Dienstag, 27.September

img_0784

Heute haben
Grazia Deledda * 1871 (Nobelpreis 1926)
Tanja Kinkel * 1969
Geburtstag.
_________________________________

Barthold Hinrich Brockes
Die Welt ist allezeit schön

Im Frühling prangt die schöne Welt
In einem fast smaragdnen Schein.
Im Sommer glänzt das reife Feld
Und scheint dem Golde gleich zu sein.

Im Herbste sieht man als Opalen
Der Bäume bunte Blätter strahlen.

Im Winter schmückt ein Schein, wie Diamant
Und reines Silber, Flut und Land.

Ja kurz, wenn wir die Welt aufmerksam sehn,
Ist sie zu allen Zeiten schön.
____________________________

Claudia Wiltschek empfiehlt:

2190

Steven Herrick: „Wir beide wussten, es war was passiert
Übersetzt von Uwe-Michael Gutzschhahn
Thienemann Verlag € 14,99
ab 13 Jahren

Billy hält es mit seinem immer betrunkenen, gewalttätigen Vater nicht mehr aus und geht. Mit seinen 16 Jahren macht er sich mutig, ohne Geld und Perspektive auf den Weg. Nach ziellosem Umherfahren findet er eine Bleibe im Waggon eines verlassenen Güterzuges, wo er auf Old Bill trifft, der schon länger im Waggon nebenan lebt und seine traurige Vergangenheit mit Alkohol zu vergessen glaubt. Die beiden Heimatlosen finden zueinander und helfen sich gegenseitig das Leben zu bewältigen. Als Billy wieder einmal hungrig Essensreste bei McDonald’s von den Tischen klaut, lernt er Caitlin, die dort arbeitet, kennen. Caitlin wiederum stammt aus reichem Hause, möchte aber von Ihren Eltern unabhängig sein und neben der Schule selbst Geld verdienen. Erst ist sie irritert über sein Verhalten, verrachtet ihn aber nicht und, wir ahnen es schon , Billy verliebt sich in sie. Caitlin besucht unsere zwei Gestrandeten immer wieder, versorgt sie mit Essen und es entwickelt sich eine wunderschöne ungewöhnliche Freundschaft zwischen den Dreien.
Der Stil des Buches ist fremd für ein Jugendbuch. Die Geschichte wird in Strophen erzählt (gut für Lesemuffel, denen viel Text Mühe macht ). Anfangs gewöhnungs-bedürftig, löst sich aber nach den ersten Seiten in Wohlgefallen auf.
Für mich eines der schönsten Jugendbücher bei den Neuerscheinungen, ein modernes Märchen,von liebevollen ungewöhnlichen Menschen, die uns ans Herz wachsen und uns über etliche Vorurteile stolpern lässt.

Leseprobe

Auf der Empfehlungsliste „Die 7 besten Bücher für junge Leser“ im August 2016, Jugendbuch des Monats.
_____________________________

Werner Färbers Ungereimtheit der Woche
Der Wiedehopf CXCIII

Der Wiedehopf, der Wiedehopf,
trägt seinen Schnabel vorn am Kopf.
Trüg er den Schnabel am Gesäße,
blieb ihm verborgen, was er fräße.
_______________________

Heute abend um 19 Uhr „Shortlistlesen„.
Das nur als kleine Erinnerung.

Dienstag, 21.Juni (Sommeranfang)

IMG_9549

Heute haben
Jean Paul Sartre * 1905
Helmut Heißenbüttel * 1921
Francoise Sagan * 1933
Ian McEwan * 1948
Jane Urquhart * 1949
Robert Menasse * 1954
Geburtstag

IMG_9555

Der Sommer ist noch nicht so richtig da, aber wir haben heute zumindest die kürzeste Nacht des Jahres.

Gustav Falke
König Sommer

Nun fallen leise die Blüten ab,
Und die jungen Früchte schwellen.
Lächelnd steigt der Frühling ins Grab
Und tritt dem Sommer die Herrschaft ab,
Dem starken, braunen Gesellen.

König Sommer bereist sein Land
Bis an die fernsten Grenzen,
Die Ähren küssen ihm das Gewand,
Er segnet sie alle mit reicher Hand,
Wie stolz sie nun stehen und glänzen.

Es ist eine Pracht unterm neuen Herrn,
Ein sattes Genügen, Genießen,
Und jedes fühlt sich im innersten Kern
So reich und tüchtig. Der Tod ist so fern,
Und des Lebens Quellen fließen.

König Sommer auf rotem Ross
Hält auf der Mittagsheide,
Müdigkeit ihn überfloss,
Er träumt von einem weißen Schloss
Und einem König in weißem Kleide.
_______________________________________

Passend zum heutigen Tage:

u1_978-3-596-03112-2.42954575

Lars Gustafsson und Agneta Blomqvist:Das Lächeln der Mittsommernacht
Literarische Bilder aus Schweden
Aus dem Schwedischen von Verena Reichel
Fischer Taschenbach  € 9,9

Lars Gustafsson und seine Frau Agneta Blomqvist haben ein persönliches und zugleich nützliches Reisebuch über Schweden geschrieben. Vom äußersten Süden bis hinauf nach Norrland führt ihre Reise, von den schonischen Bauern bis zu den Lappen. Der Schwerpunkt aber liegt dort, wo sie zu Hause sind: an einem Fjord in Bohuslän, in Västmanland, am Mälarsee und in Stockholm. So vielseitig wie ihre Interessen, so abwechslungsreich sind ihre Ausflüge – in die schwedische Geschichte und in eine berühmte Bäckerei, in die Wälder und Moore, zum Beeren und Pilze sammeln, zu Elchen und Wölfen, zu Strindberg, zu traditionellen Festen wie Mittsommer oder Sankta Lucia und an das Grab von Tucholsky.

„Wir beschränken uns darauf, von dem zu erzählen, was wir selbst erlebt haben. Die Route führt vom schwedischen Süden bis in den allerhöchsten Norden, mit ausgiebigen Exkursen nach Osten und Westen und in die schwedische Literatur. Wir hoffen, dass der Leser sich mit uns auf der Fahrt durch Schweden wohlfühlt. Es sollte deutlich werden, dass wir nicht hier leben würden, wenn wir nicht fänden, dass Schweden ein inspirierendes Land ist.“
Lars Gustafsson und Agneta Blomqvist

Der milde Juniwind geht durchs Gras. Eine Regenperiode ist gerade zu Ende gegangen, und es scheint, als würde der Mittsommerabend genauso schwindelerregend schön, wie man es das ganze Jahr erhofft hat. „Die Juninacht nicht dunkeln mag, sie gleicht einem betauten Tag“, sagt der Poet Harry Martison. Nein, in dieser Nacht geht die Dämmerung balds in Morgengrauen über. Oberhalb des Polarkreises sinkt die Sonne nicht unter den Horizont, so dass es die ganze Nacht über hell bleibt. Hier befinden wir uns im Land der magischen Mittsommersonne. Viele halten es für überflüssig, in dieser Nacht ins Bett zu gehen, in der die Natur fast zu schön ist – wie soll man als hinfälliges menschliches Wesen all dieser Schönheit würdig sein? Und man will so gern jemand haben, mit dem man gerade an Mittsommer seine Gefühle teilt. „Man sollte gar nicht schlafen, zu zweit sollte man sein …“
Wir erfahren noch viel, was die Schweden in dieser Nacht alles machen, was sie singen und wie sie singen.
So auch dies:
Bevor man zu Bett geht, soll man gemäß der volkstümlichen Sitte hinaus auf die Wiesen gehen und sieben (oder neun) Arten von Blumen pflücken und sie unters Kopfkissen legen. Wenn man seinen Strauß beisammenhat, darf man nicht mehr sprechen. Dann wird man von seinem Zukünftigen träumen, also ein Traum, der in Erfüllung geht. Manche sagen auch, man soll über sieben Holzzäume springen, aber wo gibt es die heute noch?

Leseprobe
______________________________

Werner Färbers Ungereimtheiten
DER ISEGRIMM CCXXIV

Im Märchen handelt Isegrim
oft sehr böse und auch schlimm:
Raffgierig frisst er jung und alt,
macht Rotkäppchen und Oma kalt.
Auch verputzt der Wolf als Speise
Geißlein gleich halbdutzendweise.
So ist sein Ruf sehr schlecht bis heut.
Nur ganz allmählich seh’n die Leut‘,
dass Isegrim viel scheuer ist
und weder Kind noch Oma frisst.

Dienstag, 10.Mai

IMG_9001Heute haben
Johann Peter Hebel * 1760
Friedrich Gerstäcker * 1816
Fritz von Unruh * 1885
Petra Hammesfahr * 19561
Ralf Rothmann * 1953
Geburtstag
_______________________________

Johann Peter Hebel
Abendlied wenn man aus dem Wirtshaus geht

Jetzt schwingen wir den Hut.
Der Wein, der war so gut.
Der Kaiser trinkt Burgunder Wein,
Sein schönster Junker schenkt ihm ein,
Und schmeckt ihm doch nicht besser,
Nicht besser.
Der Wirt, der ist bezahlt,
Und keine Kreide malt
Den Namen an die Kammertür
Und hintendran die Schuldgebühr.
Der Gast darf wiederkommen,
Ja kommen.
Und wer sein Gläslein trinkt,
Ein lustig Liedlein singt
Im Frieden und mit Sittsamkeit
Und geht nach Haus zu rechter Zeit,
Der Gast darf wiederkehren,
Mit Ehren.
Des Wirts sein Töchterlein
Ist züchtig, schlank und fein,
Die Mutter hält’s in treuer Hut,
Und hat sie keins, das ist nicht gut,
Musst’ eins in Strassburg kaufen,
Ja kaufen.
Jetzt, Brüder, gute Nacht!
Der Mond am Himmel wacht;
Und wacht er nicht, so schläft er noch.
Wir finden Weg und Haustür doch
Und schlafen aus im Frieden,
Ja Frieden.
___________________

Unser Filmtipp:

Regie: Benedikt Erlingsson, Schauspieler: Ingvar E Sigurdsson/Charlotte Bøving u a,
Iland 2013, FSK ab 12, DVD-Video, Dt/isländ, UT: Dt
€ 14,99
1939

Ein Pferdefilm, wie Sie ihn noch nicht gesehen haben.
Ein Film über Pferde?
Ein Film über Menschen?
Irgendwie beides, wobei sich die Pferde sicherlich immer wieder gefragt haben, warum diese Menschen so komisch ticken.
Der isländische Film, der vielfach ausgezeichnet worden ist, zieht alle Register. Lustig, skuril, schräg, aber auch mit Szenen, die mir kurz das Blut in den Adern haben gefrieren lassen. Wobei es auch eine Schneesturmszene mit Eiseskälte war, in dem sich der südamerikanische Juan mit Hilfe seines Islandpferdes der Kälte erwehrt. Nur, wie er das macht, möchte ich hier nicht aufschreiben. Selber schauen.

In einem abgelegenen Tal, im Nirgendwo von Island, beobachten sich die Nachbarn gegenseitig mit den Ferngläsern. Nichts bleibt, trotz der großen Distanz zwischen den Häusern, verborgen. Neid und Zwietracht liegt oft unter der Schicht des großen Schweigens. Die Menschen reden nicht viel. Aber sie handeln. Dann allerdings in der Not und unter Druck, sehr spontan, verzweifelt und sehr zweifelhaft.

So lässt sich einer auf seinem Pferd ins offene Meer ziehen, um von einem russichen Frachter Wodka zu organisieren. Einer verliert teilweise sein Augenlicht, weil er den Metallzaun des Nachbarn durchschneidet, der eine Durchgangsstraße versperrt. Und so weiter.

Was den Film auszeichnet, ist seine große Liebe zu den Tieren, die wir oft in extremer Nahaufnahme zu sehen bekommen. Jedes neue Kapitel dieses Episodenfilms beginnt in der Spiegelung eines Pferdeauges. Bis auf eine Pferdeszene, die mit einem Menschenauge beginnt.
Wie schon erwähnt, sind die Islandpferde erfüllt mit stoischer Ruhe und Ausgeglichenheit, während die Menschen um sie herum sich ins Unheil stürzen, oder auf der Suche nach der großen Liebe, verschätzen.
Vielleicht ist es einfach ein Film über über das Miteinander von Menschen, die Liebe zwischen den Menschen, die Liebe zu ihren Pferden und überhaupt ein Film über das Leben, das ja auch nicht immer ein Ponyhof ist, wie es so „schön“ heißt.

Im Nachspann von „Hross í oss“, so der Originaltitel, wird als erstes erwähnt, dass keine Pferde zu Schaden gekommen sind, dass die Filmemacher durch die Bank Pferdeliebhaber und langjährige Reiter sind.
Im 45 Minütigen Making-of erfahren wir noch sehr viel mehr über die Dreharbeiten und Hintergründe dieses Filmes.
__________________________

Werner Färbers Ungereimtheiten
Wahre Freundinnen

Nachdem sie ward hereingebeten,
sagt die Freundin beim Besuch:
„Ich möcht‘ dir nicht zu nahe treten,
doch herrscht hier drinnen ein Geruch,
der wahrlich nicht erfreulich ist.
Als würd‘ hier irgendwas verwesen?“
„Danke, dass du so ehrlich bist.
Es kommt aus unsrer Besen-
kammer, die diesen üblen Duft
nun schon verströmt seit Tagen.
Mein Mann muss endlich an die Luft!
Hilfst du mir vielleicht beim Tragen?“


Geplagt ist das Rhinozerwas?

Jedes Jahr zur Blütezeit,
kann man es hören schon von weit
wie es schnaubt und wie es prustet,
wie es niest und wie es hustet.

Wie es keucht und wie es leidet,
das arme Tier, während es weidet
zwischen Zebra und Gazelle
gleich bei einer Wasserstelle.

Während Pollen von dem Grase
kitzeln in behornter Nase,
setzt es schleppend schwer die Schritte
fern in der Savannen Mitte.

Das Jucken raubt dem Tier die Sinne!
Das Maul geöffnet, hält es inne.
Endlich macht es tosend SPROTZ!

Befreit ist das Rhinozerotz!

Dienstag, 29.März

IMG_8659

Heute haben
Yvan Goll * 1891
Ernst Jünger * 1895
Georg Klein * 1953
Jo Nesbo * 1960
___________________________________

Nach dem schönen langen Wochenende, stellen wir Ihnen heute ein Ferien-Mädchenbuch vor.

dunkelgruen_wie_das_meer-9783423640206

Ute Wegmann: „Dunkelgrün wie das Meer
Mit vielen Illustrationen von Birgit Schössow
dtv (gebunden) € 12,95
als E-Book € 9,99

Endlich Ferien, endlich wieder an das geliebte Haus am Meer, wie die letzten Jahre. Die Eltern packen das Auto, Linn versucht nichts zu vergessen. Sie freut sich auf die Tage am Meer, am Strand, mit ihren Eltern und auf ihre Freundin Smilla. Doch dieses Jahr kommt es anders. Die Eltern haben Knatsch. Auf der Hinfahrt im Auto, bei strömendem Regen, herrscht eine giftige Stimmung und Linn rollt sich auf dem Rücksitz zusammen und träumt sich weg. Linns Vater hat noch einen wichtigen Termin und muss am selben Tag noch einmal zurück, um drei Tage später endlich nachzukommen. So geschieht es und Linns Mutter ist über diese Situation wütend und hat auch nicht die Muße, sich um Linn zu kümmern. Aber es kommt noch schlimmer. Smille, die erwähnte Freundin, steckt mit einem anderen Mädchen zusammen, gackert und tuschelt mit ihr rum und lässt Linn links liegen.
Irgendwie ist dies für Linn zuviel und vielleicht braucht es ein reinigendes Gewitter, um die Situation wieder ins Lot zu bringen. Und dieses Unwetter kommt in Wort und Bild, während sich Linn in einer Holzhütte versteckt hält und von den Eltern und der Polizei gesucht wird. Die verquere Situation klärt sich auf und Linn ist ihre Einsamkeit und Trauer wieder los, denn sie weiss, dass sie sich auf ihre Eltern verlassen kann und dass Smilla immer noch ihre Freundin ist.

Ute Wegmann hat ein einfühlsames, ruhiges Buch geschrieben, dass die Gefühlswelt der neunjährigen Linn exakt trifft und in die wir uns gut hineinversetzen können. Die Illustrationen von Birgit Schössow passen ausgezeichnet dazu, wie Sie im Buchtrailer schön erkennen können.

Ich wünsche Ihnen mit diesem Buch einen guten Start in die zweite Ferienwoche.

Leseprobe
_________________________

Werner Färbers Ungereimtheiten der Woche
Der Osterhase (für Erwachsene)

Es wollt‘ verstecken jüngst der Osterhase,
weil das die Leut‘ auch so von ihm erwarten,
die frisch bemalten Eier gut im Garten.
Des Hasen Duft stieg in des Hundes Nase.

Während der Has‘ sich Ei versteckend bückte,
pirschte sich der Hund auf leisen Pfoten an,
einzuverleiben sich Herrn Mümmelmann.
Die Flucht jedoch Dank wilder Haken glückte.

Hechelnd floh der Hase übern S-Bahn-Damm,
raste flink vorbei am süßen Osterlamm
und spürte bald den Hund nicht mehr im Nacken.

Kaum hatte der nämlich das Lamm gesehen,
ließ er erst a) den Hasen einfach gehen,
um b) die leichtre Beute dann zu packen.

Osterfest CCCXII (für Kinder)

Ein Has‘ entdeckt im Wiesengrund
ein Nest mit angemalten Eiern.
Aus Freude über diesen Fund
sieht man ihn mit Freunden feiern.

Dienstag, 1.März

IMG_8401

Heute haben
Giorgos Seferis * 1900
Ralph Ellison * 1914
Franz Hohler * 1943
Delphine de Vigan * 1966
Franzobel * 1967
Geburtstag.
Aber auch Frédédric Chopin und Glenn Miller.
___________________________

Unser Tipp für heute, morgen und die nächsten Jahre:

IMG_8395

Lot Vekemans:Ein Brautkleid aus Warschau
Aus dem Niederländischen von Eva M. Pieper und Alexandra Schmiedebach
Wallstein Verlag € 19,90
als E-Book € 15,99

Auf der Frankfurter Buchmesse traf ich Claudia Hillebrand vom Wallstein Verlag, die dort den Vertrieb leitet. Sie schwärmte damals von einem Buch, das erst im Februar 2016 erscheinen soll, von dem aber alle im Verlag begeistert sind. Es ging um Lot Vekemans ersten Roman „Ein Brautkleid aus Warschau“. Claudia Hillebrand schickte mir ein paar Tage danach eine digitale Version für meinen E-Reader und ich versprach ihr, mich sofort nach der Lektüre bei ihr zu melden. Das habe ich auch wirklich gemacht, aber leider erst gestern, Ende Februar 2016 und nicht schon Ende Oktober 2015, wie ich es geplant hatte. Immer wieder kamen andere Bücher dazwischen, wurden vorgeschoben, immer in der Hoffnung, dass diese Lektüre wichtiger sei, als die, die auf meinem Reader auf mich wartet. Am Sonntag begann ich endlich mit dem Buch und ich war völlig aus dem Häuschen. Gestern morgen las ich dann noch die letzten 20 Seiten und habe sofort im Wallstein Verlag angerufen, um Frau Hillebrand (mit einer ordentlichen Verspätung) von diesem Erstling vorzuschwärmen.
Mittlerweile gibt es im Netz, bei den Bloggern, schon ein paar sehr gute Besprechungen und eine grobe Inhaltsangabe bietet auch der Verlag auf seiner Homepage. Was soll ich also nochmals die Handlung wiedergeben. Die bekommen Sie sicherlich in den nächsten Tagen und Wochen mehrfach zu lesen.
Das Buch beginnt in Polen und die junge, hübsche Marlena verliebt sich in einen US-Amerikaner, der wieder in die USA zurückgeht, ohne zu wissen, dass sie schwanger von ihm ist. Drei Männer spielen im Leben von Marlene wichtige Rollen. Bei genauer Zählung sind es sogar vier.
Lot Vekemans lässt ihren Roman von drei Personen erzählen, denen sie jeweils ein  eigenes Kapitel gibt. Es sind dies Marlena, Andries, ein holländischer Bauern, den sie über eine Agentur kennenlernt und heiratet und Szymon, der in Polen ein Hotel führt, in dem Marlena gearbeitet hat, als sie Natan, den Amerikaner trifft.
Andries weiß, dass Marlenas Sohn Stan nicht von ihm ist, er liebt ihn aber wie einen eigenen. Er redet nicht viel, handelt aber ehrlich und ist voller wahrer Gefühle. Szymon wollte vor Jahren nur das beste für Marlena und bringt deren Biografie durch sein Handeln in extreme Schieflage. Wir merken sehr schnell, dass all diese einzelnen Biografien eng mit einander verbunden sind. Und wenn eine Person etwas unternimmt, hat dies zwangsläufig Auswirkungen auf die andere(n). Alles ist mit einander verwoben. Auch die Geschichten der älteren Generationen, denn dort beginnt schon eine erste Flucht von Polen nach Holland, als letzte Rettung vor der Tötungsmaschinerie der Nazis. Dass dies alles miteiander zusammenhängt, wird von Seite zu Seite klarer. Nichts bleibt ohne Wirkung. Alles ist miteinander verzahnt. Schicksale stehen nicht solitär, sondern hängen von anderen Schicksalen ab. Es gibt zwei Menschen, die sich beim ersten Blick ineinander verlieben und durch „Freundschaftsdienste“ anderer nicht zueinander finden. Handlungen erzeugen Gegenhandlungen und Marlena bleibt eine Suchende, eine Fliehende, eine, die nicht glücklich ist, mit dem was sie hat, weil sie das sucht, das sie nicht mehr finden kann.
Lot Vekemans plante eigentlich ein neues Theaterstück (ihr Stück „Gift“ war letztes Jahr auf dem Spielplan des Theaters Ulm), in dem ein Bus voll lauter Holländer nach Polen fährt. Es war jedoch relativ schnell klar, dass Marlena einen zu großen Platz im Text inne hatte. Die Autorin fügte weitere Figuren dazu und ließ sie zu sich sprechen und notierte auf, was sie von ihnen hörte.
Mit diesem Debüt ist ihr ein großartiger Roman gelungen, der tief unter die Haut geht, zum Teil tiefe Trauer ausstrahlt und doch immer wieder voller Hoffnung ist und mit irrwitzigen Wendungen aufwartet. Ein Lesevergnügen, wie ich es selten in Händen gehalten habe. Ein Roman, der mit dem großen Netz des Lebens spielt, der voller Hoffnung ist, auch wenn der Weg komplett verstellt und die Sehnsucht kaum mehr auszuhalten ist.

Leseprobe
__________________________

Werner Färbers Ungereimtheiten der Woche
Erwicht – 114

Auf dem Bett erkalten zwei nackte
Ehebrecher schon seit Stunden.
Zur Zeit, als die Diele leis‘ knackte,
war’n sie ineinander verwunden.
Schal steht herum der Spumanti,
den sie vor dem Sex noch genossen.
Der Ehemann hat in Flagranti
sie mit einer Kugel erschossen.


Das Beuteltier

Langer Rüssel, dünner Schwanz,
den man aufrollt gar und ganz,
kennzeichnen das Beuteltier,
welches ich beschreibe hier.

Als Saugetier steht’s in der Ecke,
wartet dass man es zum Zwecke
der Reinigung durchs Zimmer schiebt,
weil es nämlich Schmutz sehr liebt.

Heulend, johlend frisst es alles
und verschluckt im Fall des Falles,
auch Dinge, die’s nicht fressen soll.
Schwups, schon ist der Beutel voll!
__________________________

IMG_8403

Heute abend ab 19 Uhr lesen Marion Weidenfeld und Clemens Grote aus vier neuen Romanen vor. Die Titel (mit Inhaltsangaben) finden Sie auf unserer neugestalteten Hompage:  www.jastram-buecher.de

Dienstag, 23.Februar

IMG_8281

Heute haben
Samuel Pepys * 1633
Wilhelm Grimm * 1786
Erich Kästner * 1899
Elisabth Langgässer * 1899
Geburtstag
und es ist der Todestag von John Keats, der am 23.2.1821 in Rom gestorben ist.
Er liegt auf dem Nichtkatholischen Friedhof in Rom bei der Pyramide und auf seinem Grabstein stehen die weltberühmte Worte:
„Here lies One Whose Name was writ in Water“

IMG_8280
______________________

hinter_der_milchstrasse-9783423626187

Bart Moeyaert: „Hinter der Milchstraße
Aus dem Niederländischen von Miriam Pressler
dtv € 8,95
Gebunden im Hanser Verlag € 14,90
Als E-Book € 8,99
Jugendbuch ab 11

Da flammt natürlich sofort die Diskussion wieder auf: Ist das ein Kinder/Jugendbuch? Verstehen das Kinder ab 10 Jahren? Muss das so sein? Kann der Auto nicht einfach nur ne spannende Geschichte schreiben? Drei Bände, oder sieben? Sind Bücher, wie Heidelbachs „Rosel von Melaten“, oder Stian Holes „Morkels Alphabet“ noch Bilderbücher?
Ja, ja, das sind sie. Wir müssen nur wissen, wie wir damit umgehen. Anders lesen, anders vorlesen. Uns auf die Gedanken der Kinder einlassen. Dass dies nicht so einfach ist, wie beim Glitzerfisch, oder bei Findus und Pettersson liegt auf der Hand.
Bart Moeyaerts Buch über die Tage und Wochen im glühenden Sommer mit Oskar, seinem Bruder Bossie und dem Mädchen Geesje liegt bei uns in der Buchhandlung auch auf dem Tisch mit Bücher für Erwachsene. Einfach deshalb, weil es ein kleiner Text ist, der Sie gefangen nimmt. Und wenn er einen anderen Umschlag hätte, würden sich die Besprechungen überschlagen. wie sich ein Autor so fein, so unaufdringlich und doch intensiv in die Kinderseele des (vielleicht 7-jährigen) Oskars hineinversetzen kann. Wenn Sie das Buch gelesen haben (Sie werden es nicht aus der Hand legen), dann verstehen Sie auch die Intension des Autors und merken, dass es natürlich auch und gerade ein Buch für Kinder und Jugendliche ist. Mit all seiner Fremdheit, seiner anderen Art eine Geschichte zu erzählen.
Oskar, sein großer Bruder Bossie und die dazugehörende Geesje (immer mit einem Buch vor den Augen) verbringen die drückend heissen Tage der Sommerferien in ihrem Clubhaus ohne Wände und ohne Dach, das in Wirklichkeit nur eine Mauer ist. Von dort oben beobachten sie , das Wenige, was sich auf der darunterliegenden Milchstraße abspielt. Die Milchstraße, die eigentlich weit entfernt am nächtlichen Himmel hängt, aber halt auch in der prallen Sonne, direkt vor ihren Füßen. Sie sehen auf einen Schrottplatz und kommentieren das Gassigehen der alte Nancy Sinatra mit ihrem Hund. Wobei es eher ein Schlurfen ist. Von beiden. Sie wetten, wer von beiden wohl als erstes stirbt – Nancy oder der Hund. Diese Wette verändert einiges, in der stehengebliebenen Zeit des Sommers, die an das Bild von Dalis geschmolzenen Uhren denken lässt.
Bossie und Oskar geraten sich in die Haare, Geesjes Tante liegt im Sterben, Nancy Sinatra taucht nicht mehr auf. Der Hund bleibt verschwunden. Ein fremdes Mädchen taucht auf und verpasst Oskar ein Veilchen. Zuhause versteckt sich der Vater, wie üblich hinter seiner Arbeit. Oskars und Bossies Mutter ist seit Wochen im Süden Italiens, hat den blauen Koffer gepackt um den Wirrwarr in ihrem Kopf sortieren zu können. Was Oskar bleibt, sind ihre Postkarten und Briefe, in denen allerdings nur Banales steht. Für ihn verstecken sich hinter diesen Zeilen jedoch frende Welten, Hoffnungen und Sehnsüchte.
Für Oskar gibt es eine Fahrt mit dem klapprigen LKW der Beiden vom Schrottplatz, dei Alteisisch reden. Raus aufs Land zu einer besonderen Frau und einem Mädchen im Rollstuhl. Eine andere Welt, die er nicht verkraftet. Oskar verrät Geesje, konkurriert mit seinem älteren Bruder und hofft, dass alles wieder so wird, wie es einmal war.
Bart Moeyaert ist ein Meister im Andeuten, im Skizzieren und kann mit einem feinen Pinselstrich ein großes Bild in unseren Köpfen entstehen lassen. Er versteht es in seiner unaufgeregten Sprache große Gefühle zu beschreiben, für die andere Autoren ganze Seiten bräuchten. Es ist das Chaos im Kopf von Oskar (nicht nur bei seiner Mutter). Es geht um Verlust und Hoffen, Zuneigung, Hingabe, Schuld und Ausgeliefertsein und um einen Sommer, wie es ihn nicht mehr geben wird. Aber auch um Versöhnung, um Annäherung, Liebe und Trauer.

Lesen Sie „Hinter der Milchstraße“ und Sie werden das Buch nicht mehr vergessen. Und wenn Oskars Papa am Ende aufgeregt am Telefon redet, aufgekratzt aus seinem Arbeitszimmer stürmt, ahnen wir, das die Mama doch vielleicht wieder kommt.

Als der Eismann in die Sandstraße einbog, schlug ich vor, wir sollten uns ein Eis holen. Ich sagte, ich hätte Geld für Stracciatellalalala.
Sie wollte kein Eis.
Ich sagte: „Aber ich habe Geld.“
„Aber ich habe keine Lust“, sagt Geesje.
Ich fragte, wie es mit ihrem Buch gehe.
„Gut“, sagte sie. „Fast fertig“
Ich sagte: „Ich warte.“

Was für Ende. Zum Niederknien.

Leseprobe
____________________

Werner Färber Ungereimtheit der Woche
Das Püreh

Schon als es noch ein kleines Kitz,
verstand das Reh nicht einen Witz!
Den Mitbewohnern in dem Wald
wurde ziemlich klar recht bald,
dass das Reh, obwohl es klug,
weder Scherz noch Spaß vertrug.

Sobald ihm irgendwas missfiel,
sah man das am Mienenspiel.
Egal ob abends oder früh,
es reagierte stets mit: „Püh!“
Es wurde als Pühreh bekannt
und stand meist trotzig abgewandt.

aus:
UNGEREIMTHEITEN AUS DER TIERWELT VON A-Z (Buch mit Hörbuch € 16,90)
Nicht nur für Kinder ab 8! In jeder guten Buchhandlung! Oder (signiert direkt vom Autor)

Montag, 15.Februar

IMG_8126

Heute haben
Johann Jakob Wilhelm Heinse * 1746
Elke Heidenreich * 1943
Miranda July * 1974
Geburtstag
__________________________

Unser Büchertipp:

IMG_8145

Anthony Doerr:Memory Wall
Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence,
der auch Doerrs Roman. Alles Licht, das wir nicht sehen“ übersetzt hat.
C.H.Beck Verlag € 14,95
Englische Ausgabe € 14,99 (Inkl. weiterer Erzählungen)

„Jede Stunde verschwinden auf dem dem Erdball unzählige Erinnerungen“, so oder ähnlich könnten wir das Werk von Anthony Doerr überschreiben. In Deutschland hat er den literarischen Durchbruch mit seinem oben genannten Roman geschafft, für den er auch den Pulitzer Preis 2015 erhalten hat. Im englischsprachigen Raum ist er jedoch genauso bekannt für seine Erzählungen. „Der Muschelsammler“ ist hier auch erschienen, wird aber nicht groß beachtet. „Memory Wall“ ist im Original eine Sammlung von Erzählungen, Short Stories, bei uns kommt es speperat heraus und wird Novelle genannt.
Was uns da auf etwas mehr als 130 Seiten vorliegt, ist ein kleines Meisterwerk. Sprache, Handlung, Komposition, alles passt. Es geht wieder ums Erinnern, um Alma Konachek, die im Alter dement wird. Erinnerungen halten unser Leben zusammen und sie verliert jeden Tag mehr den Überblick. Auf einer Wand in ihrem Haus in einem Vorort von Kapstadt, hat sie Fotos aus ihrem Leben aufgeklebt. Unsortiert, wild durcheinander, oder doch nach System? Niemand weiß es genau. Sie wird von einem Schwarzen betreut, der jeden Tag eine weite Reise von einem Township zu ihr unternimmt und seinen kleinen Sohn dort zurücklässt. Er kümmert sich um das Alltägliche, kocht für sie, putzt, liest ihr vor, kleidet sie an, bringt sie ins Bett. Er ist ein Wandler zwischen zwei Welten. Dort ein großzügiges Haus, das Alma selbst gestaltet hat und bei ihm Armut pur.
Almas Mann hat in seinem späten Leben Fossilien gesucht und gesammelt. Das Haus ist voll von diesen Fundstücken. Schön archiviert in Vitrinen. Es gibt jedoch einen Hinweis, dass er kurz vor seinem Tod einen gigantischen Fund gemacht hätte, der mehrere Millionen wert sein soll. Doch es findet sich in den Unterlagen von Alma keinen Hinweis.
Doerrs Text spielt in einer nahen Zukunft, in der sich Menschen mit Porten am Kopf mit Speichermedien ihre Erinnerungen immer und immer wieder anhören können. Somit soll auch der fortschreitenden Demenz Einhalt geboten werden. Tausender solcher Kassetten befinden sich im Haus von Alma und sie taucht auch täglich in diese Erinnerungesfetzen ab.
Da Almas Zustand jedoch schon so weit gediehen ist, macht ein Einbrecher sich auch gar nicht mehr die Mühe sich leise in ihrem Haus zu bewegen. Er ist auf der Suche nach Fossilien, die er an einen Sammler weiterverkauft. Aber eigentlich ist er auf der Suche nach dem großen Fund. Mit dabei hat er einen Jungen, der auch solche Ports im Kopf hat. Ihn lässt er alle Speichermedien durchhören, während er mit Alma Eier ist. Sie kann sich am nächsten Morgen an nichts mehr erinnern.
Umso mehr wir lesen, merken wir, dass die beiden Jungs immer mehr in den Mittelpunkt geschoben werden. Wie schon in seinem „Licht“-Buch spielen Kinder, Jugendliche zentrale Rollen. (In der englisch sprachigen „Memory Wall“-Ausgabe gibt es noch mehr Kinder. So auch ein jüdisches Mädchen in Berlin).
Ich mag nicht mehr verraten. Die Handlung wird noch richtig turbulent. Sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart. Was die Zukunft bringt, erfahren Sie spätestens, wenn Sie das Buch gelesen haben.
„Memory Wall“ wünsche ich viele Leser, in der Hoffnung, dass es von einem Leser zum anderen weitergerreicht wird. Eines dieser Bücher, die nicht viel Werbung brauchen, da sie für sich sprechen und überzeugen.

Leseprobe
_______________________

Werner Färbers wöchentliche Ungereimtheiten

Ungleiches Paar – 112

Über die Alpen zieht der Föhn,
der Gletscher strahlt in Blaugetön.
Der Bergfreund steht mit seiner Alten
direkt vor einer Gletscherspalten.

Sie wäre jetzt lieber am Meer.
Berge zu lieben, fällt ihr schwer.
Im nächsten Nu sieht man sie stoßen
den Mann mit Händen, ihren bloßen.

Lebensmüde Lemminge

Als Gerücht kursiert seit Jahren,
dass die Lemminge in Scharen
stürzen sich mit Anlauf munter
von Klippen hoch ins Meer hinunter.
Es heißt, die kleinen Tiere springen,
des Lebens müd‘, sich umzubringen.

In Wahrheit wollen sie nur baden
und nehmen dabei keinen Schaden.
_________________________

Nicht vergesesen:
Donnerstag, 18.februar ab 19 Uhr.
Die Journalistin, Autorin, Weltreisende Zora del Buono kommt zu uns auf Besuch und erzählt und liest aus ihren Werken.
Ihr Roman „Gotthard“ ist übrigens auch im Beck Verlag erschienen.

1844

Montag, 11. Januar

IMG_7447

Heute haben
Diana Gabaldon * 1952
und Katharina Hacker * 1967
Geburtstag
____________________

Unser Buchtipp für einen guten Start in diese nasskalte Woche.

9783407820617

Grzegorz Kasdepke: „Das Tier in meinem Bauch
Mit farbigen Bildern von Tomek Kozlowski
Übersetzt aus dem Polnischen von Urszula Czerska
Vorlesebuch ab 5 Jahren
Beltz&Gelberg Verlag € 12,95

IMG_7476

Es knurrt und brummt im Bauch des Mädchens, und sie ist überzeugt, dass in ihrem Bauch ein Tier wohnt. Doch niemand glaubt ihr. Der Vater hört nichts, als er sein Ohr auf ihren Bauch legt und die Mutter ist zu sehr mit Lesen beschäftigt und fragt nur, ob es gefährlich sei, das Tier. Der große Bruder meint, dass es sicherlich, das Hühnchen sei, das sie heute mittag gegessen hatte.

IMG_7477
Das Mädchen hört nur allein das Knurren des Tieres. Für andere ist es in ihrem Bauch mucksmäuschenstill.
„So ist das mit meiner Familie. Niemand nimmt mich ernst“
Als das Mädchen alleine ist, knurrt das Tier wieder und das Mädchen macht sich Gedanken, was es wohl für eines ist. Eine Katze, ein Löwe?
„Wahrscheinlich war esbalso kein Löwe. Es war eher ein Tier, das sogar Angst vor Löwen hat. Außerdem hatte ich noch nie von einem Mädchen gehört, das einen Löwen verschluckt hat. Einen Löwen, der ein Mädchen verschluckt, kann man sich schon eher vorstellen.“

IMG_7478
Der Grossvater und die Grossmutter verstehen sie nicht. Die Menschen im Park lachen sie aus. Genauso, wie die Kinder im Kindergarten. Keiner hört etwas Grummelm im Bauch des Mädchens. Nachts meldet es sich jedoch so laut, dass das Mädchen zum Kühlschrank geht und vier Würstchen isst, bevor ihr Tier Ruhe gibt. Beim Frühstück ist das Mädchen beruhigt, weil das Tier genau das mag, was sie auch gerne isst.
Als die Frage auftaucht, ob das Tier immer größer wird. So groß, dass das Mädchen platzen könnte, wird die Situation brenzlig. Aber: Das Tier ist plötzlich nicht mehr da. Keiner weiss, wohin. Die Eltern wissen natürlich auch keinen Rat. Bis ihr Bruder sagt: „Hör doch mal. In meinem Bauch wohnt dein Tier.“
Da ist das Mädchen einerseits froh, aber auch ein wenig eifersüchtig auf ihren Bruder, der ihr aber verspricht einen Zettel zu schreiben.

IMG_7475
Das Tier in meinem Bauch“ überzeugt mit seiner phantasievollen Geschichten, mit seinem witzigen Text und nicht zuletzt mit seinen vielen farbigen Illustrationen, die in ihrer Besonderheit den Text erst zu einem besonderen Buch machen.
Ein geniales Buch zum Vorlesen, Bauch streicheln, und Ohren auf Bauchnäbel legen.
_______________________

Werner Färbers Ungereimtheiten der Woche

Der Kragenbär CCCII

Vor Ärger platzt dem Kragenbär,
weil ihn ständig alle fragen,
was er denn ohne jenen wär,
mit lautem Knall der Kragen.

Letztes Leuchten

Nachdem noch einmal sie erblüht
in ihrer Schönheit, ihrer runden,
ist sie im Dämmerlicht verglüht
und ich habe auch nach Stunden,
obschon ich mich hab‘ sehr bemüht,
keinen Ersatz für sie gefunden.
Denn Glühbirnen mit 100 Watt
wirklich kaum noch jemand hat.

____________________

Wir haben noch kostenlose Eintrittskarten zu vergeben.
Einfach in der Buchhandlung anrufen und Ihren Namen durchgeben.
Telefon 0731 67137

zoom_berenberg_book_97d7c5d1117c

Gesprächskonzert mit dem Vogler Quartett

Mittwoch, 13. Januar 2016, 20 Uhr | Ulm
In der Reihe »klassisch!«
Moderation: Jürgen Kanold
Museumsgesellschaft, Neue Str. 85, 89073 Ulm
Eine Kooperation der Südwest Presse mit der Museumsgesellschaft Ulm
www.museumsgesellschaft-ulm.de

Frank Schneider:  “Eine Welt auf sechzehn Saiten“

Gespräche mit dem Vogler Quartett

Es ist die Königsdisziplin der Kammermusik, und seit dreißig Jahren zählt das 1985 in Ost-Berlin gegründete Vogler Quartett zu den international renommiertesten Streichquartetten – in unveränderter Besetzung. Diese Gespräche mit Frank Schneider, dem langjährigen Intendanten des Berliner Konzerthauses, zeigen, wie ein gemeinsames Musikerleben über eine so lange Zeit die Spannung halten kann. Eine sehr persönliche Künstlerbiografie, mit Reflexionen zum musikalischen Selbstverständnis, kunstpolitischen Engagement und, natürlich, dem Alltag zu viert.

21.Türchen vom Besten das Beste

IMG_7157

Heute haben
Jean Racine * 1639
Isolde Kurz * 1853
Heinrich Böll * 1917
Felix Huby * 1938
Thomas Hürlimann * 1950
Rolf Lappert * 1958
Geburtstag.

 

 

Das 21.Türchen vom Besten das Beste bringt heute ein starkes Mädelsbuch.

IMG_7175

“Das Buch ist bombe”
taz

“Das Buch ist ne Wucht”
Samy Wiltschek

U1-Fuchs-Mädchenmeute_LT.indd

Kisten Fuchs:Mädchenmeute
Rowohlt Berlin € 19,95
eBook € 16,95

“Kirsten Fuchs ist eine Meisterin in der Konstruktion einzelner Szenen und komischer Pointen. Schlagfertig, schnodderig, krawallig gehen daher auch die Mädchen miteinander um.”
Frankfurter Allgemeine Zeitung

“Sie lächelte, als hätte sie Zahnschmerzen. Diese Legomännchenfrisur war doch eine Perücke, oder? Bis auf eine Weste mit hundert Taschen sah sie überhaupt nicht survival aus. Sie gab meiner Mutter die Hand. Ihr gelber Nagellack leuchtete wahrscheinlich im Dunkeln. Da konnte sie im Camp nachts den Weg zum Plumpsklo finden oder die Wildschweine blenden. Sie war die totale Wildschweinscheuche. Und warum sah sie so angespannt aus?
Das sei der Bruno, sagte sie und zeigte auf den Busfahrer. Sie sei die Inken. Die Ansprechperson. Sie würde gut auf mich aufpassen. Wieso wusste ich sofort, dass das gelogen war, wohingegen mir meine Mutter ganz, ganz, ganz viel Spaß wünschte und mich zum Abschied drückte? Im Bus roch es nach Keller. Auf den Sitzen hinter dem
Busfahrer lagen lauter Beutel. Beutel mit Katzenmotiven. Fünfzehnmal der gleiche Beutel. Alle zugeknotet. Der Kellergeruch kam von den Beuteln.”

Charlotte, Bea, Anuschka, Rike, Antonia, Yvette und Freigunda haben sich im Wald versteckt. Nicht freiwillig, sondern sie sind auf der Flucht mit einem geklauten Kleinlaster, der mit Hunden und Käfigen gefüllt war. Sie suchen einen versteckten Stollen, sie suchen einen Unterschlupf und die einsame Gegend im Riesengebirge scheint ihnen der richtige Ort dafür zu sein. Gesucht werden sie auch noch, Hubschrauber kreisen über dem Gebiet, die Medienvertreter lauern auf die großen Berichte. Gleichzeitig haben sie aber auch heimliche Helfer.
Aber halt. Erst mal der Reihe nach.
Charlotte, groß, dünn, voll in der Pubertät, läuft bei jeder Bemerkung rot an (deshalb wird sie von den Mädels auch Leuchtturm genannt) ist die Erzäherin des dicken roten Buches von Kirsten Fuchs und soll/möchte an einem Mädchen-Sommercamp in der Natur verbingen. Doch schon nach sehr kurzer Zeit läuft alles aus dem Ruder. Die Baracken, in denen sie untergebracht werden sollen, sind marode, kaputt, verschmiert und voller Geräusche. Aus den versprochenen Tagen in der Natur, ohne Händi und Vollpension wird ein schneller, frecher Roadtrip. Wenn ich hier in der Buchvorstellung noch einmal “tschick” schreibe, werfe ich € 5,00 in unser soziales Centschwein. Aber es hat halt von der Grundidee so viel von Wolfgang Herrndorfs Erfolgsroman. Nur dieses Mal aus der Mädchensicht. Kirsten Fuchs, ein Star der Berliner Lesenbühnenszene hat hier einen dicken, knallroten Roman vorgelegt, an dem sie drei Jahre gearbeitet hat, der nur so sprüht von Wortwitz, Ideenreichtum und reiht sich in die ganz großen Coming-of-Age-Romane ein. “Mädchenmeute” muss sich nicht vor den Romanen von Harper Lee, Salinger, Mark Twain, bis Herrndorf verstecken. Das Buch fällt allein durch seine Dicke und Farbe in dieser illustren Reihe auf.
Ich möchte gar nicht so viel über das Buch schreiben, denn es verarbeitet so viel Stoff aus dem Leben und der Gedankenwelt dieser sechs Mädchen. Es geht um Freund-schaft, Selbstvertrauen, die eigenen Stärken, das Lernen von den Anderen. Es ist ernsthaft komisch und voller komischen Ernst. Wir entdecken mit den Mädchen alte Machenschaften in der DDR, wie man im Wald überleben kann, dass man viele Dinge zum ersten Mal macht und dass es wichtig ist, dass jemand einem vertraut und hinter einem steht. Es geht um Macht und Zusammenhalt und es geht einfach auch um ganz tolle Unterhaltung, bei der es immer etwas zu Lachen gibt und: Es bleibt spannend bis auf die letzten Seiten.
So! Nun aber Schluss!
Lesen Sie es selbst, geben Sie das Buch allen Mädels ab 14 Jahren. Aber nicht nur denen.

Leseprobe

Kirsten Fuchs hat eigens ein Blog für ihr Buch eingerichtet
____________________________

Werner Färbers Ungereimtheiten der Woche

Advent, Advent

Rundherum, auf einem Kranz,
stehen vier Kerzen – alle ganz.
Advent, Advent, es brennt ein Licht.
Und drei andre Lichter nicht.

Bald brennen zwei, drei Kerzen nieder.
Wie letztes Jahr – so dieses wieder.
Und kurz vor der geweihten Nacht
werden vier Kerzen angemacht.

Advent, Advent, im Lichterschein
werden alle Kerzen klein.
Sie brennen bis zu Stummeln runter.
Es zischt und knistert, flackert munter.

Ist den nimmersatten Flammen
das Kerzenwachs dann ausgegangen,
so naschen sie am Tannenkranz,
verzehren ihn am Ende ganz.

Das Feuer frisst mit Appetit
auch das neue Tischtuch mit.
Lässt man den Flammen freie Hand,
entwickelt sich ein Zimmerbrand.

Traurig ist, wenn man so pennt!
Advent, Advent, die Stube brennt.
Niemand merkt’s im ganzen Haus,
dann fällt Weihnachten wohl aus.

Schöne Bescherung

Nach dem Brand vom letzten Jahr
mied man diesmal die Gefahr.
Das große Kaufhaus Kleckermann
bot billig Lichterketten an.
So leuchtet im Bescherungsraum
mit 1000 Watt der Weihnachtsbaum.
Die Augen groß und weit die Herzen
entzündet man auch Wunderkerzen,
die mächtig stinkend Funken sprühen,
um rötlich gelb dann zu verglühen.
Doch nicht erahntes Unglück naht:
ganz oben glänzt ein blanker Draht.
Die Wunderkerzen sind längst aus,
da knallt die Sicherung heraus.
Die Familie sitzt im Dunkeln,
die Tannennadeln knistern, funkeln.
Entfacht durch jenes Drahtes Glut
brennt das Bäumchen schnell und gut.
Ganz oben in des Baumes Spitze
entwickelt sich gar große Hitze.
Doch rettend kommt der Weihnachtsmann
mit einem Eimer Wasser an.

Das 7.Türchen vom Besten das Beste

IMG_7004

Heute haben
Johann Nestroy * 1801
Willa Cather * 1873
Noam Chomsky * 1928
Anne Fine * 1947
Gertrud Leutenegger * 1948
Giaconda Belli * 1948
J.R.Moehringer * 1964
Geburtstag
und Tom Waits wird 66.
_______________________

Offill

Jenny Offill:Amt für Mutmaßungen
Deutsch von Melanie Walz
DVA € 17,99
als E-Book € 13,99

Es ist doch immer gut,Tipps von KundInnen zu bekommen. Aber dass diese Buchempfehlung so stark ist, hätte ich nicht gedacht. Ich hatte das Buch beim Vertreter nicht bestellt, kannte auch die Autorin nicht. Mitte November lag es dann auf dem Büchertisch im Laden, aber es hat nie den Weg zu mir nach Hause gemacht. Knapp 170 Seiten, in vielen kleinen Abschnitten geschrieben und mit einem auffallenden Umschlag hat es mich seither angelacht. Nun endlich war es soweit. Und: Es ist grossartig. Die Textbausteine sind oft nur fünf Zeilen lang und wirken irritierend. Aber einmal angefangen, merken wir, wie sie uns einsaugen. Sehr gekonnt verflechtet Jenny Offill die Gedanken ihrer Hauptperson mit Zitaten aus der Welt der Literatur und Philosphie. Ihre Beobachtungen messerscharf, haargenau getroffen und voller Witz. Eigentlich sollte ich das Büchle nochmals zur Hand nehmen und jetzt mit Stift und Papier all die gelungenen Textpassagen herausschreiben. Es würde eine ganze Liste ergeben.
“Amt für Mutmaßungen”, so haben sich die beiden Jungverliebten unten auf ihre Briefe geschrieben und dieses “Department of Speculation” bleibt es auch das ganze Buch durch. Hier wird viel über andere nachgedacht, über sich selbst, über das, was hätte werden können, und wie es wohl weitergeht.
Wer Mutmaßungen über den Kosmos anstellt …, ist nichts anderes als ein Verrückter.”
Sokrates
Dies hat die Autorin als Motto vorausgestellt und sie beginnt den Roman damit, in dem sie beschreibt, dass Antilopen zehnmal besser als Menschen sehen und somit in einer sternklaren Nacht die Ringe des Saturns sehen können. Eingeflochten hat sie in diese drei Zeilen, dass er dies ganz zu Anfang zu ihr gesagt hat. Oder beinahe.
Ganz am Anfang gab es ein jungverliebtes Paar. Sie schreibt, er macht Musik und komponiert. Newy York, Brooklyn, alles ist gut. Es ist die Szene, das Leben mit Bekannten und kein Denken an ein morgen. Ein Grosstadtleben, wie sie es sich vorgestellt haben. Aber aus dem Verliebtsein wird eine “normale” Ehe mit viel Hochachtung für den Partner (auch dafür hat sie hervorragende Vergleiche). Ein Kind kommt, ein Schreibaby, eine Tochter, die den Alltag prägend verändert. Dies wird bis zur Hälfte des Buches aus der Sicht der Frau geschrieben, bis es danach zu einer tiefschneidenden Veränderung kommt, die eigentlich sehr einfach gelöst werden könnte, aber eine Lawine von Mutmaßungen auslöst. Ab diesem Moment gibt es kein ich, sondern nur noch ein sie und er.
Mehr möchte ich ihnen nicht erzählen. Genießen Sie lieber den kompletten Roman, den Sie sehr schnell (das erste Mal) durchgelesen haben.
Melanie Walz, die wir als Übersetzerin von Lily Brett, Antonia S.Byatt, Patricia Higsmith und u.a. auch Annie Proulx kennen, konnte hier aus dem Vollen schöpfen und hatte sicherlich eine große Freude und viel Arbeit beim Formulieren. Bei uns Lesern bleibt das Vergnügen an diesem frechen, witzigen, genau beochteten, glasklaren Roman über eine Ehe.
Der Roman wurde von der New York Times unter die zehn besten Bücher des Jahres 2014 gewählt.

Leseprobe

“Jenny Offills Roman ‘Amt für Mutmaßungen’ hat mir wahnsinnig gut gefallen; richtig klasse!”
Doris Dörrie

Was ich auch noch erfahren habe, ist, dass Jenny Offill Kinderbücher geschrieben hat.
Gefunden habe ich diesen sehr witzigen Trailer:


__________________________

Werner Färbers Ungereimtheiten
Besorgte Bürger

„Ich bin ja kein Nazi, aber …“,
hebt ein „Bürger“ an voll Sorge.
Begegnet mir solches Gelaber,
wünsche ich, dass man ihm borge
die eine oder andre Zelle
für sein eingebräuntes Hirn,
dass es bald wird wieder helle
hinter der Sorgenfaltenstirn.

Die Laus Niko

Niko, die Laus, war wohl bekannt,
im Reich der kleinen Läuse.
Jahr für Jahr fuhr sie durchs Land,
den Schlitten zogen Mäuse.

Der große Sack war stets so voll
mit schönen, bunten Sachen,
dass er beinahe überquoll
und fast die Nähte brachen.

Niko nahm den schweren Sack
auf ihren Läuserücken.
Da machte es ganz leise knack
und tat die Laus zerdrücken.
_________________________

tumblr_nu8fmvFssU1s1zlzoo1_540