwergenka… .

p.p.s Vielen Dank nochmals an Jarg.
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Das Jastram Fototagebuch       http://jastram.tumblr.com
Wie Bücher leben                      http://wiebuecherleben.tumblr.com
Der Jastram-Pixi-Wettbewerb   http://jastrampixi.tumblr.com

Montag

Nach einem blogfreien Sonntag, geht es jetzt in die letzte Novemberwoche.
Den nächsten Samstag haben wir dann bis 18 Uhr geöffnet.

Heute haben Georg Kaiser * 1878
Ba Jin * 1904
Geburtstag
und gestern hatte
Laurence Sterne seinen 300.Geburtstag.

Letzte Woche habe ich „den multiplen Roman“ von Thirwell vorgestellt, der eine Illustration aus Sternes Roman „Tristram Shandy“ auf dem Umschlag hat. Über diese Zeichnung und überhaupt über seinen zukunftsweisenden Roman geht es in diesem Buch. Und nun hat der Autor gleich so einen runden Geburtstag. Das Gleiche konnte ich bei von Arno Schmidt feststellen. Auf unserem Blog habe ich zwei Reclam-Bändchen von und über ihn und eine Anthologie in der S.Fischer Klassiker-Reihe besprochen. Zuvor schon einmal die „Tina“ in der Insel-Bücherei. Und jetzt wird mir das auch klar, warum es so weit gestreut Werke von Arno Schmidt gibt. Er hat am 18.1.2014 seinen 100.Geburtstag. Zu diesem Jahrestag erscheint dann auch „Zettel’s Traum“ in der von Dieter Forssmann gesetzten Version.
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An diesem Wochenende habe ich mein morgendliches Leseprojekt: „Wiedersehen mit Brideshead“ von Evelyn Waugh abgeschlossen. Nicht regelkonform, jeden Tag zehn Seiten. Ich habe wohl drei, vier Tage übersprungen und die alle auf einen Satz gelesen. Nicht weil mich das Buch so gefesselt hat, sondern weil es mich langweilte und ich es gerne zur Seite legen wollte. Gut geschrieben ist es, immer wieder scheint Waughs Ironie durch und dann ist es halt ein Spiegelbild der abstürzenden englischen Superreichen. Alles gut gemacht, aber es hat mich kalt gelassen, obwohl es in Großbritannien zu den ganzen großen Werken des 20.Jahrhunderts gehört.
Es war nicht meins.

Dafür habe ich in einem Rutsch das neue Jugendbuch von David Levithan: „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ gelesen. Es erscheint Ende März 2014 im S.Fischer Verlag. Deshalb sollte es wohl noch nicht besprochen werden. Ich kann ja die amerikanische Orginalausgabe besprechen, die als „Every Day“ bei uns im Laden steht.
Ein Jugendlicher wacht jeden Tag in einem anderen gleichaltrigen Körper auf. Einmal als Junge, dann als Mädchen. Und das in allen Varianten. In jeglicher Hinsicht. Das an sich ist schon merkwürdig (für uns und den Jungen, der sich „A“ nennt). Kompliziert wird es aber, als er im Körper eines Kerls steckt, der seine Freundin mies behandelt. Nun dreht er den Spieß um und verbringt mit Rhiannon (dem Mädchen) einen schönen Tag am Meer. Dies hat nun Konsequenzen von allen Ebenen. Mehr mag ich nicht verraten. Nur soviel: Sie werden es in einem Rutsch lesen. Und die Jugendlichen sowieso.

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David Levithan:Every Day
Random House US € 10,99

David Levithan: „Letztendlich sind wir dem Universum egal“
S.Fischer Jugendbuch ca. € 16,99

„Ist es unmännlich zu sagen, dass dieses atemlose Buch mich zum Weinen gebracht hat? Ja? Na dann sag ich eben einfach, dass es großartig ist, und jetzt müsst ihr mich entschuldigen, mir ist was ins Auge gekommen.“,
schreibt Daniel Handler, der dieses Jahr im Hanser Verlag das ebenso großartige Jugendbuch: 43 Gründe, warum es aus ist veröffentlicht hat.
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Wenn Ihnen dieses flashmob-Video nicht die Tränen in die Augen treibt, dann weiß ich auch nicht.
Einfach herrlich, was eine kleine Geste bewirkt, wenn es auch von den Musikern organisiert ist. Die Zuschauer und das kleine Mädchen sind auf jeden Fall fasziniert.
Danke an Simon und Marianne, die mir das Filmchen geschickt haben.

http://www.amazingoasis.org/2013/11/best-coin-ever-spent.html

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
wo dein sanfter Flügel weilt.

Samstag

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Heute haben
Marieluise Fleißer * 1901
Paul Celan * 1920
und
Herbert Achternbusch
Geburtstag
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Friedrich Nietzsche
Im deutschen November

Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort! –
Die Sonne schleicht zum Berg
Und steigt und steigt
und ruht bei jedem Schritt.

Was ward die Welt so welk!
Auf müd gespannten Fäden spielt
Der Wind sein Lied.
Die Hoffnung floh –
Er klagt ihr nach.

Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz.
Fliege fort! fliege fort!
Oh Frucht des Baums,
Du zitterst, fällst?
Welch ein Geheimnis lehrte dich
Die Nacht,
Daß eis’ger Schauder deine Wange,
Die purpur-Wange deckt? –

Du schweigst, antwortest nicht?
Wer redet noch? – –

Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz.
Fliege fort! fliege fort! –
Ich bin nicht schön
– so spricht die Sternenblume –
Doch Menschen lieb‘ ich
Und Menschen tröst‘ ich –
sie sollen jetzt noch Blumen sehn,
nach mir sich bücken
ach! und mich brechen –
in ihrem Auge glänzet dann
Erinnerung auf,
Erinnerung an Schöneres als ich: –
– ich seh’s, ich seh’s – und sterbe so. –

Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort!
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Die Arno Schmidt-Stiftung setzt sich für ihren Autoren ein.
In der Insel-Bücherei erschien seine „Tina“ (wir berichteten). Jetzt sind bei Reclam zwei Büchlein erschienen und der S.Fischer Verlag nimmt ihn in sein Klassiker-Programm auf.
Großer Lob dafür. Allerdings muss nun Schmidt noch länger im Elysium schmachten, bis nichts Gedrucktes von ihm auf Erden zu haben ist. Wobei wir wieder bei der sehr witzigen, frechen „Tina“ sind.

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Arno Schmidt zum Vergnügen
Herausgegeben und mit einem Vorwort von Susanne  Fischer
Reclam Verlag € 5,00

i Sie haben einfach keine Zeit, Kitsch oder auch nur Durchschnittliches zu lesen!
ii Seliger Beruf, wo man sich 60 Stunden um ein einziges Wort mühen kann
iii Ein Blick zu den Herren Kollegen
iv Und die Landschaft scharf im Auge behalten
v Die Politik ist das Schicksal!
vi Ich näherte Mich=Ihr also mehr aus Fürwitz
vii Von allen guten Geistern ohnehin verlassen; zumindest seit 3 Tagen
viii Wer nur kann groß sein? Künstler und Wissenschaftler!
ix Daß man immer essen muß … widerlich!
x Sport; viel vom Sport
xi Die Katzen pulsierten im Pelz
xii Der Wind haucht verdächtig aus allen Weltgegenden
xiii Komisch ist der Mensch, inclusive Schmidt
xiv Also Schluß!!: ent-güll-tich-Schluß!

Hier ein paar Zitate:

Sogenannte >Historische Roman< schreibt nur der literarische Schwätzer. Es gibt nichts Verächtlicheres als Journalisten, die ihren Beruf lieben (Rechtsanwälte natürlich noch!)

Bergländer liebe ich nicht; nicht den breiigen dialekt ihrer Bewohner, nicht die zahllos gewölbte Erde, Bodenbarock. Mein Landschaft muß eben sein, flach, meilenweit, verheidet, Wald, Wise, Nebel, schweigsam.

Das ist meingrötßer Einwand gegen Musik, daßß Österreicher darin exilliert haben. Mir fiel unwillkürlich >Lohengrin< ein; (’n ganz hübschis Stück, wenn de Musik nich wäre)

Heil dem Erfinder des MAGGI. Wo er begrabm liege: HEIL IHM! –

Das Leben des Menschen ist kurz; wer sich betrinken will, hat keine Zeit zu verlieren!

Vielleicht hat Fußball doch einen Sinn: als Belebung der Landschaft?

Das neechste, was ich mach‘, iss’n Antrack bei’m Landrat: opp ich ma nich’n Mien’feld legn dürfte.

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Arno Schmidt: »Na, Sie hätten mal in Weimar leben sollen!«
Über Wieland – Goethe – Herder
Herausgegeben und mit einem Essay von Jan Philipp Reemtsma

In Weimar leben? – bleibt einem deutschen Schriftsteller etwas anderes übrig als dort wenigstens sich um ein ideelles Untermietsverhältnis zu bemühen? – Seit Wieland nach Weimar gerufen wurde, Goethe dazu kam, Herder von beiden geholt wurde (und dann kamen Schiller und viele andere), ist Weimar Deutschlands literarische Hauptstadt. Ideell ist Weimar das geblieben – dem Mustercharakter des Städtchens war nicht zu entkommen. Auch Arno Schmidt entkam dem nicht. Nur wählte er Wieland, nicht Goethe, zu „seinem Klassiker“. Gegen Goethe polemisierte er wie viele vor ihm – und bewunderte ihn nichtsdestoweniger. Herder nannte er, wie er vielleicht auch sich selbst genannt hätte: „Primzahlmensch“ (nur durch eins und sich selber teilbar).

Leseprobe

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Arno Schmidt – Das große Lesebuch
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Bernd Rauschenbach
S.Fischer Verlag / Klassiker € 9,99

Hier sind eine Reihe von kürzeren Texten Arno Schmidts versammelt, die das Werk in seiner gesamten Vielfalt darstellt und den Erzähler ebenso präsentiert wie den Essayisten, den Sprachvirtuosen ebenso wie den scharfen Analytiker. Die Mischung von bekannten und unbekannten Texten lädt dazu ein, dieses gewaltige Werk neu zu entdecken.

Und schon sind wir wieder bei „Tina“, die Sie nämlich hier abgedruckt finden. Genauso wie meine Lieblingsgeschichte (überhaupt, ever) „Seelandschaft mit Pocahontas“. Aber auch „Windmühlen“, die wunderbare gruselige „Wasserlilie“, oder die Holzsägegeschichte „Kühe in Halbtrauer“ und neben vielen anderen Texten auch noch „Die Abenteuer der Sylvesternacht“. (Dank dafür)

Eine wirklich gelungene Auswahl, die einen Einstieg Schmidts bietet und vielleicht dann doch noch Lust auf mehr macht.

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Die Fotos habe ich gestern abend im Ulmer Stadthaus gemacht. Sie zeigen Marije Nie und Jürgen Grözinger bei einer musikalischen Tanzeinlage. Danachgab es nach einem Vortrag von Rainer Schlenz Eva Stotzs Dokumentarfim: „One Million Steps.

Hier geht es zur website des Filmprojektes.
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Mehr Fotos aus der Jastram-Welt finden Sie auf jastram.tumblr.com

Die Buchhandlung Jastram im ZDF sehen Sie hier.

Freitag

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Heute haben
Wilhelm Waiblinger * 1804
George Eliot * 1819
André Gide * 1869
Geburtstag
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Wilhelm Waiblinger
Das Auge der Geliebten

Ach, warum in dieser Ferne,
süßes Herz so weit von dir?
Alle Sonnen, alle Sterne
öffnen ihre Augen mir,
nur die reinsten, tiefsten Strahlen,
nur das klarste, blauste Licht,
drinn sich Erd‘ und Himmel malen,
nur dein treues Auge nicht.
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Das ist aber eine schöne Ansammlung von Büchern über Literatur. Gestern habe ich den „multiplen Roman“ vorgestellt und dann flatterten am gleichen Tag noch zwei weitere Bücher rein.

LöfflerSpengler

Löffler, Sigrid: „Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler
C.H.Beck Verlag € 19,95

Tilman Spengler: „Haben Sie das wirklich alles im Kopf?
Glücksfälle der Weltliteratur
dtv € 19,90
als eBook € 15,99

Die Literatur der Welt ist in Bewegung: Als Ergebnis der Entkolonialisierung der 60er- und der Globalisierung der letzten 30 Jahre ist eine völlig neue, nicht-westliche Literatur entstanden, die zumeist von Migranten und Sprachwechslern aus ehemaligen Kolonien und Krisenregionen geschrieben wird. Nomadische Autoren erzählen farbig und prall, reflektiert und in den unterschiedlichsten Tönen Geschichten über gemischte Herkünfte und hybride Identitäten, transnationale Wanderungen und schwierige Integrationen. Sigrid Löffler stellt ihre wichtigsten Repräsentanten vor, ordnet ihre Werke bestechend und klug in die großen politisch-kulturellen Konfliktfelder der Gegenwart ein, von V.S. Naipaul, Salman Rushdie, Michael Ondaatje und J.M. Coetzee bis zu Aleksandar Hemon, Teju Cole und Gary Shteyngart.
Eigentlich ist ganze Buch voll mit Lesetipps. Nehmen Sie sich also gleich Stift und Papier zur Hand und notieren Sie sich die vielen Namen und Buchtitel. Vielen Dank Frau Löffler, dass Sie Teju Cole aufgenommen haben, sein Buch „Open City“ ist eines der besten Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen haben.
Ganz anderes geht Tilman Spengler mit seinem Spaziergang durch die Weltliteratur vor. Er umfasst zweieinhalb Jahrtausende, „ein weites Feld“, wie die Klassiker sagen. Man kann hier auf alte Freunde treffen und neue finden, wenn man sich von Tilman Spenglers Freude am Erzählen und am Erzählten mitreißen lässt, wenn man auf seine »kleinen Botschaften« hört, seinen Fingerzeigen folgt. Die aber keineswegs als verpflichtend aufgefasst werden wollen. Wir werden nach der Lektüre seiner klugen und witzigen Essays nicht umhin können, einen neuen Blick auf vermeintlich Altbekanntes zu werfen und bisher nicht Gelesenes neu für sich zu entdecken.
Frech auch, dass er seine Autoren nach Alphabet sortiert hat und nicht nach einer Zeittafel.
So z.B.: Wir treffen in diesem Band u.a. auf: Aischylos − Jane Austen – Heinrich Böll − Bertolt Brecht − Lewis Carroll − Joseph Conrad – Gerhart Hauptmann − J.W. von Goethe − Brüder Grimm − Heinrich Heine – E.M. Hemingway − Henrik Ibsen − Heinrich von Kleist − Selma Lagerlöf − Thomas Mann − Joseph Roth − Friedrich Schiller − William Shakespeare − John Steinbeck − Tausendundeine Nacht − Anton Tschechow − Mark Twain.
Hier können Sie ins Vorwort lesen und auch noch Texte zu Aischylos und Jane Austen.
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Jastram goes TV
Das ZDF hat bei uns vor zwei Wochen gedreht.
Der Grund: Ein Porträt über den Thriller-Autoren Wulf Dorn, der gestern in der Reihe: „Volle Kanne“ im ZDF gesendet worden ist. Mit Stadtbibliothek, Donau und unserer Buchhandlung, in der er seine allererste Lesung gehalten hat.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2032654/Autor-Wulf-Dorn-bei-Volle-Kanne#/beitrag/video/2032654/Autor-Wulf-Dorn-bei-Volle-Kanne

Donnerstag

Heute haben
Voltaire * 1694
Franz Hessel * 1880
und Veza Canetti * 1897
Geburtstag
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Und wieder ist die Landschaft vor meinen Fenstern weiss bepudert, wie die Tage zuvor.

Christian Morgenstern
Erster Schnee

Aus silbergrauen Gründen tritt
ein schlankes Reh
im winterlichen Wald
und prüft vorsichtig Schritt für Schritt,
den reinen, kühlen, frischgefallenen Schnee.
Und deiner denk ich, zierlichste Gestalt.
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Adam

Adam Thirlwell: „Der multiple Roman
Aus dem Englischen von Hannah Arnold
S.Fischer Verlag €24,99

Ja was ist das denn? Ein Buch mit über 500 Seiten, dessen Titel sich mir nicht erschließt, aber extrem neugierig gemacht hat. Dazu noch der auf dem Umschlag abgedruckte „Untertitel“:
Vergangene und zukünftige Abenteuer der Romankunst, verortet auf fast allen Kontinenten, in zehn Sprachen & mit einem gigantichen Ensemble von Schriftstellern, Übersetzern & anderen Phantasiewesen.
Also wenn das einen nicht wild macht, in dieses Buch reinzublättern, das dann im Englischen Original: „Miss Herbert“ heisst. Warum das denn? Wo sind denn all die Zusammenhängen, wo ist der rote Faden und was macht eigentlich die geschwungene Linie auf dem Umschlag?
Sie merken schon, eigentlich zu viele Fragen. Und trotzdem irgendwie reizvoll.
Ist es nun eine Romangeschichte? Nimmt mich der Autor an die Hand und führt er mich durch seine Literaturerfahrungen? Flaubert, Sterne, Nabokov, Joyce, Kafka, Gombrowicz und Proust sind unter anderem Autoren, an denen er sich festbeisst. Nicht zu vergessen: Roland Barthes und seine Ablehung des Romans.
Für mich war es immer dann noch reizvoller, wenn Thirwell über Autoren und Werke schrieb, die ich schon gelesen hatte. Irgendwie fühlte ich mich dann ein wenig daheim. Andererseits, wenn er über für mich Unbekanntes schreibt, stellen sich bei mir gleich alle Sensoren und ich hoffe, dass ich mir all die Literaturtipps merken kann, die aus dem Buch nur so herauspurzeln.
Es ist vielleicht an langer Essay über das Glück des europäischen Romans, die Tücken des Übersetzens, die Freude am Lesen und am Leben an sich. Wir erfahren, warum die Übersetzung von „Madame Bovary“ ins Englische einer gewissen Miss Herbert verloren ging, was es mit Nabokovs Lieblingsreisetasche auf sich hat und wieso uns die eigene Erfahrung stets überholt. Dazu bringte er Verbindungen ans Licht: Wer bei wem in der Vorlesung saß, welcher Autor dem anderen Schreibunterricht gab und viele Geschichtchen mehr. Dies allerdings nicht als eine Anreihung von Anektoden, sondern immer auf einem fundierten Niveau. Er schreibt über die Qual der Übersetzungen. Dass es viele Menschen gibt, die sich durch die Weltliteratur gelesen haben, aber meist durch die Übersetzungen von Weltliteratur. Mittlerweile wissen wir ja um die Qualität vieler solcher Schandtaten und freuen uns über den Trend, dass Klassiker wieder neu übersetzt werden. Dem Hanser Verlag sein Dank. (Dort gerade neu erschienen: Stevensons: „Schatzinsel“).
Thirwell lässt sich jedoch nicht greifen. Und wenn wir meinen, dass er tiefer in sein Roland Barthes-Kapitel einsteigt, dann schweift er ab, bringt neue Thesen aufs Papier, oder erzählt eine weiter unglaubliche Begebenheit aus der Litarturwelt. Die geschwungene Linie stammt übrigens aus Sternes: „Tristram Shandy“. Auch der ein ganz wilder Vogel, der seiner Zeit weit voraus war und einen festen Sitz im literarischen Elysium hat.
Ich könnte noch zeilenlang so weiterschreiben, oder dass sich ein roter Faden bildet. Aber genauso ist das Buch auch gehalten. Es hat zwar ein Inhaltsverzeichnis, nimmt sich tapfer ein genaue Struktur vor, aber weicht einfach mal links und rechts ab. Genauso wie bei meinem Büchertapel. Mal das eine Buch, dann doch lieber bei dem weiterlesen und da noch reingeschaut.
Adam Thirwell ist auf Lesereise. Das dürfte ein großes Vergnügen werden.

Hier können Sie in die ersten 24 Seiten des Buches reinlesen, das leider nur ein Lesebändchen hat (immerhin!), aber doch mindestens drei benötigen würde, damit wir all die Anmerkungen und Hinweise im Anhang immer im Griff hätten.
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Krackse hat sich an Zimtschnecken
überfressen und hat ein ganz komisches
Gefühl in der Nase.
(Johannesstraße, Hinterhof)

© Anette Grimmel // inspiriert durch „Augen auf!: Augen drauf“
ein Mitmachbuch von Katrin Felle

Gespannt! Dann einfach anklicken.

augen_auf_augen_drauf

Dienstag

Heute hat Anna Seghers (* 1900) Geburtstag
und es ist der Todestag von Bruno Schulz (1942).
Der Roman von Maxim Biller, über Bruno Schulz haben wir hier vor ein paar Tagen vorgestellt.
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Der heutige Buchtipp ergänzt die Lektüre des „Trafikant“en von Robert Seethaler.
Während diese erst ein paar Jahre alt ist und Ende der 30er Jahren in Wien spielt, entstand der folgende Roman wahrscheinlich in den 20er Jahren des 20.Jahrhunderts in Wien. David Vogel zog als junger Mann dorthin und schildert in diesem Romamfragment seine Zeit dort zwischen den unterschiedlichsten Menschen und seine Dreiecksgeschichte zwischen seiner Vermieterin, ihrer Tochter und ihm.

Vogel

David Vogel:Eine Wiener Romanze
Aus dem Hebräischen übersetzt von Ruth Achlama
Aufbau Verlag € 22,30

Dieses Manuskript wurde auf Rückseiten eines Konvolutes von David Vogel gefunden, dessen gesamtes Werk in einem Archiv in Israel beheimatet ist.
David Vogel wurde in der Ukraine geboren (* 1891), lebte Anfang des 20.Jahrhunderts in Wilna und Lemberg, bis es in nach Wien zog. Von dort nahm sein Leben weiterin verschlungene Wege, bis er in Paris landete. Eine Übersiedlung nach Palestina scheiterte, da er sich nicht integrieren konnte. Mit Frau und Kind zogen sie zurück nach Polen, Berlin und wieder nach Paris, von wo er nach Auschwitz deportiert wurde und dort im Jahre 1944 starb. Seine Bücher hat er in Hebräisch geschrieben und gilt als Erneuerer derselben.
Wie gesagt, es handelt sich um ein Fragment und ein sehr frühes Werk von ihm.
Er erzählt die Geschichte des Michael Rost, der im Wien vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs sein Glück sucht. Der junge Müßiggänger verkehrt mit Anarchisten, Aristokraten und leichten Mädchen. Er schildert in dieser Atmosphäre den Untergang des großen österreichischen Reiches an Hand dieser Treffen in den Kneipen. Rost ist ein Flaneur, der keine Arbeit hat und auch keine begehrt. Er schlägt sich irgendwie durch, beobachtet viel und lässt sich treiben. David Vogel lässt verschiedene Personen in den Vordergrund treten und auch wieder verschwinden, so dass nicht immer nur Michael Rost im Mittelpunkt steht. Dieser Flickenteppich von Beziehungen, Kneipenreden und Thekenphilosophien spiegeln das Innenleben dieser Menschen am unteren Rand der Gesellschaft. Dazu kommt, wie gesagt, seine Liebesgeschichte mit zwei Frauen, die ihn an den Rand seines persönliches Unterganges treibt. Dieser Roman nimmt Themen auf, die stark an „Lolita“ von Nabokov erinneren, oder an Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ und diese schon vorwegnehmen. Es ist diese Derbheit in den Gesten und in den Gesprächen in den Cafés, die diesen Roman auch so aktuell macht. Man könnte ihn locker in das Berlin der Jetztzeit umschreiben.
Auch die Beschreibungen von Sexualität ist sehr aktuell. Die Liebe zwischen ihm und seiner älteren Vermieterin dürfte wohl zu der damaligen Zeit sehr gewagt sein. Genauso die Szenen, in denen die 16jährige Tochter ihren Körper und ihre Sexualität entdeckt; mit dem Hausmädchen, mit ihrer Freundin und auch ganz alleine. Das dürfte wohl vor 100 Jahren zu einem Skandal geführt haben.
Der Roman erschien erst vor 4 Jahren in Israel und nun zum ersten Mal in deutscher Sprache. Übersetzt von Ruth Achlama, die auch schon seine anderen Romane und seine Tagebücher übersetzt hat, die in den 90er Jahren auf deutsch erschienen sind.

Hier gibt es eine kleine Leseprobe.

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Hallo und Merhaba, liebe Ulmer Freunde, Unterstützer, Kollegen und Bekannte!

Die meisten von Euch, haben von mir wegen One Million Steps schon mal Post bekommen. Einige von Euch haben den Film unterstützt!
One Million Steps ist mein neuer halbstündiger Dokumentarfilm mit fiktiven Elementen, Tanz, Leuten, Revolution, Vision und Abenteuer.
Anfang des Jahres lief unsere Crowdfunding Kampagne. Danach konnten wir im April 2013 in Istanbul drehen .
Als im Juni 2013 die Proteste ausbrachen, mussten wir natürlich zurück, und die Geschichte weiter, und anders, zu Ende zu erzählen.

Jetzt ist am kommenden Freitag, den 22.11.2012 um 19 Uhr, ist die erste Aufführung von One Million Steps, im Stadthaus Ulm!
Der Film ist noch nicht komplett fertig gestellt, da wir für weitere Interviews und O-Töne nochmals nach Istanbul reisen müssen.
Dennoch gewähren wir jetzt einen exklusiven Blick auf das Werk: In der Stadt und den Menschen von denen viel Unterstützung kam!
Marije Nie, die stepptanzende Hauptdarstellerin, kommt dafür extra aus Amsterdam angereist. Sie gibt am Nachmittag einen Rhythmus-Workshop und am Abend eine spontane Performance.
Mehr Infos dazu im Anhang.
Kommt vorbei, wir freuen uns Euch dort zu sehen! Und das Beste: Der Eintritt ist frei!
Da wir immer noch gegen eine gewisse Finanzierungslücke kämpfen, sind wir nach wie vor auf der Suche nach Förderern.
Bringt also gerne die Menschen mit, die Interesse haben, uns in diesem ambitionierten Projekt zu unterstützen.

Beste Grüße!
Eva

One Million Stepsim Ulmer Stadthaus.
Freitag, 22. November 2013, 19.30 Uhr
Hier stimmen die Anfangszeiten nicht überein. Bitte in der SWP nachschauen!

Die website des Filmprojektes

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=yWwNFzhGFwA]

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=dml-ENAiRus]