Mittwoch, 31.Mai


Heute haben
Ludwig Tieck * 1773
Georg Herwegh * 1817
Walt Whitman * 1819
Saint-John Perse * 1887 (Literaturnobelpreis 1960)
Konstantin Paustowksi * 1892
Leonid Leonow * 1899
Judith Wright * 1915
James Krüss * 1926
Rainer Werner Fassbinder * 1945
Swetlana Alexijewitsch * 1948 (Literaturnobelpreis 2015)
Frank Goosen * 1966
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„Jede Zeit hat nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern auch ihre eigene Ansicht von der früheren Geschichte. Die Vergangenheit hat in jedem Jahrhundert einen neuen Sinn.“
Georg Herwegh
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Jetzt als Taschenbuch


Lea Ypi: „Frei
Erwachsenwerden am Ende der Geschichte
Aus dem Englischen von Eva Bonné
Suhrkamp Verlag € 14,00

Wie sich doch die Bücher und Thema zusammenfügen, ineinanderverschränken und ergänzen.
Gestern auf dem Blog Anne Rabes Buch über die DDR und ihre Familie vor und nach dem Mauerfall und jetzt Albanien zur gleichen Zeit.
Lea Ypi ist im freiesten Land der Welt aufgewachsen. So meint sie als Kind. Ihr Eltern schweigen dazu, denn sie wissen, was passiert wenn ein falsches Wort die eigenen vier Wände verlässt. Denn auch hier herrscht die Geheimpolizei und verteidigt den Kommunismus und ihren Albanischen Führer Enver Hodscha.
Alles ändert sich, als in Berlin die Mauer fällt. Jetzt können die Menschen wählen, wen sie wollen, sich kleiden, wie sie wollen, anbeten, was sie wollen. Aber die neue Zeit zeigt bald ihr unfreundliches Gesicht: Skrupellose Geschäftemacher ruinieren die Wirtschaft, die Aussicht auf eine bessere Zukunft löst sich auf in Arbeitslosigkeit und Massenflucht. Als das Land im Chaos zu versinken droht und in ihrer Familie Geheimnisse ans Licht kommen, beginnt Lea sich zu fragen, was das eigentlich ist: Freiheit.
Lea Ypi schreibt unglaublich packend über ihre Zeit als Kind, ihre Verzweiflung, als ihr geliebtes Land im Chaos versinkt. Sie schreibt aber auch scharf und genau als Erwachsene, die in London an der School of Economics lehrt, über diese Veränderungen, über die wirtschaftlichen Umwälzungen, die Flucht vieler MitbürgerInnen, die Ideale und die knallharte Wirklichkeit. Vorallem schreibt sie über Menschen.

Leseprobe
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Brände in Kanada
16.400 Menschen auf der Flucht vor den Flammen

Von Charlotte Voß, ARD-Studio New York, zzt. in Kanada

In Kanada breiten sich die Waldbrände immer weiter aus, inzwischen betreffen sie auch den Osten des Landes. In der Provinz Nova Scotia flohen Tausende Menschen – manche mussten alles zurücklassen.
Feuerwalzen bedrohen Natur und Ortschaften – nordwestlich der Provinzhauptstadt Halifax steht eine Fläche von rund 790 Hektar in Flammen. Zum Vergleich: Das entspricht etwa 1.100 Fußballfeldern.
Die lokalen Verantwortlichen sprechen von etwa 16.400 Menschen, die ihre Häuser verlassen hätten. 200 Gebäude seien beschädigt worden. Es gibt Notunterkünfte. Wer alles zurückgelassen hat, bekommt 500 kanadische Dollar, um sich das Nötigste zu kaufen. In den betroffenen Regionen ist offenes Feuer vorerst verboten. …

Den kompletten Tagesschauartikel finden Sie hier.

Dienstag, 30.Mai


Heute haben
Michail Bakunin * 1814
Robert Eduard Prutz * 1816
Hjalmar Gullberg * 1898
Georg K.Glaser * 1901
Colm Tóibín * 1955
Geburtstag
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Joseph von Eichendorff
Der Morgen

Fliegt der erste Morgenstrahl
Durch das stille Nebeltal,
Rauscht erwachend Wald und Hügel:
Wer da fliegen kann, nimmt Flügel!

Und sein Hütlein in die Luft
Wirft der Mensch vor Lust und ruft:
Hat Gesang doch auch noch Schwingen,
Nun, so will ich fröhlich singen!

Hinaus, o Mensch, weit in die Welt,
Bangt dir das Herz in krankem Mut;
Nichts ist so trüb in Nacht gestellt,
Der Morgen leicht machts wieder gut.
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Unser Buchtipp:


Anne Rabe „Die Möglichkeit von Glück
Klett-Cotta Verlag € 24,00

Ein starke Lektüre, die Anne Rabe hier als Debüt vorlegt. Eine Mischung aus Roman, Biographie, Essay, Dokumentation, Recherche verwebt sie zu einem packenden Lesestoff.
Stines Biographie ist eine von vielen Tausenden. Geboren in der DDR, beim Mauerfall gerade mal drei Jahre alt, aufgewachsen im neuen Gesamtdeutschland, will sie mehr über ihre Familie wissen. Von ihren Eltern hat sie sich losgesagt, da sie die andauernde Gewalt ihrer Mutter und das Schweigen des Vater nicht mehr aushält. Sie will trotzdem wissen, warum Vater und Mutter so sind wie sind. Nachforschungen zu ihrem Großvater, der immerhin die höchste Staatsmedaille bekam, verlaufen zuerst im Sande.
Neben diesen Familiennachforschungen hinterfragt sie, wer waren Opfer und wer Täter im Zweiten Weltkrieg und was ist aus ihnen in der DDR geworden? Wie kam es zu Fremdenhass, Rassismus und zu dieser großen Gewalt von rechts? Was ist aus den vielen Menschen geworden, die sowohl in Diktatur und Demokratie gelebt haben?
Anne Rabe will die Leerstellen mit Fakten füllen und Licht in viele dunkle Ecken bringen. Was versteckt sich hinterm dem Schweigen in dieser verschwundenen Welt?
Das ist viel Stoff, harter Stoff, aber Anne Rabe verknüpft dies zu einer bestechenden Lektüre.

Leseprobe

Anne Rabe, geboren 1986, ist Dramatikerin, Drehbuchautorin und Essayistin. Ihre Theaterstücke wurden mehrfach ausgezeichnet. Als Drehbuchautorin war sie Teil der Kultserie „Warten auf’n Bus“. Seit mehreren Jahren tritt sie zudem als Essayistin und Vortragende zur Vergangenheitsbewältigung in Ostdeutschland in Erscheinung. Anne Rabe lebt in Berlin. „Die Möglichkeit von Glück“ ist ihr Prosadebüt.
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Auf tagesschau.de gefunden:

UN-Konferenz zu Plastikmüll
„Eine tickende Zeitbombe“

In Paris hat eine fünftägige UN-Konferenz zur Eindämmung von Plastikmüll begonnen. Zum Auftakt gab es dringliche Appelle zu handeln. Sonst drohe sich der Plastikmüll bis 2060 zu verdreifachen, warnte Frankreichs Präsident Macron.
Die Verhandlungen der Vereinten Nationen für ein internationales Plastikabkommen haben in Paris mit dringlichen Aufrufen zum Handeln begonnen. Der französische Präsident Emmanuel Macron warnte zum Auftakt in einer Videobotschaft, von Plastikabfällen gehe eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, die Artenvielfalt und Klimaziele aus. „Plastikverschmutzung ist eine tickende Zeitbombe und schon heute eine Geißel“, sagte er.
Wenn man nicht handle, werde sich der Plastikmüll bis 2060 verdreifachen. Priorität müsse es sein, die Produktion von Kunststoffen zu reduzieren und „so schnell wie möglich“ die umweltschädlichsten Produkte wie Einwegkunststoffe zu verbieten. „In Zukunft muss alles Plastik auf dem Markt vollständig recycelbar sein“, so Macron. Er forderte zudem, den Export von Plastikmüll aus Industriestaaten an Länder des globalen Südens zu beenden. …

Montag, 29.Mai

G.K.Chesterton * 1874
Hans Weigel * 1908
André Brink * 1935
Dagmar Chidolue * 1944
Kerstin Hensel * 1961
haben heute Geburtstag
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Joachim Ringelnatz
Pfingstbestellung

Ein Pfingstgedichtchen will heraus
Ins Freie, ins Kühne.
So treibt es mich aus meinem Haus
Ins Neue, ins Grüne.

Wenn sich der Himmel grau bezieht,
Mich stört’s nicht im geringsten.
Wer meine weiße Hose sieht,
Der merkt doch: Es ist Pfingsten.

Nun hab ich ein Gedicht gedrückt,
Wie Hühner Eier legen,
Und gehe festlich und geschmückt –
Pfingstochse meinetwegen –
Dem Honorar entgegen.

1932
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Endlich erschienen und so schön geworden:

Viktoria Lea Heinrich, Thomas Hensel, Martin Mäntele:
Der Ulmer Hocker“ – Idee-Ikone-Idol

av edition € 39,00

Was haben eine Wanknutsäge, Platons Höhlengleichnis, ein Besenstiel und Max Bill gemeinsam? Antwort: Sie haben alle einen bedeutenden Anteil an der Herausbildung eines der berühmtesten Designklassiker des 20. Jahrhunderts. Kaum ein Gegenstand ist unscheinbarer als dieser und doch hat keiner mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Rede ist vom sogenannten Ulmer Hocker.
Max Bill, Hans Gugelot und Paul Hildinger werden als Urheber des „Ulmer Hockers“ ebenso beleuchtet wie innovative Technologien, die bei der Fertigung des „Ulmer Hockers“ zum Einsatz kam, sowie die ökonomische und politische Situation der HfG Ulm.


Mit diesem umfangreichen Werk wird in Wort und Bild diese Ikone von den Anfängen, ihrer Anwendung und ihren vielen Varianten vorgestellt. Ob als Sitzgelegenheit, Transportmittel, Lesepult, oder einfach als Ablage für eine Grillparty. Der Hocker eignet sich für so vieles. In unserer Buchhandlung stehen diverse Varianten, von denen niemand mehr weiß, von wann, von wem sie sind. Aber: Sie werden genutzt.
Olaf Scholz saß mit vielen TeilnehmerInnen einer europaweiten Konferenz auf ihnen und ganz am Endes des Buches finden Sie eine Fotowand, auf der private NutzerInnen aufgefordert wurden, ihren Hocker abzulichten. Dass Caravaggio schon einen Vorläufer des Ulmer Hockers auf einem Bild seines Matthäus-Tryptichon gemalt hat, finden Sie auch noch.

Samstag, 27.Mai


Heute haben
Max Brod * 1884
Dashiel Hammett * 1894
Louis-Ferdinand Celine * 1894
John Cheever * 1912
Andrei Bitow * 19367
Said * 1947
Geburtstag
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„Lernen kann man immer nur von dem, der seine Sache liebt, nicht von dem, der sie ablehnt.“
Max Brod
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Unser Buchtipp:

Charles Ferdinand Ramuz: „Sturz in die Sonne“
Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Steven Wyss
Limmat Verlag € 26,00

Ende Juli 1921 wird in Genf ein Temperaturrekord von 38.3 Grad verzeichnet. Was damals ein Jahrhundertereignis ist, sind wir inzwischen gewöhnt. Zu jener Zeit aber ist eine derartige Hitze aussergewöhnlich. Den waadtländischen Autor Charles Ferdinand Ramuz hat der Sommer 1921 zu einem Gedankenexperiment inspiriert: Was, wenn diese Hitze nie mehr weggeht? Was, wenn es immer heisser und heisser wird? Und: Wie reagieren Menschen im Angesicht einer Katastrophe?
Ausgangspunkt des Romans ist ein Gravitationsunfall im Universum. Wissenschaftler haben entdeckt, dass die Erde dabei ist, in die Sonne zu stürzen. Die Erde wird verglühen, alles Leben enden. Es bleiben nur noch wenige Wochen.Diese Nachricht geht um die Welt.
Was die Menschen nun tun? Zunächst ignorieren sie ihr Schicksal. Als sie merken, dass es tatsächlich immer wärmer wird, reden sie sich die Sache schön: Sie preisen das tolle Wetter, den blauen Himmel, hoffen auf guten Wein. Doch schon bald wird sich nichts mehr schönreden lassen. Die soziale Ordnung gerät aus den Fugen.
Bei Erscheinen des Romanes im Jahr 1922 wurde er von der Kritik nicht beachtet, oder verrissen. Vielleicht lag es am ungewohnten Thema, oder den unterschiedlichen Sprachvarianten, die Ramuz in seinem Buch benutzt. Auch gibt es keine stringente Handlung. Der Autor springt von Handlungsort zu Handlungsort und beschreibt aus unterschiedlicher Sicht, wie sich die Freude über den blauen Himmel in Gewalt verändert.
Aus heutiger Sicht, 100 Jahre später, ist dieser Text aktueller denn je. Aus einem Gedankenspiel, vor einem ganz anderen Hintergrund, wurde und wird Realität durch die heranrollende Klimakatastrophe.

Mittwoch, 24.Mai


Was für ein Zufall. Exakt vor einem Jahr habe ich das gleiche Motiv fotografiert und hier veröffentlicht.
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Heute haben
Michail Scholokow * 1905
Henri Michaux * 1899
Louis Fürnberg * 1909
George Tabori * 1914
Joseph Brodsky * 1940
Bob Dylan * 1941 (Nobelpreis 2016)
Rainald Goetz * 1954
Walter Moers * 1957
Michael Chabon * 1963
Geburtstag
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„Im Theater wie im Leben ist es nicht die Sprache, sondern der Sprecher, der die Bedeutung verleiht.“
George Tabori
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Eine Ulmer Eigenproduktion:

Azadeh Farajpur Javazmi: „Wir steh’n drauf!“ / „We dig it!“
Gesunder Boden für eine bessere Welt
Gesatlung/ Illustration: annodare GmbH
betterSoil € 17,50


In den letzten Jahrzehnten haben Klimawandel und globale Erderwärmung Mensch, Tier und Umwelt auf der ganzen Welt zugesetzt. Besonders die Landwirtschaft und somit auch die Produktion von Nahrungsmitteln werden stark beeinträchtigt.
„Wir steh’n drauf“ verschanschaulicht mit vielen Grafiken und kurzen Texten die Bedeutung von gesunden Böden und der Verbesserung der Bodenqualität für Klimaresistenz, Klimaschutz und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion.
Am 27.12.201 wurde der gemeinnützige Verein betterSoil e.V. in Deutschland gegründet.


Die Broschüre gibt es nicht über unsere Buchgroßhändler, aber bei uns in der Buchhandlung.
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Donnerstag und Freitag gibt es vielleicht keinen Blog, da ich unterwegs bin.

Dienstag, 23.Mai


Heute haben
Harry Graf Kessler * 1868
Max Herrmann-Neiße * 1886
Pär Lagerkvist * 1891
Annemarie Schwarzenbach * 1908
Dieter Hildebrandt * 1927
Friedrich Achleitner * 1930
Geburtstag
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Max Herrmann-Neiße
Ein Licht geht nach dem andern aus

Ein Licht geht nach dem andern aus,
und immer dunkler wird das Haus
Ich bin allein beim Lampenschein,
ein Leuchtturmgeist in all der Nacht,
der in dem Schlaf der andern wacht
und Angst hat, auf dem Meer zu sein.

Vorn fern und nah umflattern blass
der andern Liebe mich und Hass,
gelockt von meinem späten Licht;
ihr Stöhnen tönt mit Lust und Leid
in meine große Einsamkeit,
ihr Gram weht kühl um mein Gesicht.

Schon liegen sie, wie Tote tun,
als probten sie, im Grab zu ruhn,
und nur ihr Atem flackert sacht.
Ich fürchte dieses Schlafes Bann,
der mich für immer halten kann,
und bleibe wach in all der Nacht.
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Jetzt, wenn es in den Gärten blüht, passt das Büchlein ausgezeichnet.

„Claude Monets Garten in Giverny
Herausgegeben von Gloria Köpnick und Rainer Stamm
Inselbücherei € 14,00

Claude Monet (1840-1926) gilt als einer der bedeutendsten französischen Impressionisten, seine Seerosen-Bilder sind weltberühmt. 1883 ließ er sich in Giverny nordwestlich von Paris nieder; dort lebte und arbeitete er bis zu seinem Tod. Am Zusammenfluss der Flüsse Seine und Epte legte er nach eigenen Vorstellungen seinen Garten an, der mit der „japanischen Brücke“ und dem Seerosenteich zum Motiv einer Vielzahl seiner Bilder wurde. Die hier entstandenen Werke erweiterten die impressionistische Malerei hin zu einem Fest der Farbe, und der gemalte Garten führte Monet schließlich bis an die Grenzen der Abstraktion.
In dem vorliegenden Band zeigen Gloria Köpnick und Rainer Stamm die Entwicklung von Monets Bildserie anhand ausgewählter Meisterwerke und erläutern die Geschichte der in Giverny entstandenen Gartenbilder in einem Nachwort.
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Ulmer Lyriksommer 2023:
Lesung mit Markus Orths: „Mary & Claire
Auftaktveranstaltung zum 2. Ulmer Lyriksommer

Freitag, 26.Mai, 19.30 Uhr, Eintritt € 6,00

Romanautor Markus Orths
© Peter-Andreas Hassiepen

Markus Orths mitreißender Roman über die Stiefschwestern und Schriftstellerinnen Mary Shelley und Claire Clairmont – eine sprudelnde Geschichte über die Literatur, das Leben und die Liebe. Mary & Claire lieben Percy. Und Percy liebt Mary & Claire. An seiner Seite entfliehen die Frauen der Londoner Enge. Sie wollen atmen, reisen, lesen, verrückt sein, lieben und schreiben. Und sie nehmen den schillerndsten Popstar der Literatur Anfang des 19. Jhd. in ihre Gemeinschaft auf: den jungen Lord Byron.

Montag, 22.Mai


Heute haben
Gérard de Nerval * 1808
Arthur Conan Doyle * 1859
Johannes R.Becher * 1891
Robert Neumann * 1987
Geburtstag
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Ob etwas tauglich ist, wissen erst die Enkel
Robert Neumann
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Was für ein tolles Buch:

Die Wunderkammer des Lesens
Herausgegeben von Thomas Böhm
Gebunden, zweifarbig, mit Kopffarbschnitt, Lesebändchen, Prägung
und zahlreichen Abbildungen
Verlag das kulturelle Gedächtnis € 28,00

Manchmal denke ich, der Himmel besteht aus ununterbrochenem, niemals ermüdendem Lesen.
Virginia Woolf

Welchen Leser ich wünsche? Den unbefangensten, der mich, Sich und die Welt vergißt und in dem Buche nur lebt.
Friedrich Schiller

Ist Lesen eine Kunst? Eine Leidenschaft? Eine „edle Beschäftigung“? (Thoreau) „Ein großes Wunder“? (Marie von Ebner Eschenbach) Ein lebenslanges (Selbst)Studium? Ein Gespräch über alle Grenzen von Raum und Zeit hinweg? Ein „Emporwachsen der Seele“? (Voltaire)
Dieses Buch ist eine Meisterleistung des Herausgebers Thomas Böhm. So eine große Bandbreite rund um die Themen Buch und Lesen muss man erst mal hinbekommen.

Kapitelüberschriften sind u.a.
Die Wahl der Lektüre & Liebesbeweise an das Lesen
Ein Opfer der Lesesucht berichtet
Die Bibliothek an Bord der ISS
Bücher, die noch niemand lesen konnte
Über Signaturen und Widmungen
Anleitung zum Lesen mit Kindern
Aufschrifte auf Literatur-T-Shirts
Deutschsprachige Literaturblogs
Lektüre deutscher Fronstsoldaten im Jahr 1943
Virginia Woolf über das Lesen und Biografien und Briefen
Weltbibliothek – die 100 besten Werke der Literaturgeschichte

und und und. Immer noch nicht genug?
Bitte:
Wie man über ein Buch spricht, das man nicht gelesen hat
Eine Geschichte über die Sinnlosigkeit des Lesens

Das ist wirklich nur eine Auswahl aus dem reichhaltigen Sammelsurium an Themen.
Dazu kommt, dass dieses Kompendium unglaublich schon gestaltet ist und einem die Druckfarbe in die Nase steigt.
Tipp für ein weiteres Thema: Allergien beim Bücherlesen.

Thomas Böhm (geb. 1968) ist Publizist und Organisator von Literaturveranstaltungen, gestaltete u.a. die Gastlandauftritte von Island, Schweiz, Norwegen bei den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig. Seine Wunderkammer der deutschen Sprache (2019 mit Carsten Pfeiffer) und seine Wunderkammer des Reisens in Deutschland (2021) waren Spiegel-Bestseller und wurden mehrfach ausgezeichnet. Wöchentlich moderiert er das Buchmagazin Die Literaturagenten auf radioeins (rbb).


Samstag, 20.Mai


Heute haben
Honoré de Balzac * 1799
Sigrid Undset * 1882
Hans Sahl * 1902
Wolfgang Borchert * 1921
Samuel Selvon 1923
Hanna Krall * 1937
Geburtstag
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„Was morgen ist, auch wenn es Sorge ist, ich sage Ja!“
Wolfgang Borchert
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Sven Plöger, Andreas Schlumberger: „Zieht euch warm an, es wird noch heißer!
Können wir den Klimawandel noch beherrschen?
Mit Extrakapiteln zu Wasserstoff und Kernfusion
Westend Verlag € 22,00

Zu dieser komplett überarbeitenden Neuauflage seines erfolgreichen Buches schreibt Sven Plöger selber:

Können wir den Klimawandel noch beherrschen?

Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021, das Hitze und Dürrejahr 2022 mit Wasserknappheit, massiven Waldbränden und Hitzewellen – UN-Generalsekretär António Guterres sagt: „Wir sind auf dem Highway in die Klimahölle.“ Doch was tun die meisten Regierungen sowie viele von uns privat? Nichts. Abwarten. Statt Probleme anzupacken und die verbleibende Zeit zu nutzen, reden wir uns die Welt schön. Doch ganz gleich, ob wir Despoten für ungefährlich, Erdgas für nachhaltig oder Technologie für das Allheilmittel halten: So funktioniert die Realität nicht. Wir können nicht einfach fossile Energieträger durch Wasserstoff ersetzen, das Kohlendioxid wieder einfangen und danach – angetrieben durch Kernkraft – weiterleben wie zuvor. Es bleibt dabei: Der Klimawandel ist unsere Jahrhundertaufgabe. In ihrem Buch zeigen Sven Plöger und Andreas Schlumberger, wie wir sie lösen können und eine nachhaltigere und gerechtere Welt für unsere Kinder und Enkel schaffen.

Zieht euch warm an, es wird heiß erschien erstmals im Juni 2020. In Zahlen ausgedrückt ist seitdem kaum Zeit vergangen – und trotzdem scheint 2020 eine Ewigkeit zurückzuliegen. Die Welt hat sich an vielen Stellen im Grundsatz verändert. Das ist nicht nur ein Gefühl. Die Last sich überlagernder Krisen nimmt zu, am verstörendsten ist dabei sicherlich der Krieg in der Ukraine. Es macht mich traurig und betroffen, so etwas wieder in Europa erleben zu müssen und gleichzeitig zu wissen, dass auf der Welt weitere 20 Kriege und 164 bewaffnete Konflikte toben. Dazu kommen die Nahrungsmittel- und Energiekrise, die Kosten explodieren und damit die Inflation massiv steigen lassen. Belastend für uns, geradezu existenzgefährdend für Menschen in ärmeren Regionen. Außerdem wird der Widerstreit von Demokratien und autokratischen Systemen immer stärker spürbar. Wir verstehen nach langer Zeit wieder neu, dass man Demokratie ernsthaft verteidigen muss, wenn man ihre Freiheiten auf Dauer genießen möchte. Und während wir noch dabei sind, die Corona-Pandemie zu verdauen, thront über allem die Klimakrise, der Klimawandel, die Klimakatastrophe – wie auch immer wir es nennen wollen.

An zunehmend extremerem Wetter erkennen wir nicht nur unsere Verletzlichkeit, sondern außerdem, dass die Prognosen der Klimaforschung von vor rund 40 Jahren tatsächlich eintreten. Die Flutkata­strophe im Ahrtal und in anderen Regionen im Westen Deutschlands 2021 hat uns gezeigt, in welchem Ausmaß wir selbst unmittelbar betroffen sein können. Wir stecken in einer Doppelrolle, denn wir sind nicht selten Opfer unserer eigenen Taten. Schaut man auf all das, scheint die Unbeschwertheit früherer Zeiten vorbei. Das Ausmaß der Krisen, ihre Gleichzeitigkeit und das Wissen, dass wir sie parallel bewältigen müssen, lassen uns vor einem Berg schier unlösbarer Probleme erstarren. Angst vor Status- und Kontrollverlust macht sich breit, Gesellschaften drohen zu zerreißen – so zumindest einige Soziologen.

Merken Sie etwas? Diese eine Buchseite »Standortbestimmung der Welt« – und man könnte neben sie noch etliche mit gleichem Tenor stellen – vermag uns den Atem zu rauben, uns verzweifeln zu lassen, uns jeden Optimismus zu nehmen. Immer öfter höre ich gerade zur Klimakrise den Satz: »Das können wir doch ohnehin nicht mehr schaffen, wozu also das Ganze?« Wenn ich dann sage: »Wir müssen die Probleme in kleine Bausteine zerlegen; uns auf unsere Möglichkeiten konzentrieren und nicht auf andere schielen; heutige und vergangene Erfolge sehen; eine Haltung entwickeln, die persönliche Veränderung erlaubt und technischen Fortschritt nicht verteufelt; und mit allen Schalthebeln der Demokratie dafür sorgen, dass es endlich geeignete Rahmenbedingungen gibt, die denjenigen, der die Umwelt verschmutzt, nicht reicher werden lässt, als den, der sie sauber hält«, dann wird häufig zustimmend genickt. Bei einigen bleibt jedoch trotz all dieser Punkte hängen, dass es doch geradezu leichtgläubig sei, heute noch Hoffnung zu haben. Der Gedanke ist erlaubt und vielleicht auch nachvollziehbar. Aber: Wenn Optimismus naiv ist, dann folgt, dass Pessimismus nicht naiv ist. Und deshalb stelle ich den Leuten diese Gegenfrage: »Was verbessert sich für Sie persönlich, wenn Sie eine pessimistische und damit hoffnungslose Sicht auf die Welt einnehmen? Werden Sie zufriedener? Hilft es Ihren Nachkommen? Können Sie mir irgendeinen Vorteil nennen?« Ich habe diese Fragen schon häufiger gestellt und in exakt null Fällen eine sinnstiftende Antwort erhalten. Deswegen möchte ich »einfach frus­triert aufgeben« als Konzept für die Zukunft nicht zulassen. Das passt auch nicht zum Rheinländer, schließlich bin ich gebürtiger Bonner.

Dieses Buch will zwei Dinge tun: Zunächst machen wir eine Bauchlandung, die uns zeigt, wo wir hinsichtlich des Klimas wirklich stehen. Dabei wird auf jegliche Schönrederei verzichtet, und stattdessen erklärt, wie die Zusammenhänge im komplexen Erdsystem funktionieren: Was verbindet Wetter und Klima, wo liegt der Unterschied? Wohin entwickelt sich die Welt durch unser Handeln und warum sorgt die Erderwärmung für immer extremere Wetterereignisse? Mit den gewonnenen Erkenntnissen widmen wir uns danach den vielen Stellschrauben und Möglichkeiten, um aus dem Schlamassel wieder herauszukommen. Da geht es um Haltung und Verhalten, um Technik, um Politik, um Unternehmen und Wirtschaft, um Geldanlage, um das Bevölkerungswachstum, um den globalen Süden, um reichere und ärmere Menschen sowie ihren Fußabdruck, um behäbige Bürokratie, um ein soziales oder ökologisches Pflichtjahr und vieles andere.

Es braucht neben mehr Klimawissen in der Gesellschaft auch eine wirkliche Aufbruchstimmung. Wir müssen entschlossen loslegen, denn ohne eine Transformation, die unser Dasein auf Dauer nachhaltig macht, werden wir unseren Wohlstand in absehbarer Zeit verlieren. So einfach ist das, ob es uns gefällt oder nicht. Gedanken und Kräfte sollten dazu gebündelt werden; ideologischer Dauerstreit oder nie enden wollende Diskussionen bringen uns nicht weiter. Beides bremst und lässt die einen gleichgültig, die anderen verzweifelt zurück. Der Protest der »Letzten Generation« zeigt diese Verzweiflung mehr als deutlich. Kaum jemand wird behaupten, es wäre zur Bekämpfung der Erderwärmung zielführend, Kunstwerke zu besprühen. Insofern hält sich die Unterstützung solchen Handelns in weiten Teilen der Gesellschaft in engen Grenzen. Doch andererseits: Was soll man tun, wenn die bräsige Ungerührtheit so vieler das Anliegen, eine vernünftige Zukunft auf diesem Planeten haben zu wollen, ungehört an sich abprallen lässt? Die Frage ist also: Aus welchem Grund hört wer wem wann zu? Wie soll man auf sich aufmerksam machen? Das war schließlich auch bei früheren Protesten immer das Kernanliegen – Ältere mögen sich hier an ihre eigenen Aktionen in jüngeren Jahren erinnern.

Wir haben heute kein nüchternes Wissens-, sondern ein eklatantes Handlungsproblem. Es ist zwar gut, dass uns die Klimaforscher immer wieder neue Studien liefern und somit das im Prinzip Bekannte bestätigen, aber manchmal glaube ich, wir brauchen vor allem mehr Psychologen, die uns klarmachen, dass wir derzeit nicht dabei sind, die Welt »enkelfähig« zu machen – ein wundervolles Wort, das der Unternehmer Franz Haniel bereits vor über 150 Jahren prägte. Weil wir ständig das Gegenteil oder zumindest etwas anderes tun, als wir vorgeben tun zu wollen, müssten wir unseren Kindern und Enkeln eigentlich rundheraus sagen: »Dir soll es später mal schlechter gehen als mir!« Natürlich läge uns nichts ferner, denn eigentlich wünschen wir unseren Sprösslingen weiterhin ein besseres oder zumindest ebenso gutes Leben, wie wir es haben. Wenn wir das aber ehrlich meinen, dann ist unsere Aufgabe klar: Wir müssen Wunsch und Wirklichkeit zusammenzubringen! Möglichkeiten hätten wir genug.

(Zitiert aus der Interneseite des Westend Verlages)
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Alles an einem Tag auf tagesschau.de

Mehr als die Hälfte der Seen weltweit verliert Wasser
Durch den Klimawandel und die menschliche Nutzung schrumpft das Volumen von Seen weltweit erheblich. Das zeigt eine neue Studie, die Satellitenbilder von 2000 Seen ausgewertet hat. Sie gibt auch Hinweise, wie Lösungen aussehen könnten.
Der Wasserstand des Gardasees in Italien ist ungewöhnlich niedrig, auch in Spanien tragen viele Stauseen nach monatelanger Dürre nur noch wenig Wasser. Das sind Beispiele für eine weltweite Entwicklung, die ein internationales Forscherteam in einer neuen Studie genauer untersucht hat. Die Ergebnisse, die in der Fachmagazin „Science“ veröffentlicht wurden, zeigen: Die Wassermenge in großen Seen weltweit hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten drastisch reduziert.
Seit Anfang der 1990er-Jahre verloren demnach mehr als die Hälfte der natürlichen Seen und der Stauseen weltweit an Volumen. Die Austrocknung geht den Wissenschaftlern zufolge größtenteils auf die Erwärmung des Klimas und menschlichen Verbrauch zurück. …


Waldbrand in Spanien
700 Menschen in Sicherheit gebracht

In der spanischen Region Extremadura ist ein großer Waldbrand außer Kontrolle geraten. Hunderte Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Etwa 7500 Hektar Wald wurden bisher vernichtet. Die Regionalregierung geht von Brandstiftung aus.
Wegen eines Waldbrandes in der westspanischen Region Extremadura sind Hunderte Menschen in Sicherheit gebracht worden. Das Feuer sei am Mittwoch in der Nähe der Gemeinde Pinofranqueado ausgebrochen, teilte die spanische Sicherheitsbehörde DSN mit. In der Nacht habe es sich dann so rasch ausgebreitet, dass etwa 700 Einwohner der umliegenden Orte evakuiert werden mussten. Die Menschen wurden in Notunterkünfte gebracht. Die Lage sei weiter ernst. …

Wasserverlust in Seen
Forscher warnt vor extremen Folgen für Artenvielfalt

Auch in Deutschland leiden viele Seen unter Trockenheit und Klimawandel. Eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung sei das zwar nicht, sagt Hydrobiologe Rinke im Interview. Für das Ökosystem könne der Mangel dennoch drastische Folgen haben.
tagesschau.de: Eine Studie hat gezeigt, dass weltweit die Hälfte aller größeren Seen Wasser verloren hat in den vergangenen Jahrzehnten. Wie ist die Situation in Deutschland?
Karsten Rinke: In der Studie sind zwar nur zwei Gewässer in Deutschland erfasst. Wir wissen aber aus anderen Untersuchungen, dass die meisten Seen in Deutschland nicht so stark in Gefahr sind, wie in anderen, trockeneren Gegenden auf der Welt. Denn die starke Verdunstung ist hierzulande nicht so hoch. Und wenn ein See mit einem Fluss verbunden ist, dann ist der Wasserpegel erst mal relativ unempfindlich gegenüber Schwankungen im Zulauf.
Problematisch ist es allerdings bei Grundwasser-gespeisten Seen. Das sind zum Beispiel alle Baggerseen, und regional betrachtet viele Seen im brandenburgischen und auch im norddeutschen Raum. Die sind sehr empfindlich, wenn der Grundwasserspiegel nach unten geht. Und wir sehen seit 2018, dass diese Gewässer kleiner werden oder teilweise auch bereits ausgetrocknet sind. …


Studie zu Folgen des Wetterphänomens
El Niño kostet Weltwirtschaft Billionen

Meteorologen sagen für dieses Jahr das Wetterphänomen El Niño voraus. US-Forscher zeigen, dass die Auswirkungen weit über Wetterextreme hinausgehen. Die Folgen erstrecken sich über Jahre und verstärken Ungleichheiten.
Die wirtschaftlichen Kosten des Wetterphänomens El Niño belaufen sich auf mehrere Billionen Euro. Das geht aus einer Studie von US-Wissenschaftlern hervor, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht wurden. Dabei wurden nicht nur die direkten Verluste durch die mit El Niño verbundenen Wetterextreme wie Überflutungen und Dürren berücksichtigt. Zusätzlich haben die Forscher den Einfluss von El Niño auf das globale Wirtschaftswachstum und das Einkommen der betroffenen Menschen berechnet. …

Klimaprotest in Berlin
Autofahrer treten Aktivisten der „Letzten Generation“

Die Proteste der Klima-Aktivisten der „Letzten Generation“ gehen weiter. In Berlin blockiert die Gruppe zahlreiche Straßen. Einige Autofahrer reagierten mit Gewalt und traten auf Demonstranten ein.
Bei erneuten Straßenblockaden der Klimagruppe „Letzte Generation“ in Berlin sind Autofahrer gewaltsam gegen Aktivisten vorgegangen. Nach Angaben eines Fotografen der Deutschen Presse-Agentur zerrten sie am Freitagmorgen auf der A100 in Höhe der Abfahrt Kurfürstendamm an Protestierenden, schlugen auf diese ein und traten sie, um sie am Festkleben zu hindern. …

Nicht zu vergessen die Überschwemmungen in Norditalien, der Wassermangel in den Pyrenäen und die Waldbrände in Kanada, über die auch auf tagesschau.de berichtet worden ist.

Freitag, 19.Mai

Heute haben
Rahel Varnhagen von Ense * 1771
Fritz Rudolf Fries * 1935
Otto Jägersberg 1942
David Glattauer * 1960
Jodi Picoult * 1966
Geburtstag
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Heute ist der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit.
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Friedrich Rückert
Himmelsschlüsselchen

Himmelschlüsselchen ist genannt ein goldnes
Feingebildetes Blümchen auf der Wiese,
Weil den Himmel auf Erden sieht die Unschuld
Aufgeschlossen im Frühling unter Blumen.
Himmelschlüsselchen nenn‘ ich, sprach ein Jüngling,
Dich mit eigenem Rechte, weil ein Himmel
Mir auf Erden, ein Herz, sich aufgeschlossen,
Ein geliebtes, im Frühling, als zum ersten
Kranz ich schüchtern dich wand mit andern Blumen.
Himmelschlüsselchen! den mir aufgeschloss’nen
Himmel schließe mir jeden Frühling neu auf,
Still verschließ’ ihn vor jedem Blick des Neides!
Jedem anderen aber sei ein andrer
Himmel offen, den ich nicht ihm beneide.

(aus dem unten besprochenen Buch)
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Unser Buchtipp:

Es flüstern und sprechen die Blumen
Eine Blütenlese in Bild und Gedicht
Ausgewählt von von Karl-Heinz Göttert
Reclam Verlag € 14,00

Die Eisheiligen halten sich dieses Jahr sehr tapfer. Es ist immer noch kühl, windig und nass. Ja, wir brauchen dringend den Regen, aber unsere Seele braucht auch Sonne und etwas Wärme in die Knochen.
Diese Neuerscheinung im Reclam Verlag zeigt, was wir jetzt schon sehen und im Laufe des Frühjahrs und des Frühsommers wieder entdecken können. Die Natur wird bunt, überall im Garten, in den letzten Ecken, spitzelt etwas Buntes. Kein Wunder, dass sich auch Dichter und Künstler von Rose und Hyazinthe seit jeher beflügelt fühlten. Dieses Buch versammelt eine wunderbare Auswahl kunstvoller Naturmalerei von Maria Sibylla Merian, Albrecht Dürer, Pierre Joseph Redouté und anderen und Gedichte von Eduard Mörike, Clemens Brentano, Elisabeth Langgässer, Joachim Ringelnatz und vielen anderen.


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Donnerstag, 18.Mai


Heute haben
Franziska von Reventlow * 1871
Bertrand Russell * 1872
Ernst Wiechert * 1887
Gunnar Gunnarsson * 1889
W.G.Sebald * 1944
Geburtstag
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Rainer Maria Rilke
Erste Rosen erwachen

Erste Rosen erwachen,
und ihr Duften ist zag
wie ein leisleises Lachen;
flüchtig mit schwalbenflachen
Flügeln streift es den Tag;

und wohin du langst,
da ist alles noch Angst.

Jeder Schimmer ist scheu,
und kein Klang ist noch zahm,
und die Nacht ist zu neu,
und die Schönheit ist Scham.
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Genau vor einem Jahr, am 18.5.2022 haben wir hier auf dem Blog das Buch „Brauchbare Menschen“ von Magdalena Schrefel vorgestellt, in dem es um Arbeits- und Lebensbedingungen im Niedriglohnsektor geht. Und gestern ist mir diese Neuerscheinung in die Hände gefallen. Das Thema ist also immer noch mehr als aktuell.


Jana Costas: „Im Minus-Bereich“
Reinigungskräfte und ihr Kampf um Würde
Aus dem Englischen von Richard Barth, Stephan Gebauer und Michael Müller
Edition Suhrkamp € 20,00

Jana Costas hat sich einem Reinigungsteam am Potsdamer Platz angeschlossen. Unter dem glitzernden Komplex liegt der Minus-Bereich: vier Stockwerke mit labyrinthischen Gängen und fensterlosen Räumen. Dort ziehen sich Alex, Ali, Luisa und Marcel um, bevor sie Büros und Luxusapartments putzen. Jenseits aller Klischees ist diese Arbeit für sie auch eine Quelle des Stolzes. Costas schildert ihre Kämpfe um Würde, porträtiert eine expandierende Branche und holt so die oft unsichtbaren Beschäftigten in die Sichtbarkeit. Sie schreibt über das, was wir nicht sehen, denn morgens sind die Schreibtische in den Büros wieder sauber, die Toiletten wie von Zauberhand geputzt.
Diese Unterwelt, dieser Minus-Bereich ist ein sehr lukrativer Industriezweig, der hauptsächlich in Deutschland möglichst unsichtbar auftritt.
Jana Costas hat sich mit der Reinigungsfirma abgesprochen, ihren Mitmenschen gesagt, woher sie kommt und was sie vorhat und dann selbst Hand angelegt.
„Watt, du bist Professorin? Steht das in deinem Perso? Zeich ma!“

Jana Costas, geboren 1982 studierte an der London School of Economics und promovierte an der Cambridge University. Seit 2014 hat sie eine Professur für Personal, Arbeit und Management an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder inne.

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