Montag

Heute haben
Giuseppe Ungaretti * 1888
Boris Pasternak * 1890
Bertholt Brecht * 1898
Jakov Lind * 1927
Helga Schütz * 1937
Asne Seierstad * 1970
Geburtstag.
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Dieses Gedicht passt ausgezeichnet mit seinem Datum:

Allegria di naufragi
(Versa il 14 febbraio 1917)

E subito riprende
il viaggio
come
dopo il naufragio
un superstite
lupo di mare

Und dies ist wohl das beste Gedicht überhaupt:

Mattina
(Santa Maria La Longa il 26 gennaio 1917)

M’illumino
d’immenso
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In den freien Stunden am Samstagabend und am Sonntag war mal wieder lesen angesagt. Und es ist schon sehr verwunderlich, wieviel guten Stoff es immer noch gibt. Wurde nicht alles schon einmal aufgeschrieben und gesagt? Wohl schon. Aber nicht in allen Variationen.
In Eric Kandels Buch: „Das Zeitalter der Erkenntnis“ habe ich die Wien-Kapitel (zu Beginn) gelesen, in denen er die Verbindung zwischen Malerei,Literatur, Musik und der Hirnforschung beschreibt. Unglaublich interessant. Und als ich das abends noch Ibsen: „Nora“ in einer Berliner Schaubühne-Insezenierung angeschaut habe, gab es doch sehr viel Paralellen. Aber davon später einmal.
Genauso fasziniert, auf eine ganz andere Weise, hat mich das Kinder- und Jugendbuch: „Die Wahrheit, wie Delly sie sieht“ von Katherine Hannigan, das gerade jetzt im Hanser Verlag erschienen ist. Im Original heisst es „True … (sort of)“.

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Katherine Hannigan: „Die Wahrheit, wie Delly sie sieht
übersetzt aus dem Englischen von Susanne Hornfeck
Das amerikanische Original gibt es für € 7,99
ab 11 Jahren
Hanser Verlag € 14,90

Mir kam Delly wie eine Schwester von Pippi Langstrumpf vor. Sie ist frech, umtriebig, neugierig, unerschrocken, „leiht“ sich schon mal Dinge aus, die einfach so rumliegen, macht eine Kanufahrt den Fluss hinunter, haut den frechsten Jungen kurz mal um, wenn er wieder blöd kommt und … ja, das ist dann die Folge: sie bekommt jede Menge Ärger mit den Erwachsenen, weil sie die Art und Weise, wie Delly die Dinge sieht, nicht nachvollziehen können. Ärger, nicht nur daheim, sondern auch in der Schule. Es geht sogar so weit, dass sie auf eine Schule für Schwererziehbare gehen soll.
Aber halt!!! Volbremsung. Wir haben es hier nicht mit einem tieftraurigen Buch um ein schwieriges Kind zu tun. Nein! Katherine Hannigan hat für mich das liebenswerteste Buch des Frühjahres, der letzten Monate geschrieben. Ein Buch, das so voll mit Sympathie für seine Figuren ist. Ein Buch über Freundschaft; wie man sie entdeckt, wie man sie erarbeitet und auch erhält.
Delly baut also viel Mist und handelt sich viel Ärger ein. Bis ihr kleiner Bruder, der ihr immer am Hemdzipfel hängt, eine tolle Idee hat, wie sie es vielleicht hinbekommt, dass sie nicht ins Heim muss. Sie soll zählen. Immer wenn Ärger in ihr hochsteigt, solle sie nicht sofort explodieren, mit Teller werfen oder zuschlagen, sondern zählen. So zählt sie den ganzen Tag, ist längst in den Tausenden und kann somit den Ärger nicht hochkommenlassen. Aber nur den ganzen Tag zählen, bedeutet auch, dass sie sicht nicht mehr auf andere Dinge (in der Schule) konzentrieren kann. Aber auch da hat der kleine Bruder einen guten Tipp. Sie solle doch einfach mal fragen, wenn sie etwas haben will und nicht einfach nur machen. Fragen? Ja, aber warum das denn, meint Dell. Doch sie merkt sehr schnell, dass dies eine gute Methode ist, das zu bekommen, was sie will, ohne dass es wieder Ärger gibt. So entspannt sich die Lage zwischen ihr und ihrer Schwester und auch ihre Mutter ist erstaunt über die Verwandlung der kleinen Tochter.
Als eines Tages Ferris Boyd in der Schule auftaucht, will Dell wissen, warum dieses Mädchen (das sie zuerst für einen Jungen hielt) nicht spricht und warum man sie nicht anfassen darf. Dafür benötigt sie aber genau die Tricks, die sich angeigent hat, um näher an das Mädchen heranzukommen. Dell lernt dem stummen Mädchen zuzuhören und lernt Schritt für Schritt eine neue Freundin kennen. Diese beiden Mädchen öffnen sich auf verschiedene Weise und können sich am Ende des Buches gegenseitig helfen.
Ich könnte nicht viel viel mehr schreiben. Über die sehr witzigen Namen der Kinder, über die Worterfindungen von Delware Pattison (wie sie wirklich heisst). Über Brud Kinney, einen Jungen der so gerne mit Ferris Basketball spielen will, da sie darin ein wirkliches Ass ist. Über die Jungenclique, die Delly immer ärgern, über das Baumhaus als Rückzugsort für Dell, ihren kleinen Bruder RB und Ferris, über die Vögel, die Ferris auf der Schulter sitzen und vieles vieles mehr.
Wie gesagt, es ist das freundlichste, herzerwärmenste Buch, das ich seit langer Zeit gelesen habe. Und wenn der Verlag „ab 11“ schreibt, dann stimme ich dem zu und meine auch wirklich ab 11. Denn das heisst, dass Sie als Erwachsene bitte schön auch das Buch lesen sollten, können, dürfen. Es lohnt sich. Und, Sie haben dann ein prima Geschenk.

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