Heute haben
Giorgos Seferis * 1900
Ralph Ellison * 1914
Franz Hohler * 1943
Delphine de Vigan * 1966
Franzobel * 1967
Geburtstag.
Aber auch Frédédric Chopin und Glenn Miller.
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Unser Tipp für heute, morgen und die nächsten Jahre:
Lot Vekemans: „Ein Brautkleid aus Warschau„
Aus dem Niederländischen von Eva M. Pieper und Alexandra Schmiedebach
Wallstein Verlag € 19,90
als E-Book € 15,99
Auf der Frankfurter Buchmesse traf ich Claudia Hillebrand vom Wallstein Verlag, die dort den Vertrieb leitet. Sie schwärmte damals von einem Buch, das erst im Februar 2016 erscheinen soll, von dem aber alle im Verlag begeistert sind. Es ging um Lot Vekemans ersten Roman „Ein Brautkleid aus Warschau“. Claudia Hillebrand schickte mir ein paar Tage danach eine digitale Version für meinen E-Reader und ich versprach ihr, mich sofort nach der Lektüre bei ihr zu melden. Das habe ich auch wirklich gemacht, aber leider erst gestern, Ende Februar 2016 und nicht schon Ende Oktober 2015, wie ich es geplant hatte. Immer wieder kamen andere Bücher dazwischen, wurden vorgeschoben, immer in der Hoffnung, dass diese Lektüre wichtiger sei, als die, die auf meinem Reader auf mich wartet. Am Sonntag begann ich endlich mit dem Buch und ich war völlig aus dem Häuschen. Gestern morgen las ich dann noch die letzten 20 Seiten und habe sofort im Wallstein Verlag angerufen, um Frau Hillebrand (mit einer ordentlichen Verspätung) von diesem Erstling vorzuschwärmen.
Mittlerweile gibt es im Netz, bei den Bloggern, schon ein paar sehr gute Besprechungen und eine grobe Inhaltsangabe bietet auch der Verlag auf seiner Homepage. Was soll ich also nochmals die Handlung wiedergeben. Die bekommen Sie sicherlich in den nächsten Tagen und Wochen mehrfach zu lesen.
Das Buch beginnt in Polen und die junge, hübsche Marlena verliebt sich in einen US-Amerikaner, der wieder in die USA zurückgeht, ohne zu wissen, dass sie schwanger von ihm ist. Drei Männer spielen im Leben von Marlene wichtige Rollen. Bei genauer Zählung sind es sogar vier.
Lot Vekemans lässt ihren Roman von drei Personen erzählen, denen sie jeweils ein eigenes Kapitel gibt. Es sind dies Marlena, Andries, ein holländischer Bauern, den sie über eine Agentur kennenlernt und heiratet und Szymon, der in Polen ein Hotel führt, in dem Marlena gearbeitet hat, als sie Natan, den Amerikaner trifft.
Andries weiß, dass Marlenas Sohn Stan nicht von ihm ist, er liebt ihn aber wie einen eigenen. Er redet nicht viel, handelt aber ehrlich und ist voller wahrer Gefühle. Szymon wollte vor Jahren nur das beste für Marlena und bringt deren Biografie durch sein Handeln in extreme Schieflage. Wir merken sehr schnell, dass all diese einzelnen Biografien eng mit einander verbunden sind. Und wenn eine Person etwas unternimmt, hat dies zwangsläufig Auswirkungen auf die andere(n). Alles ist mit einander verwoben. Auch die Geschichten der älteren Generationen, denn dort beginnt schon eine erste Flucht von Polen nach Holland, als letzte Rettung vor der Tötungsmaschinerie der Nazis. Dass dies alles miteiander zusammenhängt, wird von Seite zu Seite klarer. Nichts bleibt ohne Wirkung. Alles ist miteinander verzahnt. Schicksale stehen nicht solitär, sondern hängen von anderen Schicksalen ab. Es gibt zwei Menschen, die sich beim ersten Blick ineinander verlieben und durch „Freundschaftsdienste“ anderer nicht zueinander finden. Handlungen erzeugen Gegenhandlungen und Marlena bleibt eine Suchende, eine Fliehende, eine, die nicht glücklich ist, mit dem was sie hat, weil sie das sucht, das sie nicht mehr finden kann.
Lot Vekemans plante eigentlich ein neues Theaterstück (ihr Stück „Gift“ war letztes Jahr auf dem Spielplan des Theaters Ulm), in dem ein Bus voll lauter Holländer nach Polen fährt. Es war jedoch relativ schnell klar, dass Marlena einen zu großen Platz im Text inne hatte. Die Autorin fügte weitere Figuren dazu und ließ sie zu sich sprechen und notierte auf, was sie von ihnen hörte.
Mit diesem Debüt ist ihr ein großartiger Roman gelungen, der tief unter die Haut geht, zum Teil tiefe Trauer ausstrahlt und doch immer wieder voller Hoffnung ist und mit irrwitzigen Wendungen aufwartet. Ein Lesevergnügen, wie ich es selten in Händen gehalten habe. Ein Roman, der mit dem großen Netz des Lebens spielt, der voller Hoffnung ist, auch wenn der Weg komplett verstellt und die Sehnsucht kaum mehr auszuhalten ist.
Leseprobe
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Werner Färbers Ungereimtheiten der Woche
Erwicht – 114
Auf dem Bett erkalten zwei nackte
Ehebrecher schon seit Stunden.
Zur Zeit, als die Diele leis‘ knackte,
war’n sie ineinander verwunden.
Schal steht herum der Spumanti,
den sie vor dem Sex noch genossen.
Der Ehemann hat in Flagranti
sie mit einer Kugel erschossen.
Das Beuteltier
Langer Rüssel, dünner Schwanz,
den man aufrollt gar und ganz,
kennzeichnen das Beuteltier,
welches ich beschreibe hier.
Als Saugetier steht’s in der Ecke,
wartet dass man es zum Zwecke
der Reinigung durchs Zimmer schiebt,
weil es nämlich Schmutz sehr liebt.
Heulend, johlend frisst es alles
und verschluckt im Fall des Falles,
auch Dinge, die’s nicht fressen soll.
Schwups, schon ist der Beutel voll!
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Heute abend ab 19 Uhr lesen Marion Weidenfeld und Clemens Grote aus vier neuen Romanen vor. Die Titel (mit Inhaltsangaben) finden Sie auf unserer neugestalteten Hompage: www.jastram-buecher.de
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