Sonntag

Guten Morgen,
heuet dauert es noch ein wenig mit meinem Blog-Eintrag.
Gestern abend war ich in Geislingen bei einem wundervollen Konzert mit dem wunderbaren Stoppok.

Stefan Stopok erwähnte bei seinem Konzert dieses Video, das in Kalkutta aufgenommen worden ist. Seine Zuhörer konnten wohl gar nichts mit dieser Musik anfangen und ihm war auch alles fremd. dazu noch 41 Grad.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=jfwFgALp38g]

Heute morgen ein spätes Frühstück mit Thea Dorn und u.a. Elke Heidenreich und vielen Büchern.
Kurbjuweits: „Angst“ und Chris Wares: „Jimmy Corrington“.
Jetzt gerade Amy Waldman („Der amerikanische Architekt), die auf diesem Blog auch schon besprochen worden ist. Dann noch Botho Strauss, Le Carré und Amy Waldman.
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Hier kommt er doch noch der Buchtipp des Tages:

978-3-257-01162-3

Patrick Modiano und Jean-Jacques Sempé:
Catherine die kleine Tänzerin
Diogenes Verlag € 14,90
Aus dem Französischen von Ingrid Altrichter

„In New York schneit es heute. Ich schaue aus dem Fenster meiner Wohnung in der neunundfünfzigsten Straße auf das Haus gegenüber, in dem die Ballettschule liegt, die ich leite. Hinter den breiten Glasscheiben sehe ich die Mädchen in ihren enganliegenden Trikots. Sie haben gerade ihr Spitzen- und Sprungtraining beendet. Zur Entspannung zeigt ihnen meine Tochter, die als Assistentin mit mir zusammenarbeitet, einen Tanzschritt zu Jazzmusik. Ich werde gleich hinübergehen.“

Catherine, die kleine Tänzerin ist die Geschichte eines kleinen Mädchens und ihres Papas, die in Paris leben, während die Mama, eine Primaballerina, weit weg ist. Das Leben in Paris ist nicht immer leicht: Catherine muss sich den harten Regeln der Schule und der Ballettlehrerin beugen und ihr Vater den rauhen Gesetzen der Geschäftswelt.
Was sich hier etwas tragisch liest, ist natürlich mit einem hintergründigen Witz und französischer Leichtigkeit erzählt, wie wir ihn aus den Bücher von Sempé kennen, obwohl er hier nur die Illustrationen beigetragen hat.
Catherine merkt, dass da noch mehr dahintersteckt, warum ihre Mamá nicht bei ihnen lebt. Die Geschäfte ihres Vaters sind mehr als undurchsichtig. Einmal erwähnt er, dass er in seinem Lager eigentlich nur mit Kartons handelt. Es kommen welche rein und verlassen dann mit (anderen) Papieren wieder die Halle.
Schön sind die Passagen mit den Brillen der beiden. Wenn sie die nämlich abnehmen, dann verschwinden sie in eine andere Welt. Alles ist so schön verschwommen und die Angst lässt nach. Zusätzlich meinen sie sogar weniger zu hören ohne ihre Brillen.
Dass es dann doch noch zu einem Happy End in New York kommt, dazu braucht es einige Windungen und Zufälle.
Insgesamt eine tolle Wiederentdeckung und Neuauflage, der ich viel Erfolg wünsche.
Der Diogenes Verlag ist ein Meister, seine älteren Bücher in neuer Verpackung wieder auf den Markt zu bringen. ehr gut so in diesem Fall.
Traumhaft schön, zum Verlieben schräg romantisch.
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Unser neuerUlmerist erschienen!
In Papierform im Laden und als pdf auf diesem Blog.
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Noch ein Jochen Schmidt-Schneckenmühle-Happen:

„Eine Flasche klirrt, ein Besoffener singt ein paar Worte, er hat das Echo der Blöcke für sich allein. Zwei Katzen gehen fauchend aufeinander los, es klingt wie jammernde Babys. Ich übe mit zwei Fingern küssen, der Zeigefinger berührt die Oberlippe und der Mittelfinger die Unterlippe, so wird sich das anfühlen, aber natürlich wird dann etwas in meinem Kopf passieren, wovon ich noch keine Vorstellung habe, jedenfalls hoffentlich, das kann ja wohl nicht das selbe Gefühl wie mit den Fingern sein. Wenn man die Zunge in den Mund der Frau schiebt, imitiere das «den Penetrationsvorgang», stand in «Denkst du schon an Liebe». Auf dem Inneneinband des Buchs sind mit Füller in Kinderschrift geschriebene Fragen zu lesen: «Wie muß man an seine Freundin herangehen, damit sie mich liebt?» Ich war davon ausgegangen, daß die Antworten im Buch standen, und habe es immer wieder von vorne durchgeblättert und dabei jedesmal etwas genauer gelesen, aber ich habe nichts finden können. Warum kann ich nicht tanzen? Und jetzt ist es zu spät, weil es schon alle wissen, jetzt kann ich nicht mehr unbemerkt damit anfangen. Alle würden ganz genau beobachten, wie ich mich anstelle. Ich fühle mich wie der am schlechtesten behandelte Mensch der Welt, als sei ich bei der Speisung der Fünftausend als einziger übersehen worden. Wie der Junge, der alleine im Regen auf dem Dorfplatz wartet, weil ihm keiner gesagt hat, daß der Rummel in diesem Jahr nicht kommt. Irgendwann werden sie mich entdecken und sich den Mund zuhalten vor Entsetzen über ihr Mißgeschick. Ich denke gern an diesen Moment, dafür wird sich das Warten gelohnt haben.“

Lesung am Montag, den 29.4. um 19 Uhr bei uns in der Buchhandlung.

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