Montag, 30.Januar


Heute haben
Adalbert von Chamisso * 1781
Hans Erich Nossack * 1901
Barbara Tuchman * 1912
Claudio Rodriguez * 1934
Richard Brautigan * 1935
und Barbara Wood * 1947
Thomas Brezina * 1963
Geburtstag
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Heinrich Wilhelm Gerstenberg (1737 – 1823)
An eine Rose

Du kleine Rose, glaube mir,
Du sollst Lucindens Busen schmücken.
Ich selber will dich ihr
Itzt auf den vollen Busen drücken.

Dann sag ich: „Mädchen, küsse mich,
Sieh, dies hat Flora dir geweihet.
Sieh, wie die Rose sich
Schon über ihre Stelle freuet:“

Doch untersteht ein Jüngling sich
Dich von dem Busen abzubrechen:
Dann, Rose, räche mich,
Dann musst du ihn gewaltsam stechen.

Doch wenn in meines Mädchens Brust
Nach mir sich zarte Wünsche regen –
O die geliebte Brust !
Dann hauch ihr süßen Duft entgegen.
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Unser Buchtipp:


Claire Keegan: „Kleine Dinge wie diese und Das dritte Licht
Übersetzt aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
Jeweils € 20,00, schön in Leinen gebunden

Claire Keegan war für mich eine der Entdeckungen aus dem letzten Jahr. Ihre Erzählung, ihr schmaler Roman „Kleine Dinge wie diese“ habe ich lange nicht beachtet, nach der Lektüre war ich jedoch hellauf begeistert. Jetzt hat der Steidl Verlag „Das dritte Licht“ neu herausgebracht und wieder ist es ein herausragender Lesegenuss.
Bei beiden Büchern hatte ich Furcht, dass etwas Schlimmes passiert, da die Kurzinhaltsangabe bei „Das dritte Licht“, oder das Nachwort bei „Kleine Dinge“ so etwas vermutenließen. Dies war jedoch nicht der Fall und es sind jeweils Männer die ein großes Herz haben und dies auch durch ihre Taten nach und nach zeigen.
So auch in „Das dritte Licht“, in dem die Erzählerin davon berichtet, wie sie als Mädchen zu ihrer Tante und ihrem Onkel geschickt wird, da ihre Eltern sehr ärmlich leben, der Vater Trinker ist und die Mutter gerade noch ein Kind (zu den anderen) bekommt. So ist eine Mitesserin am Tisch weniger sehr passend.
Bei den Verwandten angekommen, erlebt das Mädchen einen schönen Sommer mit viel Zuneigung und Liebe. Ein Geheimis lastet auf dem Ehepaar, das gegen Ende auch aufgeklärt wird, aber sich nicht auf das freundliche Verhältnis der drei auswirkt. Im Gegenteil.
Auf unserem Büchertisch liegt ein Stapel dieses schmalen Bändchens und ich lege es Ihnen ans Herzen. Die Lektüre wird sie nicht unberührt lassen.

„Das dritte Licht“ („Foster“) wurde mit dem renommierten Davy Byrnes Award ausgezeichnet und in Irland als „The Quite Girl“, ebenfalls preisgekrönt, verfilmt.
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Am Dienstag in einer Woche, am 7.Februar ab 19 Uhr, gibt es wieder eine „1.Seite“
und wir stellen Ihnen vier neue Bücher vor.
Mit dabei natürlich Clemens Grote als Vorleser.
Der Eintritt ist frei.
Wir beginnen pünktlich.

Montag, 2.Januar


Heute haben
Ernst Barlach * 1870
Isaac Asimov * 1920
Ilma Rakusa * 1946
Geburtstag
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Achim von Arnim
Neujahr

Altes Jahr, du ruhst in Frieden,
Deine Augen sind geschlossen;
Bist von uns so still geschieden
Hin zu himmlischen Genossen,
Und die neuen Jahre kommen,
Werden auch wie du vergehen,
Bis wir alle aufgenommen
Uns im letzten wiedersehen.
Wenn dies letzte angefangen,
Deutet sich dies Neujahrgrüßen,
Denn erkannt ist dies Verlangen,
Nach dem Wiedersehn und Küssen.
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Ein passendes Buch zum Jahreswechsel frisch ausgepackt:

Herlinde Koelbl: „Metamorphosen“
Die Schönheit des Vergänglichen
Steidl Verlag € 45,00

Wie eine indische Farbexplosion liegt das Buch vor mir auf dem Tisch. Herlinde Koelbl hat hier zum ersten Mal keine Menschen fotografiert. Löchrige, feingeäderte Blätter, Früchte und verwelkte Büten(blätter) verschmelzen hier zu einer ungeahnten Phantasiewelt. Verängelichkeit, Veränderungen, Metamorphosen zeigen ihre Schönheit in Form und Farbe. Ein zweiter Blick zeigt, dass es kein Textilprodukt, kein Stein, kein von handgemachtes Kunstwerk ist, sondern ein Spiel der Natur.
So ähnlich kann es auch uns mit dem Ende des jetzigen und dem Beginn des neuen Jahres gehen. Schauen wir mit offenen Augen in die nahe und ferne Zukunft und nehmen wir die sich verändernde Schönheit unserer Umwelt wahr und natürlich auch Veränderungen an uns selbst.
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Montag, 31.Oktober


Heute haben
John Keats * 1795
Nadeschda Jakowlewna Mandelstam * 1899
Jean Améry * 1912
Dick Francis * 1920
Roger Nimier * 1925
Ernst Augustin * 1927
Geburtstag
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Regina Ullmann
Erwachen

Ich lag in dir noch unverzweigt,
Du tiefer Felsen einer Nacht;
So kalt wie Stein und trostesarm.

Da fühlt ich plötzlich, wie der Tag
Sich an dem Sein im Licht verfing
Und liebewarm und flammenhaft
Sich an die kleinsten Dinge hing.

Da war ich wach.
Doch war mir noch ein Silberklang,
Der sich an einem Zimbal schlug,
Erhörbar,
Und meines Engels Morgengang.
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Unser Buchtipp


Annika Büsing: „Nordstadt
Steidl Verlag 20,00

In der Nordstadt wohnen die, die keine Villen, keine Doppelgarage und keinen tollen Job haben.
In der Nordstadt gibt es ein altes Schwimmbad, in dem sich die Rentner:innen treffen und in dem Nene als Bademeisterin arbeitet. Ein Job, den sie sich als Jugendliche herausgesucht und erlernt hat. Hier kann sie ihre Kindheit und Jugend vergessen. Sie zieht ihre Bahnen, hält den Kopf unter Wasser.
In diesem Schwimmbad trifft sie aber auch Boris. Boris, der hinkt, Boris, der richtig Schwimmen lernen will, Boris, der von Nene ein Schwimmbrett ausgeliehen bekommt, auf das sie auf einem kleinen Zettel Trainingsanweisungen klebt.
Boris hat Puma-Augen und will Nene nicht sofort an die Wäsche. Er bekam mit zwei Jahren Kinderlähmung, lebt mit seinen Schmerzen und seiner Arbeitslosigkeit. Seine Mitmenschen haben nur Spott und Mitleid für ihn übrig.
Ihr erstes Treffen wird ein Desaster (wie vieles danach auch), aber Nene zeckt sich in sein Herz.
Annika Büsing hat mit ihrem Erstling eine genaue, aktuelle Liebesgeschichte über zwei junge Menschen geschrieben, die schlechte Erinnerungen an ihr bisheriges Leben haben und auch nicht viel auf ihre Zukunft geben. Sie schreibt dies aber so direkt, lebensbejahend, witzig, derb und voller Empathie für die beiden, dass wir sie nicht sofort, aber dann, ins Herz schließen, obwohl sie nicht immer sympatisch sind.
Schade, dass dieses Buch nur 120 Seiten hat. Ich hatte gerne noch mehr über die beiden gelesen und wünsche diesem Buch viele junge und alte Leser:innen.