Skizzenspaziergang am Schlesischen Tor im Rahmen des Gallery Weekends am Samstag.
https://surrey-skizzenblog.blogspot.de/2018/04/sonntagsskizzen-072018-oberbaumbruecke.html
Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm
Unser virtuelles Schaufenster
Skizzenspaziergang am Schlesischen Tor im Rahmen des Gallery Weekends am Samstag.
https://surrey-skizzenblog.blogspot.de/2018/04/sonntagsskizzen-072018-oberbaumbruecke.html
Heute haben
Arnold Höllriegel * 1883
Cecil Day Lewis * 1904
Zhang Jie * 1937
Aminata Sow Fall * 1941
Geburtstag
______________________________
Heute vor einem Jahr
_______________________________
Börries von Münchhausen
Weißer Flieder
Naß war der Tag – die schwarzen Schnecken krochen -,
Doch als die Nacht schlich durch die Gärten her,
Da war der weiße Flieder aufgebrochen,
Und über alle Mauern hing er schwer.
Und über alle Mauern tropften leise
Von bleichen Trauben Tropfen groß und klar,
Und war ein Duften rings, durch das die Weise
Der Nachtigall wie Gold geflochten war.
_________________________
Joan Didion: „Süden und Westen„
Notizen
Aus dem Amerikanischen von Antje Rávic Strubel
Ullstein Verlag € 18,00
Joan Didion, geboren 1934 in Sacramento, entscheidet sich schon früh für das Schreiben. Bereits als Kind bringt sie kurze Geschichten zu Papier. Nach ihrem Abschluss am Berkeley College reicht sie für einen Wettbewerb der Vogue eine Geschichte ein und gewinnt eine Stelle in deren New Yorker Redaktion. Sie schreibt Reportagen und Essays für die Rolling Stones und The New Yorker . Berühmt geworden ist sie durch „The White Album“, in dem sie ihre sehr persönliche und kritische Sicht auf die Hippie Ära mit einer präzisen Analyse zur amerikanischen Politik und Kultur dieser Zeit verbindet.
Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes John Gregory Dunne setzt sie sich mit ihrer Trauer über diesen Verlust in „The Year of Magical Thinking“ auseinander, ebenso in „Blue Nights“ nur wenige Jahre nach dem Unfalltod ihrer Adoptivtochter Quintana. Für „The Year of Magical Thinking“ erhielt sie 2005 den National Book Award. Trauerbewältigung in der Literatur? Ein absolutes Novum.
In dem vorliegenden Buch „Süden und Westen“, trifft einen die Präzision und Eleganz ihres Stils sofort mit voller Wucht. Grundlage dieses Textes, im Original in New York erschienen, ist eine mehrere Monate andauernde Reise im Jahr 1970, gemeinsam mit ihrem Mann, in die Südstaaten Amerikas, Ausgangspunkt ist New Orleans.
Für Didion, im Hinterkopf die vage Idee über diese Zeit zu schreiben, ist es eine Reise in ein unbekanntes Land. Sie erzählt von Waschsalons, Motels, Hitze, Trailer Parks, Schmutz und ländlichen Lady Brunches, von ihren Begegnungen mit den Menschen dort, meist eher zufällig. Ihre Beobachtungen sind treffsicher, elegant und humorvoll.
Dieses Amerika hat nichts mit der Hippieszene Kaliforniens oder mit der Kulturschickeria New Yorks gemein.
„In New Orleans ist die Luft im Juni schwer von Sex und Tod, kein brutaler Tod, aber der Tod durch Verfall, Überreife, Verrotten, der Tod durch Ertrinken, Ersticken, Fieber unbekannter Herkunft.“
Fünfzig Jahre nach Entstehung dieser Notizen, schärft sie unseren Blick auf ein Amerika, das bis heute von Rassismus, Gewalt und Armut geprägt ist. Nicht erst seit der Wahl Trumps zum amerikanischen Präsidenten befassen wir uns immer wieder mit dieser Seite der USA, in dem verzweifelten Versuch dieses Land zu verstehen.
Mit den Reisenotizen Joan Didions fühlen und sehen wir mit den Augen einer meisterlichen, hoch intelligenten und emphatischen Autorin einen Teil Amerikas, der immer noch wirkt, bis heute.
Heute haben
Ludwig Uhland * 1787
Arno Holz * 1863
Carl Einstein * 1885
Ludwig Wittgenstein * 1889
Bernard Malamud * 1914
Geburtstag
______________________
Heute vor einem Jahr:
_______________________
Ludwig Uhland
Lob des Frühlings
Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!
Wenn ich solche Worte singe,
Braucht es dann noch große Dinge,
Dich zu preisen, Frühlingstag!
_______________________
Das Bild des Monats von Albert Cüppers.
„Steinbruch und Blaufeld“
Das Bild hängt bei uns in der Buchhandlung.
Heute haben
Claude Mariac * 1914
Albert Uderzo * 1927
Elfriede Czurda * 1946
Geburtstag
________________________
Auf dem Harenberg Gedichtekalender 2018:
Friedrich von Logau
Menschliches Elend
Alsbald ein neues Kind
die erste Luft empfindt,
so hebt es an zu weinen;
die Sonne muß ihm scheinen
den viermal zehnten Tag,
eh‘ als es lachen mag.
O Welt, bei deinen Sachen
ist Weinen mehr als Lachen.
_________________________
Siri Matthey: „Bis nächste Woche dann …„
Unterwegs zuhause
Ein Buch über das Pendeln
Verlag Hermann Schmidt € 20,00
Wir haben wieder einen neuen Schwung der schönen Bücher aus dem Verlag Hermann Schmidt im Laden. Passend zum gestrigen Buch über den Tourismus, geht es hier ums Pendeln. Aber eigentlich ums Unterwegssein. Koffer packen und los. Wir kennen ja alle die Ansagen der Bahn, die nicht funktionierenden Automaten und die vollen Abteile.
Siri Matthey ist eine von den jungen Leuten, die ein Auslandssemester in Århus, ein Praktikum in Lissabon, ein Semesterprojekt in Prag, den Studienplatz in Leipzig, ein Freelancejob in Berlin und ein Coworking-Projekt in Barcelona haben. Nie zuvor waren Menschen so viel unterwegs. Und nie zuvor war Unterwegssein so selbstverständlich. Das Macbook immer griffbereit, wird Reise- zu Arbeitszeit. Das Urban Equipment besteht aus WLAN und Wasserflasche, Rucksack und Rollenkoffer, Ladekabel und Lektüre. Willkommen und Abschied begleiten den Alltag selbstverständlich. Bahncard und Bonusmeilen werden zu Möglichmachern eines Lebenskonzeptes.
Und jetzt haben wir das passende Buch zum Thema.
Schön gebunden im Stile eines Notizbuches. Mit dem Vorteil, dass unsere Bemerkungen schon drin stehen, besser gesagt hineingezeichnet worden sind.
Das schreibt der Verlag dazu:
Ein Buch über das Unterwegssein muss robust sein und in Rollenkoffer oder Rucksack seinen Platz finden. Deshalb entschieden wir uns für ein handliches Format. Klein genug, um wenig Platz wegzunehmen, groß genug, um die subtilen Details der Illustrationen zur Geltung kommen zu lassen. Wir gönnten dem handschmeichelnden Büchlein einen lederartigen Überzug aus Fiscatech Agenda Winner, Fadenheftung und Folienprägung. Silber sollte sie werden, die Prägefolie aber hielt nicht. Inzwischen gefällt uns weiß fast besser.
Heute haben
Karl Leberecht Immermann * 1796
Anthony Trollope * 1815
Sue Grafton * 1940
Geburtstag
_______________________
Karl Leberecht Immermann
Bei trübem Wetter
Sie sprach zu mir in dieser Tage Grauen,
Wo alle Wolkenschläuche niederregnen:
Wenn Sonne scheinet, will ich dir begegnen
An unsrem Haag, auf unsrere Blumen-Auen.
So laß, o schöne Sonne, laß dich schauen!
Blick‘ neubelebt aus deinem Leichentuche,
Und mach‘, entlastet von dem nassen Fluche,
Den Himmel reingewaschen wieder blauen.
Belohnt wird, ich versprech’s, dir deine Güte.
Willst du dich meinen Wünschen gnädig neigen,
Soll sich das Schönste deinen Augen zeigen.
Glaubst du etwa, es prahle mein Gemüte?
Das Liebchen kommt, wenn unsre Sonne strahlet;
Nun güldnes Tages-Aug‘, hab‘ ich geprahlet?
________________________
Unser Tipp für alle Verreisende und die Daheimgebliebenen:
Marco d’Eramo: „Die Welt im Selfie„
Eine Besichtigung des touristischen Zeitalters
Aus dem Italienischen von Martina Kempter
Suhrkamp Verlag € 26,00
Ostern ist vorbei, Pfingsten steht vor der Türe und die Sommerferien gibt es ja auch noch. Diese freien Tage und Wochen werden oft zum Verreisen, zum Urlaubmachen benutzt. Die Sehnsucht nach der Ferne, nach Neuem (Altem) steckt in uns. Marco d’Eramo schreibt in seinem Buch, dass die Tourismusindustrie, wenn wir alle Komponenten zusammenzählen, zur größten weltweit gehört. Die Touristenzahlen schnellen in die Höhe, die Welt wird immer kleiner. Letztes Jahr war es noch Myamar, dieses Jahr ist es Georgien. Städte, Landschaften, Inseln haben sich in den letzten Jahren komplett verändert.
Aber wie ist es dazu gekommen? Wie waren die Anfänge des Tourismus? Warum waren Bootsfahrten in den Pariser Kloaken so beliebt und was macht das Label Unesco Kulturerbe mit einem, Gebäude, mit einer Stadt?
Humorvoll und mit vielen Belegen startet d’Eramo sein Buch, zitiert, Enzensberger und Mark Twain, bis er bei Marx und Roland Barthes und Walter Benjamin landet.
Ein umfassendes Werk zu diesem Thema, das uns alle betrifft, das viele Dinge näher beleuchtet und bei dem wir uns immer wieder an die eigene Nase fassen.
Die Espresso Lounge in Kreuzberg.
Momentaufnahmen im Café.
Lesende… in Zeitung, Buch und Laptop.
Mehr von Detlef Surreys Skizzenblog: surrey-skizzenblog.blogspot.de
Heute haben
Pietro Aretino * 1492
Herman Bang * 1857
Arto Paasilinna * 1942
Geburtstag
___________________________
Dieses Bild haben wir am 20.April 2017 gepostet.
___________________________
Wilhelm Müller
Venus am Himmel
Tritt an’s Fenster, meine Liebe, sieh den hellen Himmel an,
Wie der Mond, der keusche Freier, mit der Venus scherzen kann,
Wie sie sich so nahe rücken, und die kleinen Sterne sehn
Lüstern nach dem schönen Paare und vergessen fort zu gehn.
Tritt an’s Fenster, meine Liebe, neige nieder dich, mein Stern!
Venus herrscht am Himmel heute, und die Erde folgt ihm gern.
____________________________
Susanne Martin vom Schillerbuch-Blog empfiehlt:
Arno Geiger: „Unter der Drachenwand„
Hörbuch Hamburg, 11 CDs, € 26,00
Auf den neuen Roman von Arno Geiger war ich gespannt, denn „Der letzte König in seinem Exil“ war ein Buch von ihm, das mir sehr gut gefallen hatte!
Daß das neue Buch ganz anders sein würde, war mir klar und ich hatte es auch schon gehört. Trotzdem war ich überrascht, daß es mir ziemlich schwer gefallen ist, mich in den Roman einzufinden. Die ganz hervorragenden Sprecher hielten mich jedoch bei der Stange und irgendwann wollte ich dann auch wissen, wie es weitergeht.
Doch erst einmal kurz zum Inhalt: Veit Kolbe (gelesen von Torben Kessler) ist 24 Jahre alt und Soldat in Russland. 1944 wird er an der Front schwer verletzt und verbringt einige Monate am Mondsee, um sich von den körperlichen und seelischen Verletzungen zu erholen. In seinem Quartier lebt eine Frau, die er zu Beginn nur „die Darmstädterin“ nennt. Sie ist verheiratet mit einem Soldaten aus Linz und hat eine kleine Tochter. Am Mondsee gibt es das Kinderheim „Schwarzindien“, in dem Mädchen aus Wien leben, die hierher in die Sicherheit des Landlebens geschickt wurden. Eines davon ist Nanni, der Veit Kolbe zweimal begegnet: Beim ersten Mal hält sie seine Hand, als ihn ganz plötzlich einer seiner Angstzustände überkommt, das zweite Mal sieht er sie auf einem Weg, von dem sie nicht mehr zurückkehrt. Aus der Darmstädterin wird irgendwann Margot und mit ihr erlebt er eine Liebe, wie er sie nie kannte. Über allem schwebt die Sicherheit, daß dieser Lebensabschnitt, in dem er beginnt, zu sich selbst zu finden, irgendwann zu Ende gehen wird mit seiner Rückkehr an die Front.
Eingestreut in diesen Haupthandlungsstrang sind die Briefe 3er Menschen, im Hörbuch von 3 weiteren Sprecher*innen gelesen: Die Mutter der Darmstädterin (gelesen von Cornelie Niemann), die ihrer Tochter Briefe schreibt, in denen sie vom Alltag des Bombenkrieges in Margots Heimatstadt erzählt. Ein junger Mann, Kurti (gelesen von Torsten Flassig), der Cousin von Nanni, der ihr rührende Liebesbriefe schreibt und ihr Verschwinden nicht begreift. Und Oskar Meyer (gelesen von Michael Quast), ein Jude aus Wien, der mit seiner Familie zu spät ernst nimmt, was passiert und es versäumt, sich mit seiner Familie in Sicherheit zu bringen.
Ich gebe zu, zu Beginn tat ich mich sehr schwer mit diesem Roman. Ich bin eine Leserin, die auch eine spannende Handlung zu schätzen weiß und Handlung im klassischen Sinne gibt es recht wenig in diesem Roman. Vielmehr ist es die Zustandsbeschreibung des letzten Kriegsjahres aus der Perspektive der ganz normalen Menschen. Als ich das begriffen hatte, habe ich mich auch viel besser auf das Buch einlassen können. Man merkt, daß Arno Geiger sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat und wie wichtig es ihm ist, seine Protagonisten direkt aus der Zeit heraus sprechen zu lassen. In einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk Kultur sagt er, daß er ganz kaum Sachbücher, dafür aber unendlich viele Briefe und Tagebücher aus dieser Zeit gelesen hat. So scheinen seine Figuren direkt aus ihrer Zeit zu uns zu sprechen. Dabei jedoch in einer schnörkellosen Sprache, die oft wunderbare Bilder findet und zeichnet.
Die exzellenten Sprecher*innen machen dieses Buch darüber hinaus auch zum einem tollen Hörvergnügen. Mir hat besonders gut Cornelia Niemann gefallen, für fie Briefe von Margots Mutter den richtigen Tonfall trifft: Eine Mischung aus Sorge um die Tochter, Ungeduld mit deren vermeintlichen Unverständnis über die Sitation der Mutter und Entsetzen über das, was den Menscchn in den Bombennächten wirderfährt. Aber auch die anderen Sprecher geben diesem Hörbuch durch ihre Lesart eine Vielstimmigkeit, die den Eindruck des Textes noch vertieft.
Ein Hörbuch, für das man sich Zeit nehmen sollte. Dann wird man mit einem eindrücklichen Hörerlebnis belohnt!
Heute haben
August Wilhelm Iffland * 1759
Riccardo Bacchelli * 1891
Richard Hughes *1900
Stefan Schütz * 1944
Pierre Lemaitre * 1951
Geburtstag
_________________________
Heinrich von Kleist
An unsern Iffland
Singt, Barden! singt Ihm Lieder,
Ihm, der sich treu bewährt;
Dem Künstler, der heut wieder
In eure Mitte kehrt.
In fremden Landen glänzen,
Ist Ihm kein wahres Glück:
Berlin soll Ihn umkränzen,
Drum kehret Er zurück.
Wie oft saht ihr Ihn reisen,
Mit furchterfüllter Brust.
Ach! seufzten Volk und Weisen:
Nie kehret unsre Lust!
Nein Freunde, nein! und schiede
Er mehrmal auch im Jahr,
Daß Er euch gänzlich miede,
Wird nie und nimmer wahr.
In Sturm nicht, nicht in Wettern
Kann dieses Band vergehn;
Stets auf geweihten Brettern
Wird Er, ein Heros, stehn;
Wird dort als Fürst regieren
Mit kunstgeübter Hand,
Und unsre Bühne zieren
Und unser Vaterland!
_____________________
Nuria Rial: „Vocalise„
Nuria Rial und 8 Cellists des Sinfonieorchesters Basel
SONY CD € 19,99
Die letzten CDs Nuria Rial haben wir hier auf dem Blog schon vorgestellt. Auch ihre neue Einspielung möchte ich Ihnen hier präsentieren.
Rial begeistert seit Jahren mit ihrer klaren, sehr weichen Stimme und als Interpretin alter Musik. Auf dieser CD kommt eine weitere Variante dazu, denn die Sopranistin macht uns mit spanischer Musik des 20. und 21. Jahrhunderts vertraut. Zusammen mit Cellisten des Sinfonieorchsters Basel bekommen wir den Zyklus „Die vier Jahreszeiten des Hafens“ von Astor Piazolla zu hören. Ein moderner Tango, der abgelöst wird von Bach-Hommagen und einem bekannten Volkslied aus der katalanischen Heimat der Sängerin. Mit diesem „El cant dels ocells“ (Der Gesang der Vögel), einem Weihnachtslied, in dem Vögel mehrfach die Geburt Jesu besingen, beendete Pablo Casals seine Konzerte im Exil. Dieses Lied wurde zur Hymne der Flüchtlinge vor dem Franco Regime. Ein weiterer Höhepunkt ist die Weltureinspielung von „Vocal Ice“ des Spaniers Bernat Vivancos, bei der Nuria Rial nicht wirklich singt, sondern nur die Vokale a und o benutzt und so aus „Vocal Ice“ eine „Vocalise“ entstehen lässt.
Ich habe keine Hörbeispiele der CD gefunden, aber eine Aufnahme von „El cant dels ocells“ mit Sol Gabetta am Cello.
Heute haben
Thomas Middleton * 1580
Udo Werner Steinberg * 1913
Shimao Toshio * 1917
Kathy Acker * 1948
Geburtstag
____________________________
Johann Christian Günther
Frühling
Hier setze dich, verschämtes Kind!
Hier ist gut sein, hier laß uns bleiben,
Wo Wind und Lind gesprächig sind,
Und Feld und Wald den Gram vertreiben;
In dieser grünen Einsamkeit,
Wo Bach und Stein und Blätter rauschen
Soll weder List, Gefahr noch Neid
Den süßen Frühlingsscherz belauschen.
Die Schätze deiner keuschen Zucht
Und der noch unberührten Brüste
Sind wahrlich eine seltne Frucht,
Nach der ich innerlich gelüste;
Erschrick nicht vor der schnellen Hand
Und laß sie um den Busen spielen,
Ich führe dich in einen Stand,
Des Lebens Kern und Mark zu fühlen.
Beschau die Werke der Natur,
Betrachte Bäume, Feld und Tiere,
Und lerne, wie der Liebe Spur,
Dich überall zum Scherzen führe!
Wodurch sind ich und du denn da?
Zu was bist du nebst mir geboren?
Der, so die Welt im Wesen sah,
Hat uns zum Lieben auserkoren!
________________________________
Unser Buchtipp:
Giovanna Zoboli / Mariachiara di Giorgio: „Krokodrillo„
Bohem Press € 16,95
Ein Bilderbuch ohne Worte für Kinder ab 3 Jahre
Das Bilderbuch kommt zwar ohne Worte aus, hatte aber doch ein Problem mit einem Wort. „Krokodil“ oder „Cocodrillo“? Nun, die beiden jungen Italieren hatten es da leichter und der schweizerische Bohem Press Verlag hat sich für ein Ding dazwischen entschieden. Und: Es passt. Denn das Krokodil ist in diesem Buch auch ein Zwischending. Es ist eindeutig ein Krokodil, benimmt sich aber wie ein Mensch.
Der Wecker klingelt, er zieht die Vorhänge auf, macht Toilette, frühstückt und macht sich auf den Weg zur Arbeit. Ob das jetzt Mailand, oder Berlin, oder New York ist, spielt keine Rolle. Aber was er auf diesem täglichen Weg alles erlebt, wen er alles trifft, welche anderen Tieren er zwischen den vielen Menschen trifft, das ist schon wichtig. Da müssen wir die Augen ganz groß aufmachen. Egal, wenn wir das Buch zuende geblättert haben, fangen wir eh wieder von vorne an. So verblüffend ist die Arbeitsstelle des Krokodils und wir wollen wissen, wo die beiden Künstler ihre Fährten ausgelegt haben.
Mit großer Leichtigkeit und immer wieder verblüffenden Perspektiven haben die Buchmacher ein besonders Bilderbuch für Kinder ab 3 Jahren geschaffen, das uns Großen sicherlich auch große Freude bereitet.
Heute haben
K.P.Kavafis * 1863
Tania Blixen * 1885
Thornton Wilder * 1897
Rolf Schneider * 1932
Nick Hornby * 1957
Geburtstag.
________________________
Nur gut, dass wir gutes April-Wetter haben.
Heinrich Seidel
Da schau nur einer den April
Da schau nur einer den April,
Der weiss gewiss nicht was er will.
Gerade woll’n wir auf die Strasse laufen,
Da fängt er mächtig an zu schnaufen
Und schleudert uns der Bösewicht
Den kalten Regen ins Gesicht.
Rasch, rettet euch ins Haus hinein,
Denn jetzt fängt’s gar noch an zu schnei’n.
Wenn das so weitergeht da drauss‘,
Dann hol’n wir halt den Schlitten wieder raus.
__________________________
Sarah Wiltschek empfiehlt:
Kent Haruf: „Lied der Weite„
Aus dem Amerikanischen von Rudolf Hermstein
Diogenes Verlag € 20,00
Wie gut es ist, wenn mal vom Guten erzählt wird. Vom Guten im Menschen und vom Guten in der Welt. Das ist, was Kent Harufs „Lied der Weite“ eigentlich zu einem modernen Märchen macht. Der Roman erzählt von einer Handvoll Bewohner der kleinen Stadt Holt in Colorado, die sich gegenseitig helfen, obwohl sie sich fremd oder davor nie begegnen sind. Die sich nicht scheren, um Etikette oder das Gerede der Leute, weil sie eh ihr ganzes Leben außerhalb der Gesellschaft zugebracht haben. So etwa die Brüder McPheron, die alt und grau ihren gemeinsamen Hof weit außerhalb der Stadt ohne Frau und Kinder betreiben und kein anderes Leben kennen. Erst recht keinen Damenbesuch. Die Lehrerin Maggi Jones bringt deshalb ihr Junggesellenleben gehörig durcheinander mit ihrem Vorschlag, die siebzehnjährige, schwangere Victoria bei sich aufzunehmen. Ihre Mutter hat sie vor die Tür gesetzt und so steht sie perspektiv- und hoffnungslos vor dem kaputten Nichts. Mit welchem Zartgefühl, welcher Empathie, welcher Freude und Dankbarkeit die Brüder dem Mädchen schließlich begegnen, ist so pur und genau geschrieben, dass jedes Wort, jede unbeholfene Äußerung der McPherons die Welt ein kleines bisschen heller machen.
Neben den Brüdern McPheron, erzählt Haruf außerdem von Guthrie, einem Lehrer und Ranchbesitzer und seinen beiden neun- und zehnjährigen Söhnen Ike und Bobby, von deren Mutter und von der Lehrerin Maggi Jones. Und dann ist da noch die einsame alte Frau, Iva Stearns. Haruf durchbricht Traditionsmuster und gesellschaftliche Normen, zeichnet mit Guthrie einen liebevollen, sorgenden Vater, dessen Frau aus dem gemeinsamen Leben ausbricht, in Depressionen versinkt und schließlich die Familie verlässt. Er beschreibt eine starke und unabhängige Frauen wie Maggi und die alte Mrs. Stearns, der Ike und Bobby Gesellschaft leisten, um ihrer eigenen Langeweile und Einsamkeit zu entfliehen. In einem Mikrokosmos von derben Verhältnissen und Aussichtslosigkeit knüpfen diese Figuren ein Netz voll Hilfsbereitschaft und Freundschaft, das einem Neugeborenen den hoffnungsvollen Start ins Leben ermöglicht und den Brüdern McPheron eine ungeahnte Chance auf einen Alltag in weiblicher Gesellschaft eröffnet.
Das schreibt der Verlag zum Autor:
Kent Haruf (1943–2014) war ein amerikanischer Schriftsteller. Alle seine sechs Romane spielen in der fiktiven Kleinstadt Holt im US-Bundesstaat Colorado. Er wurde unter anderem mit dem Whiting Foundation Writers’ Award, dem Wallace Stegner Award und dem Mountains & Plains Booksellers Award (für ›Lied der Weite‹) ausgezeichnet. Sein letzter Roman, ›Unsere Seelen bei Nacht‹, wurde zum Bestseller und mit Jane Fonda und Robert Redford in den Hauptrollen verfilmt.