Heute haben
William Beckford * 1759
Jean Améry * 1912
Inge Merkel * 1922
Günter Wallraff * 1942
Lawrence Norfolk * 1963
Geburtstag.
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„Oktober“
Gedichte
Ausgewählt von Evelyne Polt-Heinzl und Christine Schmidjell
Reclam Verlag € 5,00
Robert Walser, Carl Zuckmayer, Rose Ausländer, Ingeborg Bachmann, Christoph Meckel, Friederike Mayröcker, Kaschnitz, Kunze, Jandl, Artmann, Rilke, Gernhardt, und und und.
In gewohnter Art führen uns die beiden Herausgeberinnen durch den Monat Oktober. Vom Spätsommer, bis zum kalten Herbst ist alles dabei. Nur kein Goethe. Den mögen die beiden wohl nicht. Oder sie brauchen ihn nicht, weil sie so viele andere AutorInnen haben.
Hier eine kleine Auswahl:
Detlev von Liliencron
Herbst
Astern blühen schon im Garten;
Schwächer trifft der Sonnenpfeil
Blumen die den Tod erwarten
Durch des Frostes Henkerbeil.
Brauner dunkelt längst die Haide,
Blätter zittern durch die Luft.
Und es liegen Wald und Weide
Unbewegt im blauen Duft.
Pfirsich an der Gartenmauer,
Kranich auf der Winterflucht.
Herbstes Freuden, Herbstes Trauer,
Welke Rosen, reife Frucht.
Theodor Fontane
Spätherbst
Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün,
Reseden und Astern sind im Verblühn,
Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht,
Der Herbst ist da, das Jahr wird spät.
Und doch (ob Herbst auch) die Sonne glüht, –
Weg drum mit der Schwermut aus deinem Gemüt!
Banne die Sorge, genieße, was frommt,
Eh’ Stille, Schnee und Winter kommt.
Nikolaus von Lenau
Herbstgefühl
Mürrisch braust der Eichenwald,
Aller Himmel ist umzogen,
Und dem Wandrer, rauh und kalt,
Kommt der Herbstwind nachgeflogen.
Wie der Wind zu Herbsteszeit
Mordend hinsaust in den Wäldern,
Weht mir die Vergangenheit
Von des Glückes Stoppelfeldern.
An den Bäumen, welk und matt,
Schwebt des Laubes letzte Neige,
Niedertaumelt Blatt auf Blatt
Und verhüllt die Waldessteige;
Immer dichter fällt es, will
mir den Reisepfad verderben,
Daß ich lieber halte still,
Gleich am Orte hier zu sterben.
Christian Morgenstern
Oktobersturm
Schwankende Bäume
im Abendrot –
Lebenssturmträume
vor purpurnem Tod –
Blättergeplauder –
wirbelnder Hauf –
nachtkalte Schauder
rauschen herauf.
Friedrich Rückert
Herbsthauch
Herz, nun so alt und noch immer nicht klug,
Hoffst du von Tagen zu Tagen,
Was dir der blühende Frühling nicht trug,
Werde der Herbst dir noch tragen!
Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch,
Immer zu schmeicheln, zu kosen.
Rosen entfaltet am Morgen sein Hauch,
Abends verstreut er die Rosen.
Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch,
Bis er ihn völlig gelichtet.
Alles, o Herz, ist ein Wind und ein Hauch,
Was wir geliebt und gedichtet.
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Das Ergebnis beim gestrigen Shortlistlesen war eindeutig.
Jenny Erpenbeck und ihr Roman: „Gehen, ging, gegangen“ lag mit Abstand vorne. Gelacht wurde zwar bei der Startnummer 6 (Witzel) am meisten und das auch lauthals, die meisten Finger gingen aber der Startnummer 1 (Erpenbeck) hoch.
Das geben wir so an die Jury weiter, damit die schon mal ein Ulmer Stimmungsbild haben.
Vielen Dank an alle Beteiligten.
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Am Donnerstag, den 8.Oktober liest Kai Weyand bei uns in der Buchhandlung.
Beginn ist 19 Uhr.
Der Eintritt beträgt € 10,00
Reservieren Sie sich jetzt schon einen Stuhl.
Kai Weyand war mit seinem Roman auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis, hat es leider nicht auf die Shortlist geschafft, wäre aber dessen würdig gewesen. Wir veröffentlichen die nächsten Tage fortlaufend kurze Abschnitte aus „Applaus für Bronikowski“ und hoffen, Ihnen etwas Appetit auf die Veranstaltung zu machen.
Vielen Dank an den Wallstein Verlag, der mir den Text zur Verfügung gestellt hat.
Kai Weyand: „Applaus für Bronikowski“
Der achtzehnte März brachte die erste warme Frühlingsluft des Jahres. NC wurde an diesem Tag einunddreißig, und außer der Gewissheit, dass sein Bruder anrufen würde, um ihm zu gratulieren, hatte er keine Vorstellung, was er sich von diesem Ereignis versprach. Sein Bruder erledigte alle Dinge gern sofort, am liebsten noch bevor sie überhaupt stattfanden, und so hatte NC schon am Vorabend gehofft, sein Bruder möge gleich frühmorgens anrufen, damit er das Gespräch mit der Begründung, er sei sehr müde, möglichst kurz halten könnte. Aber der Anruf kam erst gegen halb zwei, als Bernd, der in London in einer großen internationalen Bank arbeitete, in die Mittagspause ging. NC wusste nicht viel über seinen Bruder, außer dass er es sich leisten konnte, seine Hosen zur Reinigung zu bringen, ohne vorher die Taschen nach vergessenem Geld durchzusehen. Sie hatten sich seit Jahren nicht mehr gesehen, und abgesehen von den Telefonaten zu den Geburtstagen pflegten sie kaum Kontakt. Auf die Anrufe hätte er ebenso gern verzichtet wie auf die Erinnerungen, die er mit dem Bruder verband. Aber sie waren so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz, auf dessen Einhaltung vor allem Bernd Wert legte, der fünf Jahre älter war als NC. Und solange das stillschweigende Abkommen nicht gebrochen wurde, die Eltern unerwähnt zu lassen, und Bernd keine Anstalten unternahm, die Anrufe durch Besuche zu ergänzen, war NC bereit, sie in Kauf zu nehmen. Obwohl auch Bernd weit davon entfernt war, die Telefonate mit seinem jüngeren Bruder als Vergnügen zu begreifen. Sie waren lediglich einem Gefühl der Verantwortung geschuldet, das ihm vor achtzehn Jahren auferlegt worden war.
Fortsetzung folgt.