Mittwoch, 22.März


Heute haben
Albrecht Goes * 1908
Michael Hamburger * 1924
Wolfgang Bächler * 1925
Eveline Hasler * 1933
Bruno Ganz * 1941
André Heller * 1947
Érik Orsenna * 1947
Aleida Assmann * 1947
Geburtstag.
Heute, im Jahre 1832, ist Goethe gestorben.
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„Wer im Leben nur rechnet, kommt nie auf seine Rechnung.“
Albrecht Goes
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Claudia Wiltschek empfiehlt:

Arno Frank: „Seemann vom Siebener
Tropen Verlag € 24,00

Ein Tag im Freibad, der letzte schöne Tag am Ende der Ferien, in einem Bad, das noch so aussieht wie früher. Noch keine Tunnelrutsche, die Kabinen mit zugestopften Gucklöchern und der Bademeister ist der gleiche wir vor 25 Jahren. Ein Investor sitzt schon in den Startlöchern.
Da ist Renate, die im Kassenhäuschen sitzt , nachdem ihr Kassensitz in der Bank durch den Automaten getauscht wurde. Da ist Joe, die eigentlich nicht unbedingt hier sein sollte, denn heute ist die Beerdigung ihres (mittlerweile ungeliebten) Mannes. Da ist Isobel, die noch aus einer ganz fernen Zeit stammt und dort auch mehr oder weniger wieder zuhause ist. Melanie kommt mit ihrer Kitagruppe zum Seepferdchen machen und das angeschlagene Geschwisterpaar, sie redet nicht und hat sich frisch die Haare abrasiert, halten das Publikum mit „dem Seemann“ vom Sprungturm in Atem.
Nun taucht auch noch Lenny auf, der in der großen Welt ist und eigentlich zur Beerdigung des ehemaligen Freundes in die Heimststadt gekommen ist. Warum ihn ausgerechnet der Weg ins Freibad geführt hat, weiß er auch nicht so recht. Jetzt steht er hier und staunt, dass es hier so aussieht wie immer und dann trifft er auch noch seine Jugendliebe Joe.
Kiontke, der Bademeister, hätte eigentlich ein gutes Leben, wäre nicht vor ein paar Jahren ein Unglück im Bad geschehen. Er fühlt sich schuldig, ist er aber keinesfalls.
Wäre es nicht März, würde ich sagen: Ab damit ins Freibad!
Der Anfang des Romans ist ein bisschen derb, aber bitte weiterlesen, dahinter versteckt sich ein wunderbar feinsinniger, humorvoller Roman im Hier und Jetzt mit einem bisschen Damals.

Leseprobe

Arno Frank, geboren 1971, ist Publizist und arbeitet als freier Journalist vor allem für den SPIEGEL, die taz und den Deutschlandfunk. Er lebt mit seiner Familie in Wiesbaden. Zuletzt erschien von ihm der Roman „So, und jetzt kommst du“ .
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Auf SWR Landesschau Rheinland-Pfalz gibt es einen Beitrag über Gérard Scappini, der bei uns im Buchladen aus seinem letzten Buch vorgelesen und viel erzählt hat. Genießen Sie die 4-5 Minuten.

Auf seiner Homepage können Sie den Beitrag anschauen.

Freitag, 17.Februar


Heute haben
Friedrich Maximilian von Klinger * 1792
Georg Weerth * 1822
Isabelle Eberhardt * 1877
Chaim Potok * 1929
Ruth Rendell / Barbara Vine * 1930
Frederik Hetman * 1934
Geburtstag
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Winfried Hermann Bauer
Im Februar

Es ist kalt! –
Nebel hängt zwischen den Bäumen
Und zerreißt meinen Blick auf die Welt
Frostbraune Blätter zittern
Neben Knospen, von Reif umhüllt
Sie lassen nicht los
Nur das Moos leuchtet grün
Zwischen den Eiszungen
Ein Schauer läuft mir über den Rücken –
Von den Zweigen tropft die Zeit…
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Unser Musik-Tipp:


Raphaela Gromes: „Femmes
Raphaela Gromes: Cello
Julian Riem: Piano
Festival Strings Lucerne unter Daniel Dodds
Sony Classical CD € 20,40

23 Komponistinnen finden sich auf der Doppel-CD der Cellistin Raphaela Gromes.
Es haben sich Purcell, Mozart und Quincy Jones reingeschmuggelt, ansonsten nimmt sie uns mit auf einer Reise mit Komponistinnen vom Mittelalter (Hildegard von Bingen) bis ins 21.Jahrhundert mit Billie Eilish. Sie war bei ihrer Recherche sowohl fasziniert von der Qualität der Stücke und gleichzeitig schockiert, dass sie von einigen Komponistinnen noch nie etwas gehört hat. Zum allerersten Mal auf CD zu hören ist „Drei Momente“ der italienischen Komponistin Matilde Capuis.
So können wir, gemeinsam mit der Cellisten, auf Entdeckungstour gehen und in die unterschiedlichsten Klangwelten eintauchen.
Aber was schreibe ich so viel, Raphaela Gromes erzählt auf dem Filmchen alles über ihre neue Einspielung.

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tagesschau.de vom 16.2. von Yasmin Appelhans, NDR
Vogelgrippe
Neue Varianten bedrohen Artenvielfalt


Trotz einiger Fälle unter Säugetieren ist die Vogelgrippe vor allem eine Gefahr für Vögel. Millionen Tiere sind schon gestorben. Das Massensterben ist auch eine Bedrohung für die Artenvielfalt.
Die Vogelgrippe greift immer weiter um sich. Allein zwischen September und Dezember letzten Jahres mussten in Europa 50 Millionen Tiere auf Geflügelfarmen gekeult werden. Der Ausbruch im Winter 2021 und 2022 war der weltweit größte bisher. Er hält noch immer an und ein Ende ist nicht abzusehen.  
Längst sind nicht mehr nur Geflügelställe massenhaft betroffen, erklärt Martin Beer, Fachtierarzt für Virologie am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Greifswald-Insel Riems. „Das Wichtigste, was sich geändert hat, ist, dass das Virus offenbar viel besser an Wildvögel angepasst ist“, sagt er über den Subtyp der Influenza H5N1, besser bekannt als Erreger der Vogelgrippe. 
Hinzu kommt, dass das Virus seit einiger Zeit nicht nur in den kalten Monaten, sondern auch im Sommer auftritt und sich damit immer weiter verbreiten kann. …

Den kompletten Artikel von Sie hier.

Montag, 30.Januar


Heute haben
Adalbert von Chamisso * 1781
Hans Erich Nossack * 1901
Barbara Tuchman * 1912
Claudio Rodriguez * 1934
Richard Brautigan * 1935
und Barbara Wood * 1947
Thomas Brezina * 1963
Geburtstag
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Heinrich Wilhelm Gerstenberg (1737 – 1823)
An eine Rose

Du kleine Rose, glaube mir,
Du sollst Lucindens Busen schmücken.
Ich selber will dich ihr
Itzt auf den vollen Busen drücken.

Dann sag ich: „Mädchen, küsse mich,
Sieh, dies hat Flora dir geweihet.
Sieh, wie die Rose sich
Schon über ihre Stelle freuet:“

Doch untersteht ein Jüngling sich
Dich von dem Busen abzubrechen:
Dann, Rose, räche mich,
Dann musst du ihn gewaltsam stechen.

Doch wenn in meines Mädchens Brust
Nach mir sich zarte Wünsche regen –
O die geliebte Brust !
Dann hauch ihr süßen Duft entgegen.
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Unser Buchtipp:


Claire Keegan: „Kleine Dinge wie diese und Das dritte Licht
Übersetzt aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
Jeweils € 20,00, schön in Leinen gebunden

Claire Keegan war für mich eine der Entdeckungen aus dem letzten Jahr. Ihre Erzählung, ihr schmaler Roman „Kleine Dinge wie diese“ habe ich lange nicht beachtet, nach der Lektüre war ich jedoch hellauf begeistert. Jetzt hat der Steidl Verlag „Das dritte Licht“ neu herausgebracht und wieder ist es ein herausragender Lesegenuss.
Bei beiden Büchern hatte ich Furcht, dass etwas Schlimmes passiert, da die Kurzinhaltsangabe bei „Das dritte Licht“, oder das Nachwort bei „Kleine Dinge“ so etwas vermutenließen. Dies war jedoch nicht der Fall und es sind jeweils Männer die ein großes Herz haben und dies auch durch ihre Taten nach und nach zeigen.
So auch in „Das dritte Licht“, in dem die Erzählerin davon berichtet, wie sie als Mädchen zu ihrer Tante und ihrem Onkel geschickt wird, da ihre Eltern sehr ärmlich leben, der Vater Trinker ist und die Mutter gerade noch ein Kind (zu den anderen) bekommt. So ist eine Mitesserin am Tisch weniger sehr passend.
Bei den Verwandten angekommen, erlebt das Mädchen einen schönen Sommer mit viel Zuneigung und Liebe. Ein Geheimis lastet auf dem Ehepaar, das gegen Ende auch aufgeklärt wird, aber sich nicht auf das freundliche Verhältnis der drei auswirkt. Im Gegenteil.
Auf unserem Büchertisch liegt ein Stapel dieses schmalen Bändchens und ich lege es Ihnen ans Herzen. Die Lektüre wird sie nicht unberührt lassen.

„Das dritte Licht“ („Foster“) wurde mit dem renommierten Davy Byrnes Award ausgezeichnet und in Irland als „The Quite Girl“, ebenfalls preisgekrönt, verfilmt.
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Am Dienstag in einer Woche, am 7.Februar ab 19 Uhr, gibt es wieder eine „1.Seite“
und wir stellen Ihnen vier neue Bücher vor.
Mit dabei natürlich Clemens Grote als Vorleser.
Der Eintritt ist frei.
Wir beginnen pünktlich.

Montag, 23.Januar


Heute haben
Clara Reeve * 1729
Stendhal * 1783
Camilla Collett * 1813
Sergej Eisenstein * 1898
Anna Maria Jokl * 1911
Derek Walcott * 1930
Joao Ubaldo Ribeiro * 1941
Geburtstag
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Else Lasker-Schüler (1860-1945)

Komm mit mir in das Cinema,
Dort findet man was einmal war:
Die Liebe!

Liegt meine Hand in Deiner Hand
Ganz übermannt im Dunkel,
Trompetet wo ein Elefant
Ganz plötzlich aus dem Dschungel –

Und schnappt nach uns aus heißem Sand
Auf seiner Filmenseide,
Ein Krokodilweib, hirnverbrannt,
Dann – küssen wir uns beide!
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Claudia Wiltschek empfiehlt:


Sally J.Pla: „Komische Vögel
Aus dem Englischen von Susanne Hornfeck
dtv  € 16.00
Jugendbuch ab 13 Jahren

Charlie muss beim Händewaschen immer bis zwölf zählen: Einseifen, Abspülen, Einseifen.
Türklinken findet er eklig, Staubflusen schrecklich und essen will er nur Chicken  Nuggets.
Aber Charlie kann wunderschön malen. Vögel sind seine Leidenschaft und sein Vogelbuch mit seinen Zeichnungen ist ein kleines Wunderwerk.
Sein eh schon kompliziertes Leben gerät aus den Fugen, als sein Vater nach einer schweren Verletzung in ein anderes Krankenhaus, auf der anderen Seite des Landes verlegt wird. Seine Geschwister wollen vor der schrecklichen Babysitterin fliehen, er will Vögel finden, die er und sein Vater schon immer mal sehen wollten und damit beginnt eine chaotische Fahrt dem Vater hinterher. Die schreckliche Babysitterin, die gar nicht schrecklich ist, gesellt sich dann auch noch dazu und unterwegs wird noch ein ausgesetzter Hund mit drei Beinen eingeladen.
Charlie kann sich die Hände nicht waschen, muss auf schmutzigen Matratzen schlafen, seine nervigen Zwillingsbrüder ertragen und dazu noch seine Schwester, die sich ständig verliebt. Aber Charlie sieht Vögel. Vögel, von denen er immer fasziniert war, er überwindet viele Ängste und Ludmilla, die Babysitterin wird eine treue Begleiterin auf dieser Fahrt. Auch sie hat ihre Gründe den Vater zu treffen.

Lange schon habe ich nicht mehr ein Buch auf einen Rutsch durchgelesenen. Es ist zum Lachen, zum Weinen, es geht ums Hoffen und Durchhalten und um viele große und kleine Federlinge:

„Hope is the thing with feathers „
Emily Dickinson

Leseprobe
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Morgen Abend im Stadthaus Ulm:
Dienstag, 24.Januar, 19 Uhr
„Kommissar Dupin und die Revolution

Als Jean-Luc Bannalec schreibt er die beliebten Bretagne-Krimis –
am 24. Januar, 19 Uhr, kommt Jörg Bong ins Stadthaus zu einem Forum der Südwest Presse.



Donnerstag, 12.Januar


Heute haben
Charles Perrault * 1628
Johann Heinrich Pestalozzi * 1746
Jakob Michael Reinhold Lenz * 1751
Jack London * 1876
Daniil Charms * 1905
Alice Miller * 1923
Haruki Murakami * 1949
David Mitchell * 1969
Geburtstag
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Jakob Michael Reinhold Lenz
Gute Laune

Gute Laune, Lieb und Lachen
Soll mich hier
Unaufhörlich glücklich machen,
Und die ganze Welt mit mir.
Auf dem Sammt der Rosen wiegen
Sich die Weisen nur allein.
Liebe? ist sie nicht Vergnügen?
Nur die Treue macht die Pein.
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Unser Tip:


Julia Voss: „Hilma af Klint“
S.Fischer Verlag € 32,00

„Jenseits des Sichtbaren“
Hilma af Klint

Regie: Halina Dyrschka
DVD 2020 € 17,99

Die Kunstgeschichte muss umgeschrieben werden. Diese Äußerung fiel vor ein paar Jahren, als KunstgeschichtlerInnen die schwedische Malerin Hilma af Klint (1862-1944) entdeckten. Aus allen Wolken sei sie gefallen, sagt Julia Voss, dass sie während ihres Kunstgeschichte-Studiums nie diesen Namen gehört hat. Über 1.500 abstrakte Bilder hinterließ die Künstlerin und sie war es, die vor Kandinsky abstrakt malte. Doch niemand nahm dies war. Kunst war und ist immer noch eine Domäne der Männer.
Die außergewöhnliche Gedankenwelt der Hilma af Klint reicht dabei von Biologie und Astronomie über Theosophie bis hin zur Relativitätstheorie und umspannt einen faszinierenden Kosmos aus einzigartigen Bildern und Notizen.
Vor zwei Jahren erschien bei S.Fischer die Biografie von Julia Voss und jetzt gibt es einen Dokumentarfilm auf DVD.

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Abfahrt am Bahnhof Ulm um 4:47

Dienstag, 6.September

Heute haben
Julien Green * 1900
Andrea Camilleri * 1925
Geburtstag
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Christian Morgenstern
Möwenlied

Die Möwen sehen alle aus,
als ob sie Emma hießen.
Sie tragen einen weißen Flaus
und sind mit Schrot zu schießen.

Ich schieße keine Möwe tot,
ich laß sie lieber leben –
und füttre sie mit Roggenbrot
und rötlichen Zibeben.

O Mensch, du wirst nie nebenbei
der Möwe Flug erreichen.
Wofern du Emma heißest, sei
zufrieden, ihr zu gleichen.

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Heute gibt es einen etwas anderen Tipp.
Kein Buch, keine CD, sondern ein Kurzfilm in der ARD Mediathek, der den Grimme-Preis erhalten hat.

„Seepferdchen“
Buch: Nele Dehnenkamp
Regie: Nele Dehnenkamp
Kamera: Tobias Winkel, Sina Diehl
Musik: Paul Chriske
Darstellerin: Hanan Saeed Abdo
Dauer: 15 Minuten

Die junge Hanan Saeed Abdo beschreibt ihre Erinnerungen an die Flucht aus dem Nordirak über das Mittelmeer nach Deutschland, ihre Angst vor dem Wasser und die lebensbedrohliche Lage für ihre Familie.
50 Menschen, Kinder und Erwachsene waren in dem sechs Meter langen Boot. Alle kamen sie an.
Erst später lernte sie schwimmen und verarbeitete so ihr Trauma.
Mittlerweile hilft sie selbst, Kindern das Schwimmen beizubringen.

Nele Dehnenkamp arbeitet als freie Dokumentarfilmerin in Berlin. Sie studierte Sozialwissen- schaften in Berlin und New York und Dokumentarfilmregie an der Filmakademie Baden- Württemberg in Ludwigsburg. Ihre Kurzfilme wurden auf zahlreichen Festivals gezeigt, darunter die IDFA, die DOK Leipzig und das Internationale Kurzfilmfestival in Palm Springs.

Hier können sie den Film bis November 2022 anschauen:
ardmediathek.de/video/kurzfilme/seepferdchen
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Heute abend ab 19 Uhr liest Clemens Grote aus vier neuen Romanen.
Wir stellen in der „1.Seite“ folgende Bücher vor:

Eeva-Liisa Manner: „Das Mädchen auf der Himmelsbrücke“
Giulia Caminito: „Das Wasser des Sees ist niemals süß“
Shelly Kupferberg: „Isidor“
Kristina Gorcheva-Newberry: „Das Leben vor uns“

Montag, 11.April

Heute haben
Luise Gottsched * 1713
Wieland Herzfelde * 1896
Sándor Nárai * 1900
Marlen Haushofer * 1920
Franz Herre * 1926
Geburtstag
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Heute auf dem Gedichtekalender:

Nikolaus Lenau (*1802)
Schilflieder

Auf dem Teich, dem regungslosen.
Weilt des Mondes holder Glanz,
Flechtend seine bleichen Rosen
In des Schilfes grünen Kranz.

Hirsche wandeln dort am Hügel,
Blicken in die Nacht empor;
Manchmal regt sich das Geflügel
Träumerisch im tiefen Rohr.

Weinend muß mein Blick sich senken;
Durch die tiefste Seele geht
Mir ein süßes Deingedenken,
Wie ein stilles Nachtgebet!
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Ein Filmtipp:


„Warum ich euch nicht in die Augen schauen kann“
Regie: Jerry Rothwell

Wie Autisten die Welt wahrnehmen schildert Jerry Rothwell anhand fünf junger Protagonisten in seinem eindringlichen und preisgekrönten Dokumentarfilm.

Sie stammen aus Indien, Großbritannien, den USA und Sierra Leone und sie eint ein gemeinsames Schicksal: Die jungen Menschen sind autistisch und ihr Alltag unterscheidet sich in vielen Bereichen von den Erfahrungen ihrer Mitmenschen. Jerry Rothwell lässt in seiner auf dem Buch von Naoki Higashida, basierenden Dokumentation fünf von ihnen schildern, wie ihr Leben mit Autismus aussieht.
2007 veröffentlichte der 13 jährige Autist Naoki Higashida ein Buch mit dem gleichnamigen Titel (ins Englische übertragen vom amerikanischen Schriftsteller Dvaid Mitchell mit dem Titel „The Reason I Jump) und sorgte damit für Aufsehen. Wie kann ein jugendlicher Autist, der nicht sprechen kann, sich so genau ausdrücken? Seine Gefühle, seine Gedanken, seine Sichtweise haben die Fachwelt verblüfft und zu einem Umdenken im Umgang mit Autisten geführt.
Der Regisseur Jerry Rothwell zeigt uns den Alltag der fünf jungen Menschen und lässt auch deren Eltern zu Wort kommen. Die Textpassagen aus dem Buch verarbeitet er filmisch, in dem er Nahaufnahmen, Töne, Geräusche, schnelle Schnitte verwendet und dann wieder seinen Figuren viel Zeit lässt.
Eine beeindruckende Dokumentation, die morgen, Dienstag, 12.4. um 18 Uhr im Ulmer Obscura läuft.


Dienstag, 1.Februar

Die erste Reihe ist geschafft.

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Heute haben
Hugo von Hofmannsthal * 1874
Jewgeni Samjatin * 1884
Günter Eich * 1907
Muriel Spark * 1918
Horst Bosetzky (-ky) * 1938
Monika Felten * 1965
Geburtstag
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„Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftig sind! /… / Tut das Unnütze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet! / Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!“
Günter Eich
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Jetzt auch auf DVD:

Jessica Bruder: „Nomaden der Arbeit
Überleben in den USA im 21.Jahrhundert
Aus dem Amerikanischen von Teja Schwaner und Iris Hansen
Blessing Verlag € 22,00
Nomadland“ TB € 13,90 (englisch)
DVD € 15,99

Wo gibt es denn so etwas? „Nomadland“, ein Film, der 3 Oscars, 2 Golden Globes, den Goldenen Löwen in Venedig bekam und Sieger beim Filmfestival in Toronto war, beruht auf eine Reportage. Und zwar eine höchstdotierte und vom New Yorker zum Buch des Jahres erkoren. Zurest gab es eine Kurzversion in Harper’s Magazine, bevor der ganz große Erfolg kam.
Jessica Bruder hat über Jahre hinweg Kontakte zu diesen Arbeitsnomaden gepflegt, ist mit ihnen gereist, hat mit ihnen gewohnt und auch gearbeitet. Einerseits das Gefühl von Freiheit, andererseits, und das überwiegt bei weitem, ein letzter Hoffungsschimmer für die vielen Menschen über 60, die eigentlich in Ruhe ihre Rente genießen könnten. Sie wohnen in ihren Wohnwagen und Wohnmobilen, ziehen von Job zu Job, verdienen meist nur den Mindestlohn und schauen, ob sie etwas für ein warmes Essen auf die Seite legen, oder für eine Zahnprothese sparen können. Sie arbeiten als ErntehelferInnen, auf Campingplätzen und sehr häufig bei Amazon, der sich diese Menschen an sich bindet. Amazon weiss, dass sie auf das (wenige) Geld angewiesen sind und ohne zu murren täglich 20 km in den Gängen zwischen den Regalen Warencontainer schieben und scannen, bis alles weh tut. Kein Problem: In den Gängen gibt es kostenlos Schmerzmittel – gesponsert von Amazon. Der hat noch einen weiteren Vorteil: da diese „Rentner“ während ihrer Zeit bei Amazon keine Sozialhilfe bekommen, erhält Amazon eine Steuererleichterung vom Staat. Aaah, so geht das.
Linda May (im Film gespielt von Frances McDormand) ist die Person, die sich durch die Reportage zieht, mit der Jessica Bruder den nähesten Kontakt hält, ohne bis ganz tief in deren Beweggründe, sich auf so ein Leben einzulassen, vorzudringen.
Sie haben alles verloren: den Job, das Haus, das Ersparte (durch die Finanzkrise 2008) und versuchen mit einer Art Galgenhumor über die Runden zu kommen. So lange zu arbeiten, bis ….
In dieser Reportage zeigt sich, dass die Schere zwischen arm und reich in den USA immer größer wird und deutsche Kritiker zeigen auf, dass Deutschland davon überhaupt nicht weit entfernt ist.

Leseprobe

Montag, 31.Januar


Heute haben
Marie Luise Kaschnitz * 1901
Benoite Groult * 1920
Kurt Marti * 1921
Norman Mailer * 1923
Kenzaburo Oe * 1935
Geburtstag
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„Das Alter ist für mich kein Gefängnis, in das man eingesperrt ist, sondern ein Balkon, von dem man weiter sieht.“
Marie-Luise Kaschnitz
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„An Impossible Project“
Drehbuch und Regie: Jens Meurer

Der Dokumentarfilm beginnt mit Sprengungen der Prodktionsstätten von Kodak. Durch die Digitalisierung, durch die Erfindung des iPhones, war das Ende des analogen Fotografierens beschlossen. Auch mit Polaroid war Schluss. Ein letztes Werk in Enschede stand noch und musste abgewickelt werden. Hier betritt nun die Hauptperson die Bildfläche. Florian „Doc“ Kaps kauft alles zusammen für € 180.000 und möchte wieder durchstarten. Leider übergibt Polaroid ihm nicht den Namen. Alles ist „impossible, impossible“, so die Manager. Doc übernimmt dieses „impossible“ und nennt seine Firma genau so. Das sieht verheissungsvoll aus. Leider merken sie, dass sie die Rezeptur für die Entwicklung der Bilder nicht haben und bestimmte Chemikalien nicht mehr auf dem Markt sind.
So startet diese humorvolle, verschmitzte Doku über Doc, dem Visionär, Spinner, dem unruhigen Gegengeist zu unserer digitalen Welt.
„Impossible“ hat Niederlassungen in Berlin und New York, Geld wird verbrannt, neue Entwicklungen gestartet und präsentiert. Bis Doc selbst aus seiner eigenen Firma geschmissen wird. (Eine wunderbare Parallele zu Steve Jobs und Apple).
Doch er gibt nicht auf, widmet sich anderen nicht digitalen Dingen, eröffnet ein „Museum“ für verschwundene Dinge in Wien, reist nach Mailand zur Macherin von „Moleskine“, fliegt zu „facebook“ in den Menlo Park und trifft auch dort auf Menschen die von Hand drucken, produzieren, verliebt sind in das Fühlen, Riechen, Selbermachen.
Aber kann er ein, seit 45 Jahren leerstehendes, Grandhotel in der Nähe von Wien wieder zum Leben erwecken? Zumindest organisiert er ein großes Treffen und Essen für alle im Film vorkommenden Personen und lässt die live gespielte Musik direkt, ohne Umwege, auf Vinyl pressen.
Ein vergnüglicher Abend, der bestärkt, den Füller herauszuholen und Postkarten zu schreiben. Die gelben Kästen zum Einwerfen gibt es ja noch.
Der Film läuft nur in den Kinos. Wie lange? Das liegt an uns. In der ersten Ulmer Aufführung (obscura) war eine Person, gestern vier.


Filmvorstellung bei „titel, thesen, temperamente

Mittwoch, 12.Januar


Heute haben
Charles Perrault * 1628
Johann Heinrich Pestalozzi * 1746
Jakob Michael Reinhold Lenz * 1751
Jack London * 1876
Daniil Charms * 1905
Alice Miller * 1923
Haruki Murakami * 1949
David Mitchell * 1969
Geburtstag
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Jakob Michael Reinhold Lenz
Gute Laune

Gute Laune, Lieb und Lachen
Soll mich hier
Unaufhörlich glücklich machen,
Und die ganze Welt mit mir.
Auf dem Sammt der Rosen wiegen
Sich die Weisen nur allein.
Liebe? ist sie nicht Vergnügen?
Nur die Treue macht die Pein.
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Unser Filmtipp:


Pig
Regie: Michael Sarnoski
Darsteller: Nicolas Cage, Alex Wolff, Adam Arkin
DVD € 12,99
freigegeben ab 16 Jahren

Corona hat die Filmwelt ordentlich durcheinandergeschüttelt.
Filme erscheinen nur auf auf Streamingdiensten, die normalerweise in großen Kinosälen laufen würden, wie die neuen Werke von Sorrentino und Jane Campion.
Der neue Film mit Nicolas Cage gibt es im Gegenzug gleich auf DVD und den DVD on demand Portalen. Verrückt.
Die Filmkritiken überschlagen sich zum Teil und die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass dieser Film, der am 4.Januar erschienen ist, vielleicht der Film des Jahres wird.
Ja, er ist wirklich etwas Besonderes. Nicht was die Handlung anbelangt, sondern, wie der Regisseur in seinem Erlingswerk damit umgeht.
Wir kennen die Geschichten: Erfolgreicher Mann zieht sich die Einsamkeit der Wälder zurück und muss nach einem Vorfall wieder zurück in die Zivilisation und startet einen Rachefeldzug mit viel Gewalt und Blut. Und genau das passiert hier nicht. Rob lebt zwar zurückgezogen in der einsamen Wildnis von Oregon – allein, bis auf ein Trüffelschwein, seinen einzigen Freund. Er lebt vom Trüffelfinden und finanziert so sein Leben.
Als ihm sein Schwein gestohlen wird, begibt er sich tatsächlich auch zurück nach Portland, aber nicht um sich zu rächen, sondern auf der Suche nach seinem Schwein. Dabei steckt er selbst Prügel ein; wohlkalkuliert, damit er mehr Informationen über den Verbleib des Schweines zu erfahren.
Im kompletten Film bekommen wir nie eine Waffe zu sehen, sondern Rob spricht mit den Menschen, bekocht sie und bringt sie dazu, ihre wirklichen Wünsche zu äußern und alte Gefühle auszugraben.