Donnerstag, 25.Juli

IMG_4554

Heute haben
Max Dauthendey * 1867
Elias Canetti* 1905
Paul Watzlawick * 1921
Geburtstag.
____________________________

Max Dauthendey
Blütenleben

Lauer Schatten.
Ein blühender Birnbaum auf altem müden Gemäuer. Bronzefarbenes Moos quillt über die Kanten und Risse.
Ringsum Gras, junggrün und durchsichtig. Es neigt sich leise und schmiegsam.
Harte blaßgelbe Winterhalme zittern dazwischen, farblos und schwach, wie vergrämte greise Haare.
Aschgraues und purpurbraunes Laub, mit feinem Metallschimmer, wie tiefes gedunkeltes Silber deckt den Grund.
Hie und da ein weißes Blütenblatt mit blaßrosiger Lippe. Leicht, zart, aber müde.
Das Geäst biegt sich dicht und tief zur Erde.
Sacht zerrinnt Blüte um Blüte und gleitet weiß, zögernd nieder.
Die Zweige senken sich tief, bis zu den einsam gefallenen Blüten.
Das Alter hat den Stamm zerschürft. In der gefurchten Rinde ziehen die Ameisen eine Straße hoch hinaus zur Krone. Emsig und flink rennt es aneinander vorüber.
Und dann oben die Bienen. Sie saugen schwerfällig und lüstern von den süßen Lippen und klammern trunken an den weichen Blütenrändern.
Ein üppiges Summen ist in der Laubkrone, ein einförmig gärender Ton.
Die Blüten zittern leise, und die jungen Blattspitzen Zittern.
Der alte Baum wiegt sich und seufzt. Duft löst sich, schwebt hinaus in den blauen Sonnenschein, warmsüß und scharf herb.
___________________________

978-3-15-019602-1

Christian Neuhäuser: „Wie reich darf man sein?“
Über Gier, Neid und Gerechtigkeit
Reclam Verlag € 6,00

Nach seinem Buch „Reichtum als moralisches Problem“ in der Wissenschaftsreihe des Suhrkamp Verlages, ist jetzt dieses handliche, leicht verständliche Buch über „Reichtum“ erschienen. Der Reclam Verlag hat ein sehr glückliches Händchen in der Auswahl der Titel. Die Themen könnten nicht aktueller sein.
Ich bin mitten in der Lektüre und wenn mir nicht immer die Augen zufallen würden, hätte ich große Lust mir eine halbe Nacht um die Ohren zu hauen, so interessant finde ich Christian Neuhäusers Heransgehensweise.
Was heisst eigentlich reich? Wie definiert der Duden dieses Wort? Man ist reich an Glück, aber kann man auch reich an Unglück sein? Wie reich ist ein Millionär im Gegensatz zu einem superreichen Milliardär? Es gibt immer mehr Superreiche, immer weniger Menschen haben immer mehr Geld. Ist das moralisch vertretbar?
Was spielen Gier, Neid und sozialen Gerechtigkeit für eine Rolle?
Und: Gibt es überhaupt die Möglichkeit einer gerechten Verteilung von Reichtum.
Ich bin gespannt, was mich auf den restlichen Seiten noch erwartet.

Inhalt:

1. Was ist Reichtum?
Vielfalt des Reichtums
Ökonomischer Reichtum
Geldreichtum

2. Wer ist reich?
Superreiche
Reiche
Wohlhabende

3. Ist Reichtum immer ungerecht?
Reichtum und Macht
Reichtum und Demokratie
Reichtum und Würde

4. Ist Reichtum verdient?
Talent und Leistung
Erbschaften und Glück
Geld und Verdienst

5. Geht es bei der Kritik am Reichtum um Gier und Neid?
Neid und Ideologie
Individuelle und kollektive Gier
Sinn für Gerechtigkeit

6. Was wäre ein gerechter Umgang mit Reichtum?
Gerechte Kooperation
Reichtum steuern
Globaler Wohlstand

Leseprobe