Montag, 17.Oktober

Heute haben
Georg Büchner * 1813
Emanuel Geibel * 1815
Alfred Polgar * 1873
Arthur Miller * 1915
Miguel Delibes * 1920
Mo Yan * 1955
Geburtstag und es ist der Todestag von Ingeborg Bachmann.
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„Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist.“
Alfred Polgar
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Neu bei uns in der Buchhandlung


Serhij Zhadan: „Himmel über Charkiw
Nachrichten vom Überleben im Krieg
Suhrkamp Verlag € 20,00

Serhij Zhadan ist Tag und Nacht im beschossenen Charkiw unterwegs. Er hilft, wo er nur kann, organisiert Spenden, evakuiert Kinder und alte Leute aus den Vororten, verteilt Lebensmittel, koordiniert Lieferungen an das Militär und , das ist ihm sehr wichtig, er gibt Konzerte mit seiner Ska-Punk-Band „Zhadan und die Hunde“.
Dieses Buch ist die Zusammenfassung seiner Posts auf facebook, ab dem 24.Februar.
Mit einem „Hallo Freunde“ meldet er sich und versucht seinen Mitbürger:innen in Charkiw Mut zu machen. In den letzten acht Jahren hat Zhadan immer vor der Gefahr, die von Russland ausgeht, gewarnt. Jetzt wird er zu einer der vielen Stimmen, die sich täglich zu Wort melden. Aber manchmal verschlägt es auch ihm die Worte, als die Bilder von Butscha um die Welt gegangen sind.
„Es gibt keine Worte. Einfach keine. Haltet durch, Freunde. Jetzt gibt es nur noch Widerstand, Kampf und gegenseitige Unterstützung.“
Das Buch ist eine weitere Chronik eines Krieges, der gleich um die Ecke stattfindet und uns hier in Deutschland direkt betrifft.

Leseprobe

Am Sonntag erhält Serhij Zhadan in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Am kommenden Mittwoch, 19.Oktober liest Clemens Grote ab 19 Uhr die komplette Erzählung „Laufen ohne anzuhalten“ von Serhij Zhadan.
Nutzen Sie die Gelegenheit.
Der Eintritt ist frei.

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Auf tagesschau.de vom Freitag:

Biodiversität
Warnung vor Kipppunkten bei Artensterben


Bis zu eine Million Tier- und Pflanzenarten drohen in wenigen Jahrzehnten auszusterben. Experten warnen bereits vor Kipppunkten fürs Ökosystem. Welche Gefahren es gibt – und was können wir dagegen tun?

Was ist ein Kipppunkt beim Artensterben?

Von Kipppunkten ist häufig im Zusammenhang mit der Klimakrise die Rede. Das Schmelzen der Eisschilde oder das Abholzen des Amazonas-Regenwaldes werden zum Beispiel als solche bezeichnet. Damit ist gemeint: Ab einem Schwellenwert können die Folgen nahezu unumkehrbar sein und weitere Kettenreaktionen nach sich ziehen. Solche physikalischen Kipppunkte wirken sich auch auf das Artensterben aus.

Wissenschaftlern der Universität Oldenburg zufolge kann der Begriff Kipppunkt im Zusammenhang mit Biodiversität jedoch auch problematisch sein: Ein klar definierter Wert oder Bereich, in dem ein Ökosystem noch als stabil gilt, sei sogar kontraproduktiv für den Artenschutz, da wir dann kleinere, allmähliche Veränderungen übersehen könnten.

Hier geht es zum kompletten Artikel von Delia Friess


Mittwoch, 18.Mai

Heute haben
Franziska von Reventlow * 1871
Bertrand Russell * 1872
Ernst Wiechert * 1887
Gunnar Gunnarsson * 1889
W.G.Sebald * 1944
Geburtstag
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„Der Jammer mit der Menschheit ist, dass die Narren so selbstsicher sind und die Gescheiten so voller Zweifel.“
Bertrand Russell, engl. Philosoph und Mathematiker, Nobelpreis 1950
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Magdalena Schrefel: „Brauchbare Menschen
Erzählungen
Edition Suhrkamp € 16,00

Die in Österreich geborene und in Berlin lebende Autorin arbeitet hauptsächlich als Dramaturgin und ist somit schon mitten in ihrem Thema.
Wie leben Menschen von dem bisschen Geld, das sie für harte Arbeit verdienen? Wie gehen sie mit diesem kapitalistischen System der Automatisierung, Ausbeutung, Verunmenschlichung um?
Aber keine Bange – die Erzählungen der Autorin lesen sich wie gut recherierte Reportagen. Wir tauchen ein in die Arbeit eines Schlachters aus Rumänien, der seine eigene Sicht der Dinge erzählt. Eine spielsüchtige Mutter mit Kindern, ein Sexroboter soll das Angebot in einem Bordel erweitern, MitarbeiterInnen einer Flughafen-Security sind nur ein paar wenige Theman in diesen Geschichten. Immer schreibt Frau Schrefel von hart arbeitenden Menschen, die versuchen, das Beste aus ihrem Leben zu machen, da Hilfe von aussen nicht zu erwarten ist.
Am Ende lesen wir eine Preisrede (ist es eine?) der Autorin, in der sie ihre Arbeitszeit mit dem Verdienst vergleicht und sich auch bei den Geringverdienenden wiederfindet.
Tolle Geschichten, die ich immer wieder herausziehe, wenn ich mal 15 Minuten Muse habe.

Leseprobe
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Heute abend:

Mittwoch, 18.Mai 2022 um 19:00 Uhr Haus der Begegnung
Ulm, Grüner Hof 7, 89073 Ulm
Lesung Sibylle Knauss „Der Glaube, die Kirche und ich“
Veranstaltung im HdB und online

Bin ich noch Christin? Werden meine Enkel noch Christen sein? Oder wird es eine Zukunft geben, in der die Erzählung von Kreuzestod und Auferstehung des Gottessohns in Vergessenheit geraten sein wird? Nein, sagt entschieden die Autorin, sie ist einfach zu ergreifend. Das größte Narrativ der Welt, nennt sie sie.
Es ist das persönlichste Buch der Romanautorin Sibylle Knauss, in dem sie ihr Leben als eine Beziehungsgeschichte mit Gott erzählt. Eine Beziehung zwischen den Polen Distanz und Nähe, Gläubigkeit und kühler Betrachtung, Ein aufgeklärtes zeitgenössisches Bewusstsein und ChristSein schließen sich nicht aus.

Kostenbeteiligung: 8,-/ ermäßigt 6,-
Infos unter www.hdbulm.de
Tel. 0731 92 000 0
Keine Anmeldung für die Teilnahme vor Ort. Es gilt Maskenpflicht.

Dienstag, 12.April

Danke

Heute haben
Alexander Ostrowski * 1823
Gustav Lübbe * 1918
Tom Clancy * 1947
Antje Rávic Strubel * 1974
Geburtstag
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Ein Interview mit Antje Rávic Strubel auf NDR:
Ich will nicht länger diese Bomben bezahlen„.
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Mirjam Wittig: „An der Grasnarbe
Suhrkamp Verlag € 23,00

Um ihren Angstattacken in der Großstadt zu enkommen und aus Sehnsucht nach dem einfachen Leben, ist Noa als freiwillige Helferin auf einen Hof nach Südfrankreich geflohen.
Die Furcht vor alleinstehen Koffern und dicken Rucksäcken in der U-Bahn haben ihr die Luft geraubt. Hier in der Ruhe, auf dem Land, erhofft sie wieder zu sich selbst zu finden. Ella, Gregor und ihre elfjährige Tochter Jade leben von ihrer Schafherdeerde und dem, was sie auf den Äckern anbauen. Doch das wird immer beschwerlicher, die Sommer werden heißer. Auch Noa bemerkt die Risse im Boden und wie wenig Wasser der Fluss führt. Das Landleben zeigt sich nicht weniger aufreibend als Noas früheres Leben. An der Grasnarbe treffen innere und äußere Landschaften aufeinander, die nicht nur durch die Klimakrise ins Wanken geraten.

Ich möchte gar nicht so viel über dieses gelungene Debüt schreiben, da ich auf der Seite des Suhrkamp Verlages ein tolles Interview mit der Autorin gefunden habe.

Hier geht es zum Interview: 5 Fragen an die Autorin

Mittwoch, 22.September

Heute haben
Rosemunde Pilcher * 1924
Fay Weldon * 1931
Lutz Rathenow * 1952
Peter Prange * 1955
Geburtstag.
Aber auch Hans Scholl (Weiße Rose)
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261
Rumpeln und Ratschen, und Klapperkappen, Stulpen und Buchsstecken, mit eingeübten Grußphrasen, mit Stocherstöcken, um Brunnen zu überspringen, Säbelfedern, auf aufgebückter Krempe ohne Kragen (Bändergehänge, Spiegel und farbige Glasperlen) und sogar verlarvende Verleumdungen meiner Person in krauserem Fellwams vielärmelig sowie häufig auch anderer. Oft wird mir unterstellt, dass ich es sei, der dies alles sage und schreibe.

aus: Oswald Egger, „Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt“
Suhrkamp Verlag 2021 € 28,00
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Abstimmung zum Deutschen Buchpreis 2021

Die Shortlist ist veröffentlicht und normalerweise veranstalten wir ein Shortlistlesen.
Dafür fehlt mir allerdings der Platz im Buchladen und deshalb habe ich mir das hier ausgedacht.
Dies ist allerdings ein Versuch.
Ob das allerdings so funktioniert, wie ich mir das denke, weiss ich nicht.
Also: Einfach mal klicken und abschicken.
Dann sehen wir weiter.
Danke.

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Eine böse, witzige und gleichzeitig todernste Sendung, hier zum Nachschauen.

Freitag, 3.September

(Sieht doch irgendwie aus, wie n Vogel mit Hochfrisur)
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Heute haben
Sofia A.Tolstoja * 1844
Ernst Meister * 1911
Alison Lurie Ü* 1926
Fritz J.Raddatz * 1931
Eduardo Galeano * 1940
Geburtstag
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Friedrich Hölderlin
Aussicht

Der offne Tag ist Menschen hell mit Bildern,
Wenn sich das Grün aus ebner Ferne zeiget,
Noch eh des Abends Licht zur Dämmerung sich neiget,
Und Schimmer sanft den Klang des Tages mildern.
Oft scheint die Innerheit der Welt umwölkt, verschlossen,
Des Menschen Sinn von Zweifeln voll, verdrossen,
Die prächtige Natur erheitert seine Tage
Und ferne steht des Zweifels dunkle Frage.

Den 24. März 1671      Mit Untertänigkeit
Scardanelli

nach 1837
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Erik Hecht (Buchhändler bei uns in der Buchhandlung) empfiehlt:


Bae Suah: Weiße Nacht
Suhrkamp Verlag € 22,00

Eine junge Frau durchwandert die Sommerhitze des nächtlichen Seoul. Sie trifft auf Bekannte, Unbekannte und Doppelgänger. Wie viel ist real? Wie viel ist geträumt und wie viel ist reine Halluzination? Diese Fragen werden von der Autorin offengelassen. Das Buch ist eine surreale Erfahrung, bei der die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum, Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen.

Bae Suah bedient sich einer suggestiven Sprache, die stark auf Metaphern aufbaut und den Leser von der ersten Seite an in ihren Bann zieht. Die Geschichte umfasst 159 Seiten, auf denen scheinbar nur wenig und doch alles passiert. Schlägt man das Buch schlussendlich zu, taucht man nur langsam wieder aus dieser verschwommenen Kopie unserer eigenen Welt auf.

„Weiße Nacht“ ist in seiner Originalsprache, dem Koreanischen, bereits 2013 erschienen, wurde jedoch jetzt erst ins Deutsche übersetzt. Nichtsdestotrotz hat das Buch eine zeitlose Qualität, die sowohl Jung als auch Alt zu verzaubern weiß.
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Johannes Frank (Verlagsvertreter für Randomhouse Verlage) empfiehlt:


1. Reiner Kunze: „eines jeden einziges leben„, wieder einmal.
Nach einem Erlebnis Ende der 80ger mit dem Autor als Gastdozent eines Literaturseminars- es war eine faszinierende Reise in seine Denk- und Arbeitsweise- sind seine Gedichte irgendwie Lebensbegleiter geworden.
2. Keigo Higashino: „Kleine Wunder um Mitternacht„.
Der preisgekrönte japanische Krimiautor überraschend anders: Ein alter Laden als Kummerkasten für menschliche Nöte, eine Reise durch die Nacht mit Geschichte und Geschichten, surreal, magisch, komisch, philosophisch, ein Seelentreffer!
3. Thomas Wolfe: „Von Zeit und Fluss„.
Stellvertretend vom wachsenden Stapel auf dem Nachtkästchen und für die vielen wiederentdeckten, vielleicht auch neu übersetzten Schätze der Weltliteratur.

Danke!!!!
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Unsere nächsten Veranstaltungen:

Dienstag, 14.September, 19:30 Uhr
Stadtbibliothek Ulm

„Wortschatzübung #9 – Ungeduld“
u.a. mit Samy Wiltschek

Donnerstag, 16.September, 19.30 Uhr
Stadtbibliothek Ulm
„Blinddatelesung“
Ein/e Autor:in aus der Longlist zum Deutschen Buchpreis kommt.
Wir wissen selbst nicht wer.
Eintritt € 5,00

Jaaa, es gibt sie wieder.
„Die erste Seite“ an einem anderen Ort zu einer anderen Uhrzeit,
an einem anderen Tag.
Aber wieder mit vier Büchern und mit Clemens Grote.

Sonntag, 19.September, 11 Uhr
vh Ulm, Club Orange
„Die erste Seite“
Wir stellen vier neue Bücher vor
Es liest Clemens Grote
Eintritt frei

Alle Veranstaltungen finden Sie hier.

Donnerstag, 24.Juni

Heute haben
Ambrose Bierce * 1842
Bruce Marshall * 1899
Yves Bonnefoy * 1923
Anita Desai * 1937
Gerhard Roth * 1942
Eugen Ruge * 1954
Geburtstag
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Georg Trakl
Sommer

Am Abend schweigt die Klage
des Kuckucks im Wald.
Tiefer neigt sich das Korn,
der rote Mohn.

Schwarzes Gewitter droht
über dem Hügel.
Das alte Lied der Grille
erstirbt im Feld.

Nimmer regt sich das Laub
der Kastanie.
Auf der Wendeltreppe
rauscht dein Kleid.

Stille leuchtet die Kerze
im dunkeln Zimmer;
eine silberne Hand
löschte sie aus;
windstille, sternlose Nacht.
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Oswald Egger: „Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt
Suhrkamp Verlag im Großformat € 28,00

Was ist das denn für ein Gesamtkunstwerk? Ein Gedankenspiel, ein Wunderwerk von Worterfindungen. Eine Reise am großen Fluss in Amerika entlang und ein Gedankenfluss der besonderen Art. Es ist eine Reise in die Vergangenheit mit den österreichischen Auswanderen über den Ozean, eine Reise während der Corona-Pandemie von einem Autoren, der in der Raketenstation in Hombroich wohnt und nach den Sternen greift. Im Kopf, mit dem Stift und seinen Zeichnungen auf dem Papier und mit seiner Sprache. Egger mäandert durch Zeit und Raum und ist trotzdem extrem strukturiert, denn seine fast 400 kurzen Abschnitte sind exakt 17 Zeilen lang und je zwei auf einer Seite.
Dass Egger ein Worterfinder, ein Wortausgraber und Sprachverdreher ist, können Sie in der Leseprobe feststellen. Lassen Sie sich überraschen. Und: ich glaube, wir können die Texte auch in anderer Reihenfolge lesen. Ein Versuch wäre es wert.
„Ich springe wie ein Gespinst zwischen Bucht und Ufer, und ich vernähe sie. Faulschlammschwämme grub ich mit der Pfote aus dem Lehm und klopfte sie zu zweien, beide Böden: Wie ein Schwingsieb pendelte der Rieselsand Bahnen. Und solche Auskolkungen vertiefen sich.“

Leseprobe
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Berichtsentwurf des Weltklimarats
„Das Schlimmste kommt erst noch“

tagesschau.de: 23.06.2021 09:09 Uhr

Mehr Hitzewellen, mehr Hunger, Überschwemmungen, Artensterben – Experten des Weltklimarats zeichnen ein düsteres Bild für den Fall, dass es nicht gelingt, die Erderwärmung einzudämmen: Sie sehen die Menschheit in Gefahr.

Der komplette Artikel unter tagsschau.de.
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Dienstag, 27.April

Wir haben wieder geöffnet und fünf Einkaufskörbe für fünf KundInnen an der Eingangstür.
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Heute haben
Arnold Höllriegel * 1883
Cecil Day Lewis * 1904
Zhang Jie * 1937
Aminata Sow Fall * 1941
Geburtstag
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Andreas Gryphius
Betrachtung der Zeit

Mein sind die Jahre nicht die mir die Zeit genommen.
Mein sind die Jahre nicht / die etwa möchten kommen.
Der Augenblick ist mein / und nehm‘ ich den in acht
So ist der mein / der Jahr und Ewigkeit gemacht.
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Ganz frisch als Taschenbuch ausgepackt.
Im Moment warten wir von Johnson & Johnson nicht auf Herzklappen, sondern auf Impfampullen.
Aber dieser Roman ist wirklich ganz starker Stoff.


Valerie Fritsch: „Herzklappen von Johnson & Johnson
Suhrkamp Taschenbuch € 11,00

Das dritte Buch von Valerie Fritsch hat mich umgehauen. So ein genialer Umgang mit Sprache, das Fließen durch die Seiten, Formulierungen, die ich noch nie gelesen habe, haben die Lektüre zu einem ausgewöhnlichen Erlebnis gemacht.
Es könnte alles so banal sein.
Alma ist zu Beginn ein kleines Mädchen und ihre Eltern stehen im Mittelpunkt des ersten Teils. Darauf folgt der Groß- und danach die Großmutter. Als Alma sich in Friedrich verliebt und sie ihr Kind Emil bekommen, stehen natürlich diese beiden Männer im Mittelpunkt, bis sich der Kreis wieder zu den Großeltern schließt.
Valerie Fritsch versteht es gekonnt, die Sprachlosigkeit des Großvaters zu beschreiben, der im Krieg Opfer und Täter war und darüber nicht spricht, wenn er das überhaupt noch tut. Ganz im Gegenteil dazu seine Frau, die ketterauchend Alma immer und immer wieder Geschichten aus ihrem Leben erzählt und sich dabei öfters auf das Wohl der Verstorbenen einen genehmigt.
Der Schmerz der Sprachlosigkeit, der Schmerz des wiederholten Erzählenmüssens spiegelt sich in Almas Kind Emil, der schmerzunempfindlich ist und somit besonderer Fürsorge durch die Eltern bedarf. Nicht leicht für Alma, nach ihren langen Depression nach der Geburt.
Emil muss den Schmerz erlernen, sich aneignen, ein Etwas vortäuschen, das er nicht kennt. Er führt ein Leben zwischen Superman und oftmaligen Klinikbesuchen.
Valerie Fritsch verbindet, verknüpft, baut sich und uns ein Kammerspiel zusammen, schlägt einen großen weiten Bogen, bis sich der Kreis schließt.
Alma findet ihren Frieden. Weit weg, aber in Gemeinschaft mit ihrem Mann Friedrich und ihrem Sohn Emil.
Ein großartiges Buch. Bitte lassen Sie sich nicht von der langen Inhaltsangabe verwirren. Es ist ein schmales Buch, bei der die Sprache uns durch die Geschichten trägt, wie wenn sie „Zugvögel unter der Haut“ hätte.

Leseprobe
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Gerade eben hat sich noch eine Person zum Mitradeln angemeldet. Super. Danke.

Dienstag, 20.Oktober

Heute haben
Arthur Rimbaud * 1854
Paul Valery * 1871
Peter Bamm * 1897
Otfried Preußler * 1923
Oskar Pastior * 1927
Elfriede Jelinek * 1946
Geburtstag
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Christian Morgenstern
Blätterfall

Der Herbstwald raschelt um mich her.
Ein unabsehbar Blättermeer
Entperlt dem Netz der Zweige.

Du aber, dessen schweres Herz
Mitklagen will den großen Schmerz:
Sei stark, sei stark und schweige!

Du lerne lächeln, wenn das Laub
Dem leichteren Wind ein leichter Raub
Hinabschwankt und verschwindet.
Du weißt, dass just Vergänglichkeit
Das Schwert, womit der Geist der Zeit
Sich selber überwindet.
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Jocelyne Saucier: „Was dir bleibt“
Aus dem Französischen von Sonja Finck und Frank Weigand
Suhrkamp Verlag € 22,00

Mit dem dritten Roman, der auf deutsch erschienen ist, bleibt sich Jocelyne Saucier ihrer Gegend treu. Zuerst waren es die alten Männer in den ewigen Wäldern Kanadas, dann die Familie mit über zwanzig Kindern und jetzt eine 76 jährige Frau, Gladys, die einen Zug besteigt und als verschwunden gilt.
Die Autorin lässt uns an dieser Reise teilnehmen. Einer Reise durch verschwundene Zeiten, nicht mehr vorhandene Zugstrecken und dahinschwindenden Leben und Biografien. „À train perdu“ heisst der Roman im Original. Erzählt wird diese lange Reise durch Ort und Zeit von einem Journalisten, der Jahre später die Reise nachfährt und Menschen und Bekannte von Gladys von damals befragt. Das hat mich zu Beginn irritiert, dann erkannte ich aber den genialen Trick, den sich Saucier ausgedacht hat, in dem sie Gladys nicht selbst die Geschichte erzählen lässt.
Und wieder wartet Saucier mit verrückten, fast unglaublichen Geschichten auf, wie zum Beispiel der School Trains. In einem solchen war Gladys‘ Vater Lehrer und sie wuchs in einem dieser Züge auf, der in regelmäßigen Runden durch das fast unbewohnte Kanada fuhr, für eine Woche Unterricht vor Ort (im Zug) gab und dann nach einigen Wochen wieder auftauchte (und die Hausaufgaben kontrollierte). Genauso tauchen eigenwillige, eigenbrötlicherische Menschen auf, die von der Eisenbahn abhängig sind. Über diese große Strecken hinweg gibt es Freundschaften, die Gladys pflegt(e) und die sich auf ihrer letzten Reise als sehr nützlich erweisen.
Ein Buch über die Suche nach der verlorenen Zeit, über abknickende Biografien und unterschiedlichste Lebensläufe in dieser abgelegenden Welt und nicht in Berlin Mitte, Paris, oder New York, das süchtig auf’s Bahnfahren macht.

Leseprobe

Freitag, 9.Oktober

Heute haben
J.C.Powys * 1872
M.Zwetajewa * 1892
H.J.Schädlich * 1935
Geburtstag
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ROK
mokassin

der rote mond spiegelt
sich in deinen
winteraugen
im schatten von
millionen funkelnder
sterne
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Auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis:

Deniz Ohde: „Streulicht“
Suhrkamp Verlag € 22,00

„Ich sagte meiner Mutter auf dem Heimweg, welches Wort ich gehört hatte kurz vor dem Stoß. Ich fragte, was es bedeutete. Es ist ein Schimpfwort, sagte sie. Aber du kannst nicht gemeint sein. Du bist Deutsche.“

Aufgewachsen in einem Industrieviertel bei Frankfurt, beschreibt die 1988 geborene Autorin ihre Kindheit und Jugend in der Enge der Arbeitersiedlung mit einem schweigenden Vater und einer türkischen Mutter, die ihre Hoffnungen nach Freiheit schon längst begraben hat. Doppelt stigmatisiert durch ihre Adresse in der Siedlung und durch ihre „fremde“ Mutter, kämpft sie sich durch die Schule, stoßt immer wieder an unsichtbare Grenzen und findet daheim oft keinen Tros,t keine Hilfe.
Deniz Ohde hat für diese Geschichte, die sich hart, düster und deprimierend anhört, einen sehr klaren Ton gefunden. Sie erzeugt eine Atmosphäre, so dass ich mich als Leser sehr gut in die Situation des jungen Mädchens hineinversetzen konnte.
Der Großvater sitzt blind im Sessel, hat seine Arbeitertradition an den Sohn weitergegeben, schweigt und kann nichts wegwerfen. Beide Männer horten jedes Zettelchen, kaufen jedes Sonderangebot, bis die Wohnungen aus allen Nähten platzen. Der Alkoholkonsum des Vaters machen das Zusammenleben mit ihm nicht einfacher. Die Mutter hat sich arrangiert, bis sie es nicht mehr aushält. Und das Mädchen stößt immer wieder an unsichtbare Grenzen aus Standesdünkel, Rassismus und Gefühlskälte. Sie scheitert in der Schule, bis sie in einem zweiten Durchgang den Weg an die Universität schafft. Aber auch dort sieht sie sich mit alten Vorurteilen konfrontiert.
Deniz Ohde hat mit diesem Erstlingswerk ein sehr intensives Buch geschrieben, das durch die Sprache, ihren ruhigen, genauen Blick auf blinde Flecken unserer Gesellschaft heraussticht aus der Vielzahl der Romane junger SchristellerInnen.
Zurecht steht sie auf der Shortlist zum Dt. Buchpreis.

Weiter Auszeichnungen:
aspekte-Literaturpreis des ZDF (Shortlist) 2020
Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung 2020

Leseprobe

l

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Ich gratuliere Louise Glück zum Literaturnobelpreis und bin sehr gespannt auf ihre Gedichte. Der Luchterhand Verlag hat vor Jahren zwei Bände veröffentlicht, die natürlich im Moment nachgedruckt werden.
Ich bin gespannt.

Freitag, 11.September

Heute haben
O.Henry * 1862
D.H.Lawrence * 1885
Theodor W.Adorno * 1903
Joachim Fernau * 1909
Geburtstag
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Ricarda Huch
September

September, geliebter, breitest bläuliche Schleier
Über Fluren und Berge leicht,
Und zärtlich darüber streicht
Zuweilen ein Perlenton deiner silbernen Leier.

Was singst du für Lieder? Süß verschwebende Laute,
Dem Ohr kaum vernehmbarer Hauch,
Wie wenn die Rose vom Strauch,
Die sterbende, Blatt für Blatt hernieder taute.
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Auf der Auswahlliste zum Deutschen Buchpreis 2020:



Valerie Fritsch: „Herzklappen von Johnson & Johnson“

Suhrkamp Verlag € 22,0

Das dritte Buch von Valerie Fritsch hat mich umgehauen. So ein genialer Umgang mit Sprache, das Fließen durch die Seiten, Formulierungen, die ich noch nie gelesen habe, haben die Lektüre zu einem ausgewöhnlichen Erlebnis gemacht.
Es könnte alles so banal sein.
Alma ist zu Beginn ein kleines Mädchen und ihre Eltern stehen im Mittelpunkt des ersten Teils. Darauf folgt der Groß- und danach die Großmutter. Als Alma sich in Friedrich verliebt und sie ihr Kind Emil bekommen, stehen natürlich diese beiden Männer im Mittelpunkt, bis sich der Kreis wieder zu den Großeltern schließt.
Valerie Fritsch versteht es gekonnt, die Sprachlosigkeit des Großvaters zu beschreiben, der im Krieg Opfer und Täter war und darüber nicht spricht, wenn er das überhaupt noch tut. Ganz im Gegenteil dazu seine Frau, die ketterauchend Alma immer und immer wieder Geschichten aus ihrem Leben erzählt und sich dabei öfters auf das Wohl der Verstorbenen einen genehmigt.
Der Schmerz der Sprachlosigkeit, der Schmerz des wiederholten Erzählenmüssens spiegelt sich in Almas Kind Emil, der schmerzunempfindlich ist und somit besonderer Fürsorge durch die Eltern bedarf. Nicht leicht für Alma, nach ihren langen Depression nach der Geburt.
Emil muss den Schmerz erlernen, sich aneignen, ein Etwas vortäuschen, das er nicht kennt. Er führt ein Leben zwischen Superman und oftmaligen Klinikbesuchen.
Valerie Fritsch verbindet, verknüpft, baut sich und uns ein Kammerspiel zusammen, schlägt einen großen weiten Bogen, bis sich der Kreis schließt.
Alma findet ihren Frieden. Weit weg, aber in Gemeinschaft mit ihrem Mann Friedrich und ihrem Sohn Emil.
Ein großartiges Buch. Bitte lassen Sie sich nicht von der langen Inhaltsangabe verwirren. Es ist ein schmales Buch, bei der die Sprache uns durch die Geschichten trägt, wie wenn sie „Zugvögel unter der Haut“ hätte.

Leseprobe
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Freitag, 11. September 2020, 17.30 h, Ulm, Münsterplatz

Eine längst fällige Agrar- und Ernährungswende:
Agrar- und Lebensmittelpolitik muss Klima und Arten schützen!

Aus den Erfahrungen der letzten Monate fordern BUND, GREENPEACE und GENFREI-BÜNDNIS eine radikale Erneuerung von Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion.

Die Corona-Zeit hat uns nochmal verdeutlicht: Billigfleisch widerspricht der Achtung vor Tier, Mensch und Umwelt. Lange Transportwege mit Schlachtvieh oder gentechnisch- und pestizidverseuchten Futtermitteln aus zerstörten Regenwaldgebieten müssen dringend gestoppt werden. Landwirtschaftliche Überproduktion für den Export sowie Massentierhaltung führen zur Überdüngung und gefährdet unser Trinkwasser. Die Produktion von Billigfleisch und Milch zu Weltmarktpreisen drängt die Bauern wirtschaftlich und gesellschaftlich ins Aus.

All das kostet uns die Zukunft.

Diesen Herbst wird die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU neu aufgesetzt – gültig bis 2027! Wir brauchen im Zuge einer ökologischen Agrarwende eine Umlenkung der Agrarsubventionen zugunsten einer insgesamt nachhaltigen Landwirtschaft – mit fairen Erzeugerpreisen. Es geht jetzt um eine Konzentration auf regionale Kreisläufe und eine neue Preispolitik der Lebensmittel. Viele Bäuerinnen und Bauern sind längst bereit, klimaschonenden Ackerbau zu betreiben und ihre Tiere artgerecht zu halten. Ebenso sind viele Konsumenten längst bereit, qualitätsbewusst und zukunftsorientiert Bio-Lebensmittel zu kaufen. Die Politik muss handeln und unterstützen!

Organisation: BUND RV Donau Iller / GREENPEACE Ulm/Neu-Ulm / Bündnis für eine agrogentechnikfreie Region (um) Ulm
Unterstützer: BUND Ulm, Bündnis für eine agrogentechnikfreie Region (um) Ulm, Extinction Rebellion Ulm, Fridays For Future Ulm/Neu-Ulm, Gemeinwohl-Ökonomie Ulm, lokale agenda ulm 21, Parents4Future Ulm/Alb-Donau-Kreis, Solidarische Landwirtschaft Ulm/Neu-Ulm, Ulmer Netz für eine andere Welt e.V., Umweltgewerkschaft Gruppe Ulm/Neu-Ulm.
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