Mittwoch, 31.12.2014

Das Ende vom Jahr ist ja nicht das Ende vom Lied, sondern der Beginn eines neuen Jahres. Und so wird es auch bei uns in der Buchhandlung sein.
Ich bin zwar kein großer Planer, wir haben jedoch ein paar Termine im Kalender stehen. Manche schon fest, manche müssen noch terminiert werden.

Auf jeden Fall gibt es Januar keine „Erste Seite“. Das steht schon mal fest.
Am Freitag, den 16.1.2015 liest bei uns Verena Günthner aus ihrem Debüt:“Es bringen“. Für sie ist es ein Heimspiel, da sie 1978 in Ulm geboren wurde.
Für ihren Roman wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u.a. auch mit dem Kelag-Preis beim Bachmann-Wettbewerb.

Für’s Frühjahr eingeladen haben wir noch den Leiter des Manesse-Verlages, der uns ein wenig über das Innenleben dieser besonderen Bücher erzählen wird.
Die Neu-Ulmerin Christine Langer habe ich eingeladen, um aus ihrem neuen Gedichtband zu lesen, der im Frühjahr erscheinen wird.
Rainer Moritz kommt vielleicht und stellt sein neues Buch über Proust und Paris vor. Er leitet das Literturhaus Hamburg, ist Übersetzer und Schriftsteller und vieles mehr.
Hermann Gummerer vom Folio-Verlag möchte im April seinen Verlag und Südtirol vorstellen. Dazu bringt er ein Auto voll Essen und Trinken mit. Für diese Veranstaltung müssen vorab Plätze reserviert werden.
Florian Arnold hatte die Idee eines „Literalottos“, das wir bei uns in der Buchhandlung starten wollen. Ungefähr viermal im Jahr wollen wir eine Variante des „Chaoslesen“, das es nicht mehr gibt, aufleben lassen.
Dazu natürlich wieder ab Februar Büchervorstellen an jedem ersten Dienstag des Monats ab 19 Uhr.
Dies nur als kleine Vorschau auf das kommende Frühjahr, jetzt wo wir erstmal im dicksten Winter stecken.

Kommen Sie gut ins neue Jahr. Auf dass Ihre Wünsche und Vorsätze sich erfüllen.
Bleiben Sie gesund (oder werden Sie es) und der Literaturwelt gewogen.
In einem Buch stecken 1.000 Leben und das können wir nicht über viele Dinge sagen.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, sagte schon Sepp Herberger und so haben wir am 2.Januar wieder ab 9 Uhr geöffnet. Mit oder ohne Internet, das sehen wir dann.
Bis dahin,
Ihr/euer Samy Wiltschek

Dienstag

IMG_2200

Heute haben
Theodor Fontane * 1819
Rudyard Kipling * 1865
Paul Bowles * 1910
Douglas Coupland * 1961
Lukas Bärfuss * 1971
Geburtstag.
Aber auch Patti Smith.

Theodor Fontane:
Der erste Schnee

Die Sonne schien, doch Winters Näh’
Verrieth ein Flockenpaar;
Es gleicht das erste Flöckchen Schnee
Dem ersten weißen Haar.

Noch wird – wie wohl von lieber Hand
Der erste Schnee dem Haupt –
So auch der erste Schnee dem Land
Vom Sonnenstrahl geraubt.

Doch habet Acht! mit einem Mal
Ist Haupt und Erde weiß,
Und Freundeshand und Sonnenstrahl
Sich nicht zu helfen weiß.
____________________

https://www.youtube.com/watch?v=oQmgI-wFafU
_______________________

42.000 mal wurde diese Blogseite besucht.
Die Klicks kamen aus 72 Ländern der Erde.

Dies teilt mir gerade meine Jahresstatistik von wordpress mit.
Liest sich nicht schlecht und das hat natürlich sehr viel mit Ihnen / euch zu zu tun.
Vielen Dank dafür.
Das bedeutet auch: Jede Menge Buchvorstellungen für kleine und große LeserInnen. Ab und an war auch eine Musik-CD, oder ein Film dabei. Gezählt habe ich das alles nicht. Das ist auch der Grund, warum es dieses Weihnachten keinen „Ulmer“ gab, das Heftchen mit Buchtipps, das wir jahrelang verteilt hatten. Es war einfach keine Zeit dafür da. Ich hoffe, Sie haben es nicht zu sehr vermisst.
So ist der kleine Buchladen an der Ecke ein Treffpunkt für viele BuchliebhaberInnen geworden. Nicht nur für die Kunden in und um Ulm, sondern auch für Menschen aus 72 Ländern, die dieses Blog als Schaufenster zur Literatur benutzen.
Ich hoffe, wir können dies auch im neuen Jahr so weitermachen.

Heute ist mein letzter Arbeitstag, da ich morgen (fast schon traditionell) frei habe.
Da steht für mich der Butterbrezellauf in Holzheim an. Eine kleine Runde für einen guten Zweck mit Butterbrezel und einem Glas Sekt.
Alles organisiert vom Gasthaus Adler.

Einen etwas anderen Jahresrückblick versteckt sich hinter dem Link „Archiv„.
Dort finden Sie alle Fotos, die sich im letzten Jahr auf unserem Fotoblogjastram.tumblr.comangesammelt haben.
_________________

Kommen Sie gut durch den vorletzten Tag des Jahres.
Wir kämpfen immer noch mit unserer Telefonleitung.
Das heisst: Telefongespräche funktionieren nur mit Rufumleitungen auf unsere Händis und nur ein Rechner im Laden hat Zugang ins Internet und das auch nur dank eines Smartphones. Alles nicht so lustig; wir hoffen, dass sich die Telekom irgendwann einmal auf den Weg macht, um uns zu helfen, damit wir Ihnen wieder in gewohnter Form zur Seite stehen können.

Montag

IMG_2198

Zum vielen Schnee noch heute morgen -15 Grad.
Mehr Winter geht nicht.
_________________________

Heute haben
William Gaddis * 1922
Jo Pestum * 1936
Brigitte Kronauer * 1940
Christian Kracht * 1966
Geburtstag.
Aber auch Pablo Casals und Marianne Faithful
___________________________

Adalbert von Chamisso
Der erste Schnee

Der leise schleichend euch umsponnen
Mit argem Trug, eh‘ ihr’s gedacht,
Seht, seht den Unhold! über Nacht
Hat er sich andern Rat ersonnen.
Seht, seht den Schneenmantel wallen!
Das ist des Winters Herrscherkleid;
Die Larve läßt der Grimme fallen; –
Nun wißt ihr doch, woran ihr seid.

Er hat der Furcht euch überhoben,
Lebt auf zur Hoffnung und seid stark;
Schon zehrt der Lenz an seinem Mark.
Geduld! und mag der Wütrich toben
Geduld! schon ruft der Lenz die Sonne,
Bald weben sie ein Blumenkleid,
Die Erde träumet neue Wonne, –
Dann aber träum‘ ich neues Leid!
______________________

An diesem letzten Sonntag im Jahr war es endlich so weit. Mit zwei Auto ist die ganze Familie ins Kino gefahren. „Paddington“ stand auf dem Programm.

238909.jpg-r_160_240-b_1_D6D6D6-f_jpg-q_x-xxyxx

Eine Stunde und 35 Minuten beste Familienunterhaltung. Der Film wird mit null Jahren angegeben, ich denke, dass er doch viele spannende Momente hat, so dass ich nicht mit Kindern unter 8 Jahren reingehen würde. Der Film spielt mit Motiven aus Erwachsenenfilmen, die aber nicht wichtig für die Handlung sind. Wir Erwachsenen schmunzeln jedoch über die Zitate in den Szenen und in der Musik.
Der Bär Paddington (das einzige animierte Wesen im ganzen Film) begibt sich nach einem Erdbeben in seiner Heimat Peru, vom tiefsten Dschungel Perus nach London, da ein Forscher seiner Familie gesagt hat, dass er dort immer willkommen sei. So landet der sprechende Bär also in Paddington Station und sucht jemanden, der ihn aufnimmt. Er sitzt einsam auf dem Bahnsteig, hat die ersten Erfahrungen mit Tauben (die noch sehr wichtig werden) und hinter ihm leuchtet die Schrift „Lost“. Nachdem er von einer Frau angesprochen wird, die gerade mit ihrer Familie aus dem Zug ausgestiegen ist und ihn tatsächlich für eine Nacht mitnehmen will, sehen wir den ganzen (bekannten) Schriftzug: „Lost and Found“.
So beginnen die turbulenten und sehr lustigen Abenteuer des kleinen Bären, der sich mit vielen fremden Dingen auseinandersetzen muss. Wozu sind Zahnbürsten da? Zum Ohrenputzen? Wie funktioniert das mit der Klospülung und wie verflixt kann so ne Tesarolle sein. Er ist auf der Suche nach einer (neuen) Familie nach einem neuen Zuhause. Ein grundlegendes Motiv, nicht nur in der Kinderliteratur. Eine Familiemusss zusammenhalten.Und wenn das gelingt, bestehen sie alle Abenteuer. In schönen Bildern und einem schönen Spannungsbogen schafft es der Regisseur, dass es zu einem Happy End kommt. Wenn da nicht böse Leiterin des Naturkundemuseums wäre, die Paddington für ihre Sammlung ausgestopfter Tiere haben will. So kommt noch ordentlich Spannung auf (inkl. „Mission Impossible“-Anleihen) und wir fiebern mit unserem Bären mit, dass auch wirklich alles gut ausgeht.
Ein gelungener Familienfilm, in dem London eine wichtige Rolle spielt. Dort sollen, von Künstlern bemalte Paddington-Bären stehen und wahrscheinlich fahren noch jede Menge rote Busse mit Paddingtons durch die Stadt. Für mich war es schön zu sehen, dass eine Szene in dem Club spielt, in den eine Gruppe BuchhändlerInnen von den Verlagen Hanser und dtv eingeladen worden sind. Dort kommt man als Normalsterblicher nicht rein. Die Leiterin sagte uns damals, dass der Club sich immer wieder dadurch saniert, in dem sie Filmszenen dort drehen lassen. Damals redete sie von James Bond. Jetzt auch noch Paddington. Und so werden viele Ecken, Straßen und Plätze aus London gezeigt, wobei ich nicht weiss, was alles Pappe und was echt war. Ist ja auch egal.
Ein grosser Spass und wir hatten beim gemeinsamen Abendessen an der langen Tafel viel zu erzählen und waren ordentlich am Rätseln, woher wir die einzelnen Schauspieler kennen und immer wieder: „Das war ja auch toll! … Und das war doch lustig! …“
Und heute kaufe ich Orangenmarmelade.

http://https://www.youtube.com/watch?v=qFuzMlfZGWM

Samstag

Der erste Schnee wurde mit großem Jubel der Enkelin früh morgens begrüßt und verkündet. Leider reichte er nur für einen kleinen Schneemann und nicht zum Schlittenfahren.

leider hat er schon seine Nussaugen und seine Karottennase verloren.
Leider hat er schon seine Nussaugen und seine Karottennase verloren.

Heute hat
Carl Zuckmayer
Geburtstag
____________________

Endlich habe ich es auch geschafft. Zu dritt saßen wir vor dem großen Bildschirm (nicht unserer) und haben uns „Ostwind“ angeschaut. Nicht nur die Enkelin war schwer fasziniert. Alle drei waren gefesselt von der spannenden und gleichzeitig auch sehr rührenden Geschichte.

ostwind

„Ostwind“
Regie: Katja von Garnier
DVD 8,99

Ich hatte die DVD immer wieder im Laden verkauft, das Buch ist eh immer da und nun endlich war es soweit. Zu dritt saßen wir davor und haben mitgefiebert,
Gut, die Filmkritiken war nicht die allerbesten, aber da ich mich mit Jugend-Pferde-Filmen nicht so auskenne und schon Verdacht in Richtung Ponyhof-Serie hatte, war ich mehr als erstaunt über diesen Film. Die junge Schauspielerin, die die Mika im Film gibt, macht das wie aus einem Guss und spielt meiner Meinung nach Cornelia Froboess locker an die Wand. Dazu noch Jürgen Vogel, Detlev Buck und Schauspieler, die mir nichts sagen.
Mika muss in der Schule eine Ehrenrunde drehen. Um Zeit zum Lernen zu bekommen, soll sie auf dem Reiterhof der Grossmutter ihre Ferien verbringen. Und gleich zu Beginn, als sie mit dem Traktor vom Bahnhof abgeholt wird: Kein Netz auf dem Händi. So was von doof. Die Grossmutter ist streng, die Umgebung ungewohnt, die abgewetzte Jeans von Mika deplatziert. Keine gute Voraussetzungen für entspannte Sommerferien. Als sie nachts im Pferdestall die Bekanntschaft mit Ostwind macht, einem unberechenbaren Pferd, das die Großmutter an den Gehstock gefesselt hat, dreht sich die Geschichte. Die beiden Aussenseiter, Mika und Ostwind, haben die gleiche Wellenlänge und es entsteht ein dickes Band des Vertrauens zwischen den beiden. Was niemand glauben mag, Mika hat keine Angst vor dem wilden Pferd und Ostwind folgt ihr auf Schritt und Tritt.
Intrigen, ein verstossener Pferdetrainer, eine Mutter, die an der Universität unabkömmlich ist, und diese pfiffigen Gören auf dem Pferdehof ergeben eine wunderbare Michung aus Spannung, Witz und Entwicklungsgeschichte. Dass der Film fast unglücklich ausgeht, ist kaum zu glauben und im letzten Moment schafft es Mika doch noch ihren Ostwind zu finden, der schon Richtung Ungarn und Richtung Pferdesalami ist.
Für alle Zuschauer ab acht Jahren. Nach oben keine Grenzen. Ein toller Familienfilm, auch für Nichtreiter (wie mich).


____________________

IMG_2157

Die Weihnachtsgurke hängt …

IMG_2156

und die ersten zwei Bücher für’s Frühjahr 2015 sind gelesen.

Samstag, 24.Dezember 2014

So! Nun haben wir es alle geschafft. Ein paar Stunden noch mit trubeligem Ver- und Einkaufen, dann ist auch diese vorweihnachtliche Zeit wieder vorbei. Wir sind froh, dass Ruhe einkehrt und gleichzeitig vermissen wir die vielen netten Menschen im Laden.
Wir danken allen Kunden und Freunden, die uns während der letzten Zeit besucht und kräftig eingekauft  haben. Vielen Dank auch für das Verständnis, wenn mal etwas nicht gleich geklappt hat. Danke für all die guten Dinge, die Sie uns mitbrachten. Manchmal war so ein Stück Schokolade sehr wichtig und die Suppe, die gestern eingetroffen ist, war herrlich.

IMG_2102

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest, ein paar geruhsame Tage. Auf dass Sie danach wieder erholt ins neue Jahr starten können.

Heute haben
Eugène Mickiewicz * 1798
William Thackeray * 1863
J.R.Jiménez * 1881
Franco Lucentini *1920
Geburtstag
_________________

Zum Fest zeige ich Ihnen, eine kurze Szene aus meinen Lieblingsschnulzenfilm.

__________________

IMG_1958

Nun können sich die Bücher auch etwas ausruhen, um in paar Tagen wieder in neuem Glanz zu erstrahlen.

Dienstag

IMG_2092

Oh, was war das gestern für ein Tag!
Kein Internet, kein Telefon. Der Anbieter schickt mich zur Telekom, die wieder zurück. Unendliche Telefonate mit unsäglichen Warteschleifen. Und das alles zwei Tage vor Weihnachten.
Es ist kein Ende in Sicht.
Deshalb heute nur dieser kurze Eintrag.

IMG_2099

Das letzte Mal in diesem Weihnachtsgeschaft mit dem Bus um 5:46 zur Arbeit.
Das ist doch mal ein Wort.

IMG_2093

Montag

Heute haben
Ulrich Bräker * 1735
Hugo Loetscher *1929
Renate Welsh * 1952
Margit Schreiner * 1953
Felicitas Hoppe * 1960
Geburtstag.
_________________

Tipps aus der New Yorker U-Bahn-Bibliothek

1
„Let the Great World Spin,“ by Colum McCann

2
„The Great Gatsby,“ by F. Scott Fitzgerald

__________________

IMG_2090

Das Beste vom Besten von 2014

Fluss

Alessandro Sanna:Der Fluss
Peter Hammer Verlag € 29,90

Alessandro Sanna hat mit diesem großforamtigen Bilderbuch, Bildband, Kunstbuch oder auch Graphic Novel etwas geschaffen, was ich in dieser Form noch nicht in Händen gehalten habe.
Geboren 1975 in Italien, hat er dort schon 40 Bücher für Kinder und Erwachsene veröffentlicht, im New Yorker und der New York Times Bilder veröffentlicht. Er unterrichtet an der Universität in Bologna und wohnt in Mantua.
Jahrelang hat er sich in seiner norditalienischen Heimat am Fluss, am Po umgeschaut. Hat gezeichnet, aquarelliert, ausgetestet und so langsam eine Idee entwicklet. Dieser große Fluss prägt die Landschaft und die Menschen. Es gibt viele Bücher über ihn, über Flüsse überhaupt. Der Fluss trennt und verbindet. Ach, wem erzähle ich das – wir haben ja die Donau vor der Haustüre und Anfang Juli beginnt hier das Internationale Donaufest.
Sanna nähert sich hier mit vier Geschichten über das ganze Jahr und nennt seine Kapitel dann auch Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Er erzählt darin jeweils eine abgeschlossene Geschichte. Aber nicht so, wie wir uns das vorstellen. Er erzählt ohne Worte, sondern nur mit seinem (digitalen) Pinsel von Stürmen und Nebel, von der Hitze des Sommers und lauen Nächten, von Liebe, Geburt und Gemeinschaft. Die jeweils vier Aquarellstreifen pro Seiten zeigen fantastische Szenen, Mythologisches, Düsteres, und oft besonders Schönes. Wir wissen manchmal nicht, sind die Menschenreihen echt, oder gleichen sie den Baumreihen entlang des Flusses. Was zum Teil bedrückend wirkt, löst sich plötzlich in einer Hochzeitsgesellschaft auf. Ein Zirkus kommt und geht, ein Boot fährt durch den Nebel und wir sehen nur das helle Licht der Laterne in den Händen des Fischers. Im Herbst sehen wir den Atem, der grau, weiss aus Menschen und Tieren kommt. Die Sonne geht unter, Schnee fällt und ein wildes Tier bricht aus dem Zirkus aus. Aber ist er wirklich gefährlich, oder braucht der Maler ihn als Vorlage für ein Porträt? Was ist Wirklichkeit, was ist Fantasie? Damit spielt Sanne. Und das gekonnt. Der Verlag nennt es ein Silent Book. Wer hätte das gedacht. Noch eine neue Formulierung. Egal. Genießen Sie die einzelnen Bildergschichten, die einzelnen Bildstreifen, die Farben, die Ideen, die dahinterstecken und ich garantiere Ihnen, Sie werden gleich wieder von vorne beginnen und schauen, welches Ihr Lieblingsbild ist. Das wird jedoch schwierig.

Ins Buch schauen

Homepage des Autors

Sanna malt den Fluss auf einem Video

_______________________

9783803151865

Horst Bredekamp:Der schwimmende Souverän
Karl der Große und die Bildpolitik des Körpers
160 Seiten. Gebunden mit Schildchen und Prägung
mit vielen, zum Teil farbigen Abbildungen
Wagenbach Verlag € 26,00
In der großformatigen Kunstreihe

Der Kunsthistoriker Bredekamp hat schon ein paar Bücher im Wagenbach veröffentlicht. Über Botticelli und seine Venus, über die Geschichte der Kunstkammer und die Zukunft der Kunstgeschichte unter dem Titel “Antikensehnsucht und Maschinenglauben” und “Leibniz und die Revolution der Gartenkunst”. Jetzt kommt er mit dem verwirrenden Titel “Der schwimmende Souverän” und setzt Karl den Großen in den Untertitel. Was soll das denn? Was hat den dieser deutsche Kaiser mit Schwimmen zu tun? Sehr viel, wie wir gleich zu Beginn der Lektüre merken werden. Und Bredekamp findet damit auch einen neuen Zugang zum Verständnis des großen Herrschers. Schwimmen und die Darstellung, die Herausstellung des (eigenen) Körpers hat die Massen schon immer fasziniert. Karl der Große war ein begeisterer Schwimmer, Mao Tse-Tung auch. Dieser nutzte seine Flußdurchquerungen wie kein anderer als große politische Schau. Aber auch Friedrich Barbarossa schwamm überall wo er regierte. Und bei allen drei Herrschern mussten die politischen Partner auch mit ins Wasser. Somit konnte z.B. seine körperliche Fitness auch gegenüber seinem Sohne zeigen. Mao Tse-Tung als Schwimmer wurde unendlich oft abgebildet. Sei es als Fotografie, als Fotomontage, als großes Ölgemälde im Bademantel und erhobener, winkender Hand. Der eigene Körper wird dabei zum Ausweis von sportlicher Tatkraft, patriarchalischer Fürsorge und Führungsstärke überhöht. Mussolini und jetzt Putin steigen in das gleiche Fahrwasser, um ihre Macht zu demonstrieren.
Bredekamp geht aber noch weiter, um uns das neuartige Machtphänomen Karl der Große offenzulegen.
Seine Kapitelüberschriften heissen:
I.   Von Mao Tse-Tung bis Friedrich Barbarossa
II.  Schwimmen
III. Bändigen
IV. Verlebendigung
V.  Verspiegeln
Schluss
Darin packt er im ersten Kapitel noch die Symbolik des Ertrinkens, da Friedrich Barbarossa ertrunken ist und dieses Schicksal mehrfach dargestellt worden ist.
Im Thema Schwimmen sehen wir auf Abbildungen, dass schon im Mittelalter geschwommen wurde. In knappen weißen Badehosen. Und den ins wasserspringende Römer kennen wir von vielen Postkartenabbildungen.
Karl der Große schnürte jedoch ein Gesamtpaket um seine Macht zu festigen. Das Bändigen der Haare, das Abschneiden der Haare des Feindes, war eines davon. Schön zu sehen auf Münzabbildungen im Buch. Aber auch das Bändigen von wilden Tieren und das Zurschaustellen in Zoos. Gleichzeitig aber auch das Verlebendigen dieser wilden Tiere als Bronzestatuen gehörte dazu. Das ging so weit, dass der erlegte brüllende Bär noch die Wunde der Lanze im Bronzeabdruck hat. Im Kapitel Verspiegeln sehen wir zwei große Flügeltüren mit zwei Löwenköpfe als Türklopfer. Ihre Augen blicken etwas nach unten und dem Eintretenden nicht direkt in die Augen. Die Türe war jedoch aus spiegeldem Metall, so dass der Gast sich selbst sehen konnte. Die Löwen sind hier nicht die wilden Tiere, sondern diejenigen, die sich der Macht gebeugt haben. So soll sich der Eintretende, der sich selbst im Spiegel sieht, auch so demütig wie diese Löwen verhalten. Gleichzeitig ist aus dem wilden Tier ein Zeichen des Friedens geworden.
Bredekamps völlig neue Sicht auf Karl den Großen zeigt, wie aktuell dessen Bildpolitik ist. Karl der Große hat als “Leuchtturm Europas”, wie er von Zeitgenossen genannt wurde, auch dem gegenwärtigen Europa etwas zu sagen: Politik ist elastisch und fluid. Und dabei bringt der Wagenbach Verlag noch das Wort Fluxus ins Spiel.
Wer denkt denn an so etwas, wenn er dieses Buch im Buchladen liegen sieht.
Wieder was gelernt. Schön, dass es Bücher gibt.

Samstag

IMG_2047

Jetzt steht schon ne 20 auf dem Kalender und die Ziellinie ist in Sicht.

Heute wird
Friederike Mayröcker 90 Jahre alt.
___________________

[youtube=http://youtu.be/HZrD007yVAo]

Liebe Birte Müller und Familie. Vielen Dank für das jährliche Weihnachtsvideo
___________________

IMG_2063

Das Beste vom Besten von 2014:

Mawil1

Mawil: “Kinderland”
Reprodukt € 29,00

Einfach grossartig was Mawil hier in dieses dicke Buch gepackt hat. Über 290 Seiten, voll mit Comic-Bildchen. Wie er den kleinen, vorbildlichen Schüler Mirco (“Mirgo”, wie ihn seine sehr kleine Schwester nennt) darstellt, ist einfach toll.

CIMG1379
Wir befinden uns in der DDR des Jahres 1989. Micro lebt einer Familie, die christlich orientiert ist. In der Kirche ministriert er auch ab und an. Gleichzeitig ist er natürlich im ganz normalen DDR-Alltag integriert. FDJler in der Schule prägen den Alltag um ihn herum. Bis eines Tages ein Mitschüler auftaucht, der in die Parallelklasse kommt. Er ist anders. trägt auch keine Uniform bei Festtagen, benimmt sich anders. Obwohl er einen Kopf größer als Mirco ist, hilft er ihm, als Mirco sich mit dem Bus verfahren hat und er zu spät in die Schule kommt. Mawil packt immer wieder witzige Momente, berlinerische Sprüche in seine Bilder. Und gerade der neue Mitschüler hat einen wilden Slang drauf. Zwischen den beiden entwickelt sich eine schöne Freundschaft und als Mirco Probleme mit den älteren Schülern bekommt, steht ihm immer wieder der Neue bei.
Mawil2
Mawil malt für uns diese Wochen und Monate vor dem Mauerfall wie ein normaler Sommer. Mirco hört zwar immer wieder von “Rübermachen”, Schüler tauchen nicht mehr auf und sogar Lehrer bleiben vom Unterricht fern. Als Mirco seine Russischlehrerin besucht (eine ganz harte in der Schule), sehen wir, wie sie gerade noch rechtzeitig das Westfernsehen ausschaltet und den “Spiegel” versteckt. Doch all dies bekommt er gar nicht mit. Für ihn entwickelt sichdas Tischtennisspielen zu seinem Lebensmittelpunkt. Hier kann er es den Großen zeigen. Das geht sogar so weit, dass seine Mitschüler ihn dazu auswählen, ein Turnier zu organisieren. Alles gar nicht so einfach, wenn in der Schule nur eine Platte, aber keine Netz vorhanden ist und wenn Bälle Mangelware und “Kellen” durch Bücher ersetzt werden. Aber es kommt mal wieder anders. Wie so oft im Leben. Die Mauer fällt und Mircos Eltern fahren für einen Tag nach Westberlin. Mirco ist sauer, gekränkt – kann er doch am Turnier nicht teilnehmen. Er findet jedoch in einem Kaufhaus einen Tischtennisschläger und kauft sie seinem Freund.

CIMG1378
Mawil schafft es in seinen vielen Bildern eine warmherzige, freundliche, freche und ehrliche Geschichte zu erzählen, die vor 25 Jahren hier in Deutschland passiert ist. Eine Jungenfreundschaft, eine Entwicklungsgeschichte und eine entscheidende Situation in der deutschen Geschichte, die von den Schülern gar nicht, oder nur am Rande bemerkt worden ist.

CIMG1376CIMG1377

 

HB Seethaler_978-3-446-24645-4_MR.indd

Robert Seethaler: “Ein ganzes Leben”
Hanser Berlin Verlag € 17,90
als eBook € 13,99

Robert Seethaler hat uns das bestverkaufte Buch des Jahres beschert. “Der Trafikant”, den es als Taschenbuch für € 9,90 im Verlag “Kein und Aber” gibt, überholt bei uns alle anderen Bestseller um Längen. Dies kann aber nur so funktionieren, dass die KundInnen, die das Buch gelesen haben so begeistert sind, dass sie es gleich mehrfach für ihre FreundInnen brauchen.
Jetzt hat Seethaler den Verlag gewechselt, lebt in Berlin und nicht mehr in Wien, aber kann vielleicht seinen Erfolg mit diesem neuen Buch wiederholen: Wir werden ihn darin unterstützen.
Seethaler bleibt Österreich treu, zumindest in der literarischen Welt. Es ist nicht mehr der junge Franz, wie im “Trafikant”, der im Mittelpunkt steht, sondern Andreas Egger. Er wird genauso ins Leben geworfen, wie unser Franz, jedoch auf eine deutlich härtere Gangart. Als vierjähriger Waise landet er bei seinem Onkel auf dem Land. Ein schönes Leben hat er dort nicht, da der Onkel ihn oft verprügelt und sogar zum Krüppel prügelt. Andreas erträgt dies alles. Er wird kräftig, arbeitet überall, wo es etwas zu tun gibt, bleibt jedoch wortkarg in sich verschlossen. Er fügt sich seinem Schicksal, kennt sich mittlerweile in der Bergwelt sehr gut aus und sieht eine Zukunft als Bauarbeiter beim Seilbahnbau. Hier kommt der Fortschritt in die Bergwelt und die Struktur der ländlichen Welt ändert sich dadurch. Er erlangt dadurch etwas Freiheit und kann sich eine kleine Hütte hoch über dem Dorf herrichten. Als er noch Marie, die in einem Wirtshaus arbeitet, kennenlernt, scheint doch etwas wie Glück in sein Leben zu kommen. Doch dies dauert nicht allzulange, da eine Schneelawine sowohl seine Frau, als auch seine Hütte wegreisst. Seethaler schafft es in seiner ruhigen Sprache das auszudrücken, wie es Andreas im Inneren geht. Er klagt nicht an, nimmt sein Schicksal so wie es kommt. Er kann sowieso nichts daran ändern. Als er im zweiten Durchgang doch noch zu den Soldaten und gleich nach Russland muss, erträgt er seine jahrelange Gefangenschaft stoisch und mit einer großen Gelassenheit. Zurück im Dorf nimmt er sein altes Leben wieder auf.
Robert Seethaler ist in diesem schmalen Roman die Biografie eines einfaches Mannes gelungen, wie ich sie selten gelesen habe. Einfach in der Sprache, einfühlsam und warmherzig und hart in den Tatsachen, lesen wir wie gebannt bis ans Ende in denen Andreas auf seine letzten Herztöne wartet und als keiner mehr kommt, lässt er los und geht.
Seethaler vergisst aber nicht sein großes Angebot von besonderen Typen, wie wir sie aus all seinen Romanen kennen. Es gibt den Ziegenhirten, der versucht vor dem Tod, der “kalten Frau” zu fliehen, oder seinen Mitarbeiter, der einen Arm verliert und wie dieser von seinen Kollegen beerdigt wird (also der Arm, nicht der Mann, der lebt ja noch) und viele andere Personen. Genauso wie viele kleinere Episoden aus dem Leben von Andreas, die Seethaler immer wieder einflicht und so dem Roman das Besondere verleiht. Wir können uns die einzige Busfahrt aus dem Dorf so gut vorstellen, die der alte Andreas unternimmt und an der Endhaltestelle wieder umdreht und wieder dort aussteigt, wo er fast sein ganzes Leben gewohnt und gearbeitet hat.
Seethaler hat mit Andreas Egger eine Person geschaffen, die wir nicht mehr schnell vergessen werden und mit ein wenig Glück kassiert Seethaler mit diesem Roman noch ein paar große Preise ab.

Leseprobe

 

Donnerstag

Heute hat Thomas Strittmatter (* 1961) Geburtstag
und Keith Richards (* 1943), der Mann an der Gitarre bei den Rolling Stones.
________________________

https://www.youtube.com/watch?v=_Kmlk5ll3oE
________________________

________________________

IMG_2034

Das Beste vom Besten aus 2014.
Und im Frühjahr erscheint die deutsche Ausgabe im Hanser Verlag, was noch nicht klar war, als ich das Buch im Mai 2014 vorstellte.

Park

Rainbow Rowell:Eleanor & Park
The Orion Publishing Group € 11,99
In englischer Sprache

Bisher habe ich bei keinem deutschen Verlag eine Ankündigung des Titels auf deutsch gefunden. Ich meinte fast, dass es im Hanser Verlag erscheinen soll. Wer weiss. Die Reaktionen auf den amerikanischen Literaturblogs sind jedoch mehr als begeistert und auch ihr neuer Roman “Fangirl” wird dort richtig gefeiert. Nun dachte ich, dass es passend ist, in London ein englisches Buch mitzunehmen; als Einstimmung und auf den vielen Wartezeiten.
Es hat sich gelohnt.
Dies sagte John Green in The New York Times Book Review über das Buch:
“Eleanor & Park reminded me not just what it’s like to be young
and in love with a girl, but also what it’s like to be young and in love with a book.”

Eleanor und Park gehen in die gleiche Schule. Es ist das Jahr 1986 irgendwo in Omaha in den USA. Eleanor war für ein Jahr weg von zuhause und beginnt nun wieder mit dem Unterricht. Daheim hat sie vier Geschwister, eine überforderte, aber liebende Mutter und einen tyrannisierenden Stiefvater, der ihr das Leben zur Hölle macht. Es ist kein Geld im Haus, die Kinder schlafen zum Teil auf dem Boden und Eleanor leidet sehr unter dieser Situation, zumal sie von ihren Mitschülerinnen gehänselt wird. Sie hat rote, wilde Haare, billige, alte Kleider und sie meint, sie sei viel zu dick. Im Gegensatz dazu Park. Seine Mutter kommt aus Korea. Sein Vater hat sie während des Krieges dort kennengelernt und in den USA geheiratet. Park hat noch einen jüngeren Bruder und seine Grosseltern wohnen gleich um die Ecke. Er führt ein behütetes Leben, ist etwas introvertiert und stellt sich beim Autofahren sehr ungeschickt an, so dass sein Vater meint, erschaffe nie den Führerschein.
Im Schulbus hat jeder seinen festen Platz und als Eleanor im neuen Schuljahr im Bus steht und keiner ihr einen Platz freimacht, ist es schließlich Park, der ihr eine Hälfte seines Sitzes abgibt. Eleanor reagiert nicht auf die blöden Zurufe der mitfahrenden SchülerInnen, sondern blickt nur zu Boden. Park bringt es seinerseits nicht fertig, sie anzusprechen. Aus diesem ersten Zusammentreffen wird täglich immer mehr. Park versucht mit ihr ins Gespräch zu kommen, leiht ihr seine Comics aus, gibt ihr seine Musikcassetten mit. Eleanor taucht plötzlich in eine andere Welt ein, entdeckt so etwas wie Freundschaft, trotz all den schlechten Erfahrungen und Brutalität bei ihr daheim und in der Schule. Denn gerade dort geht das Mobbing heftig weiter.
Park schafft es, immer mehr mehr von ihr zu erfahren und bringt sie dazu, dass sie sich bei ihm daheim treffen. Eine zarte Liebe bahnt sich an und Eleanor weiss, dass sie dies vor ihrer Mutter und hauptsächlich vor ihrem Stiefvater geheimhalten muss. Dieser Zustand der Schwebe, des Glücks und der latenten Gewalt bescheibt Rainbow Rowell sehr anrührend.
Eine erste Liebe ist eine erste Liebe. Es gibt Höhen und Tiefen, Missverständnisse und Ängste. Der Umgang der beiden ist sehr zart und vorsichtig. Ich war gespannt, was für ein Ende der Roman wohl haben mag und glaubte schon gar nicht mehr an ein gutes Ende. Aber …. Ein tolles Buch!
______________________

Das Jastram-Scrabble
Upsidedown Version

IMG_2055
IMG_2055