Wie am Titelbild zu erkennen ist, bin ich, sind wir für ne knappe Woche nach New York verschwunden.
Falls ich die Zeit finde, stelle ich zumindest ein paar Fotos auf diese Seite, damit Sie wissen, wie es da drüben so aussieht.
Ich wünsche allen eine gute (Arbeits)woche und bis am ersten Dienstag im Mai wieder lebendig in der Buchhandlung zur „Ersten Seite“.
Monat: April 2013
Montag
Ein grauer, nasser Morgen.
Heute haben
Konstantinos Kavafis * 1863
Egon Erwin Kisch * 1885
Walter Mehring * 1896
Walter Kempowski * 1929
Geburtstag.
Und: Kavafis ist an seinem Geburtstag im Jahre 1963 gestorben.
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Nachdem wir in den letzten Einträgen öfters über’s Trinken und Essen geschrieben haben, gibt es heute ein ungemein schön illustriertes Bilderbuch über 100 Obst- und Gemüsesorten.
Virginie Aladjidi
Cornelia Panzacchi (Übers.)
Emmanuelle Tchoukriel (Illustr.)
„Kiwi, Kürbis, Kokosnuss„
100 x Obst und Gemüse
Gerstenberg Verlag € 13,95
Bilderbuch ab 5 Jahren
Sind Tomaten und Auberginen von Obst oder Gemüse? Was ist einen Bananenhand? Wie heisst der deutsche Name für „Lycopersicon esculentum“ und wie wächst die Pflanze? Woran hängt eigentlich eine Cashew Nuss? Und was hat es mit Pilzen auf sich?
Diese 100 hier vorgestellten und herrlich illustrierte Früchte machen Lust, mehr über die wunderbare Welt der essbaren Pflanzen zu erfahren. Eine Mischung aus Bilderbuch und Nachschlagewerk für die ganze Familie. Es sind zwar kleine Tipps enthalten, was wir mit den Früchten machen können, leider nicht sehr viel. Also keine Anleitung zum Kochen und Backen.
Es ist ein klassisches Pflanzenbestimmungsbuch im Stile historischer Farbtafeln, die einfach beeindruckend sind.
In ähnlicher Aufmachung sind im Gerstenberg Verlag auch folgende Bücher erschienen:
„Pyramiden, Kreml, Kölner Dom„
Die schönsten Bauwerke der Welt
„Käfer, Katze, Krokodil„
100 tolle Tiere
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Heute abend um 19 Uhr liest Jochen Schmidt bei uns in der Buchhandlung aus seinem neuen Buch: „Schneckenmühle“
Eintritt € 7,00.
Sie sind herzlich willkommen.
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Sonntag (Ohne Sonne)
Heute haben
Karl Kraus * 1874
Harper Lee * 1926
Roberto Bolano * 1953
Geburtstag
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Zu Bolano habe ich etwas zum Anschauen gefunden, was ihn und sein Werk beleuchtet:
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=KfYDPUzP8KI]
http://www.youtube.com/watch?v=Bc-OjsBET_A
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Falls Sie noch nicht wissen, was Sie heute kochen sollen, dann habe ich hier den passenden Buchtipp. Obwohl? Mit Einkaufen wird es wohl schwierig werden. Allerdings! Knoblauchspaghetti gehen immer. Aber! Wissen Sie auch wie die Besten gemacht werden? Ich vermute mal nein. Denn Alice Vollenweider empfiehlt ihrem Schreibpartner Kartoffelwürfel ins kochende Wasser zu werfen und erst nach fünf Minuten die Nudeln dazugeben. Das mit dem Knoblauchbräunen dürfte klar sein. Dann die Nudeln mit den Kartoffeln abgießen, Knoblauch drüber und fertig. Die Kartoffeln speichern viel besser den Geschmack und Gehalt der Knoblauchs. Gewusst? Nein, gell. Ich will es auf jeden Fall das nächste Mal versuchen.
Alice Vollenweider, Hugo Loetscher: „Kulinaritäten„
Ein Briefwechsel über die Kunst und die Kultur der Küche
Diogenes Verlag € 16,90
Das Buch entstand über Umwege.
Alice Vollenweider, die wir auch aus den schönen Salto Bändchen im Wagenbach Verlag kennen, in denen sie uns die italienische Küche nahebringt, hatte 1975 von der Neuen Zürcher Zeitung den Auftrag in der Wochenendbeilage eine Ruprik über Kulinarisches zu füllen. Was sie auch gemacht hat. Bis auf den Tag, als der Schweizer Hugo Loetscher (Journalist und Schriftsteller) sich einmischte. Daraus entstand ein öffentlicher Briefwechsel in der Zeitung, der ein Jahr später als Buch erschienen ist.
Nun hat der Diogenes Verlag dieses Werk wieder veröffentlicht (Habe ich nicht vor kurzem geschrieben, dass der Diogenes Verlag ein Meister des Wiederveröffentlichen sei). Diesmal in gelbem Leinen und einem schönen Wok-Bild vorne drauf. Eine kleine Verbeugung an die roten Salto Bändchen vielleicht.
Nun haben wir also wieder diesen kulturkulinarischen Briefwechsel und er ist immer noch so frisch wie am Tage der Veröffentlich in der Tageszeitung vor fast 30 Jahren.
Ob Knoblauchspaghetti, schwarze Bohnen (wissen Sie, wie man richtig Bohnen weichkocht???), Kutteln, Loetschers Feijoada, Polenta, weisser Trüffel (den Alice Vollenweider in einem Glas mit Reis aufbewahrt. Dort hält er länger frisch und der Reis übernimmt den Geschmack des Trüffels und ist dann später bestens geeignet für ein prima Risotto), oder aber auch Zitronen- und Zwiebelsalat, … es ist ein Buch voller kleinen Tipps. Nicht zu vergleichen mit einem Kochbuch. Nein, so ist das auch nicht gedacht. Aber in Kochbüchern geht es auch nicht um Kultur und Reisen, fremde Länder und ihre Eigenarten. Aber einen so feiner Briefwechsel der beiden macht einfach an und somit auch die kleinen Kochtipps.
Sie finden das schmale Büchle leuchtend gelb auf unserem Neuerscheinungstisch. Mitten unter den literarischen Neuerscheinungen direkt hinter unserem Lesesessel.
Leseprobe
978-3-257-06847-4
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Ist Alkohol eigentlich vegan?
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Ulmerspickzettel.tumblr.com hat wieder etwas veröffentlicht:
„Der Paradiesgarten ist Ulmer“
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Mehr Fotos auf unserem Jastramfotoblog.
Und nicht vergessen: Morgen liest Jochen Schmidt bei uns.
Samstag
Ralph Waldo Emerson hat heute seinen Todestag.
(1803 – 1882) er war US-amerikanischer Geistlicher, Lehrer, Philosoph und Essayist.
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Buchtipp für die Kleinen und zum Vorlesen für die Großen.
Da bin ich mal wieder reingeflogen.
Ich dachte, das sei ein neues Stina-Buch. Aber es ist ein Doppelband zweier bekannter Bilderbücher, die unter „Strum-Stina“ und „Stina und der Lügenkapitän“ erschienen sind. Egal! Die beiden Bücher sind so schön, dass ich sie gleich nochmals gelesen habe und die Neuausgabe hat auch den Vorteil, dass sie mit € 14,99 nicht viel mehr als ein einzelnes Bilderbuch kostet.
Lena Anderson: „Stinas Sommer“
Aus dem Schwedischen von Jutta Richter
cbj € 14,99, ab 4 Jahren
Stina verbringt den Sommer bei ihrem Großvater auf einer kleinen Insel. Dort ist alles so einfach und heimelig. Das klitzekleine Holzhaus steht auf einem Felsen direkt am Meer. Beide sind den ganzen Tag im Freien. Beim Frühstücken, Spielen, Netzeflicken. Täglich fahren sie mit dem Boot hinaus, um Fische zu fangen, die es dann abends zum Essen gibt. Darauf warten auch schon die Möwen. Stina ist eine große Sammlerin. Großvater wundert sich immer wieder, was sie mit der Kiste, dem Stein will, aber Stina hat Verwendung dafür. Als ein Sturm aufzieht, verkriechen sie sich in die Hütte und Stina verabschiedet sich sehr bald ins Bett. Als Großvater auch ins Bett will, findet er das Bett seiner Enkelin leer. Er stürmt hinaus und findet die Kleine klitschenass auf den Steinen sitzen. Sie wollte eigentlich nur einen Sturm erleben, friert nun aber und ihr ist unheimlich. Als sie wieder im Haus sind, hat Großvater den Vorschlag, sich richtig anzuziehen und gemeinsam nochmals hinauszugehen, da man einem Sturm immer zu zweit begegnen soll.
In der zweiten Geschichte besuchen die Beiden den Nachbarn, der an diesem Tag Namenstag hat. Großvater nennt ihn nur den Lügenkapitän. Sie finden sein Haus leer. Im Schlafzimmer liegt er in seinem Bett und hat seine Decke bis über beide Ohren gezogen. Auf die Frage, ob er krank sei, springt er aus dem Bett und er entwickelt eine unbändige Energie, Stina seine Geschichten zu erzählen. Ob das wohl alles mit rechten Dingen zugegangen ist, was er alles erzählt? Kaum zu glauben. Allerdings springt für Stina eine kleine Wanne aus Metall heraus, die sie sehr gut gebrauchen kann.
Beim Verabschieden singen sie dem Kapitän noch ein gute Nachtlied und er zieht sich die Decke wieder bis hoch zur Nase.
Lena Anderson, die 1939 geboren ist, hat eine ganz besondere luftige Art der Illustration. Mit „Linná im Garten des Malers“, „Linnéas Jahrbuch“, „Die schnellste Bohne der Stadt“ hat sie es zu großem Ruhm und vielen Auszeichnungen (u.a. den Dt.Jugendliteraturpreis) gebracht. Und das zu recht.
Genießen wir den Sommer auf den schwedischen Schären und hoffen, dass auch wir so eine kleine Auszeit nehmen können. Zumindest beim Vorlesen.
Leseprobe
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Hier noch ein altes Video von 2006 mit Jochen Schmidt als Vorleser.
Am Montag ist er ja bei uns im Buchladen.
Das wissen ja wohl nun alle, die diesen Blog hier mitverfolgen.
Schauen Sie vorbei.
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=IUXs_EJVXag]
Freitag
Heute haben
Ludwig Uhland * 1787
Arno Holz * 1863
Geburtstag
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Ludwig Uhland
Lob des Frühlings
Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!
Wenn ich solche Worte singe,
braucht es dann noch große Dinge,
Dich zu preisen, Frühlingstag!
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Alle reden von Spargel ….
wir haben die Weine …
und die Bücher dazu!
Unser Wein kommt vom Weingut Rummel aus Landau in der Pfalz.
Alles bio, alles gut!
Weiss, rosé, rot, Prosecco.
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„Der Gin des Lebens.
Sandy Fawkes kannte ihre Eltern nicht und hatte eine Affäre mit einem Serienmörder. Ihre Rettung war der Alkohol.
Nie vergisst Sandy
Fawkes den Geschmack ihres ersten
Drinks: ein Gin und Orange Cordial.
Es ist die Nachkriegszeit, ihr Kunstprofessor nimmt
sie mit in das legendäre Pub »French House« in Soho.
Und der bittere Gin und der süße Orangensirup bilden
auf Sandys Zunge so etwas wie eine aromatische Metapher auf
ihr zukünftiges Leben, ein biografischer Vorgeschmack auf
eine wilde Künstler- und Trinkerkarriere. »Vielleicht hätte ich schon an diesem Tag dem Alkohol für immer entsagen sollen«, erinnert sich Fawkes, »aber dann hätte ich so viel Spaß und so viele Freundschaften verpasst. Und auch einige Katastrophen.«
Das »French House«, wo der General de Gaulle während des Zweiten Weltkriegs seine berühmte Radioansprache an die Franzosen verfasst haben soll, wo sich Dylan Thomas und Francis Bacon betranken, wird zu Fawkes Wohnzimmer, und das ist ausnahmsweise einmal keine Floskel, denn ein wirkliches Zuhause hat Fawkes nie. Sie kommt aus dem Nirgendwo. Niemand weiß, wer ihre Eltern sind, fest steht nur, dass man im Jahr 1929 am Rand des Grand Union Kanal in London ein kleines Baby findet. Fawkes kommt zu Pflegeeltern, bewahrt keine guten Erinnerungen an diese Zeit und heiratet 1949 den berühmten Jazz-Klarinettisten und Cartoonisten Wally Fawkes. Die beiden haben vier Kinder, eine ihrer Töchter stirbt früh, die Ehe zerbricht. Sandy arbeitet für verschiedene Zeitungen als Modezeichnerin, Moderedakteurin und Kriegsreporterin. 1974 lernt sie in Atlanta, Georgia – natürlich in einer Bar – einen Mann kennen: John Paul Knowles ist schön und geheimnisvoll und aufregend gefährlich, die beiden verbringen einige Nächte miteinander, dann trennen sich ihre Wege, kurze Zeit später wird Knowles von der Polizei verhaftet und bei einem Fluchtversuch erschossen: Er ist einer der brutalsten Serienmörder in der Geschichte der Vereinigten Staaten und hat mindestens 18 Menschen umgebracht. Fawkes, die nichts ahnte von der Gefahr, in der sie schwebte und nur mit sehr viel Glück nicht Knowles 19. Opfer wurde, schreibt über den »Casanova Killer« ein überaus erfolgreiches Buch: »Killing Time«.
Noch berühmter wird Fawkes allerdings als öffentliche Trinkerin, als Salonlöwin und ewiger Stammgast, ein leuchtender Stern in der immerwährenden Schummrigkeit der Pubs, eine Dame in Rock und Pelzhut, mit unstillbarem Durst auf Männer und Gin und Whiskey und Champagner, die, wie Begleiter bemerken, offenbar niemals auf die Toilette muss. Fawkes stirbt 2005 im Alter von 75 Jahren, und dass wir uns so ein Leben kaum als geglückt vorstellen können, sagt wohl vor allem etwas über uns selbst und unser lustfeindliches Zeitalter aus. Heute würde sich in London selbstverständlich kein erfolgreicher Journalist und keine Businesswoman mehr ab zwölf Uhr mittags stilvoll zulaufen lassen. Man joggt lieber in aller Frühe und in bunten Sportklamotten zur Arbeit und ordert zum Low-Carb-Lunch ein stilles Mineralwasser. Sandy Fawkes aber nimmt den Exzess sehr ernst, mit rauschhafter Liebe zum Detail.
Wie man den Exzess aber übersteht, wie man die Nacht durchsäuft und trotzdem am nächsten Morgen präzise Sätze formulieren kann, das verrät Fawkes in ihren „Ernährungsgrundlagen für den leidenschaftlichen Trinker“.
(Der Text stammt von der website des Metrolit Verlages / www.metrolit.de)
Sandy Fawkes: „Ernährungsgrundlagen für den leidenschaftlichen Trinker„
Aus dem Englischen von Ingo Herzke
Mit zahlreichen Illustrationen
Metrolit Verlag € 14,99
Sandy Fawkes (1929–2005), Journalistin, war über 30 Jahre lang ein leuchtender Stern in den Pubs und Bars von Soho/ London. Sie war Stilikone, Kettenraucherin, vertrug enorme Mengen Whiskey und war berüchtigt für ihre Launen.
„Ich möchte das Glas erheben auf all meine Freunde, die mir im Laufe der Jahre Hilfe und Besitand geleistet haben …
Der wichtigste und lauteste Toast gilt jedoch meinen leidenschaftlichen trinkerfreunden, die trotz ihres geschäftigen lebens Zeit gefunden haben, ihre erheiternden Erfahrungen mit den freundlichen Geistern des Alkohols beizutragen“
Sandy Fawkes
London, Oktober 1982
„Dies ist kein Buch für ernsthafte Gesundheitsapostel oder überhaupt für ernsthafte Menschen. Es ist ein Handbuch für das leichtfertige Leben. Wir Trinker spielen in der Welt eine so wichtige Rolle, dass wir auf uns selbst Acht geben sollten. Wir müssen fit bleiben, damit wir auch morgen noch fröhlich Unfug anrichten können.“
Sandy Fawkes
Die Autorin beschreibt in diesem schmalen, sehr schön gemachten Buch (mit vielen Illustrationen von studio grau) ihren Alltag, ihre Trinkgelage und auch, wie man sich nach einer durchgezechten Nacht wieder fir für den nächsten Tag machen kann.
Sie schreibt über Obst und Gemüse, listet diverse Wasser aus verschiedenen Ländernn auf und bewertet sie auch noch.
Sie schreibt über Trinkermelancholie, -schlaflosigkeit, -enthusiasmus und viele andere körperliche Zustände, die vom Alkoholgenuss herrühren.
Im Anhang hat der Metrolit Verlag eine Ernährungsberaterin zugezogen, die Sandy Fawkes‘ Thesen auf den neuesten wissenschaftlichen Stand bringt.
Also kein Panik, dass Sie nach dem Genuss des Buch allzuviel falsch machen.
Rezepte für Drinks und Müsli gehören natürlich genauso dazu.
Ein großer Spaß. Und wenn Sie das Buch nicht allzu ernst nehmen, kommen Sie damit gut durch die Nacht.
Nicht vergessen:
Peter Richter: „Über das Trinken„
Goldmann Verlag € 12,99
Ich verweise Sie hier auf eine Besprechung im Spiegel, in der Sie alles über das Buch erfahren.
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„Black Spring“ von Henry Miller
(gefunden bei unwpl.tumblr.com)
Donnerstag
Unser Buchtipp für entspannte Stunden:
Jordi Puntí: „Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz„
Kiepenheuer & Witsch Verlag € 19,99
als eBook über libreka.de € 17,99
Wahrscheinlich sind Sie auch schon über eine Besprechung des Buches des katalanischen Autoren gestolpert. Die sozialen Medien sind voll davon und vergeben mindestens vier und fünf Sternen.
Wir kennen solche Phänomene, dass noch unbekannte Autoren so ein Ding raushauen. Oft sind es Erstlingswerke, oder einfach solche Bücher wie über den 100jährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand. Bücher, die wir reinfressen und gut finden. Naja, nicht jede Seite, aber doch im großen Ganzen als ein mehr als gelungenes Werk erkennen. Große Unterhaltung, großes Kino. Heute muß man dann schon sagen: Großes Kino in 3D. Ohne das geht ja gar nix mehr.
Bei Jordi Punti gibt es zwar kein 3D, aber ein 4F, oder 4S, oder wie Sie das dann nennen wollen.
Denn Gabriel Delacruz hat vier Frauen und mit ihnen vier Söhne. Naja, werden Sie sagen. Na und. Da kenn‘ ich auch jemanden. Hier abe: Unser Gabriel ist im Waisenhaus aufgewachsen und mit seinem Mitstreiter und Bruder im Geiste Bundó bereist er in einem Umzugslaster ganz Europa. Dabei kommt er in Kontakt zu diversen Frauen. Und halt auch die vier Frauen, die ihm vier Söhne gebären. Christof wurde in Frankfurt geboren, Christopher in London, Christophe in Paris und schließlich Christòfol in Barcelona. Vier sehr ähnliche Namen, damit der Papa nicht durcheinanderkommt, wenn er seine jeweilige Familie für zwei, drei Tage besucht, bevor er wieder weiterzieht.
Diese vier Brüder treffen sich aber erst, als ihr Vater aus seiner Wohnung in Barcelona verschwunden ist und der dort wohnende Sohn in dessen leeren Wohnung Briefe entdeckt, die auf die Existenz von drei weiteren Brüdern hinweisen.
Jordi Punti erzählt mit viel Witz und eingestreuten Anektoden aus dem Leben des Handlungsreisenden Gabriel. Je weiter wir lesen, umsomehr erfahren wir über die fünf Leben. Kleine Durchhänger werden mit einem neuen Feuerwerk wieder wettgemacht und lassen keine Langeweile aufkommen.
Ich mag einfach nicht mehr verraten, um Ihnen den Buchgenuß nicht zu verderben, da ich hoffe, dass Sie sich das dicke Buch mit 600 Seiten in den Urlaub nehmen.
Hier gibt es zumindest eine Leseprobe.
Hier spricht der Autor selbst, wenn Sie ihn verstehen. Haha!
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=gAlSGl_PcDQ]
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Dass Jochen Schmidt am kommenden Montag bei uns liest, habe ich nun schon oft genug geschrieben. Hier liest er selbst aus seinem neuen Buch: „Schneckenmühle“.
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=zTmSf8Pr2fE]
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Der „Ulmer Spickzettel“ schreibt heute:
„Man sagt ja auch, Ulm sei das schönere Italien! Und es stimmt! -)“
Mittwoch
Oh, was für eine Fußballnacht. Sie hat mich doch tatsächlich ein wenig vom Lesen abgehalten.
Live im Radio mit zwei Sprechern. Grossartig, wie die Jungs sich die sprachlichen Bälle zugeworfen haben. Aus dem tickitacka-Spiel der Mannschaft aus Barcelona, wurde dann ein Tackatuckaland, auf das die Bayern die Katalanen geschickt haben.
Das am Welttag des Buches. Sehr passend.
Brot und Spiele, Betrug und großes Geld.
Alles an einem Tag.
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Um ganz ähnliche Themen, wie Betrug, das große Geld, Unterdrückung und Gewalt geht es auch in der Neuerscheinung, die unser Rasmus Vogel heute vorstellt:
Adam Johnson: „Das geraubte Leben des Waisen Jun Do„
Suhrkamp Verlag € 22,95
Wir haben das Buch vor ein paar Tagen schon erwähnt, weil es den Pulitzer Preis 2013 für den besten Roman erhalten hat. Jetzt eine ausführliche Besprechung.
Mitten im Atomkonflikt mit Nordkorea ist ein US-Roman über das ostasiatische Land mit dem begehrten Pulitzerpreis ausgezeichnet worden. „Das geraubte Leben des Waisen Jun Do“ des US-Schriftstellers Adam Johnson.
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, es ist intensiv, spannend, verstörend und poetisch.
„Pak Jun Do hat noch nie einen Film gesehen, kaum je ein Werbeplakat, er findet es merkwürdig, dass woanders Leute Tiere im Haus halten, und wundert sich über Maschinen, die Geld auswerfen. Er kennt keine Ironie, keine Kunst, keine Mode und keine Magazine. Aufgewachsen im nordkoreanischen Waisenhaus »Frohe Zukunft«, ist er ein winziges Rädchen im großen Getriebe der absurd-grausamen Herrschaft des »Geliebten Führers« Kim Jong Il. Nur ein falsches Wort kann jeden sofort ins Lager bringen. Doch mit der Zeit beginnt Jun Do an etwas zu glauben, was stärker ist als Staatstreue: Freundschaft und Liebe. Als er die Schauspielerin Sun Moon trifft, lernt er das bedingungslose Vertrauen in einen anderen Menschen kennen. Und nur dafür lohnt es sich zu überleben.“
Adam Johnson, schreibt wunderbar fesselnd und spannend, auch wenn dem Leser ab und an Zweifel an Johnsons Psychologie kommen mag, den so manchen Protagonisten hätte man genauso gut irgendwo an die amerikanische Westküste versetzen können.
So verkörpert etwa der junge Held des Romans Jun Do, alle möglichen westlichen Ideal, die er gar nicht kennt und „denkt“ allzu oft wie ein ziemlich normaler Europäer oder Amerikaner.
Adam Johnson ist ein begnadeter Atmosphären Schaffer und Beschreiber des Netzes der Angst, Brutalität und Absurdität Nordkoreas, aber ein miserabler Psychologe und so sind die Nordkoreaner in seinem Buch eigentlich nicht wirklich anders als irgendein Cowboy irgendwo in Texas.
Mit seinen Beschreibungen Nordkoreas, dürfte er allerdings extrem nah der Wirklichkeit kommen. So kann man auf diversen Webseiten, sowie in mancher Zeitschrift (Le Monde diplomatique, Lettre International u.a.) Berichte von Nordkorea -Kennern und Koreaner selbst lesen, die erahnen lassen wie gut Johnson beschreibt, was eigentlich unsagbar bleiben müsste.
Meine Empfehlung, alle die sich für Nordkorea und wie diese Diktatur funktioniert, ein Leben in dauernder Ungewissheit und Angst interessieren , würde ich dieses Buch ans Herz legen.
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=O51xPDh0-20]
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=wFZs6ZSkapw]
Leseprobe
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Noch ne Leseprobe aus der Schneckenmühle von Jochen Schmidt.
Lesung bei uns am kommenden Montag, den 29.4. um 19 Uhr.
„Schon von weitem sehe ich in der Halle die ersten Kinder und ihre Eltern, genau, wie ich es geträumt habe, aber jetzt ist es Wirklichkeit. Den Kleineren gucken die Köpfe von Stofftieren aus den Rucksäcken, manche Kinder weinen schon. Die älteren Mädchen haben Haarlocken vor den Augen und schielen gelangweilt drunter hervor, sie wirken so, als sei jede Bewegung, die sie machen müssen, eine Zumutung für sie, aber warten tun sie auch nicht gerne. Ein Mädchen mit Strumpfhose und einem kleinen Köfferchen streitet sich mit seiner Mutter, die nicht bis zur Abfahrt bleiben soll. Meine Mutter schiebt mich zu einem traurig guckenden Mädchen mit langen, schwarzen Haaren, dessen Eltern sie kennt und mit dem ich deshalb jetzt mal reden soll. Sie ist größer als ich, und ich fürchte, daß die Peinlichkeit ihrer Cordhosen mit Schlag auf mich abfärben könnte. Eine energische, ältere Frau ruft mit einem Megaphon Namen von einer Liste auf, die Kinder werden gruppenweise einem Leiter zugeordnet, der mit seinem Vornamen vorgestellt wird. «Gruppe Wulf», «Gruppe Uschi» … Meine Mutter sagt lachend zu Wulf, er solle ruhig
streng mit mir sein, wenn mir «das Fell juckt». Wulf hat einen Igel, das wirkt, als hätte er eigentlich lange Haare gehabt, die er sich aus irgendwelchen Gründen abschneiden
mußte, wahrscheinlich bei der Armee. Sehr zu meiner Freude hat er eine Nickelbrille. Solche Brillen trägt man bei der Bundeswehr unter der Gasmaske, meine Schwester hat sich so eine zu Weihnachten gewünscht, mit stählernem, grünem Etui, über das ein Panzer rollen kann. Auf einem Zettelchen im Samtfutter notiert man Name und Blutgruppe, falls man dann nicht mehr in der Lage ist zu sprechen. Mit so einer Brille sieht man aus wie John Lennon, und überall, wo man einen wie John Lennon aussehen sieht, lohnt es sich, ein Stück hinterherzulaufen.“
(Alle Rechte beim C.H.Beck Verlag)
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Neues aus der New Yorker Untergrund Bibliothek:
„The Cather in the Rye“ von J.D.Salinger
(gefunden bei unypl.tumblr.com)
Dienstag (Welttag des Buches)
Heute (am Welttag des Buches) haben
Shakepeares * 1564
Cervantes * 1616
Vladimir Nabokov * 1899
Halldór Laxness * 1902
Geburtstag
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Ich hoffe, Sie haben die SWP von gestern nicht so genau gelesen und nicht alles gelaubt, was dort stand. Sie machte nämlich zweimal (2x !!) Werbung für die Jochen Schmidt-Lesung, die sie allerdings für den gestrigen Montag und nicht für den kommenden 29.4. angekündigt hatte.
Hier also noch ein Schmidt-Schneckenmühle-Schnitzel:
„Wir sitzen im Wartburg, der laut Fahrzeugbrief dieselbe Farbe hat wie die Sahara, aber leider kein Schiebedach und nur eine Lenkradschaltung statt diesem Knüppel zwischen Fahrer- und Beifahrersitz. In manchen Taxis sind im Schaltknüppelknauf kleine Figuren eingelassen, wie in Bernstein. «Rechts ist frei», sagt meine Mutter an jeder Kreuzung, nachdem sie sich vorgebeugt und Ausschau gehalten hat. Ich möchte, daß wir ein Motorrad überholen, das uns überholt hat. «Wir machen keine Wettrennen», sagt meine Mutter, «das ist gefährlich.» Aus Langeweile zähle ich meine Lieblingsverkehrsschilder, die mit dem gelben Viereck. Es gefällt mir, daß man diesem Schild überhaupt nicht ansieht, was es bedeutet. Der weiße Rand sieht aus wie die durchsichtigen Plastedinger, die beim Einzug in unserer Wohnung auf allen Lichtschaltern steckten, damit die Tapete von den Berührungen der Finger keine Flecken bekam. Nach und nach sind sie verschwunden, und jetzt gehören sie zu den Dingen, ohne die es auch irgendwie geht, wie die Korrekturtaste von der alten Schreibmaschine, die durch ein Kügelchen aus Heftpflaster ersetzt worden ist, der Tonabnehmer vom Plattenspieler (auf dem neuen muß immer ein 20-Pfennig-Stück liegen, damit er nicht springt) und die eine blaue Figur vom „Malefiz“-Spiel, für die wir einen schmächtigeren, unlackierten Stein nehmen, den «Ersatzmann». Bei Irina ist der Lichtschalter-Schutz noch in allen Zimmern vorhanden, habe ich einmal gesehen, als ich ihrer Mutter, die aussieht wie Mireille Mathieu, einen Brief von meiner Mutter bringen mußte. Wir parken vor dem Bahnhof Lichtenberg, hier ist der
Klassenlehrerin meines Bruders der Motor aus dem Auto geklaut worden, er war nach einer Nacht auf dem Parkplatz einfach weg. Das hat uns amüsiert, weil sie «eine Überzeugte» ist. Mein Vater zeigt uns wieder einmal die Buchstaben über der Brücke, «S» für S-Bahn und «U» für U-Bahn. Er behauptet, früher hätten sie andersrum gehangen, so daß es wie «US» aussah, weil das aber eine verhaßte Abkürzung war, hat man die Reihenfolge zu «SU» umgekehrt. Es gibt ja Leute, die nennen die Sowjetunion «die SU». Zu Westgeld sagen sie «Valuta» und zum Westen «Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet».“
(Rechte beim C.H.Beck Verlag)
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Mitarbeiter Rasmus Vogel empfiehlt wärmstens:
Das Buch als Magazin
Nr.1 € 12,00
Zu kaufen u.a. in unserer Buchhandlung.
Man hörte es durch so manches Feuilleton schallen, da gibt es jetzt ein neues Literatur Magazin …und gut soll es auch sein.
Das Prinzip von „Das Buch als Magazin“ ist schnell erklärt: „Im ersten Teil des Heftes wird ein Klassiker der Literaturgeschichte abgedruckt, gestaltet wie eine Reportage.Im zweiten Teil, Geschichten aus dem Alltag unserer Gegenwart, die sich mehr oder weniger deutlich oder vorsichtig auf das Buch beziehen. So wird Literatur und Journalismus miteinander verknüpft. Vergangenheit und Gegenwart.“
Peter Wagner und Joanna Swistiwski haben sich an ein ambitioniertes Projekt gewagt, klassische Literatur als Teil unseres Lebens und somit in ihrer Bedeutung für die Gegenwart zu kennzeichnen.
Die erste Ausgabe widmet sich Kafkas „Verwandlung“, hundert Jahre nach Vollendung der Erzählung.
Was zunächst beeindruckt, das Heft kommt ohne Werbung daher und wurde von den beiden aus eigener Tasche finanziert. Auch die Autoren haben alle unentgeltlich die Feder gezückt. Die Aufmachung ist recht edel ohne zu protzen und mit 12€ eher im mittleren Preissegment.
Schön gemacht sind die Randnotizen, die kleine Anekdoten zur „Verwandlung“ oder Kafkas Leben erzählen, mal bekannt, mal gänzlich unbekannt.
In den Geschichten und Reportagen die Kafkas Verwandlung nachfolgen, sind die Bezüge manchmal recht gut gelungen und man bekommt tatsächlich Lust viel mehr Kafka zu lesen.
Dennoch erscheint zunächst die Idee genialer, als die Umsetzung, denn gerade wenn man Kafkas Verwandlung gelesen hat, kühlt das Niveau doch recht schnell ab, so z.B. bei Elke Heidenreichs Versuch sich Kakfa zu nähern, da tun sich nach meinem Empfinden, nicht nur qualitative Stufen auf, sondern Welten. Aber nichtsdestotrotz ist es ein lohnendes Literaturmagazin mit großem Potenzial für das, was da kommen mag.
Meine Empfehlung, einfach reinlesen, wenn man von dem Prinzip des Magazins weiß, wird man schnell merken ob man etwas damit anfangen kann oder nicht.
Auf jedenfall, eine Empfehlung für den Deutschlehrer.
Hier die website von „Das Buch als Magazin„
Das zweite Heft wird im Herbst dieses Jahres erscheinen und sich – sehr wahrscheinlich – mit Georg Büchners „Woyzeck“ befassen.
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„How To Be a Man A Guide To Style and Behavior For The Modern Gentleman“ von Glenn O’Brien
(Rechte bei unypl.com)
Montag
Heute haben
Henry Fielding * 1707
G.Gabrera Infante * 1929
Geburtstag
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Gestern wurde Elizabeth II 87 Jahre alt und durch Alan Bennetts Roman: „Die souveräne Leserin“ wissen wir ja, dass sie im Alter (wieder) zur Leserin geworden ist.
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Mein Buchtipp des Tages ist eine Erzählung von Ralf Rothmann, die gerade in der sehr schön gestalteten Insel Bücherei-Ausgabe erschienen ist, die auch in dem brandneuen Taschenbuch „Shakespeares Hühner“ zu finden ist.
Sie können nun wählen.
Ralf Rothmann: „Sterne tief unten„
Insel Bücherei € 11,95
„Shakespeares Hühner„
Suhrkamp Taschenbuch € 8,99
Ein Hilfsarbeiter, der Onkel Gabi genannt wird, arbeitet als Pfleger der untersten Kategorie, in einer Klinik. Er bekommt von seinem Vorgesetzten einen Wochenendzusatzjob, in dem er in der Pathologie die Leichen umbetten kann. Gabi hat riesige Kräfte und schleppt locker zwei Zentner Kartoffeln in der Klinikküche. Er wohl eine Knastzeit hinter sich, lebt allein und kontaktarm. Erst mit dieser neuen Arbeit kommt er ins Gespräch mit einem anderen Menschen. Ein Nachbarsjunge spricht ihn über den Zaun an. Hier trifft die Welt der Toten auf das quirllige Leben des sehr aufgeweckten Jungen aus gutem Hause. Gabi verheimlicht ihm, dass es sich hier um Tote handelt, die er zu transportieren hat. Er sagt ihm irgendetwas von einem Aufwachraum nach einer OP. Diese wenigen, aber sehr intensiven Gespräche, gewähren Gabi Einblick in das Leben dieser sehr wohlhabenden Familie. Lange hält diese Art von Freundschaft jedoch nicht, da die Nachbarn wegziehen. Diese Nähe zeigt sich dann auch in einem Satz, in dem Ralf Rothmann schreibt, wie Gabi die Wärme des Jungenkopfes in seinen Händen hält. Es zeigt so etwas wie Erotik in dieser Totenwelt.
Gabi „stolpert“ gleichzeitig auf einen Frau, die ihn im Freibad mit einem Handtuch zugedeckt hat, als er eingeschlafen und die Sonne auf ihn gewandert ist. Auch hier kommt es zu einer Annäherung und wir dürfen uns auf ein Happy end freuen, oder wie interpretieren Sie den Schluss? Ich bin mal gespannt.
Ralf Rothmann ist für mich einer der besten Geschichtenerzähler. Vor einiger Zeit habe ich hier ein Insel Bändchen mit zwei Erzählungen von ihm vorgestellt. Auch dort dreht es sich um’s Sterben und eine Erzählung spielt auch in einem Krankenhaus und in einerm Freibad. Dazu mehr in den folgenden Dokumenten.
Leseprobe aus: „Sterne tief unten“
Ralf Rothmann liest aus „Alte Zwinger“ aus dem Erzählband: „Shakespeares Hühner“
http://www.suhrkamp.de/mediathek/ralf_rothmann_liest_aus_shakespeares_huehner_488.html
Ralf Rothmann liest aus der Erzählung „Schicke Mütze“ aus dem Erzählband: „Gethsemane“
http://www.suhrkamp.de/mediathek/ralf_rothmann_liest_aus_gethsemane_540.html
(Alle Rechte beim Suhrkamp und Insel Verlag)
Sonntag
Guten Morgen,
heuet dauert es noch ein wenig mit meinem Blog-Eintrag.
Gestern abend war ich in Geislingen bei einem wundervollen Konzert mit dem wunderbaren Stoppok.
Stefan Stopok erwähnte bei seinem Konzert dieses Video, das in Kalkutta aufgenommen worden ist. Seine Zuhörer konnten wohl gar nichts mit dieser Musik anfangen und ihm war auch alles fremd. dazu noch 41 Grad.
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=jfwFgALp38g]
Heute morgen ein spätes Frühstück mit Thea Dorn und u.a. Elke Heidenreich und vielen Büchern.
Kurbjuweits: „Angst“ und Chris Wares: „Jimmy Corrington“.
Jetzt gerade Amy Waldman („Der amerikanische Architekt), die auf diesem Blog auch schon besprochen worden ist. Dann noch Botho Strauss, Le Carré und Amy Waldman.
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Hier kommt er doch noch der Buchtipp des Tages:
Patrick Modiano und Jean-Jacques Sempé:
„Catherine die kleine Tänzerin„
Diogenes Verlag € 14,90
Aus dem Französischen von Ingrid Altrichter
„In New York schneit es heute. Ich schaue aus dem Fenster meiner Wohnung in der neunundfünfzigsten Straße auf das Haus gegenüber, in dem die Ballettschule liegt, die ich leite. Hinter den breiten Glasscheiben sehe ich die Mädchen in ihren enganliegenden Trikots. Sie haben gerade ihr Spitzen- und Sprungtraining beendet. Zur Entspannung zeigt ihnen meine Tochter, die als Assistentin mit mir zusammenarbeitet, einen Tanzschritt zu Jazzmusik. Ich werde gleich hinübergehen.“
Catherine, die kleine Tänzerin ist die Geschichte eines kleinen Mädchens und ihres Papas, die in Paris leben, während die Mama, eine Primaballerina, weit weg ist. Das Leben in Paris ist nicht immer leicht: Catherine muss sich den harten Regeln der Schule und der Ballettlehrerin beugen und ihr Vater den rauhen Gesetzen der Geschäftswelt.
Was sich hier etwas tragisch liest, ist natürlich mit einem hintergründigen Witz und französischer Leichtigkeit erzählt, wie wir ihn aus den Bücher von Sempé kennen, obwohl er hier nur die Illustrationen beigetragen hat.
Catherine merkt, dass da noch mehr dahintersteckt, warum ihre Mamá nicht bei ihnen lebt. Die Geschäfte ihres Vaters sind mehr als undurchsichtig. Einmal erwähnt er, dass er in seinem Lager eigentlich nur mit Kartons handelt. Es kommen welche rein und verlassen dann mit (anderen) Papieren wieder die Halle.
Schön sind die Passagen mit den Brillen der beiden. Wenn sie die nämlich abnehmen, dann verschwinden sie in eine andere Welt. Alles ist so schön verschwommen und die Angst lässt nach. Zusätzlich meinen sie sogar weniger zu hören ohne ihre Brillen.
Dass es dann doch noch zu einem Happy End in New York kommt, dazu braucht es einige Windungen und Zufälle.
Insgesamt eine tolle Wiederentdeckung und Neuauflage, der ich viel Erfolg wünsche.
Der Diogenes Verlag ist ein Meister, seine älteren Bücher in neuer Verpackung wieder auf den Markt zu bringen. ehr gut so in diesem Fall.
Traumhaft schön, zum Verlieben schräg romantisch.
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Unser neuer „Ulmer“ ist erschienen!
In Papierform im Laden und als pdf auf diesem Blog.
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Noch ein Jochen Schmidt-Schneckenmühle-Happen:
„Eine Flasche klirrt, ein Besoffener singt ein paar Worte, er hat das Echo der Blöcke für sich allein. Zwei Katzen gehen fauchend aufeinander los, es klingt wie jammernde Babys. Ich übe mit zwei Fingern küssen, der Zeigefinger berührt die Oberlippe und der Mittelfinger die Unterlippe, so wird sich das anfühlen, aber natürlich wird dann etwas in meinem Kopf passieren, wovon ich noch keine Vorstellung habe, jedenfalls hoffentlich, das kann ja wohl nicht das selbe Gefühl wie mit den Fingern sein. Wenn man die Zunge in den Mund der Frau schiebt, imitiere das «den Penetrationsvorgang», stand in «Denkst du schon an Liebe». Auf dem Inneneinband des Buchs sind mit Füller in Kinderschrift geschriebene Fragen zu lesen: «Wie muß man an seine Freundin herangehen, damit sie mich liebt?» Ich war davon ausgegangen, daß die Antworten im Buch standen, und habe es immer wieder von vorne durchgeblättert und dabei jedesmal etwas genauer gelesen, aber ich habe nichts finden können. Warum kann ich nicht tanzen? Und jetzt ist es zu spät, weil es schon alle wissen, jetzt kann ich nicht mehr unbemerkt damit anfangen. Alle würden ganz genau beobachten, wie ich mich anstelle. Ich fühle mich wie der am schlechtesten behandelte Mensch der Welt, als sei ich bei der Speisung der Fünftausend als einziger übersehen worden. Wie der Junge, der alleine im Regen auf dem Dorfplatz wartet, weil ihm keiner gesagt hat, daß der Rummel in diesem Jahr nicht kommt. Irgendwann werden sie mich entdecken und sich den Mund zuhalten vor Entsetzen über ihr Mißgeschick. Ich denke gern an diesen Moment, dafür wird sich das Warten gelohnt haben.“
Lesung am Montag, den 29.4. um 19 Uhr bei uns in der Buchhandlung.