Montag, 18.Januar

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Heute haben
Franz Blei * 1871
Arno Schmidt * 1914
Peter Stamm * 1963
Geburtstag

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Meine Anzeige zeigt -15.
Das wird hart
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Sarah Kuttner:180 Grad Meer
S.Fischer Verlag € 18,99

Wenn FernsehmoderatorInnen Bücher schreiben, wird das meist schwierig. Sarah Kuttner legt jetzt ihren dritten Roman vor. Kann das gutgehen? Der erste Roman war ja wirklich sehr flott, aber irgendwie doch im Fahrwasser von diversen anderen Fernsehmädels. „180 Grad Meer“ liegt vor mir, Sarah Kuttner lächelt mich an und ich beginne zu lesen. Sofort wird mir klar, dass sie dazugelernt hat, dass die ersten Zeilen reinflutschen und auch nach 20 Seiten keine Plattheiten aufgetaucht sind. Sarah Kuttners dritter Roman liest sich sehr flott. Sie trifft den Ton der Zeit, hat ihren eigenen weiterentwickelt und sich weggedreht von der persönlichen Befindlichkeitstour.
Prima. Gut gemacht.
Ihre Hauptperson Jule liebt sich nicht, ihre Mitmenschen auch nicht unbedingt und die Welt findet sie eh fragwürdig. Ihr Geld verdient sie als Sängerin in einem Club. Sie singt versoulte Hits hoch und runter. Die Menschen wollen abends etwas Soul, möchten mitwippen und einen mehr als normal trinken. Ja, das hat Seele. Für Jule: Sie findet es grausam, steckt ihre Gage ein, hat ein kleines Verhältnis mit dem Barbesitzer und fährt heim zu ihrem Freund.

„Das fand ich irgendwie interessant: was ist, wenn man sich selber nicht besonders gut leiden kann?“, sagt Sarah Kuttner. „Wie kann ein Mensch sein Leben tatsächlich leben, wenn er sich selber furchtbar findet?“

Sarah Kuttner beobachtet genau, kennt sich in dieser Szene sehr gut aus und verteilt locker Spitzen. Sie ist mit sich mehr als unzufrieden, findet aber keinen Weg aus dieser verfahrenen Situation. Erst ein Streit mit ihrem Freund, bringt sie dazu, in ein Flugzeug zu steigen und zu ihrem Bruder nach London zu fliegen. Dort angekommen, wird sie zu Jules (So nennt sie eine Mitbewohnerin der WG). Sie fühlt sich freier, anders, ist immer auf Entdeckungstour, beobachtet genau und versucht hier etwas Boden unter die Füße zu bekommen.
Von ihrer Mutter will sie nichts wissen. Deren Plattheiten nerven sie ungemein. Als sie jedoch von ihrem Bruder erfährt, dass ihr Vater, der getrennt von der Familie in England lebt, an Krebs erkannt ist und nicht mehr lange zu leben hat, macht sie sich auf den Weg.

„Vermutlich ist es Befindlichkeitsliteratur. Es geht schon immer sehr um das Innenleben von einem Menschen“, sagt Kuttner. „Ich mag Psychologie. Ich mag zu wissen, warum wir sind, wie wir sind. Ich mag Zusammenhänge-Kapieren, für mich persönlich, an Freunden.“

180 Grad Meer ist Jules großer Traum. Das Leben kann noch so bescheiden sein. Eines kann ihre Stimmung heben. Das Meer. Am Strand zu stehen und das Meer vor sich zu haben. Aber nicht nur irgendwie mit Sand und Wasser. Nein, das sollte dann schon den ganzen Horizont ausfüllen. 180 Grad, Breitwand. Und: Keine Sonne, die nervt.
Sarah Kutter hat hier einen flotten, bissigen, frechen Roman geschrieben. Ein Road-Movie über eine junge Frau auf der Suche. Und dies alles in einer flüssigen Sprache, mit Passagen, die ich gerne unterstreichen würde. Mit Schmunzelecken und solchen, wo sie mich als Leser voll trifft. Peng! Zack!
Sie weiß von Sie schreibt.
Sehr zum empfehlen.

Sarah Kuttner kommt ins Ulmer ROXY.
Montag, 14.03.2016 um 20 Uhr
ROXY, Werkhalle

Leseprobe
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Werner Färbers montägliche Ungereimtheiten
Diesmal passt es sogar zum Buchtipp

Selbstfindung

Ich seh‘ mich direkt vor mir gehen,
an einem Kiosk bleib ich stehen,
um ’nen Coffee to go zu kaufen,
den schlürf‘ ich dann im Weiterlaufen.
Und während ich den Kaffee trinke,
heb ich kurz die Hand und winke
mir zu und seh genauer hin
und stelle fest, dass ich’s nicht bin.

Hamster am Rade CCCIV

Ein Hamster fand sein Leben fad,
lief er doch stets im selben Rad.
Er schaffte sich ein zweites an,
damit er wechselnd radeln kann.