Heute haben
Alfred Kubin * 1877
Stefan Heym * 1913
Claudio Magris * 1939
Paul Theroux * 1941
Geburtstag.
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Kathryn Erskine: „Schwarzweiss hat viele Farben„
Knesebeck Verlag € 14,95
Ein kleines, großes Wunder ist dieses Buch. Der erste Blick auf den Umschlag lässt mich zuerst ratlos zurück. Dann lese ich, dass das Buch den us-amerikanischen National Book Award erhalten hat. Also doch dem Buch noch ne Chance geben, da die letzten prämierten Bücher wirklich klasse waren.
Es geht um die zehnjährige Caitlin, die am Asperger-Syndrom erkrankt ist. Aber das ist noch nicht alles. In ihrer Familie gab es schon einige Schicksalsschläge. Ihre Mutter ist frühzeitig an Krebs gestorben und ihr Vater hat Caitlin und ihren älteren Bruder Devon allein erzogen. Es gab eine Schiesserei in der Schule, in der Devon getötet wurde. Mit ihm auch weitere Schülerin und seine Lehrerin. Schlimmer könnte es nicht kommen. Für die Schule und hauptsächlich für die kleine Familie. Caitlins Vater ertrinkt fast vor Trauer. Caitlin dagegen hat durch ihre Krankheit eine ganz andere Art der Wahrnehmung, die durch eine eigenwillige Emotionslosigkeit geprägt ist. Sie hat ihre Vorgaben, ihre Listen, an denen sie sich entlanghangelt und dank ihrer Schulpsychologin und ihrem Vater kommt sie damit ganz gut durch ihren Alltag. Devon war jedoch die Ansprechperson Nummer eins. Er hatte wohl einen sehr guten Draht zu ihr. Sie hingegen verkriecht sich, versteckt sich, hat Probleme mit Augen- und hauptsächlich Körperkontakt. Lesen ist ihre wahre Leidenschaft. Dort ist sie ungestört und eignet sich damit ein großes Wissen an. Immer schaut sie Worte nach, die ihr nichts sagen. Sie erkennt Bruchstücke von Worten und interpretiert sie in ihrer Art. Das Wörterbuch ist ihre große Stütze.
Kontaktaufnahme mit anderen Schülern ist schon immer ein Problem und sie interpretiert dabei auch Schulszenen oft falsch. Eines Tages trifft sie auf dem Schulhof einen Erstklässler, der traurig alleine dasitzt. Im Gespräch mit ihm stellt sich heraus, dass er der Sohn der erschossenen Lehrerin ist. Somit haben die beiden eine Gemeinsamkeit. Daraus entwicklet sich eine schöne, zarte Freundschaft.
Und jetzt sind wir beim eigentlichen Thema dieses Buches. Es ist Freundschaft. Wie kann ich nach so einem Schicksalsschlag weitermachen, weiterleben? Das geht nur, wenn wir gute Freunde haben. Wenn wir uns nicht in unserer eigenen Trauer vergraben. Caitlin versucht sich daran. Sie möchte helfen, sie möchte verstehen, sie möchte Empathie entwicklen, wie es ihre Schulpsychologie von ihr immer fordert. Und tatsächlich schafft sie es ihren Vater zu überzeugen, dass sie gemeinsam ein Projekt von Devon zuende bringen. Was ihnen beiden und der ganzen Schule hilft.
Es gäbe noch so viel über dieses Buch zu schreiben. Über den Originaltitel, der doppelt und dreifach mit dem Wort Mocking Bird spielt und so vieles mehr. Mit dem deutschen Titel, der auf eine Wesensart von Caitlin abzielt.
Ein unglaublich warmherziges Buch, das ich nicht mehr aus der Hand legen wollte. Verschlungen habe ich es und mit wohligem Herzen auf die Seite gelegt. Kathryn Erskine hat zwar ein Schulmassaker als Anlass für ihr Buch genommen, aber es geht weit über dieses Thema hinaus.
Ich lege es allen Jugendlichen und hauptsächlich Erwachsenen in die Hand.
Trailer, der aus einem Schul-Kunst-Projekt entstanden ist.