Montag

Heute haben
Truman Capote + 1921
Dorothee Sölle * 1929
Jurek Becker * 1937
Geburtstag
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Mein Buchtipp für den Wochenanfang, der Sie noch länger
nach dem Lesen beschäftigen wird.

Nixon

Carl Nixon:Settlers Creek
Weidle Verlag € 23,00

Das sind noch schöne Bücher. Stefan Weidle hat den Roman aus dem Englischen übersetzt und Friedrich Forssmann ist für den Satz zuständig. Zu Beginn gibt es noch ein paar farbige Fotos von Stephanie Nixon. Dazu noch gutes Papier, festgebunden und Schutzumschlag, der matt sehr prima in der Hand liegt.
„Settlers Creek“ ist Carl Nixons dritter Roman. Carl Nixon lebt und arbeitet in Christchurch in Neuseeland und hat sich mit seinen Arbeiten diesem Land und seinen Menschen verschrieben. In seinem Vorgängerbuch: „Rocking Horse Road“ ging es auch schon um den Verlust von Illusionen von Jugendlichen. Der Roman stand vier Monate auf der KrimiZEIT-Bestenliste und führte sie auch an.
Diesmal geht es um den Kampf zwischen den Maori und den weißen Nachkommen der Siedler. Carl Nixon zeigt dies exemplarischen an Box Saxton (ja wirklich Box, wie die Schachtel. Dieser Gag kommt mehrfach im Buch), der schon bessere Zeiten gesehen hat. Er war Immobilienmakler, Bauunternehmer. Besaß Häuser, hatte Angestellte und gute Autos. Die Wirtschaftskrise in Neuseeland hat auch ihn und seine Familie erfasst. Sie wohnen in einem ärmlichen Haus, seine Frau arbeitet und er ist auf Montage und nagelt Dächer auf Schulen. Die Familie Nixon hat zwei Kinder. Mark, aus erster Ehe seiner Frau, und Esther. Beide Kinder mussten die bessere Schule, aus Geldmangel, verlassen und sie sind nun auf einer normalen Regelschule. Der Roman beginnt damit, dass ein alter Mann früh morgens die Leiche von Mark in einem Baum hängend findet. Fein säuberlich hat er seine Kleider auf dem Boden gefaltet und gestapelt. Nackt dreht er sich im Wind wie eine Schaufensterpuppe. Als Box die Nachricht am Handy erreicht, bricht eine Welt für ihn zusammen. Mark ist nicht sein leiblicher Sohn, ist halb Maori und Box liebt ihn mit allem, was er hat. Sein leiblicher Vater Tipene Pitama hat Mark seit dessen zweitem Lebensjahr nicht mehr gesehen und besucht. Carl Nixon schildert sehr feinfühlig und warmherzig diese Restfamilie und wie sie sich auf die Beerdigung ihres Sohnes vorbereiten. Schön ist die Szene, als sie Mark im Leichenschauhaus besuchen, ihn waschen und ankleiden. Es kommt zu einer witzigen Situation, in der beide beginnen Tränen zu lachen. Kurz darauf ist das Wohnzimmer der Nixons voll mit Maori. Tipene ist mit 17 anderen gekommen, um den Tod des Stammesangehörigen zu betrauern. Es kommt zum Treffen der beiden Männer, der beiden Kontrahenten, der beiden Welten. Ein kräftiger Händedruck scheint die Dinge zu klären. Nun passiert das Unbegreifliche: Maori rauben den Leichman um ihn auf Stammesgelände nach ihren eigenen Ritualen zu beerdigen und ihn nicht hier auf dem Friedhof bei all den anderen Nixons zu wissen. Aus dem Trauerbuch wird ein Einemannfeldzug. Clint Eastwood wird erwähnt und so kann man sich das auch vorstellen. Aber bitte, betrachten Sie das Buch nicht als Krimi, obwohl das schon ein paar mal so behauptet worden ist. Carl Nixon hat dafür für sein Personal viel zu viel Empathie. Box zieht also seinerseits los, um seinen Sohn wieder zurückzuholen. Aber sein Leben ist schon ordentlich in Schräglage. Der Tod des Sohnes machte dies nicht besser und auf dieser Tour führt er sich auf, wie ein typischer weisser Siedler, der auf sein Recht pocht, der Gewalt in die friedliche Maorigemeinschaft bringt und für ordentlich Unruhe sorgt. Die Maori haben, im Gegensatz zu ihm die wirtschaftlcihe Krise gut überstanden, organisieren Delphin-Ausfahrten und stehen wirtschaftlich auf soliden Beinen. Box bricht in diese Welt ein, eckt überall an, säuft, provoziert, prügelt und wird verprügelt. Er ist auf der Suche nach seinem Sohn, dies ist sein einziges Ziel. Der Rest ist ihm egal. Er findet ihn und es beginnt eine weitere Odyssee auf den Straßen durch die Nacht. Irgendwie hält Carl Nixon seine schützende Hand über Box und uns bleibt nur zu hoffen, dass er ihn gut ausstaffiert, und er seinen Sturz gut überlebt. Ich mag gar nicht mehr über den Roman schreiben, der nach gut 300 Seiten ein sehr besonderes Ende findet.
Was überhaupt keine Rolle spielt ist: Warum hat sich Mark überhaupt umgebracht? Was waren seine Beweggründe? Dies wird mit keiner Zeile erwähnt. In einem Gespräch zwischen den beiden Männern, erwähnt Tipene einmal, dass die Mutter des Jungen ihm nie erlaubt hat seinen Sohn zu treffen, zu besuchen. Dies überhört Box jedoch und es findet auch keine Weiterführung im Roman. Diese wichtigen Punkte allein wären einen Roman wert. Carl Nixon ist dies jedoch nicht wichtig. Es geht nur um die Beerdigung des Jungen und das eigene Rechthaben. Ein sehr starker Roman, der aufgebaut ist wie ein krimi, sich Zitate aus Clint Eastwood-Filmen erlaubt,  und doch voller Liebe dem Absturz eines Mannes widmet. Ich wünsche ihm viele LeserInnen.

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Nicht vergessen.
Morgen, Dienstag 19 Uhr.
Jastrams „Erste Seite“ mit Clemens Grote.
Eine Stunde, vier neue Romane.
Eintritt frei.
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Samstag

Heute haben Prosper Merimée * 1803
und A.V.Thelen * 1903
Geburtstag
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Trio

Carla Bley/Andy Sheppard/Steve Swallow: „Trios“
ECM CD 2013  € 17,00

Eine Art Jubiläum. Seit 20 Jahren spielt dieses Trio nun zusammen und das war wohl ein Grund für Manfred Eicher, dem Chef von ECM, die drei ins Studio zu führen und eine „Best of“-CD zu produzieren. Wir hören hier also keine neue Zusammenstellung von alten Carla Bley-Titeln im neuen Gewand. Alles wurde neu eingespielt und zum ersten Mal hat Carla Bley nicht selbst produziert. Noch eine Neuheit. Man merkt den drei Musikern ihr Entwicklungen schön an, wenn man die alten Aufnahmen nochmals anhört. Irgendwie ist die Musik ganz auf sich konzentriert und alle Schnökerl sind weggelassen. Bley Klavierspiel ist klar und deutlich, Steve Swallow am Bass sorgt für einen perfekten Hintergrund und Andy Sheppard am Saxophon spielt extrem minimalistisch und sorgt für einige schöne Duos mit dem Klavier.
So hören wir u.a. Klassikern wie „Utviklingssang“, mit dem die CD beginnt, oder dem uralten „Vashkar“.
Die Musik bewegt sich zwischen sehr ruhig und getragen, nimmt Bebop-Elemente auf, lässt an Bleys Bigband-Melodien erinnern. Duke Ellington meint man zu hören und es endet in einem wunderschönen swingenden Finale mit dem Lied „The Girl Who Cried Champange“. Noch so ein Lied, das 20 Jahre auf dem Buckel hat.

„Mit Bleys unvirtuos-asketischen Akkorden, Swallows klangvoll singendem Fünfsaiter und Sheppards beseeltem Ton an Tenor und Sopran klingt dieses Trio einzigartig.“
(Stereo, Oktober 2013)

„Wie diese drei in der klanglich perfekten Produktion kommunizieren, wie sie Räume öffnen und schließen, zählt zum Feinsten im komponierten Jazz der letzten Jahre.“
(stereoplay, Oktober 2013)

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=ou5PE1AZy7g]

http://www.youtube.com/watch?v=yYQXEX7VklQ

Das Trio spielt am Montag, den 7.Oktober um 20 Uhr im Ulmer Stadthaus.
Hier finden Sie die Stadthausankündigung.

Freitag

Heute hat Grazia Deledda (* 1871) Geburtstag.
Die sardische Autorin war die erste weibliche Literatur Nobelpreisträgerin.
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Schon an Kalender für 2014 gedacht? Schon mal abgezählt, wieviel Neffen, Nichten und Enkel jedes jahr einen Kalender bekommen? Hier gibt es einen Vorschlag.

Lalula

Das große Lalula und andere Tiere
von Christian Morgenstern erfunden und von Adolf Born gezeichnet
Weingarten Kalenderverlag € 19,99

Die springen einem ja fast ins Auge. So bunt und frech und passend sind die Illustrationen der Fabellwesen, die Christian Morgenstern in seinen Gedichten erfunden hat. Der tschechische Künstler Adolf Born hat genau den richtigen Ton für diese Sprache getroffen. Und fast könnte man meinen, die Tiere fangen an zu leuchten, zu sprechen, zu tanzen.

Igel und Agel

Ein Igel saß auf einem Stein
und blies auf einem Stachel sein.
Schalmeiala, schalmeialü!
Da kam sein Feinslieb Agel
und tat ihm schnigel schnagel
zu seinen Melodein.
Schnigula schnagula schnaguleia lü!
Das Tier verblies sein Flötenhemd…
„Wie siehst du aus so furchtbar fremd!?“
Schalmeiala, schalmeialü -.
Feins Agel ging zum Nachbar, ach!
Den Igel aber hat der Bach zum Weiher fortgeschwemmt.
Wigula wagula waguleia wü tü tü…

Das große Lalula

Kroklokwafzi?
Semememi!
Seiokrontro – prafriplo:
Bifzi, bafzi; hulalemi:
quasti basti bo…
Lalu lalu lalu lalu la!
Hontraruru miromente zasku zes rü rü?
Entepente, leiolente klekwapufzi lü?
Lalu lalu lalu lala la!
Simarat kos malzlpempu silzuzankunkrei (;)!
Marjomar dos: Quempu Lempu Siri Suri Sei []!
Lalu lalu lalu lalu la!

Nicht im Kalender ist dieses Tiergedicht:

Das Nasobêm

Auf seinen Nasen schreitet einher das Nasobêm,
von seinem Kind begleitet.
Es steht noch nicht im Brehm.
Es steht noch nicht im Meyer.
Und auch im Brockhaus nicht.
Es trat aus meiner Leyer zum ersten Mal ans Licht.
Auf seinen Nasen schreitet
(wie schon gesagt) seitdem,
von seinem Kind begleitet,
einher das Nasobêm.

Alle Bilder zum Anschauen.

Donnerstag

Heute haben
T.S.Eliot * 1888
Ernst Schnabel * 1913
Peter Turrini * 1944
Geburtstag
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Eduard Mörike
Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.
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Kroatien

Jagoda Marinic: „Gebrauchsanweisung für Kroatien
Piper Verlag € 14,99

Rezensionen und Pressestimmen

Gebrauchsanweisung für Kroatien ist vielmehr als eine Gebrauchsanweisung für Kroatien. Es ist Literatur, Unterhaltung, Landeskunde, und einiges mehr. (…) Das Buch macht ungeheuer Lust auf das Land“
Mannheimer Morgen

„Mit federleichtem Stil und viel humorvoll verpackter Selbstkritik beschreibt Jagoda Marinic die vielen schönen, aber auch die Schattenseiten des Landes. (…) Ihr Buch ist ein perfekter, ebenso unterhaltsamer wie informativer Reisebegleiter für alle, die das Land und seine Bürger etwas besser kennen lernen wollen.“
Die Zeit

Da haben die beiden Pressestimmen aber auch wirklich vollkommen recht. Das Buch liest sich weg wie nix und ist immer für eine Überraschung gut. Es passt ausgezeichnet in die Gebrauchsanweisungs-Reihe, in dem vor Jahren auch schon Birgit Vanderbeke über ihr Südfrankreich geschrieben hat und in der ich einiges über Japan gelernt habe, obwohl ich wohl nie hinkommen werde.
Jagoda Marinic macht uns gleich zu Beginn den Mund wässrig, in dem sie vom türkisblauen Meer spricht, das es sonst nur in der Südsee gibt. Sie nennt ihr Kroatien das bessere Italien, obwohl sie von einem Besuch der Insel Krk gefrustet wieder zurückkehrt (komplett ausgebucht) und wieder froh ist, in einer Stadt übernachten zu können. Sie schreibt über essen (sehr wichtig) und trinken, über die Familienbande (sehr wichtig, s. „essen“) und wie alles zusammenhängt und unauflöslich mit einander verknotet ist. Daraus kann man auch nie entfliehen. Im Kroatischen heisst das „sich reinwaschen“; sprich sich reinwaschen vom Dreck der Familie, der für ewig an einem heftet. Sie schreibt über Hitchcock, der dort gedreht hat; über Winnetou, dessen Filme ja bekanntlicherweise hier gedreht worden sind und die wir als Kinder alle (mehrfach) angeschaut haben. Es geht um die (stets verleugendeten) türkischen Wurzeln, auch in der Sprache und ein Kapitel über Apartmentdealer. Wichtig sind im Süden die kum, die Paten. Alles ist miteinander verpatet und jeder hat mehrere davon und ist auch bei vielen anderen Pate. Ob Hochzeit-, Tauf-, Firmungspate, ob Verlobungs- und sonstiger Pate. Egal. Es ist die Familie, die sich hier erweitert. Hier brauchen Sie keinen ADAC, wenn das Auto stehen bleibt, keinen Arzt, wenn es mal wieder weh tut. „Das ist Dalmatien. Vergessen Sie das nicht. Das Land der gepunkteten Hunde. Nichts ist unmöglich“, schreibt Jagoda Marinic. Ah, nicht zu vergessen ist natürlich neben Politik, Religioen, Essen (wichtig!) und Familie (wichtig!), der Sport. Immer wieder tauchen Kroaten als Sportler auf und bringen es zu Weltruhm. Ob im Fussball in der Bundesliga (Mario Mandzukic, Ivica Olic), oder auch Toni Kukoc, der es in der us-amerikanischen NBA (Basketball) zu Weltruhm gebracht hat, obwohl er zu klein für seine Position und zu wenige für all die Postionen, die er hätte spielen können war. Kroatien hat seine Helden und die Eltern sind stolz darauf. Auch wenn es nur die Kleinen sind, die mit dem Boot aufs Meer hinausfahren und die Erwachsenen im Café ihnen interessiert nachschauen. „Doch allem voran ist Kroatien das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das verrate ich jetzt nur Ihnen“, schreibt die Autorin am Ende des Buches. Wir klappen es zu und träumen uns jetzt schon dort hin. Aber halt! Vegetarier tun sich dort sehr schwer. Unbegreiflich, dass ein Mensch, noch viel schlimmer ein Mann, kein Fleisch ist. Wie soll er sonst zu seiner Muskelkraft kommen? Ist der Muslim, ist er krank, hat er ein Gelübde abgelegt? Nur einen Salat zu essen erzeugt im Restaurant immer noch die größten Lacher. Ich werde mich diesbezüglich bei der Autorin schlaumachen und fragen, ob es in Kroatien mittlerweile auch schon Tofu gibt, den ich auf den Grill, neben all die leckeren Fische legen kann/darf.

Jagoda Marinic liest heute abend um 19 Uhr bei uns in der Buchhandlung
aus ihrem Roman: „Restaurant Dalmatia“.
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Mittwoch

Heute haben
William Faulkner * 1897
Andrzej Stasiuk * 1960
Carlos Ruiz Zafón * 1964
Geburtstag
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Frage an Jagoda Marinic:
„Was ist denn, Deiner Meinung nach, der grundlegende Unterschied zwischen den Menschen in verschiedenen Ländern und Städten, wenn Du an Deine Auslandsaufenthalte denkst? Woran hapert es mit der deutschen Mentalität? Oder ist das Miteinander in New York nur ein notwendiges Muss, um zu überleben?“

JM:
„Die grundlegende Einteilung ist für mich eher die nach Stadt und Land als nach Nationen. Das Urbane ist komischerweise überall auf der Welt ähnlich. Städte wollen zwar individuell sein, gleichen sich jedoch bis zur Austauschbarkeit… Das Eigene eines Landes offenbart sich erst in ländlichen Gegenden. Dort entdeckt man man die Keimzellen der Kulturen, nur aus ihnen heraus wird eine Stadt dann individuell verstehbar…
Die Mentalität hierzulande hapert nicht an sich! Ich bin manchmal hin und weg, wie die Menschen hier sind. Manchmal aber auch nicht, logisch. Ich habe jedoch das Glück, hier das tun zu können, was ich tue und wie ich es tue. Die Arbeit, die ich mache, die Reden, die ich halte und gehört werde, zeigen mir auch: Dieses Land ist gestaltbar! Die Menschen lassen sich ein. Ein unbezahlbares Gut. Nur einige hier leben zu abgeschottet in sich und wie alle solche Kreise, ahnen sie nicht, was ihnen entgeht. Mehr Offenheit. Mehr Glaube ans Glück, ans Gute, ans Gelingen, auch im Chaos, das würde den Alltag hier um einiges leichter machen… Überlebenmüssen miteinander ist immer und überall ein guter Leim für eine Gesellschaft, nicht nur in New York. Ich finde das nicht verwerflich, wenn mir jemand die Hand reicht, weil er weiß, dass er eines Tages meine brauchen könnte… manchmal denk ich, uns hier geht es zu gut, als dass wir nett sein müssten, denn wer angewiesen ist auf den anderen, der ist auch freundlich zu ihm… Und das Erzählen! Ich wünschte, wir würden uns hier mehr Geschichten erzählen, auch im Alltag, mündlich… „Hör mal, ich war grad beim Bäcker und dort… „Diese Mentalität, noch aus dem kleinsten Ding eine Geschichte zu drehen, die fehlt mir manchmal….“
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Das Bayerische Fernsehen berichtet über „Restaurant Dalmatia

Morgen um 19 Uhr liest Jagoda Marinic bei uns in der Buchhandlung.
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Entenhausen

PaTrick Bahners: „Entenhausen
Die ganze Wahrheit
C.H.Beck Verlag 19,95

Na, wenn der C.H.Beck Verlag etwas veröffentlicht, hat das Hand und Fuß. Und wenn, dann gleich prima gebunden, mit Leinenrücken und Lesebändchen. Beides schön in knallgelb gehalten. So muss das sein.
PaTrick Bahners ist Kulturkorrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in Entenhausen, mit Nebensitz in New York. Bis 2012 leitete er das Feuilleton der Zeitung. Er gehört zur deutschen Fraktion der Donaldisten und gründete die Direpol (=Donaldistisches Institut für Rechtskunde und Politik). Aha! Deshalb auch der C.H.Beck Verlag, wo sonst hätte dieses aufklärerische Werk erscheinen können. Er forschte, neben seinem Studium der Geschichte und Politik, über den Entenhausener Bürgemeister und die Rolle des Adels in der Stadtrepublik. Und: Er tauscht sogar in der deutschen Version eines Donald Duck Heftes als An- und Verkäufer von „Kunst und Krempel“ auf. Mehr Lob geht nicht. Als nächstes könnte nur noch die Adoption in die Ducksche Familie kommen und PaTrick wäre dann der kleine Bruder von Tick, Trick und Track.
Die Ducks, die Entenhausener (es gibt übrigens kaum Enten in Entenhausen!), erklären uns die ganze Welt. Dagobert ist natürlich für die Finanzwelt zuständig und bringt die Finanzmisere auf den Punkt: „Wer zuviel ausgibt, ist eines Tages Pleite.“ Mit dem Zusatz „Das weiss jedes Kind.“ So, nun wissen wir das auch. Würden nur die Ackermänner aller Länder mehr Comics lesen, die Welt sähe besser aus.
Fast hätte es das Ulmer Münster noch in die Welt von Entenhausen geschafft. Dort steht nämlich eine Kathedrale, oder auch Münster genannt, das allerdings nicht mehr liturgischen Zwecken dient, sondern sich als eine Art Museum präsentiert. Donaldistenforscher vermuten eine architektonische Nähe zu Reims. Tick, Trick und Track erwähnen den Stephansdom zu Wien. Dass nun PaTrick Bahners die Höhe des Turmes mit 144 Metern mit dem Kölner Dom vergleicht, möchte ich stark kritisieren. Wenn schon, dann mit dem höchsten Kirchturm, dem des Ulmer Münsters, der noch ein paar Meterchen höher ist.
Im Kapitel: „Enten in Entenhausen“ kommt es zur Erwähnung, dass die Enten dort zur Oberschicht gehören und dass es viele andere, sehr unterschiedliche Wesen dort gibt. Wussten Sie, das es Panzerknacker mit Hundeohren und welche mit Menschenohren gibt? Dies ist aber nur eines der vielen Beispielen, die PaTrick Bahners auflistet.
Große Philosophen kommen genauso zu Wort, wie wichtige Wirtschaftsforscher. Alexander von Humboldt wird zitiert und Jakob Burckhardt. Wagner spielt eine wichtige Rolle (Wussten Sie, dass Donald Wagnerianer ist) und Hans Blumenberg darf nicht fehlen. Das könnten wir der diesjährigen Büchner-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff stecken.
Sie merken schon, auf den über 200 Seiten bleiben keine Fragen offen und kein Auge trocken. Ein Muss für alle Donald-Leserinnen und solche, die vor Jahrzehnten welche waren.

Die Inhaltsangabe des Buches:

Einladung zu einer Forschungsreise

KAPITEL 1 Hineinspaziert in die Stadtgeschichte:
Das Rätsel der zwei Gründerväter

KAPITEL 2 Eine Sternstunde der Wissenschaft:
Die Zwei-Welten-Lehre des Hans von Storch

KAPITEL 3 Enten in Entenhausen: Minderheit und Oberschicht

KAPITEL 4 Olaf und die starken Männer:
Die Verfassungskrise des Vierkaiserjahrs

KAPITEL 5 Fluchtpunkt Timbuktu:
Wo die Gumpe ins Meer fließt

KAPITEL6 Was heißt Globalisierung?
Selbst Dagobert Duck kauft jedes Jahr einen neuen Globus

KAPITEL 7 Nach dem großen Knall:
Die Heimkehr des verlorenen Bruders

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Diesen selbstgebastelten Geldbeutel brachte heute ein Kunde mit:

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Mehr Bilder auf dem Jastram Fotoblog.
Alle Pixi-Einsendungen finden Sie hier.

Dienstag

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Heute haben
C.F.Ramuz * 1878
F.Scott Fitzgerald * 1896
Walter Kappacher * 1938
Antonio Tabucchi * 1943
Geburtstag.
Den Jungs gratuliere ich aber sehr herzlich.
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Am gestrigen Montag in der FAZ auf Seite 32:
Einmal Balkanteller für Hartgesottene, bitte
Sabine Berking bespricht Jagoda Marinic’s: „Restaurant Dalmatia„.
BuchSie beginnt, dass der Balkan-Grill um die Ecke nicht gerade bekannt ist für seine kulinarische Höhenflüge, aber berühmt für eine ehrliche, große Portion Fleisch. So auch in Tante Zoras Kneipe im Berliner Wedding, in die Mia zurückfindet.
Am Ende schreibt Sabine Berking, dass Jagoda Marinic keine Freundin konventionell an der Handlung klebenden Schreibens ist und dass man schon genau lesen sollte, um die seelischen Zustände der Figuren zu entschlüsseln.
„Jagoda Marinic bringt das schwierige Erbe des ehemaligen Jugoslawien auf den Tisch“.
Das freut mich aber sehr, dass die FAZ diesem Buch eine so positive Besprechung widmet. Zu Recht.

Auf meine Frage:
„Nun schreibst Du Romane, Erzählungen, arbeitest journalistisch. Das Überthema bei Deiner Arbeit ist Integration. Auch der Blick einer in Deutschland geborenen Kroatin auf die Deutschen und ihr Verhältnis zu Ausländern. Du hast den deutschen Pass beantragt und erhalten, bist nun also Deutsche. Und damit wird Deine Situation auch nicht überschaubarer. Wie unterscheidet sich Deine journalistische Tätigkeit, mit der literarischen?“

antwortete Jagoda Marinic:
„In einem Sinn ähnlich: Beide erzählen Geschichten. Mit Worten und auf Papier. Doch als Journalistin findet man Geschichten, als Schriftstellerin er-findet man sie, selbst dann, wenn man sie im Leben findet. Mein Überthema sind Menschen. Ihre Liebe zueinander, ihre Abhängigkeit voneinander. Integration wird es dadurch, dass ich neue Figuren in die deutsche Literatur bringe. Ein anderes Erleben von Deutschland in den Mittelpunkt stelle. Die Literatur bietet da eine andere Freiheiten, jenseits politischer Debatten. Es geht um die. Menschen, nicht die Zahlen.
Ein Roman muss nicht an dieser Welt gemessen werden; im Gegenteil, er kann gerade deshalb faszinieren, weil er eine eigene Welt schafft. Bei einem Zeitungsartikel will der Leser auch informiert werden. Romane hingegen dürfen alles. Doch nicht jeder liest gern Romane und so ist der Journalismus eine andere Form des Gesprächs mit den Lesern.“

Wenn du schreibst, dass nicht jeder Romane liest, … was liest du denn im Moment? wie lange hast du für das Restaurant gebraucht? Lag dir das schon lange auf dem Herzen und musste einfach geschrieben werden?

Ich lese : Immer wieder von vorn die ersten hundert Seiten von David Grossmans Das Gedächtnis der Haut… Restaurant Dalmatia hat mich knappe sechs Jahre gekostet, mit Lektorat, also nicht grad ein billiges Restaurant… Ich hätte nie gedacht, dass sowas geht, sechs Jahre in einem Buch bleiben. Aber es ging, denn der Roman lag mir nicht nur auf dem Herzen, er ist Teil davon. Weil er ein Tribut ist an Menschen, die ich liebte, die sich in all diesen Figuren wie Zora, Jesus, Mia, wiederfinden… Einwanderer, Abenteurer, Träumer und Enttäuschte. Ich wollte ihre Geschichten erzählen… Die FAZ schrieb heute ja, ich hätte den Einwanderern mit diesem Buch ein Denkmal gesetzt. Das war ein Antrieb, ja, diese Geschichten vor dem Vergessen zu bewahren. Und wenn schon Denkmal, dann ist ein Buch mit Sicherheit das Denkmal, das am ehesten lebt und atmet…. Erfahrbar ist… Diese Menschen haben mir dauernd erzählt, mündlich – ich wollte ihnen ihr Leben zurückerzählen, schriftlich. Damit sie bleiben. Wenigstens ein bisschen.

Mehr Fragen beantwortet Jagoda Marinic sicherlich während ihrer Lesung bei uns im Buchladen.
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Heute ist ein ganz besonderer Tag für alle Ulmer und Neu-Ulmer.
Der Restaurantführer 2014 ist erschienen und damit schaffe ich auch eine gute Überleitung nach dem „Restaurant Dalmatia“.

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KSM Verlag € 13,00

Obwohl nachher dann wieder alle schimpfen, was hier und da und dort nicht stimmen würde, stürzen sich doch sehr viele auf diese Veröffentlichung.
Der Herausgeber Jens Gehlert bezeichnet die Gastronomie als einen lebenden Organismus. So lange die Sachen dann auch wirklich tot sind, die auf den Tellern landen und dass die Tiere davor ein gutes Leben hatten, wäre mir dann schon ein Anliegen. Obwohl: Als Vegetarier betrifft es mich nicht direkt.
Wieder gibt es eine Hitparade der Top Ten der Region. Und Bewertungen der 150 getesten Restaurants. Zusätzlich dieses Mal 25 Frühstücksadressen.
Da heisst es dann schon mal: „Gehört unter Artenschutz“, weil dort einfach prima gekocht wird, oder „Wenn die Engel die Flucht ergreifen“ und dem Gasthaus selbigen Namens eine nicht gerade schöne Bewertung zuteil wird. Es wird gelobt, gemeckert, Frühstückseier getestet und dann bekommt IKEA auch noch zwei Punkte. Was für eine Welt, möchte man fast sagen. Da kommen Oktopus-Salat auf den Tisch, mit Steinbeisser, Riesengarnelen und Jakobsmuscheln, oder es klappern die Teller zu laut und landen zuviele Gläser auf dem Boden.
Ein Spaß, wenn man es nicht zu ernst nimmt, ein Muss für alle Ausgeher und ein schöner Reingucker, wenn man doch selbst mal Lust hat, oder wenn sich Gäste angekündigt haben.
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Und das schrieb Eva Stotz, die Ulmer Filmemacherin, in ihrer Rundmail:

Liebe Freunde und Kollegen,

Am 24.09.2013 um 00:35 (heißt in der Nacht von Montag auf Dienstag) läuft mein Film Global Home im ZDF – Kleines Fernsehspiel. Ich freue mich wenn ihr einschaltet!
Auf der Suche nach einer unerwarteten Seite von Globalisierung, wurde mein Team und ich auf weite Reisen nach Mali, Japan, in die USA, die Türkei und in die Westbank geführt.
Letztes Jahr feierten wir Weltpremiere in Austin. Inzwischen lief der Film in Berlin, San Francisco, London, Warschau, München, Kairo – jetzt ist er endlich im Deutschen Fernsehen zu sehen!
Wer ihn dort verpasst, oder wem die Sendezeit zu spät, der kann noch eine Woche den Film online in der ZDF Mediathek anschauen.
Und wer ihn immer und immer wieder sehen möchte, oder seine Freunde damit beschenken möchte, der sollte eine schicke DVD bestellen – hier bei Good Movies!
Ich wünsche Euch viel Spaß beim Film und freue mich sehr über jedes Feedback!
Liebe Grüße,
Eure Eva

http://www.globalhome-themovie.com/index.php?id=1&spr=eng
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Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Und so will ich nur auf nächste Woche verweisen.
Am ersten Dienstag im Monat stellen wir wieder vier neue Bücher vor.
Die erste Seite“ mit Clemens Grote am Mikrophon.
Mit Erzählungen und einem Erinnerungsbuch aus New York, einem Gedankenspiel in Rom und einem noch größeren Fabulierwerk aus Pildau.
Um 19 Uhr geht’s los.

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Montag

So ging die gestrige Bundestagswahl aus.
Ergebnis
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Heute haben Geburtstag:
Theodor Körner * 1791
Sofja Tolstaja * 1862
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Theodor Kröner
Als sie eine Kornähre in der Hand …

Ein jeder Wunsch, den in des Herzens Räumen
Mit zartem Sinne zarte Herzen pflegen,
Blüht herrlich auf mit wunderbarem Segen,
Kann nimmer seines Lebens Tag versäumen.

Und so machst du in heitern Frühlingsträumen
Verborgne Kraft sich in den Pflanzen regen;
Zum zweiten Male sproßt sie dir entgegen,
Und neue Blüten lockst du aus den Keimen.

Und so auch wogt, hat mich dein Bild getroffen,
Ein heißes Sehnen tief in meinem Busen,
Und schneller, als die Blüten dir geblüht,

Erglüht mein Herz mit jugendlichem Hoffen;
Der Genius ergreift mich und die Musen,
Und deiner Anmut singt mein kühnes Lied.
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Buch

Diese Woche kommt Jagoda Marinic zu uns zum Lesen.
(Do.26.9., 19 Uhr)
Ich habe zwei Pressezitate, eine Rede, die sie im April hielt und ein Bericht über die Buchpräsentation in Stuttgart für Sie bereitgestellt. Die 20 Minuten lohnen sich anzuschauen.
Aus meinem Blogeintrag am Samstag entwickelte sich ein kleines Interview mit der Autorin, das noch fortgesetzt werden wird.

„Marinic ist mit diesem episodisch konstruierten Roman, der nostalgisch schwebt und irisiert, eine eindrucksvolle Suche nach verlorener Zeit gelungen.“
Stefan Dettlinger, Mannheimer Morgen, 11. September

„Es ist der doppelt gebrochene Blick einer Fremden, der dieses Buch so außergewöhnlich macht. Jagoda Marinic gibt in ihrem eindringlichen zweiten Roman einen lebensechten Einblick in das Leben und Selbstverständnis der unzähligen Einwandererfamilien, die nach dem Krieg in Deutschland ein besseres Leben suchten und die eigenen Wurzeln dabei verloren haben.“
Welf Grombacher, Neue Ruhr Zeitung, 18. September 2013

Jagoda Marinic hält einen Vortrag im Rahmen der 3. Nürnberger Integrationskonferenz am 20. April 2013. Die Konferenz stand unter dem Titel „einstimmig — mehrstimmig. Sprache und Verständigung in einer vielfältigen Gesellschaft“.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=pdXXceHQ-cY&desktop_uri=%2Fwatch%3Fv%3DpdXXceHQ-cY&app=desktop]

Nach der Buchpräsentation im Stuttgarter Literaturhaus, mit einführenden Worten von OB Fitz Kuhn, erschien am 12.9. ein Artikel über den Abend in der Stuttgarter Zeitung. Darin heisst es u.a.:
„Bei einem Aufenthalt in den USA lernte sie die Selbstverständlichkeit schätzen, mit der sich Migranten dort in Literatur und Leben behaupten. In Europa, wo jedem, wie es in ihrem Buch heißt, mit der Geburt tausend Jahre Geschichte in die Wiege gelegt werden, tut man sich da schwerer.“

Liebe Jagoda, ich habe auf unserem Jastramblog am vergangenen Samstag das neue Buch von Junot Díaz: „Und so verlierst du sie“ vorgestellt. Unter der Schicht der Beziehungsgeschichten, die ja immer schräg-witzig schiefgehen, steht doch sehr deutlich Díaz‘ Thema: Wo komme ich her, wie gelingt es mir, festen Boden unter den Füssen zu bekommen?
In der Stuttgarter Zeitung schreibst Du über Deine Erfahrungen in den USA. Nun ist das ja ein kleiner Zufall: Kennst Du das Buch von Díaz und können wir seine Geschichten auch auf Deutschland (und Dein Buch) übertragen?

Lieber Samy, ja, ich hab mich sehr gefreut, als ich sah, dass ihr seine Kurzgeschichten feiert. Denn Junot ist ein Autor, der Figuren zur Wort kommen lässt, die in der US-amerikanischen Literatur unterrepäsentiert waren. Er selbst beschreibt das simpel: „Noch vor 20 Jahren hätte ein Lektor ein Buch mit meinem Personal in den Mülleimer gehauen und gefragt: Wer will wissen, was die Putzfrau denkt?“ Doch die Putzfrau denkt. Und ihr Söhne und Töchter werden offensichtlich wie in Junots Fall mit Genie-Preisen ausgezeichnet. Das ist selbt in den USA neu, die Eroberung der Leser durch Bindestrich-Autoren. Und noch neuer ist es für Deutschland. Meine Generation ist nun so deutsch wie Junot Diaz US-amerikanisch ist, wir können neue, andere deutsche Geschichten erzählen – und dass ich meine erzähle verdanke ich auch Autoren wie Junot Diaz und seinen Büchern…
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Neue Bilder auf unserem Fotoblog.
Und eine öffentliche Bibliothek bei Herrenberg.

Samstag

Heute können wir H.G.Wells zum Geburtstag gratulieren (* 1866)
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Wer kennt es nicht, das Bad am Samstagabend, obwohl es das ja so nicht mehr gibt. Das mit dem Kesselanheizen, so dass man sich immer die Hände verbrannt hat. Hier bekommen Sie ein ganz spezielles Samstagabendbad. Viel Vergnügen.
Das Bad am Samstagabend.
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Mein Buchtipp rettet uns durch die kühlen und bald trüben Tage des kommenden Herbstes. Die Geschichten von Junot Díaz strahlen so voller Leben, Liebe und Sonne, dass ich es körperlich spürte.

Diaz

Junot Díaz: „Und so verlierst du sie
Aus dem Amerikanischen von Eva Kemper
S.Fischer Verlag € 16,99
als eBook € 14,99
als amerikanisches Taschenbuch € 9,99

Lily Oei
(Foto: Lily Oei)

Junot Díaz ist der Autor der Storysammlung „Abtauchen“ und des Romans „Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao“, für den er den Pulitzer-Preis erhielt. 2012 wurde Díaz das MacArthur „Genius“ Fellowship verliehen, das amerikanische Bürger mit besonderen Verdiensten großzügig unterstützt. Junot Díaz wurde 1968 in der Dominikanischen Republik geboren und kam als Kind in die USA – genau wie sein Alter Ego Yunior, der Erzähler all seiner Bücher.

Literaturpreise und Auszeichnungen
Pulitzer-Preis 2008
National Book Critics‘ Circle Award 2008
MacArthur Fellowship 2012 („Genius Award“, 500.000 Dollar verteilt über 5 Jahre für Amerikaner mit besonderen Verdiensten)

Wow! Das ist mal ne Auszeichnung und rettet einen locker über fünf Jahre.
Gut für uns, denn so kann Díaz sich Zeit nehmen und muss wirklich nur das veröffentlichen, was gelungen ist.
Und das ist ihm mit diesen Erzählungen passiert. Sehr gelungen. Sehr gut.
Mit vollem Tempo erzählt er von Yunior, der von einer Beziehung in die andere stolpert. Er will eigentlich gar nicht wechseln, aber es kommen ihm verschiedene Dinge in den Weg. Plötzlich will seine Herzdame nicht mehr und hat andere Dinge im Kopf. Mal meint er, sie will nicht mehr, weil er Puertoricaner ist und ihr Umfeld das nicht mehr akzeptieren will. Es ist ein andauernder Wechsel zwischen der Karibik und New Jersey. Ein Wechsel der Gefühle und auch ein Hinundher zwischen seinem Machogehabe und seiner zarten Liebe. „Es ist ein berührend witziges und bestürzend ehrliches Buch über das Dilemma zwischen Aufbruch und Ankommen – in der Liebe wie im Leben“, so schreibt es der Verlag. Diese neun Geschichten sind so voller Lust geschrieben, dass wir meinen, wir stehen neben Yunior und seinen Kumpels. Ja, er lebt immer im Umkreis dieser Jungs, die ihm aus dem Off, oder wie der Chor in der griechischen Tragödie, Tipps geben und versuchen ihn zu führen. Und wenn es mal wieder schief gegangen ist, hören wir von ihnen sofort: „Wam wir doch gleich gesagt!“.
„Ich bin kein schlechter Kerl. Das klingt wie eine Ausrede, irgendwie gewissenlos, ich weiß, aber es stimmt. Ich bin wie alle anderen: schwach, voller Fehler, aber im Grunde gut.“ So beginnt die erste Geschichte „Die Sonne, der Mond, die Sterne“. „Magdalena sieht das allerdings anders. Sie hält mich für einen typischen Dominikaner: ein sucio, ein Arschloch.“ Ist dann der zweite Satz und nun wissen wir, wo und wie es lang geht. Er möchte schon gerne, ist der liebenswerte Liebhaber, der halt nicht komplett aus seiner Haut kann und oft halt doch nur mit seinen Jungs rumhängen will. Wer kennt das nicht.
Die Geschichte „Nilda“ beginnt so:
„Nilda war die Freundin meines Bruders. So fangen diese Geschichten immer an.“ Und so sind wir gleich mitten drin in einer Beziehungsgeschichte. „Sie war Dominikanerin, von hier und hatte superlange Haare, wie die Mädchen aus der Pfingstgemeinde, und Brüste, die ihr nicht glauben würdet – ich rede hier von Weltklasse.“
Mehr gibt es nicht, das müssen schon selbst erleben.

Leseprobe

Auf den Videos sehen Sie Junot Díaz in einem Interview auf der New Yorker Buchmesse BEA 2012 und bei einer fast einstündigen Leseveranstaltung.

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Und wer noch nicht genug hat: Patti Smith hat auf der gleichen Buchmesse 2012 Neil Young interviewt, der gerade seine letzte Platte veröffentlicht hat und dessen Biografie etwas später erschienen ist.
Und jetzt kommt es: Ich war dabei und saß zwischen all den Zuhörern. Es war ein großartige Erlebnis.

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