Montag

Heute haben
Octavio Paz * 1914 (100.Geburtstag)
John Robert Fowles * 1926
Geburtstag
und es sind die Todestage von
John Donne (1631)
Charlotte Bronte (1855)
Christian Morgenstern (1914. 100.Todestag)
Egon Erwin Kisch (1948)
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Das ist doch das Schöne am Lesen von Romanen. Umso mehr man um sich herumsammelt (im Kopf, nicht unbedingt im Regal), umso mehr Verknüpfungen gibt es.
Am Samstag stellte ich Volker Weidermanns Buch „Ostende“ vor, in dem unter anderem Irmgard Keun (als Freundin von Joseph Roth) eine wichtige Rolle spielt. Ich habe mir dann sofort eines ihrer Bücher besorgt (s.u.), in dem dann eine Straße in Köln vorkommt, in der mein Sohn heute lebt. Nach dieser Lektüre kam gestern nachmittag Szczepan Twardoch: „Morphin“ dran, das im selben Jahr 1937 spielt, als Keuns Roman „Nach Mitternacht“ herauskam. Allerings spielt er in Polen, hat aber viele gleiche Themen. Nicht zu vergessen, dass unser Besteller im Laden („Der Trafikant“) auch um dieses Jahr herum in Wien spielt und den gleichen Hintergrund hat.
Dann ist heute der Todestag von Egon Erwin Kisch, der natürlich mit Zweig, Roth und Keun in Ostende sitzt und redet und trinkt.
Abends dann noch Ruth Ozekis neuen Roman: „Geschichte für einen Augenblick“ angefangen. Da taucht öfter der Name Marcel Proust und seine Suche nach der verlorenen Zeit auf, den ich gerade als Hörbuch höre und Ruth Ozekis Mann, der im Roman, genau wie sie selbst, auftaucht kommt aus Stuttgart. Beide leben aber auf einer kanadischen Insel.
Vielleicht alles etwas weit hergeholt, diese Bezüge; trotzdem lassen sie für mich ein besondere Nähe zu den Büchern entstehen.

Keun

Irmgard Keun: „Nach Mitternacht
List Taschenbuch € 9,99

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Was für ein Romananfang! Ich kannte bisher noch keine Zeile von Irmgard Keun, habe über den „Ostende“-Roman etwas über sie erfahren und danach noch über sie nachgelesen. Aber so einen Start hatte ich nun gar nicht erwartet.

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Der Roman spielt in Frankfurt und Köln zwischen den Jahren 1933 und 1935. Die Nazis kommen an die Macht und alle Menschen, die nicht in deren Denkweise passen, haben darunter schwer zu leiden. So auch die (am Anfang) 16jähre Sanne, die von zu Hause nach Köln zu ihrer Tante zieht. Von ihr soll sie monatlich Geld bekommen, das sie aber in kostenloses wohnen verwandelt. Zwei Jahre lang lebt sie bei der nazibegeisterten Tante und verlobt sich gegen Ende mit deren Sohn Franz. Das ist der Tante zu viel und sie verleumdet sie bei der Gestapo. Nach einer Nacht mit Verhören kommt Sanne wieder frei. Als Sanne und Franz gemeinsam einen Zigarettenladen eröffnen wollen und sie nach langem Sparen tatsächlich einen Raum plus Wohnung, plus Einrichtung und guten Verbindungen zu Händlern haben, kippt die Gesichte wiederum durch Denunziation. Was dann auch dem Roman den Titel gibt.
Das ist in Kurzform der inhaltliche Rahmen des schmalen Romans. Irmgard Keun hatte mit ihrem Roman „Das kunstseidene Mädchen“ als sehr junge Frau einen großen Erfolg und schildert in diesem Roman hier den Alltag im Nazideutschland. So direkt und frech, wie sie das schreibt, wundert es mich nicht, dass ihre Bücher verboten wurden und sie ins Exil gehen musste.

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Dieses Leben in den Kneipen, auf Parties, das Zusammenleben von Intellektuellen, die keine Anstellung mehr haben und statt bei der Tageszeitung als Redakteuer zu arbeiten, sich mit Singen zur Gitarre über Wasser halten, macht deutlich, auf welchem schmalen Grat diese Menschen damals gelebt haben. Immer im Hinterkopf, dass am Nachbartisch jemand sitzt, der plaudert. Auch das Miteinander mit jüdischen Freunden wird zur täglichen Gefahr. Aber Keun dreht den Spieß um und schreibt fast satirische Szenen, wie zum Beispiel mit dem „Stürmermann“, auf Grund der intensiven Lektüre des „Stürmers“ ganz wild auf Ahnenforschung ist und in der Kneipe eine Wünscherute auspackt, mit der er Juden erkennen kann. Nun sitzt neben Sanna tatsächlich ein Jude, dem es ganz anders wird. Sanne dreht die Schraube aber noch weiter, als der Stürmermann erklärt, dass er im Sternzeichen des Löwen geboren und dass das etwas ganz beonderes sei; sie erzählt nämlich, dass der Herr neben ihr auch im selben Sternzeichen geboren wurde. Es kommt also zu einer Verbüderung des dumpfen Nazis mit dem eingeschüchterten Juden und Keun pervertiert diese ganze Nazidenke innerhalb weniger Zeilen.

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Irmgard Keun zeigt in ihrer schnoddrigen Art zu schreiben, in ihrer leichten Art die ganze Grausamkeit des aufkeimden Nazideutschlands. Sie schreibt über den unmöglichen Widerstand des Einzelnen gegen das Regime, das große Unterstützung in der Bevölkerung hat.
Ein großes Lesevergnügen und eine wirkliche Bereicherung in meinem Lesekanon.
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Nicht vergessen:
Morgen, Dienstag um 19 Uhr stellen wir wieder vier Romane vor.
Es liest Clemens Grote.
Der Eintritt ist wie immer kostenlos.
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Neue Bücherbilder gibt es auf unseren folgenden Seiten zu sehen:
jastram.tumbl.com
und
wiebuecherleben.tumblr.com

Samstag

Heute haben
Ivan Goll * 1891
Ernst Jünger * 1895
Georg Klein * 1953
Geburtstag
und morgen
Paul Verlaine * 1844
Sean O’Casey * 1880
Jean Giono * 1895
und Uwe Timm * 1940
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Hugendubel schließt sein Flagschiff auf dem Marienplatz in München.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet darüber.
Irgendwie kein gutes Zeichen für die Buchhandelskette. Egal, was alles dahintersteckt.
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Mein Buchtipp für Ihr Wochenende:

Ostende

Volker Weidermann:Ostende
1936, Sommer der Freundschaft
Verlag Kiepenheuer & Witsch € 17,99
als eBook € 15,99

Volker Weidermann ist Literaturredakteur, Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und hat in den letzten Jahren interessante und erfolgreiche Bücher über Literatur und Literaten geschrieben. Zu Max Frischs Jahrestag erschien eine Biografie über den Autoren und die Jahre davor gab es die erfolgreichen Bücher zur deutschen Literatur „Das Buch der verbrannten Bücher“ und „Lichtjahre“. Jetzt liegt wieder eines seiner schmalen Bände vor und er nennt es „Ostende“ gefolgt von der Jahreszahl „1936“. Fast möchte man schon nachrechnen, was für ein Jubiläum dahintersteckt, wie bei Illies‘ „1913“, oder all den Bücher zum Jahre 1914, wie z.B. Jean Echenoz‘ „14“, das wir nächsten Dienstag in unserer Buchhandlung vorstellen werden. Weidermann bewegt sich in seinem neuen Werk genau in dieser Zeit zwischen den Weltkriegen, in einer Zeit, in der der Judenhass immer mehr aufflammte, in der Menschen schon ihr Hab und Gut zusammengerafft haben und ausgewandert sind. „Sommer der Freundschaft“ heisst es weiter im Untertitel und jetzt kommen wir der Sache schon näher. Stefan Zweig und Joseph Roth, deren Beziehung, deren Freundschaft steht hier nämlich im Mittelpunkt und wir sind mit diesen beiden jüdischen Autoren mitten drin in der deutschen, europäischen Politik. Weidermann schafft es wieder einmal, dass wir sofort nach ein paar Seiten gefesselt sind und dass wir unsere diversen Büchstapel wegschieben und nur noch Stefan Zweig und hauptsächlich Joseph Roth lesen wollen, Bei mir ging es soweit, dass ich mich auf Irmgard Keun gestürzt habe. Sie taucht nämlich auch im Kurort Ostende auf. Sie ist laut, frech und jung. Zwischen dem „alten“ Joseph Roth, der zu dieser Zeit schon schwerer Alkoholiker, mit allen körperlichen Gebrechen, die dazugehören, ist und der jungen Irmgard Keun funkt es. Beide sitzen zusammen, reden und lachen und trinken und trinken. Die Beschreibung dieser Nebenfigur im Ostende-Buch hat mich so fasziniert, dass ich sofort am PC nachgeschaut haben, was die Stadtbibliothek an Büchern von ihr vorrätig und ausleihbereit hat. Leider nicht das im Buch erwähnte „Um Mitternacht“, aber zwei, drei andere Bücher. Mein Buchwunsch sollte zwar im Regal stehen, die Bibliothekarin konnte es leider nicht finden. Einfach weg. Also habe ich es mir doch das Mitternach-Buch bestellt und warte, bis es im Buchladen eintrifft.
Aber zurück zu Zweig und Roth. Die beiden sehr unterschiedlichen Charaktere haben es dem Autoren sichtlich angetan und diese Liebe bringt er genial rüber. Stefan Zweig, dessen Bücher hohe Auflagen haben, der weltweit gelesen wird, der Geld und Immobilien hat, ist mit Sekretärin (Geliebte) und Lektor unterwegs. Joseph Roth hat kein Geld, seine Bücher verkaufen sich schlecht und er lebt wochenlang von den Zuwendungen seines Freundes Zweig. Erkannt wird Roth nur in seiner Galizischen Heimat. Dort nennen ihn alle einen großen Autoren. Doch davon kann er schlecht leben. Weidermann erzählt u.a., wie Zweig bei einer Erzählung keinen Schluss findet und wie Roth ihm einen liefert, den er verändert übernimmt. Die beiden waren sich sehr nahe, obwohl sie doch unterschiedlich in verschieden Variationen waren.
Die knappen 150 Seiten sind voll von Informationen rund um diesen Sommer. Rund um Ostende, das sich zufälligerweise als Treffpunkt einiger Literaten war und ein Glücksfall für den Autoren, der sie alle beieinander hat und darüber schreiben kann. Weidermann blickt zurück und aber auch weiter. Er erzählt vom Leben in Wien, dem weiteren Exilleben, bis hin zu Zweigs Reise nach Brasilien. Es tauchen in diesem Badeort eine ganze Reihe von Autoren auf, die ebenfalls auf der Flucht sind. Toller, Kisch sollen hier als Beispiel genannt werden. Ich gehe jede Wette ein, dass Sie nach der Lektüre von „Ostende“ vor Ihr Bücherregal stehen und schauen, was Sie von Zweig und Roth zu stehen haben. Bei mir war es (wie gesagt) die Keun, die es mir angetan hat.
Ein großes Lesevergüngen mit einem hohen Informationsgehalt.
Der Verlag wirbt, dass das Buch auf Platz 7 der Spiegel Bestellerliste / Sachbuch steht.

Lesprobe

Volker Weidermann erzählt auf dem blauen Sofa über sein Buch und die Ideen dahinter
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Nicht vergessen:
Nächsten Dienstag stellen wir wieder vier Bücher vor.
Die erste Seiteab 19 Uhr.
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Die Frage zum Wochenende:
Wie kann man bei Hörbüchern unterstreichen?

Haben Sie eine Lösung?

Freitag

Heute haben
Sophie Mereau * 1770
Maxim Gorki * 1868
Bohumil Hrabal * 1914
Marianne Fredriksson * 1927
Mario Vargas Llosa * 1936
Jürgen Lodemann * 1936
Tilmann Röhrig * 1945
Eric-Emmanuel Schmitt * 1960
Geburtstag
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Was war das für eine Überraschung, als ich gestern die Kochbücher, Kochheftchen aus dem Jaja-Verlag in Händen halten konnte, die wir zum ersten Mal in unserer Buchhandlung haben. Ich muss gestehen, der Jaja-Verlag sagte mir gar nichts, bis dieses Frühjahr die Vertreterin mich auf ihn aufmerksam machte. Hier eine sehr sehr kleine Auswahl des Verlagsprogrammes und eine kleine Auswahl der Bücher, die wir im Laden haben.

Juana Georgia Gürtler:Zuppa lecker
€ 26,00

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Sie merken schon: Es ist ein Künstlerbuch, das wir aber handfest benutzen können. Also nicht nur Dekoration, sondern wirklich Kochbuch.

Leseprobe
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Aus der kleinen, schmalen Reihe, stelle ich Ihnen diese hier vor.
Auflage 200 Stück. Hei, wo gibt es dnn so etwas. Da müssten wir mal bei Gräfe und Unzer nachfragen.
Also ich weiss schon, was ich in nächster Zeit verschenken werde. Die Illustrationen sind so grossartig, jeweils von einer anderen Künstlerin, von einem anderen Künstler; die Rezepte genauso, wie ich sie liebe.
Letzte Woche hatten wir ein Buch über gutes Essen vorgestellt (auch in der illustrierten Ausgabe) und jetzt kommen diese Rezepte dazu. Morgen ist Samstag und Markttag. Das heisst: Heute ein Indie-Jaja-Kochheftle kaufen und morgen auf den Markt für die Zutaten.

Johanna Zabojnik-Ihla: „einfach lecker essen
€ 5,00

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Marie Geißler: „Kochen wie fliegen
€ 5,00

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Wenn Sie auf die Seite des Jaja Verlages klicken,sehen Sie all die wunderbaren Bücher, die dort produziert werden. Auf der Startseite ist auch das Buch mit afrikanischen Märchen abgebildet („Im Schatten des Baobab“), das wir im Laden haben.
Auch zu sehen ist das Vorzeigeheftchen des Verlages, das auf der Leipziger Buchmesse verteilt worden ist. Andere Verlage nennen es Gesamtverzeichnis. Ha! hier heisst es ganz fein Vorzeigeheftchen„, das Sie hier durchblättern können.
Sie finden auf dieser ersten Seite auch die StichworteMachwerke„, „AutorenundKramsums„. Und natürlich dasJaja Blog
Es lohnt sich!!!
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Mein Italienisch Abreisskalender bringt heute eine Buchhandelsszene.
Dort werden u.a. Fantasie-Bücher dekoriert.
Bei uns finden Sie ein aktuelles, freches Christian Morgenstern-Fenster.

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Donnerstag

Heute haben
Heinrich Mann * 1871
Francis Ponge * 1899
Golo Mann * 1909
Hansjörg Schneider * 1938
Harry Rowohlt * 1945
Dubrava Ugresic * 1949
Patrick McCabe * 1955
Geburtstag
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Ozeki

Ruth Ozeki: „Geschichte für einen Augenblick
Verlag S.Fischer € 19,99

Gestern erschien das neue, hochgelobte Buch von Ruth Ozeki. Ich habe noch keine Zeile davon gelesen, weiss nur ein wenig über den Roman. Der Verlag schickte uns die folgende Rede der Autorin, die ich gerne mit ihnen teilen möchte.

Ruth Ozeki: Unabhängige Buchhandlungen als Schlüsselart

Dankesrede für die Auszeichnung mit dem Independent Booksellers Week Book Award 2013 in Großbritannien

Wann immer ich eine Stadt besuche, in der ich noch nie war, mache ich mich als Erstes auf die Suche: Ich suche nach unabhängigen Buchhandlungen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Gesundheit oder Lebendigkeit eines Viertels daran ablesen lässt, wie viele unabhängige Buchhandlungen es im Vergleich zu, sagen wir, Filialen von „The Gap“ gibt.

Unabhängige Buchhandlungen sind für das kulturelle Klima einer Stadt mehr als das, was in der Ökologie als Indikatorart oder Zeigerart bezeichnet wird, also eine Art, die Aufschluss über eine bestimmte Verfassung der Umwelt gibt. Sie sind vielmehr eine Schlüsselart, eine Spezies, die gemessen an ihrem Vorkommen einen überproportional großen Effekt auf ihre Umgebung hat. Wie ein Schlussstein in der Architektur, der einen Rundbogen erst ermöglicht, definiert sich eine Schlüsselart wie folgt: Wenn man sie entfernt, bricht die ganze Struktur zusammen.

Unabhängige Buchhandlungen sind die Schlüsselart unseres kulturellen Ökosystems. Wenn sie bedroht sind, geraten auch andere Arten in Gefahr. Wenn sie florieren, florieren wir alle. Glücklicherweise wissen wir das, irgendwie. Unabhängige Buchhändler sind ein anpassungs- und widerstandsfähiges Volk, Leser und Autoren sind loyal und stur, und alle miteinander befinden wir uns in einer starken Wechselbeziehung, in einer mutualistischen Symbiose, um bei der Biologie zu bleiben.

Meine Bücher sind nicht leicht zu beschreiben oder einzuordnen. Das wurde mir schon oft gesagt. Sie sind nicht glatt und geschmeidig, sie fallen zwischen die Genres und bringen damit unabsichtlich die Maschinerie des Massenmarketings ins Stottern. Bücher wie meine finden ihre Leser über Mund-zu-Mund-Propaganda und den persönlichen und geduldigen Einsatz, für den unabhängige Buchhändler so berühmt sind. Dafür bin ich dankbar.

Meine Dankbarkeit erstreckt sich aber auf mehr als meine eigenen Bücher, die ihre Leser finden. Bücher wie meine existieren in den Nischen und an den Rändern unseres kulturellen Ökosystems, und ohne unabhängige Buchhändler, die ihnen einen Platz im Regal einräumen, würden Bücher wie diese vermutlich sehr viel seltener geschrieben. Der Platz im Regal macht es überhaupt erst möglich, dass Bücher wie meine existieren, und diese Möglichkeit ist kein passiver, statischer Zustand, sondern aktiv und dynamisch, denn an jeder Möglichkeit entzündet sich eine neue, ein unendlicher, sich fortpflanzender Effekt, den der Autor Steven Johnson in Bezug auf Stuart Kauffman als das Nächstmögliche beschreibt. Ein wunderbares Konzept, „ein Schatten der Zukunft, der über die Ränder des gegenwärtigen Zustands der Dinge lugt, eine Karte all der Wege, auf denen sich die Gegenwart neu erfinden kann“, so Johnson. Als das Nächstmögliche – so entsteht Literatur.

So sehe ich also unabhängige Buchhandlungen – sie spielen eine Schlüsselrolle in einem lebendigen und sich entfaltenden kulturellen Ökosystem, das vor unendlichen Möglichkeiten nur so brummt. Aus diesem Grund bin ich so geehrt, dass Die Geschichte eines Augenblicks mit dem Preis der Unabhängigen Buchhändler in Großbritannien ausgezeichnet wurde.

Als kleiner Organismus in den unendlichen Weiten des kulturellen Ökosystems verdanke ich es den unabhängigen Buchhändlern, dass es mir möglich ist, zu schreiben und zu gedeihen. Im Namen von Autoren, Lesern und Verlegern in aller Welt danke ich Ihnen dafür, dass Sie unsere Möglichkeiten am Leben erhalten.

(aus dem Englischen von Britt Somann)
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Seit dieser Woche auf DVD:

Wadjda

Das Mädchen Wadjda
Regie: Haifaa Al-Masour
DVD € 12,99
Reservieren

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=d1ETAYu31yE]

 

Dass dieser Film überhaupt entstehen konnte, ist ein kleines Wunder. Und wie er enstanden ist, grenzt schon fast an Unwahrscheinlichkeit. Die Filmemacherin Haifaa Al Mansour bekam tatsächlich eine Drehgenehmigung von der Saudi-Arabischen Regierung. In einem Land, in dem es keine Kinos gibt, in dem Frauen nicht zu sehen und nicht zu hören sein sollen. In einem Land, in dem sich Frauen in der Öffentlichkeit oft komplett verhüllt bewegen. Und da schwebt ein grünes (!) Fahrrad durch die Luft und das Mädchen Wadjda kann an nichts mehr anderes denken. Nein, das Fahrrad fliegt natürlich nicht. Es ist auf ein Auto montiert und Wadjda sieht nur den oberen Teil. Der Traum vom eigenen Rad, der Traum vor Radeln setzt sich so sehr in ihr fest, dass sie mit allen Mitteln versucht, an Geld zu kommen. Sie arbeitet, sie nimmt am Koran-Vortrag-Wettbewerb teil und sie versucht immer wieder die Erwachsenen, ihre Eltern zu überzeugen, das sie dieses Fahrrad bekommt. Somit sind wir mitten in der Gesellschaft Saudi-Arabiens. Wir hören, was die Lehrerin ihren Schülerinnen immer wieder erzählt, vorträgt, befiehlt. Seid unsichtbar; Mädchen, die ihre Tage haben, nehmen den Koran nur mit einem Taschentuch in die Hand; fahrradfahrende Mädchen bekommen keine Kinder. Die Regisseurin Haifaa Al Mansour, die auch das Drehbuch geschrieben hat, bewegte sich wahrscheinlich auf einem sehr schmalen Grat. Einerseits hat sie Genehmigung des Staates bekommen. Anderseits musste sie wahnsinnig aufpassen, sich an die alltäglichen Gebote zu halten.
Ihre Schauspieler hat Haifaa Al Mansour zwar in Saudi-Arabien gefunden, produziert wurde der Film aber von den Deutschen Gerhard Meixner und Roman Paul, die zuvor schon „Paradise Now“ von Hany Abu-Assad und Ari Folmans „Waltz with Bashir“ herausbrachten. Auch das technische Team sowie der größte Teil des Geldes kamen aus Deutschland.
Entstanden ist ein eindrucksvoller Film, der sogar ein Happy End hat. Ein Film, in dem die Filmemacherin wohl das eine oder andere Zugeständnis an die Regierung machte (Koranzitate), aber tief in das Innere dieser Menschen schaut und uns zeigt, dass wir doch alle gleich sind und dass Kinderträume, die in anderen Ländern ganz leicht erfüllt werden können (Osterzeit – Kinderradzeit), in anderen ein großes Tabu sind.
Der Film hat keine Altersbeschränkung und ist ein wunderbarer Familienfilm für alle.

Mittwoch

Heute haben
Edward Bellamy * 1850
Robert Frost * 1874
Tennessee Williams * 1911
Gregory Corso * 1930
Erica Jong * 1942
Patrick Süskind * 1949
Ernst-Wilhelm Händler * 1953
Geburtstag
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Nächsten Dienstag, den 1.April gibt es wieder unsere „Erste Seite“.
Clemens Grote liest aus diesen vier neuen Romanen:

Echenoz_24500_MR1.inddHohlMorrisonWolkenbruch

Der Beginn ist wie immer pünktlich um 19 Uhr.
Der Eintritt ist kostenlos.
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Mozer

Tassilo Mozer:Gartenkunst & Künstlergärten
Ein Führer durch Umbrien, Latium und die Toskana
Land Art, Skulpturen-Parcours, Künstlergärten und historische Gartenkunst aus zwei Jahrtausenden im Herzen Italiens
Parthas Verlag € 38,00
470 Seiten, mit 350 farbigen Abbildungen und ausführlichem Serviceteil, Karten und GPS-Daten, Klappenbroschur

Was verbindet Niki de Saint-Phalle und Daniel Spoerri mit dem Renaissancefürsten Vicino Orsini und dem antiken Kaiser Hadrian? Sie alle haben in räumlicher Nähe zueinander einen Garten gestaltet.
Kenntnisreich und unterhaltsam zugleich beschreibt Tassilo Mozer in diesem umfangreichen Band neunzig herausragende Denkmale aus der Geschichte der Gartenkunst, von der römischen Antike über das Mittelalter bis in unsere heutige Zeit. Er beginnt jedoch zu Beginn mit einem geschichtlichen Gang durch die Gartenkunst Europas von den Hängenden Gärten, die römischen Garten und die des Islams, bis er im Barock endet und seinen ersten Garten vorstellt. Es ist der Pinocchio Garten in Collodi. (Nach dieser Stadt hat sich der Autor des Pinocchios umbenannt. Auch ne Möglichkeit. Und so zieht Tassilo Mozer weiter durch Umbrien, die Toskana und das Latium. Jeder Garten ist liebevoll besprochen, mit Fotos unterlegt und im Serviceteil gibt es exakte Hilfen, wie Telefonnummern, Öffnungszeiten, die Sprachen der Führungen und genaue GPS-Angaben.
Das Ganze ist nun kein großformatiger Bildband, sondern ein großartiger, handlicher, fadengehefteter Ziegelstein, den Sie jedoch sehr gut mit in den Italienurlaub mitnehmen können und jetzt schon richtig anmacht, beim nächsten Italienurlaub sich den einen oder anderen Garten anzuschauen.

Tassilo Mozer wurde 1963 in Ulm geboren. Nach einigen Semestern Kunstgeschichte, Italienisch und Soziologie in Heidelberg studierte er Kunst an den Akademien in Florenz und Bologna. 1992 schloss er mit dem Diplom in Bildhauerei an der Accademia di Belle Arti in Bologna ab. Seitdem arbeitete er als freier Künstler und führte kunstinteressierte Reisegruppen in der italienischen Renaissancemetropole Florenz zu bekannten und weniger bekannten Orten. Für seine Skulpturen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien, mehrfach stellte er in Galerien und Museen in Deutschland und Italien aus.

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Die Website von Tassilo Mozer

Am Sonntag, den 11.Mai findet im
Ulmer Stadthaus um 11 Uhr
die offizielle Buchpräsentation statt.
Herzlich willkommen.

Dienstag

Heute haben
Antonio Fogazzaro * 1842
(den kenne ich auch nicht, aber der Name ist so schön)
Jacques Audibert * 1899
(da geht es mir genauso)
Flannery O´Connor * 1925
Mohammed Choukri * 1935
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90 Jahre „Häschenschule“ und seit Jahren ohne Schlagstock.
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Manzel

Menschenskind
Dagmar Manzel singt Lieder von Friedrich Hollaender
Michael Abramovich am Klavier und musikalische Leitung
Orchester der Komischen Oper Berlin
Deutsche Grammophon € 19,99

Mit folgenden Liedern, u.a: Wenn ich mir was wünschen dürfte; Das Currendemädchen; Das Mädchen mit den Schwefelhölzern; The Ruins of Berlin; Drei Wünsche; Mädchen, warum weinest du; Wenn ick mal tot bin; Illusions; Die hysterische Ziege; Oh Mond; Circe; Wiegenlied an eine Mutter; Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre; Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt.

Friedrich Hollaender (1896-1976) ist einer der bedeutendsten Chanson-Komponisten der 20 und 30er Jahren. Nicht zuletzt durch seine beiden Chansons im Film „Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich („Ich bin von Kopf bis Fuß“ und „Ich bin die fesche Lola“) kam er zu Weltruhm.
Der Schauspielerin Dagmar Manzel gelingt es auf dieser Aufnahme nicht nur die lustige Seite zuzeigen, sondern auch die Trauer und den Verlust – den doppelten Boden, der in Hollaenders Lieder zu finden ist. So bleibt einem bei manchen Liedern fast die Luft weg, wenn sie ohne großes Drumherum, ihre Interpretation darbietet. Fast könnte man meinen, dass für diese Lieder keine Gesangsprofis die idealen Sängerinnen sind, sondern Seiteneinsteigerinnen, wie Dagmar Manzel.
Als Begleiter hat sie Michael Abramovich, der sie sowohl solo am Klavier begleitet, oder auch vom Piano aus das Orchester der Komischen Oper Berlin leitet. Mir gingen dann die Duo-Stücke noch mehr unter die Haut, da sie noch direkter erscheinen, als mit Orchesterbegleitung.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=RqKIfUIIbzA]
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Montag

Heute haben
C.F.D.Schubart * 1739
Fanny Lewald * 1811
William Morris * 1834
H.W.Longfellow * 1882
John Knittel * 1891
Dario Fo * 1926
Martin Walser * 1927
Peter Bichsel * 1935
Peter Waterhouse * 1956
Geburtstag
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Da es gestern bei uns nachmittags mehrfach irre Schneegestöber gab, passt das Gedicht von Longfellow:

Henry Wadsworth Longfellow
Snow-Flakes

Out of the cloud-folds of her garments shaken,
Over the woodlands brown and bare,
Over the harvest-fields forsaken,
Silent, and soft, and slow
Descends the snow.

Even as our cloudy fancies take
Suddenly shape in some divine expression,
Even as the troubled heart doth make
In the white countenance confession,
The troubled sky reveals
The grief it feels.

This is the poem of the air,
Slowly in silent syllables recorded;
This is the secret of despair,
Long in its cloudy bosom hoarded,
Now whispered and revealed
To wood and field.
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MoonbloomMoonbloom en

Edward Lewis Wallant:Mr Moonbloom

Aus dem Amerikanischen von Barbara Schaden
Berlin Taschenbuch € 9,99
Amerikanische Originalausgabe ca. € 14,00
als E-Book € 8,49
Mit einem Vorwort von Dave Eggers

Jede Woche klappert Norman Moonbloom die vier Mietshäuser in Manhattan ab, um die Miete von den Bewohnern zu kassieren. Moonbloom hat es in seinen über 30 Jahren zu nicht viel gebracht und sein Bruder, dem die Häuser gehören, hat ihm den Job verschafft. Er setzt ihn allerdings auch hier ordentlich unter Druck, lässt sich von Norman aber nicht überzeugen, dass er mehr in die Häuser investieren soll, da sie dringend Sanierungsbedarf haben. Er will von Norman nur den Scheck mit allen Mieten sehen. Norman klingelt sich durch die Mietwohnungen durch und bekommt zusätzlich zum Geld jede Menge Geschichte. Manchmal sind es auch nur Geschichten, die er bekommt. Er hört sich das Gejammer über defekte Wasserleitungen, kaputte Stromversorgung, verstopfte Toilettenspülungen und undichte Decken an. Die Aufzüge funktionieren nicht immer, Scheiben sind eingeworfen und Heizungen defekt. Wir sind im New York der 60er Jahre (1963 kam der Roman zuerst in den USA heraus) und die Adressen, die jetzt zu den teuersten der Stadt gehören, waren da noch heruntergekommene Ecken.
Da ist der 100-jährige Jude Karloff, der bis zur Besinnungslosigkeit Schnaps trinkt und seine Wohnung verkommenlässt, hier wohnen Hipster und Beatniks wie der Jazz-Trompeter Katz oder der homosexuelle Schriftsteller Paxton – aber auch der KZ-Überlebende Lublin, der die Hölle der Lager tief seinem Herzen mit in die Neue Welt getragen hat. Ihre Lebensgeschichten kennt Norman auswendig. Und trotzdem hört er immer wieder zu, setzt sich, trinkt Kaffee, Schnaps und isst mit ihnen. Nicht, dass er das unbedingt will, er wird genötigt dazu und kann sich dem oft nur durch eine panikartige Flucht entziehen. Er sieht, wie diese Menschen leben, die nicht viel besitzen und oft schwierige Biografien haben. Dass alles interessiert sein Bruder jedoch überhaupt nicht. So ist Norman auf seinen Hausmeister Gaylord angewiesen, der zumindest das Notwendigste repariert. Norman wird zum Archivar dieser Geschichten, dieser tragischen Schicksale und bietet immer wieder Hilfe an. Nicht nur für die defkte Wohnungen, sondern auch für die reparaturbedürftigen Seelen. Es passiert aber auch einmal, dass er von einer Mieterin verführt wird, während nebenan der alte Vater schnarcht.
Norman sagt einmal, dass er nicht Norman ist. Es auch nie war. Er ist nicht zufrieden mit sich und mit seinem Job und rafft sich auf, diesen Menschen zu helfen und vielleicht auch seine Seele zu retten. Mit seinen Ersparnissen, Gaylord und einem weiteren Bekannten zieht er los und nimmt sich der Wohnungen an.
Ein Roman mit vielen wilden Geschichten, irren Typen und einem unsichtbaren Menschen, der zum Helden für die Mieter wird.
Dave Eggers, der selbst Schriftsteller und unabhängiger, politisch engagierter Verleger ist, hat ein Vorwort zu dieser Neuausgabe geschrieben. Gut, dieses vor der Lektüre zu lesen. Sie stimmt ein und lässt uns eintauchen in die Atmosphäre der Geschichte.

Hier geht es zur Leseprobe und sie finden eine kurze Biografie über den Autoren, der damals zu den größten Hoffnungen der USA galt, jedoch sehr jung starb und hier völlig unbekannt ist.
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Ein paar Fotos von Indiebookday am Samstag finden Sie auf unserem Fotoblog.

Samstag

Gestern war der Welttag der Poesie und ich habe das erst nachmittags von einer Kundin erfahren. Passend und unwissend dazu haben wir einen Tag zuvor ein
Lyrikfenster dekoriert.
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Heute ist es so weit.
Eine Liste der unabhängigen Verlage gab es gestern auf dem Blog.

Sogar das Fernsehen zieht mit:
Sat1 bringt zur besten Sendezeit: „Independence Day“
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Heute haben
Albrecht Goes * 1908
Gabrielle Roy * 1909
Michael Hamburger * 1924
Wolfgang Bächler * 1925
Eveline Hasler * 1933
Erik Orsenna * 1947
Geburtstag
und es ist Goethes Todestag (+ 1832)
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J.W.v.Goethe
Frühling über’s Jahr

Das Beet schon lockert
Sich’s in die Höh‘
Da wanken Glöckchen
So weiß wie Schnee;
Safran entfaltet
Gewaltg’e Glut,
Smaragden keimt es
Und keimt wie Glut.
Primeln stolzieren
So naseweis,
Schalkhafte Veilchen
Versteckt mit Fleiß;
Was auch noch alles
Da regt und webt,
Genug, der Frühling
Er wirkt und lebt.
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Unser Buchtipp bevor Sie für’s Wochenende einkaufen:

Kalman

Michael Pollan: „Essen Sie nichts, was Ihre Großmutter nicht
als Essen erkannt hätte

Goldene Regeln für gute Ernährung
Mit vielen Illustrationen von Maira Kalman
Aus dem Englischen von Rita Höner
Kunstmann Verlag € 18,00

Essen ist heutzutage zu einer komplizierten Angelegenheit gewordenschreibt Michael Pollan als ersten Satz in seinem Vorwort zur Originalausgabe 2009. Ja das stimmt. Etwas später kam das Buch unter dem deutschen Titel: „64 Grundregeln Essen“ heraus und jetzt neu mit Illustrationen von Maira Kalman. Kalmans Bilder kennen wir von dem genialen Jugendbuch: „43 Gründe, warum es AUS ist“ im Hanser Verlag. Sie hatte in der MoMA eine eigene Ausstellung bekommen und zählt zu den ganz großen Namen im Kunstgeschäft. Aber nun wieder zurück zum Buch, das ich eigentlich schon ganz lange hier vorstellen wollte, weil es einzigartig gut und schön ist. Handlich und informativ sowieso.
Essen Sie nur Lebensmittel, die verderben können. Meiden Sie Nahrungsmittel, für die im Fernsehen geworben wird. Essen Sie Tiere, die selbst gut gegessen haben. Trinken Sie das Spinatwasser mit. Meiden Sie Nahrungsprodukte mit Zutaten, die ein Drittklässler nicht aussprechen kann. Essen Sie möglichst vieles, was wild wächst und lebt. Essen Sie möglichst nicht allein.
Solche Sätze hat Pollan seinen einzelnen Kapiteln vorneweggesetzt und führt uns damit durch seine Sicht für ein gesundes Leben, für eine gesunde Art, sich zu ernähren; auch mit dem Hintergedanken, woher denn unser Essen kommt. Auch das schöne Wort Lebens-Mittel, statt Lebensmittel ist passend für seine Aussagen und er findet insgesamt drei Sätze, die für ihn einen festen Boden unter den Füssen bedeuten.
Essen Sie Lebens-Mittel.
Nicht zu viel.
Und vorwiegend Pflanzen.
Polland ist nun aber keiner dieser Spaßverderber, sondern er liebt das Essen und Trinken. Gerade in gemeinschaft. Und halt gerade nicht allein auf der Straße. Wir können uns einen Blumenstrauß auf den Tisch stellen und schon schmeckt das Essen besser. Und dass ein Essen mit Freunden eh lustiger ist, als allein vor der Glotze, ist jedem klar.
Essen Sie nur Lebensmittel, die verderben können.
Was für ein Satz! Aber vielleicht gar nicht so abwegig, wenn wir schauen, wie lange Essen in Packungen halten können. Somit sind wir natürlich gleich beim nächsten Schritt und genießen den Einkauf auf dem Markt, dem einem oder anderen Schwätzle und lustigem Hinundher.
Polland schreibt auch, dass wir nun nicht alle seine Punkte abhaken sollen. Nein, genau das nicht. Aber Sie können sich von seinen Thesen (die er jeweils in seinen Kapiteln genauer ausführt und wissenschaftklich belegt) inspirieren lassen und vielleicht passt die eine oder andere Regel auch für Sie.
Lieben Sie ihre Gewürze finde ich auch schön und natürlich am Ende: Brechen Sie immer wieder Regeln.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit der Leseprobe, beim Schmökern in der Buchhandlung. Morgen ist Indiebookday und die passende Gelegenheit, sich dieses Buch zu kaufen.

Leseprobe

Michael Pollan, 1955 auf Long Island geboren, ist preisgekrönter Journalist, Aktivist und Autor mehrerer Bücher zum Thema Ernährung, u.a. »Lebens-Mittel« und zuletzt »Das Omnivoren-Dilemma«, auf dem der erfolgreiche Dokumentarfilm »Food Inc.« basiert. Pollan ist einer der Vorreiter der kritischen Auseinandersetzung mit der Nahrungsmittelindustrie und unterrichtet als Professor für Wissenschafts- und Umweltjournalismus an der University of California in Berkeley. Mehr auf www.michaelpollan.com

Maira Kalman, 1949 in Tel Aviv geboren und mit vier Jahren nach New York übersiedelt, ist eine der bekanntesten und besten Illustratorinnen Amerikas. Sie ist Autorin und Illustratorin zahlreicher Bücher für Kinder und Erwachsene. Mehr auf www.mairakalman.com

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Freitag

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Heute haben
Jean Paul * 1763
Peter Hacks * 1928
Hubert Fichte * 1935
Michael Dibin * 1947
Andrea Maria Schenkel * 1962
Geburtstag
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Jean Paul
Still blickt der Himmel…

Still blickt der Himmel
mit all seinen Sternen
auf das Gewühl der Menschen
auf Erden herab.
So ruhig überschaut
dasselbe der Mensch,
der sich an Gott hält,
und seine Ruhe, seine Weisheit
und seine Stärke
vom Himmel schöpft.
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Bibliomania

Steven Gilbar: „Bibliomania
Es lebe das Buch!
Dörlemann Verlag € 16,00

„Ohne Bücher würde ich rasend bekloppt!“ Martha Gellhorn
„Ich auch!“ Samy Wiltschek

Endlich gibt es dieses Büchle als Neuauflage. 2005 auf englisch erschienen und 2006 auf deutsch, mussten wir einige Jahre ohne es auskommen. Wir fragen uns natürlich, wie haben wir das geschafft? Na, ganz einfach, wir haben tüchtig gelesen und uns nichts aus Tabellen gemacht.
Aber gerade davon hat es bei Steven Gilbars Zusammenstellung jede Menge.

24 SchriftstellerInnen die auf dem Firedhof Père Lachaise in Paris beerdigt sind
25 SchriftstellerInnen, die Selbstmord begangen haben
24 Figuren in Romanen von Karl May
Die PreisträgerInnen des Ingeborg-Bachmann-Preises
Ganz wichtig vor der Lektüre von Anna Karenina:
Eine Liste mit russischen Kosenamen
10 SchriftstellerInnen, die vor ihrem 30.Geburtstag gestorben sind
Das größte Buch, das kleinste Buch der Welt
Der längste Roman (Ha!, da bin ich gerade dran)
13 Romanschlüsse
und jede Menge Zitate.

So zum Beispiel dieses:
„Jeder denkt, ich sei total verrückt nach Sex. In Wahrheit lese ich viel lieber ein gutes Buch.“
Madonna

Das kommt einem wie diese verdrehten Zitate von Marc-Uwe Kling aus seiner Känguru-Trilogie vor.
Das Buch lebt. Mit dem Einzug von eBooks glaubte man an das Ende des traditionellen Buches, doch das Gegenteil ist der Fall, die klassische Buchkunst erlebt eine Renaissance. Leinen und Lesebändchen feiern ihr Comeback. Schmutztitel, Nackenbeißer, Hurenkinder – neben Einträgen zum Jägerlatein der Buchdruckerkunst, zur Erfindung des Papiers oder zu den „Zwanzig Methoden, eine Bibliothek zu ordnen“ (Geht alles nicht. S.W.), finden sich hier die wissenswertesten Informationen rund ums Buch. Ein Muss für jede leidenschaftliche Leserin, jeden buchbegeisterten Leser!
Oder um es mit Loriot zu sagen: „Ein Leben ohne dieses Büchle ist möglich, aber sinnlos.“

Leseprobe

Und da der Dörlemann Verlag auch ein Unabhängiger ist, können Sie sich am Indiebookday eines davon kaufen.
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literatourismus.net hat einen tollen Text über den Indiebookday geschrieben, den ich Ihnen nicht vorenthalten will. Auf Ihrer Blogseite finden Sie den kompletten Text mit allen Links und Bildern. Ein Besuch dort lohnt sich.
Vielen Dank, dass ich den Text übernehmen durfte. Und gerade als ich den Text auf mein Blog übertrage, kommt eine Kundin rein: „Ich möchte gerne ein Indiebook kaufen!“ Grossartig.

Am Samstag ist es endlich soweit. Der Indiebookday geht in die zweite Runde. Vom mairisch Verlag ins Leben gerufen, ist er ein Fest für das unabhängige Verlegen, für Mut, Einfallsreichtum und die kleine Prise Verrücktheit, die notwendig ist, um ein bisschen von ausgetretenen Pfaden abzuweichen. Nun fragt sich mancher, der vom Indiebookday bisher nichts gehört hat, mutmaßlich so einiges, wenn er davon liest. Was ist das? Ist das irgendein schrulliger Gedenktag? Wie kann ich mitmachen? Was bringt mir das dann?

Was ist der Indiebookday?

An einem Tag im Jahr, dem 22.März, sind alle Bibliophilen, alle Leser und Freunde des geschriebenen Wortes herzlich eingeladen, ihre örtlichen Buchhandlungen zu stürmen, um ein Buch aus einem unabhängigen und kleinen Verlag zu kaufen. Genre und Preis sind ganz egal, Hauptsache, der Verlag gehört nicht zu einem großen Zusammenschluss (wie z.B. Randomhouse) und arbeitet unabhängig.

Was ist ein Indie-Verlag?

Die Kurt-Wolff-Stiftung hat eine Reihe von Kriterien dafür herausgegeben, was ein Indie-Verlag ist (konzernunabhängig, mit einem regelmäßig erscheinenden Programm, einer Website usw.), für den, der am Samstag ein Buch kaufen möchte, sind aber vermutlich die konkreten Verlage interessanter. Hier gibt es eine tolle Zusammenstellung von Indie-Verlagen, von denen ihr sicher den einen oder anderen auch in eurer Buchhandlung findet!

Ich habe ein Buch gekauft – was jetzt?

Nun sind natürlich alle anderen unglaublich neugierig darauf, für welche Bücher ihr euch entschieden habt! Teil des Indiebookdays ist auch das Verbreiten in Sozialen Netzwerken wie Facebook (z.B. direkt hier bei der Veranstaltung), Twitter und Google +. Wer einen eigenen Blog hat, kann natürlich auch dort seine Errungenschaft präsentieren. Wichtig nur: Lasst andere teilhaben, die mit ebenso viel Begeisterung dabei sind wie ihr!

In erster Linie Lese – und Entdeckerfreude! Darüber hinaus ist es aber eine tolle Möglichkeit, auf kleine Verlage aufmerksam zu werden – und in der Folge andere darauf aufmerksam zu machen. Oft genug wird das uniforme Angebot in Buchhandlungen beklagt, überall fänden sich dieselben Autoren und Verlage versammelt. Das muss nicht so sein! Wir können alle mit der Teilnahme ein bisschen dazu beitragen, an diesem Indiebookday die Kleinen etwas mehr in den Fokus zu rücken. Auf dass sie auch außerhalb dieses Tages etwas mehr Beachtung finden.

Ganz aktuelle Infos und Verlagsliste.

Donnerstag

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Heute haben
Ovid * 43 v.Chr.
Friedrich Hölderlich * 1770
Henrik Ibsen * 1828
Ralph Giordano * 1923
David Malouf * 1934
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Friedrich Hölderlin
An die Nachtigall

Dir flüsterts leise – Nachtigall! dir allein,
Dir, süße Tränenweckerin! sagt es nur
Die Saite. – Stellas wehmutsvoller
Seufzer – er raubte mein Herz – dein Kehlchen –

Es klagte – o! es klagte – wie Stella ists.
Starr sah ich hin beim Seufzer, wie, als dein Lied
Am liebevollsten schlug, am schönsten
Aus der melodischen Kehle strömte.

Dann sah ich auf, sah bebend, ob Stellas Blick
Mir lächle – ach! ich suche dich, Nachtigall!
Und du verbirgst dich. – Wem, o Stella!
Seufztest du? Sangest du mir, du süße?

Doch nein! doch nein! ich will es ja nicht, dein Lied,
Von ferne will ich lauschen – o! singe dann!
Die Seele schläft – und plötzlich schlägt die
Brust mir empor zum erhabnen Lorbeer.

O Stella! sag es! sag es! – ich bebe nicht! –
Es tötete die Wonne, geliebt zu sein,
Den Schwärmer. – Aber tränend will ich
Deinen beglückten Geliebten segnen.
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Port

Moni Port:Es gibt keine Kinder!
Klett Kinderbuchverlag € 11,95
Bilderbuch mit dicker Pappe für die ganz Kleinen

Wie? Es gibt keine Kinder? Und dann noch eine Gute-Nacht-Geschichte! Was hat sich den Moni Port dabei gedacht. Nach dem grünen „Das mutige Buch“ mit einem schwarzen Monster vorne drauf, gibt es jetzt ein knallrotes mit gleich zwei auf dem Titelblatt. Es sieht so aus wie Mama- und Kind-Monster, die sich mit großen Augen anschauen.
Moni Port dreht einfach mal die Situation um und lässt nicht die kleinen Menschenkinder Angst vor Monstern haben, sondern das kleine Monsterkind hat Angst vor Menschenkinder haben. Aber die gibt es doch nicht, sagt die Monstermama. Du brauchst dich im Dunkeln nicht zu fürchten. Ja, das ist ja nicht das Problem, aber wenn es hell wird, dann kommen doch die Kinder! Irgendwie kennen wir diese Ängste, aber halt nur anders rum.
Als die Mama erschöpft schläft, nimmt das kleine Monster all seinen Mut zusammen und krabbelt noch mal aus dem Bett, um sich umzusehen. Und tatsächlich …. keine Kinder.
Und kaum sind die Monster eingeschlafen, wacht das Menschenkind auf, spielt und macht Unordnung in seinem Kinderzimmer und hat abends natürlich Angst vor den Monstern.
Herrlich! Endlich gibt es für kleine Monster ein Buch, das ihre Angst vor Kindern wirklich ernst nimmt und ihnen Mut macht, dieser Angst zu begegnen.
Die Frage lautet aber immer noch: Gibt es Monster wirklich?
Das ist dann so ne ähnliche Frage, die mich sehr beschäftigt: Was machen die Bücher in der Buchhandlung, wenn wir die Läden zu und das Licht aus haben? Unterhalten sie sich, treiben sie Unfug? Kommt es zu großen Wortwechseln zwischen den einzelnen Literaturgattungen? Das interessiert mich brennend.

Leseprobe, die sich lohnt.
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Gestern abend stellte Christoph Öhm (nicht Herr Schätzing) seinen neuen historischen Thriller vor und beeendete die Lesung an der spannendsten Stelle, wie es sich für einen Krimi gehört.
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