Sonntagsskizzen (25)

Sonntagsskizzen von Detlef Surrey

Von Detlef Surrey

Die Marheineke Markthalle

Die Markthalle an der Bergmannstraße in Berlin-Kreuzberg wurde vor einigen Jahren rundum hell renoviert und mit großen Fenstern zur Straße geöffnet. Die Galerie im Obergeschoss ist mittlerweile einem veganen Supermarkt gewichen.

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Detlef Surrey ist Illustrator und Comiczeichner in Berlin.

Skizzen: skizzenblog.surrey.de 
Blog:  detlefsurrey.de
Web:  www.surrey.de
Facebook: www.facebook.com/detlef.surrey.sketches/

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Sonntagsskizzen Rückblick:

-> Sonntagsskizzen 24 – Clärchens Ballhaus

-> Sonntagsskizzen 23 – Paare
-> Sonntagsskizzen 22 – Potsdamer Platz
-> Sonntagsskizzen 21 – Wallersdorf
-> Sonntagsskizzen 20 – Scotch & Sofa
-> Sonntagsskizzen 19 – Peri´s Hairline
-> Sonntagsskizzen 18 – Menschen alleine
-> Sonntagsskizzen 17 – Barcelona
-> Sonntagsskizzen 16 – Fotos von Motiv und Skizze
-> Sonntagsskizzen 15 – Berlin Kreuzberg
-> Sonntagsskizzen 14 – Ecuador 1987
-> Sonntagsskizzen 13 – Adventszeit
-> Sonntagsskizzen 12 – Aktsalon im Wedding
-> Sonntagsskizzen 11 – Rom Pitigliano Skizzen II
-> Sonntagsskizzen 10 – Paris “Nous sommes tous unies!”
-> Sonntagsskizzen  9 – Rom Skizzen
-> Sonntagsskizzen  8 – Dr. Sketchy´s Berlin
-> Sonntagsskizzen  7 – Skizzenfestival Stralsund
-> Sonntagsskizzen  6 – Lesung OL im Literaturhaus
-> Sonntagsskizzen  5 – Konzert Hunting Islands
-> Sonntagsskizzen  4 – Das Reichstagsgebäude und “Karlchen Adler”
-> Sonntagsskizzen  3 – Holzmühle in Vogt
-> Sonntagsskizzen  2 – Literaturfestival Berlin
-> Sonntagsskizzen  1 – Skizzen vom Urban Sketchers Treffen in Darmstadt

Samstag, 27.Februar

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Heute haben
Henry Longfellow + 1807
John Steinbeck * 1902
Lawrence Durrell * 1912
Elisabeth Borchers * 1926
Geburtstag.
Aber auch Elizabeth Taylor, Enrico Caruso und Rudolf Steiner.

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Unser Lesetipp für’s Wochenende hält nicht lange an. Dazu ist die Novelle zu schmal und zu schnell gelesen. Aber Sie bleibt Ihnen noch länger im Gedächtnis. Nicht nur, weil es ein sehr schön gestaltetes Buch ist, das sich die Seiten teilt mit dem Text des Autors und Fotos zerstörter Häuser von Philippe Gerlach (dafür wurde es auch als einer der schönsten Bücher des Jahres ausgewählt), sondern weil die Geschichte einfach aberwitzig ist.

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Joshua Groß:Magische Rosinen
Die Geschichte von Mascarpone und Sahra Wagenknecht
Novelle aus dem Spätkapitalismus
starfruit publications € 17,90

Der 1989 bei Nürnberg geborene Autor Joshua Groß erzählt uns hier eine wirklich irre Geschichte. Nicht nur dass Sahra Wagenknecht in einem Hotelzimmer mit akkurater Flechtfrisur, Slip, Nylons und den leichten Abdrücken eines Pistolenholsters am rechten Oberschenkel auftaucht. Nein sie glaubt auch, dass es diese berühmten magischen Rosinen gibt, nach denen die Menschheit lechzt, um ihr Bewusstsein zu erweitern.

Die Laken waren frisch, draußen leuchtete New York, spät abends. Der Rapper trank vom Tee, fühlte sich wohl, fuhr mit der Nasenspitze über den Gänsehautoberarm der Abgeordneten. Sahra Wagenknecht wollte sich bei ihm entschuldigen, wusste aber nicht, wie. Für was entschuldigen eigentlich? „Ist da was dran, an den Außerirdischen, an den magischen Rosinen, an eurer Geheimorganisation?“, fragte Mascarpone, drehte sich auf den Rücken und starrte erwartungsvoll die verzierte Zimmerdecke an. Vergoldeter Stuck oder so was. „Weißt du…“, begann die Abgeordnete, „wie soll ich dir das erklären, also… mit den magischen Rosinen ist das ungefähr so, ähm: Niemand glaubt an ihre Existenz, aber jeder will sie haben. Alle sind hinter den magischen Rosinen her… also, könnte man eigentlich sagen, auf irgendeine völlig idiotische Weise wird doch an ihre Existenz geglaubt, oder so ähnlich. Puuh.“

So endet dieses Buch und dazwischen kommt es zu einer Begegnung zwischen der unerbittlichen Politikern Wagenknecht und dem Rapper Mascarpone. Sie reden, diskutieren, streiten, lieben sich in Hotelzimmern, suchen und forschen nach diesen Rosinen. Auf diesem Weg nehmen sie uns mit in die literarische Unterwelt. Jushuia Groß kramt den Altmeister Burroughs aus, bereichert die deutsche Gegenwartsliteratur um eine neue Art des Erzählens. Er zitiert, klaut, benutzt, kommt selbst ins Reflektieren, bringt sich ein, rührt, bohrt und unterhält aufs Beste.

„Phrasen, Phrasen, als würden wir uns wegducken. Das ist doch zum Kotzen. Du kannst nörgeln so viel du willst, gewählt sprechen und all das. Am Ende zählt doch nur, was wir machen. Also… beim Handeln gibt es keine Phrasen. Erst durchs Handeln können wir zu uns selbst kommen, das findest du vielleicht bei Hegel und der erste Batman-Film von Nolan hat dieselbe Botschaft, mein Lieber. Verstehst du das?“, sagt Sahra Wagenknecht relativ zu Beginn der Novelle und stellt schon mal klar, was uns auf den nächsten Seiten erwartet.

Joshua benutzt bewusst die Szenerie eines B-Movies, eines dieser Filme, die etwas aus der Welt gefallen sind und in Nachtkinos Jahre später zu kurzfritiger Berühmtheit werden. Er kritisiert unsere Welt des Kapitalismus und wir betrachten zwischen seinen Kapiteln die Fotos von Wirbelstürmen und Hochwasser zerstörten Holzhäusern und verwüsteten Städten.
Die Heroe der linken deutschen Politik und der Nachwuchs- und Hegel-Rapper Mascarpone werden zu einem Dream-Team. Sie streunen durch Manhattan, finden Hinweise für Verschwörungstheorien in Secondhand-Plattenläden, treffen auf transatlantische Geheimbündler, befinden sich am Strand und in mitten der Hochhausschluchten.
Joshua Groß schreibt aus der Sicht eines jungen Mannes, der noch mit dem Longboard unterwegs ist, vom Surfen träumt, der respektlos mit vorgefertigten Mythen umgeht, der es mit diesem Buch nicht auf eine Bestsellerliste bringen wird, Musikfetzen, Kinosequenzen einbaut und uns verwundert zurücklässt. Was alles so möglich ist, auf dem Papier und in der Wirklichkeit (welcher?), zeigt uns dieser Autor, dem ich viel Erfolg wünsche.

Die Homepage des Verlages Starfruit Publications

Auf Doktor Peng können Sie den kompletten Roman nachlesen.

Interview mit Joshua Groß


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Morgen zeigen die 25.Sonntagsskizzen von Detlef Surrey Eindrücke aus der Marheineke Markthalle in Kreuzberg.

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Nicht vergessen:
Kommenden Dienstag stellen wir ab 19 Uhr wieder vier neue Romane vor.
Auf unserer neuen Homepage finden Sie die einzelnen Titel mit einer kleinen Inhaltsangabe.

Clemens Grote und (hoffentlich) Marion Weidenfeld werden uns Passagen aus den Büchern vorlesen und es gibt frisch gezapftes Pumatorbier aus dem Fass.

Freitag, 26.Februar

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Heute haben
Victor Hugo * 1802
Hermann Lenz * 1913
Michel Houellebecq * 1958
Atiq Rahimi * 1962
Geburtstag.
Aber auch Buffalo Bill, Fats Domino und Johnny Cash.

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Gestern hatte George Harrison Geburtstag und Fred Wiegräfe spielte ihm ein Ständchen. Schön daran war, dass Fred gar nichts von diesem Geburtstag wusste, als er als erstes Stück „Here Comes The Sun“ spielte.


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Isabel Bogdan: „Der Pfau
Kiepenheuer&Witsch Verlag € 18,99
E-Book € 16,99

Wo gibt es denn so etwas? Eine deutsche Autoprin schreibt einen Roman (ihr Debüt!) und wir meinen, wir haben es mit einer englischen Autorin zu tun. Voller Witz, schräger Ideen, nie überdreht und doch immer schön scharf an der Kante entlang.
„Einer der Pfauen war verrückt geworden. Vielleicht sah er auch nur schlecht, jedenfalls hielt er mit einem Mal alles, was blau war und glänzte, für Konkurrenz auf dem Heiratsmarkt.“
Ja, der verrücktgewordene  Pfau steht tatsächlich im Mittelpunkt dieses Romanes.
Aber was erzähle ich denn den Inhalt nach. Schauen Sie sich bitte das Video an.
Julia Westlake stellte den Pfau im NDR Bücherjournal vor, spricht mit der Autorin und Sie bekommen alle Informationen, die ich sonst nur nochmals nachbeten würde.

https://vimeo.com/156523292

Julia Westlake weist auf den schillernden Umschlag hin und der ist wirklich auffällig, glitzert und schimmernd immer wieder anderes und ist ein richtiger Hingucker zwischen den vielen anderen Titeln auf unserem Büchertisch.

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Isabel Bogdan ist in der Bloggerszene ein Begriff und eine richtige Größe was Übersetzungen aus dem Englischen und Amerikanischen anbelangt. Jonathan Safran Foer, Nick Hornby und Jane Gardams „Untadeliger Mann“ seien hier kurz erwähnt. Auch hier merken wir, dass sie einen großen Hang zum englischen Humor, zu den etwas schrägen Situationen hat.
Genießen Sie dieses Buch, nehmen sie es mit aufs Sofa, wenn draußen die letzten Schneeflocken vom Himmel segeln. Einen heißen Earl Grey dazu, ein wenig Gebäck und sie werden die nächsten Stunden schmunzelnd verbringen und immer wieder Passagen laut vorlesen.

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Leseprobe

Donnerstag, 25.Februar

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Heute haben
Carlo Goldoni * 1707
Karl May * 1842
Anthony Burgess *1912
Erica Pedretti * 1930
Franz Xaver Kroetz wird siebzig (* 1946)
Tamara McKinley * 1948
Amin Maalouf * 1949
Geburtstag.
Aber auch Goerge Harrison, Gert Fröbe und Auguste Renoir.
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Gerade jetzt, wenn das Wetter Kapriolen schlägt, mal frühlingshaft warm ist, dann am nächsten Tag wieder Schnee bringt, passt unser Buchtipp sehr gut.

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Britta Teckentrup:Der Baum der Jahreszeiten
Bilderbuch mit Gucklöchern
für Kinder ab 4 Jahren
ars edition Verlag € 12,99

Britta Teckentrupp ist eine Klasse für sich. Da müssen sich viele Illustratoren weit strecken, ob an sie heranzukommen. Mit wenigen Strichen, mit (scheinbar) einfachen Mitteln schafft sie es, neue Welten entstehen zu lassen. Schauen Sie auf ihrer Homepage und Sie werden staunen über die Vielfalt ihrer Arbeiten. Und wer da kein Original von ihr zu Hause haben will, dem ist wohl nicht mehr zu helfen.
In diesem Bilderbuch, das schon letzten Herbst herausgekommen ist, nimmt sie uns wieder mit in die Natur. Ihr Lieblingsthema, wenn wir an ihr „Alle Wetter“-Buch denken, an den „Baum der Erinnerung“ und ihre vielen anderen Bücher mit Tieren.

Im ganzen Wald herrscht tiefe Stille,
alles ruht in Winters Hülle.

Die Eule sitzt im Baum und sieht,
Was im Wald rundum geschieht.

Der letzte Schnee ist fast verschwunden,
Es strecken sich die Sonnenstunden.

Knospen spähen aus der Erde,
Ob es endlich Frühling werde?

Ja, das hoffe ich allerdings auch. Gerade heute morgen. Wieder liegen neue 5 cm Schnee für der Haustüre.

So sitzt die Eule hinter einem ausgestanzten Loch und beobachtet die Szenerie unter und in ihrem Baum. Sie sitzt und schaut, wie die Zeit vergeht, wie sich die Jahreszeiten um den Baum drehen. Immer mehr Stanzungen tauchen auf, hinter denen sich andere Tiere versteckt gehalten haben, die aber im Frühling und Sommer die Äste bevölkern. So kommen nach den Füchsen die Vögel und Bienen, die Blätter, Blüten und Früchte. Bis es wieder stiller wird im Baum, nach und nach nur noch die Eule in stoischer Ruhe im Baumstamm verbleibt und der Winter wieder Einzug hält.
Britta Teckentrupp hat ein sehr liebenswertes Bilderbuch gestaltet. Einfach in der Farbigkeit und Formgebung verstehen es die Kleinen ganz schnell, sich ein Jahr im Schnelldurchlauf vorzustellen.
In der Leseprobe sind leider die Stanzungen nicht zu erkennen.
Vielleicht sehen Sie es auf meinen Fotos.

Leseprobe

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Homepage von Britta Teckentrupp

 

Mittwoch, 24.Februar

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Gestern abend im Osten

Heute haben
Erich Loest * 1926
Ferit Edgü * 1936
Keto von Waberer * 1942
Leon de Winter * 1954
Geburtstag
und es ist der Todestag von Uwe Johnson.

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Heute morgen im Westen

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Unser heutiger Buchtipp:

9783407821133

Christian Duda: „Bonbon
Super illustriert von Julia Friese
Beltz&Gelberg Verlag € 12,95
Bilderbuch ab 3

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Schlafenszeit!
Nach dem Sandmännchen darf man kein Bonbon mehr essen. Aber die Lust darauf lässt das Mädchen nicht mehr los. Und vielleicht friert das Bonbon, das vor ihren Füßen liegt, ja? Im Mund wäre es schön warm. Also rein damit. Halt! Vielleicht sind auch Monster hinter dem Bonbon her? Monster lieben Bonbon.Schleck und Schluss! Auf nimmerwiederlutschen … Und ich? Ich bin bonbonlos! Und ganz alleinsam! Also doch in den Mund. Prima Versteck. Oder ist das Bonbon eine Falle, eine Prüfung? Wer steckt dahinter? Also doch erst morgen. Jetzt erst mal Zähneputzen. Aber danach doch vielleicht?

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Die Gedanken des kleinen Mädchens werden immer verzwickter und genau so hat sie die Illustratorin Julia Friese umgesetzt. Selten ein Buch so oft im Kreis gedreht, bis ich den Text, der in Spiralen geschrieben ist, gelesen habe. Es beginnt ganz harmlos mit dem Mädchen und dem Bonbon auf dem Boden und steigert sich dann in ein riesiges Durcheinander mit  großen Zähnen, Schlangen, Monstern, fliegenden Bonbons.
Und neben dem Mädchen immer ein kleines Schaf (das Schnuffeltier), das alles genau beobachtet.
Der Text von Christian Duda ist ja schon grossartig, die Illustrationen machen das Buch zu einem Knaller. Da macht Vorlesen mal so richtig Spaß.
Achtung Sie werden ne kleine Süßigkeit in der Tasche haben müssen. Nicht für Sie, sondern für den kleinen Mund, der Ihnen gegenüber sitzt und immer größer wird.

Leseprobe

Homepage von Julia Friese

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Dienstag, 23.Februar

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Heute haben
Samuel Pepys * 1633
Wilhelm Grimm * 1786
Erich Kästner * 1899
Elisabth Langgässer * 1899
Geburtstag
und es ist der Todestag von John Keats, der am 23.2.1821 in Rom gestorben ist.
Er liegt auf dem Nichtkatholischen Friedhof in Rom bei der Pyramide und auf seinem Grabstein stehen die weltberühmte Worte:
„Here lies One Whose Name was writ in Water“

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Bart Moeyaert: „Hinter der Milchstraße
Aus dem Niederländischen von Miriam Pressler
dtv € 8,95
Gebunden im Hanser Verlag € 14,90
Als E-Book € 8,99
Jugendbuch ab 11

Da flammt natürlich sofort die Diskussion wieder auf: Ist das ein Kinder/Jugendbuch? Verstehen das Kinder ab 10 Jahren? Muss das so sein? Kann der Auto nicht einfach nur ne spannende Geschichte schreiben? Drei Bände, oder sieben? Sind Bücher, wie Heidelbachs „Rosel von Melaten“, oder Stian Holes „Morkels Alphabet“ noch Bilderbücher?
Ja, ja, das sind sie. Wir müssen nur wissen, wie wir damit umgehen. Anders lesen, anders vorlesen. Uns auf die Gedanken der Kinder einlassen. Dass dies nicht so einfach ist, wie beim Glitzerfisch, oder bei Findus und Pettersson liegt auf der Hand.
Bart Moeyaerts Buch über die Tage und Wochen im glühenden Sommer mit Oskar, seinem Bruder Bossie und dem Mädchen Geesje liegt bei uns in der Buchhandlung auch auf dem Tisch mit Bücher für Erwachsene. Einfach deshalb, weil es ein kleiner Text ist, der Sie gefangen nimmt. Und wenn er einen anderen Umschlag hätte, würden sich die Besprechungen überschlagen. wie sich ein Autor so fein, so unaufdringlich und doch intensiv in die Kinderseele des (vielleicht 7-jährigen) Oskars hineinversetzen kann. Wenn Sie das Buch gelesen haben (Sie werden es nicht aus der Hand legen), dann verstehen Sie auch die Intension des Autors und merken, dass es natürlich auch und gerade ein Buch für Kinder und Jugendliche ist. Mit all seiner Fremdheit, seiner anderen Art eine Geschichte zu erzählen.
Oskar, sein großer Bruder Bossie und die dazugehörende Geesje (immer mit einem Buch vor den Augen) verbringen die drückend heissen Tage der Sommerferien in ihrem Clubhaus ohne Wände und ohne Dach, das in Wirklichkeit nur eine Mauer ist. Von dort oben beobachten sie , das Wenige, was sich auf der darunterliegenden Milchstraße abspielt. Die Milchstraße, die eigentlich weit entfernt am nächtlichen Himmel hängt, aber halt auch in der prallen Sonne, direkt vor ihren Füßen. Sie sehen auf einen Schrottplatz und kommentieren das Gassigehen der alte Nancy Sinatra mit ihrem Hund. Wobei es eher ein Schlurfen ist. Von beiden. Sie wetten, wer von beiden wohl als erstes stirbt – Nancy oder der Hund. Diese Wette verändert einiges, in der stehengebliebenen Zeit des Sommers, die an das Bild von Dalis geschmolzenen Uhren denken lässt.
Bossie und Oskar geraten sich in die Haare, Geesjes Tante liegt im Sterben, Nancy Sinatra taucht nicht mehr auf. Der Hund bleibt verschwunden. Ein fremdes Mädchen taucht auf und verpasst Oskar ein Veilchen. Zuhause versteckt sich der Vater, wie üblich hinter seiner Arbeit. Oskars und Bossies Mutter ist seit Wochen im Süden Italiens, hat den blauen Koffer gepackt um den Wirrwarr in ihrem Kopf sortieren zu können. Was Oskar bleibt, sind ihre Postkarten und Briefe, in denen allerdings nur Banales steht. Für ihn verstecken sich hinter diesen Zeilen jedoch frende Welten, Hoffnungen und Sehnsüchte.
Für Oskar gibt es eine Fahrt mit dem klapprigen LKW der Beiden vom Schrottplatz, dei Alteisisch reden. Raus aufs Land zu einer besonderen Frau und einem Mädchen im Rollstuhl. Eine andere Welt, die er nicht verkraftet. Oskar verrät Geesje, konkurriert mit seinem älteren Bruder und hofft, dass alles wieder so wird, wie es einmal war.
Bart Moeyaert ist ein Meister im Andeuten, im Skizzieren und kann mit einem feinen Pinselstrich ein großes Bild in unseren Köpfen entstehen lassen. Er versteht es in seiner unaufgeregten Sprache große Gefühle zu beschreiben, für die andere Autoren ganze Seiten bräuchten. Es ist das Chaos im Kopf von Oskar (nicht nur bei seiner Mutter). Es geht um Verlust und Hoffen, Zuneigung, Hingabe, Schuld und Ausgeliefertsein und um einen Sommer, wie es ihn nicht mehr geben wird. Aber auch um Versöhnung, um Annäherung, Liebe und Trauer.

Lesen Sie „Hinter der Milchstraße“ und Sie werden das Buch nicht mehr vergessen. Und wenn Oskars Papa am Ende aufgeregt am Telefon redet, aufgekratzt aus seinem Arbeitszimmer stürmt, ahnen wir, das die Mama doch vielleicht wieder kommt.

Als der Eismann in die Sandstraße einbog, schlug ich vor, wir sollten uns ein Eis holen. Ich sagte, ich hätte Geld für Stracciatellalalala.
Sie wollte kein Eis.
Ich sagte: „Aber ich habe Geld.“
„Aber ich habe keine Lust“, sagt Geesje.
Ich fragte, wie es mit ihrem Buch gehe.
„Gut“, sagte sie. „Fast fertig“
Ich sagte: „Ich warte.“

Was für Ende. Zum Niederknien.

Leseprobe
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Werner Färber Ungereimtheit der Woche
Das Püreh

Schon als es noch ein kleines Kitz,
verstand das Reh nicht einen Witz!
Den Mitbewohnern in dem Wald
wurde ziemlich klar recht bald,
dass das Reh, obwohl es klug,
weder Scherz noch Spaß vertrug.

Sobald ihm irgendwas missfiel,
sah man das am Mienenspiel.
Egal ob abends oder früh,
es reagierte stets mit: „Püh!“
Es wurde als Pühreh bekannt
und stand meist trotzig abgewandt.

aus:
UNGEREIMTHEITEN AUS DER TIERWELT VON A-Z (Buch mit Hörbuch € 16,90)
Nicht nur für Kinder ab 8! In jeder guten Buchhandlung! Oder (signiert direkt vom Autor)

Sonntagsskizzen (24)

Sonntagsskizzen von Detlef Surrey

Von Detlef Surrey

Clärchens Ballhaus

… in der Auguststraße in Berlin Mitte ist eines der letzten Ballhäuser aus der Zeit um 1910. Es überdauerte Nazizeit, Krieg und die DDR und ist heute ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Touristen die gerne tanzen und dazu eine Molle und deftiges Berliner Essen schätzen. Ein sehr erfreulicher Ort.

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Die Bewegung der Tänzer einzufangen, ist eine schöne Herausforderung. Das Licht im Raum ist zum Zeichnen nicht ideal, so sind dabei eher monochrome Zeichnungen entstanden.

Zur Geschichte und weiteren Informationen:

-> Website von Clärchens Ballhaus …

 


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Detlef Surrey ist Illustrator und Comiczeichner in Berlin.

Skizzen: skizzenblog.surrey.de 
Blog:  detlefsurrey.de
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Sonntagsskizzen Rückblick:

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Samstag, 20.Februar

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Heute haben
Johann Heinrich Voß * 1751
Heinz Erhardt * 1909
Julia Franckh * 1970
Geburtstag.

„Was wäre ein Apfel ohne -sine, was wären Häute ohne Schleim, was wär die Vita ohne -mine, was wär’n Gedichte ohne Reim?“
Heinz Erhardt

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Richard Dehmel
Nacht für Nacht

Still, es ist ein Tag verflossen,
deine Augen sind geschlossen,
deine Hände, schwer wie Blei,
liegen dir so drückend ferne,
um dein Bette schweben Sterne,
dicht an dir vorbei.

Still, sie weiten dir die Wände:
gieb uns her die schweren Hände,
sieh, der dunkle Himmel weicht,
deine Augen sind geschlossen,
still, du hast den Tag genossen,
dir wird leicht.

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Klabund
Nacht und Morgen und wieder Nacht

Als die Sterne sanken,
Als wir Nebel tranken,
Morgen wölbte seine Hand –
Unter seinem Segen
Haben wir gelegen
Wie ein aufgeblühtes Land.

Unsre Felder reiften.
Unsre Jäger streiften
Durch die taubeglänzte Pracht.
Reh durchschritt die Ferne.
Aber wie die Sterne
Sanken wir in unsre eigne Nacht.

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Annette von Droste-Hülshoff
O Nacht!

O Nacht, du goldgesticktes Zelt!
O Mond, du Silberlampe!
Daß du die ganze Welt umhüllst,
Und die du allen leuchtest.

Wo birgt in deinen Falten sich
Die allerreinste Perle?
Wo widerstrahlt dein träumend Licht
Im allerklarsten Spiegel?

O breite siebenfach um sie
Das schützende Gewinde,
Daß nicht der Jüngling sie erschau,
Auflodere in Flammen —;
Daß kein verblühend Weib sie trifft
Mit unheilvollem Auge,

Und, milde Lampe, schauend tief
In ihres Spiegels Klarheit,
Erblicktest du ein Bild darin?
Und war es, ach, das meine? —

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Christian Morgenstern
O NACHT …

O Nacht, du Sternenbronnen,
ich bade Leib und Geist
in deinen tausend Sonnen –

O Nacht, die mich umfleußt
mit Offenbarungswonnen,
ergib mir, was du weißt!

O Nacht, du tiefer Bronnen ...

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Georg Heym
Nacht

Der graue Himmel hängt mit Wolken tief,
Darin ein kurzer, gelber Schein so tot
Hinirrt und stirbt, am trüben Ufer hin
Lehnen die alten Häuser, schwarz und schief

Mit spitzen Hüten. Und der Regen rauscht
In öden Straßen und in Gassen krumm.
Stimmen ferne im Dunkel. – Wieder stumm.
Und nur der dichte Regen rauscht und rauscht.

Am Wasser, in dem nassen Flackerschein
Der Lampen, manchmal geht ein Wandrer noch,
Im Sturm, den Hut tief in die Stirn hinein.

Und wenig kleine Lichter sind verstreut
Im Häuserdunkel. Doch der Strom zieht ewig
Unter der Brücke fort in Dunkel weit.

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Ferdinand von Saar
Nacht

Des Parkes weite Räume
Umflort die stille Nacht;
Es steh’n die alten Bäume
In düst’rer Wipfelpracht.

Die Pfade wie versunken,
Am Himmel nicht ein Stern;
Verstummt ist schlummertrunken
Das Leben nah und fern.

So müd‘, so nachtumfangen,
So lautlos bist auch du,
Als wärst du eingegangen
Schon längst zur ew’gen Ruh‘.

Nur wie im Dunkel blühen
Die Rosen dort am Strauch,
Will leis‘ dich noch durchglühen
Ein letzter Liebeshauch.

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Morgen gibt es die 24.Sonntagsskizzen von Detlef Surrey.
Thema: Clärchens Ballhaus in Berlin-Mitte.
Skizzen aus einem der letzten traditionellen Ballhäuser in Berlin.

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