Donnerstag

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Heute haben
Abraham a Santa Clara * 1644
Friedrich Gottlieb Klopstock * 1724
Hermann Hesse * 1877
Josef Guggenmoos * 1922
Wislawa Szymborska * 1923
Jürg Amann * 1947
Geburtstag

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Friedrich Gottlieb Klopstock
Gegenwart der Abwesenden

Der Liebe Schmerzen, nicht der erwartenden
Noch ungeliebten, die Schmerzen nicht,
Denn ich liebe, so liebte
Keiner! so werd ich geliebt!

Die sanftern Schmerzen, welche zum Wiedersehn
Hinblicken, welche zum Wiedersehn
Tief aufathmen, doch lispelt
Stammelnde Freude mit auf!

Die Schmerzen wollt ich singen. Ich hörte schon
Des Abschieds Thränen am Rosenbusch
Weinen! weinen der Thränen
Stimme die Saiten herab!

Doch schnell verbot ich meinem zu leisen Ohr
Zurück zu horchen! die Zähre schwieg,
Und schon waren die Saiten
Klage zu singen verstumt!

Denn ach, ich sah dich! trank die Vergessenheit
Der süßen Täuschung mit feurigem
Durste! Cidli, ich sahe
Dich, du Geliebte! dich Selbst!

Wie standst du vor mir, Cidli, wie hing mein Herz
An deinem Herzen, Geliebtere,
Als die Liebenden lieben!
O die ich suchet‘, und fand!

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„Juli“
Gedichte herausgegeben (wie immer) von Evelyne Polt-Heinzl und Christine Schmidjell
Reclam Verlag € 5,00

Jetzt haben wir seit ein paar Tagen wirklich Sommer. Und was für einen. Täglich über 30 Grad und es wird wärmer und wärmer. Da sind die Lebensgeister abends schwer ermattet und an Schlaf ist unter der Decke kaum zu denken. Genießen wir jedoch diese heissen Tage, denn wie oft haben wir sie schon. Im Garten steht alles in voller Pracht, was wir auch an den vielen Blumenbilder auf diesem Blog sehen. Das Leben hat sich ins Freie verlagert. Die Cafés und Kneipen sind voll und die Sommerfeste können wir ohne dicke Wollsocken mit Freunden feiern. Die ersten Sommerferien beginnen demnächst in einem Bundesland und Urlaub ist angesagt. All dies spiegelt sich auch in den Gedichent wieder, die sich in dem Reclam-Bändchen versammelt haben.
Wieder finden wir einen Querschnitt durch viele Jahrzehnte und Jahrhunderte mit einer Vielzahl von AutorInnen.
Ich veröffentliche hier ein paar, auf die keine Rechte mehr sind. Für die anderen bitte in die Leseprobe schauen, oder einfach ein Heftchen erwerben und bei einem kühlen caffè freddo durchblättern.

Der Sommer hst schon lang eröffnet
Sommergewitter
Sommernächte und Gartenfreuden
Endlich Ferien
Sommerfreuden
Hochsommer
heißen die Überschriften und zeigen uns, wo es hier lang geht.

Die Lyriksammlung hat als zweites Gedicht eines von Hermann Hesse, der heute Geburtstag hat („Julikinder“)

Leseprobe

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Theodor Storm
Sommermittag

Nun ist es still um Hof und Scheuer,
Und in der Mühle ruht der Stein;
Der Birnenbaum mit blanken Blättern
Steht regungslos im Sonnenschein.

Die Bienen summen so verschlafen;
Und in der offnen Bodenluk‘,
Benebelt von dem Duft des Heues,
Im grauen Röcklein nickt der Puk.

Der Müller schnarcht und das Gesinde,
Und nur die Tochter wacht im Haus;
Die lachet still und zieht sich heimlich
Fürsichtig die Pantoffeln aus.

Sie geht und weckt den Müllerburschen,
Der kaum den schweren Augen traut:
„Nun küsse mich, verliebter Junge;
Doch sauber, sauber! nicht zu laut.“

Christian Morgenstern
Sommermittag

Wiese, lass mich ganz in dein
Wohlgefühl versinken,
dein legionenfältig Sein
als mein eignes trinken.

Deine breite Sonnenbrust
lass die meine werden,
meine Lust die feine Lust
deiner Gräserherden.

Mächtig schwelle mein Gesang
dann aus solchem Grunde,
künde Glückesüberschwang
höchster Sommerstunde.

Kurt Tucholsky
Feldfrüchte

Sinnend geh ich durch den Garten,
still gedeiht er hinterm Haus;
Suppenkräuter, hundert Arten,
Bauernblumen, bunter Strauß.

Petersilie und Tomaten,
eine Bohnengalerie,
ganz besonders ist geraten
der beliebte Sellerie.

Ja, und hier –? Ein kleines Wieschen?
Da wächst in der Erde leis
das bescheidene Radieschen:
außen, rot und innen weiß.

Sinnend geh ich durch den Garten
unsrer deutschen Politik;
Suppenkohl in allen Arten
im Kompost der Republik.
Bonzen, Brillen, Gehberockte,
Parlamentsroutinendreh …
Ja, und hier –? Die ganz verbockte
liebe gute SPD.
Hermann Müller, Hilferlieschen
blühn so harmlos, doof und leis
wie bescheidene Radieschen:
außen rot und innen weiß.

Rainer Maria Rilke
Im Sommer

Im Sommer trägt ein kleiner Dampfer
auf Moldauwogen uns nach Zlichov
zu jenem Kirchlein, hoch und frei.
Im blauen Nebel schwindet Smichov; –

zur Rechten Flächen braun von Ampfer,
zur Linken stolz die ›Loreley‹.
Wir legen an; und sieh, ein Alter
begrüßt uns leiernd: »Hej, Slované!«

Am Friedhofsrand dann lehnen wir.
Hoch blaut des Himmels Prachtzyane,
und unser Träumen hebt, ein Falter,
auf Sonnenflügeln sich zu ihr.

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