Heute haben Robert Louis Stevenson * 1850 Editha Klipstein * 1890 Peter Härtling * 1933 Dacia Mariani * 1936 Anne Weber * 1964 _______________________________
„Ich weiß nicht, wohin ich schreibe.“ Peter Härtling ________________________________
Jetzt als Taschenbuch:
Lauren Groff: „Matrix“ Aus dem Amerikanischen von Stefanie Jacobs Ullstein Verlag € 13,99
Vor ein paar Tagen haben wir hier auf dem Blog das neue Buch von Lauren Groff „Die weite Wildnis“ vorgestellt und an der „Ersten Seite“ daraus vorgelesen. Jetzt gibt es den Vorgängerroman als Taschenbuch. Die Autorin möchte drei Romane schreiben, die in der Vergangenhgeit und mit besonderen Frauen spielen. War es in der „Wildnis“ ein Mädchen zu Beginn des 17.Jahrhunderts in Amerika, das auf der Flucht durch die ewige Einsamkeit, ihr Leben verbringt, befinden wir uns bei Matrix im 12.Jahrhundert in England. Marie, eine große, ungelenke 17jährige Frau mit tiefer Stimme und großen Händen, wird von Königin Eleonore von Aquitanien, in ein Kloster geschickt, um dieses zu führen. Lauren Groff beschreibt dieses unglaublich harte Leben, voller Kälte und Hunger, während dieser Zeit. Die Einsamkeit und die Hoffnung, dass sie wieder zurück an den Hof gerufen wird, machen ihr das Leben, inmitten dieser vielen Zwänge, nicht einfacher. Im Laufe der Zeit gewöhnt sie sich an den geregelten Alltag in diesem Frauenkloster, wird zu einer Vorsteherin voller Idee und Verbesserungsvorschläge. Es sind Visionen, die sie umsetzt und sie zu einer geachteten Frau macht. Lauren Groff schreibt aber keinen Historienroman, sondern benutzt die Geschichte, um, wie schon in der „Wildnis“, ein Frauenleben in einer Extremsituation, in einer Männerwelt, aufzuzeigen. Kaum zu glauben, dass dies vor 800 Jahren stattgefunden hat. So viele Parallelen zur Gegenwart blitzen immer wieder auf. „Matrix“ hat nichts mit dem gleichnamigen Film zu tun, sondern bedeutet ursprünglich „Muttertier“ und zu dem entwickelt sich Marie tatsächlich und bleibt es auch bis zu ihrem Tod.
Heute haben Léopold Sédar Senghor * 1906 Barbara König * 1925 Gert Loschütz * 1946 Durs Grünbein * 1962 Yael Hedaya * 1964 Geburtstag _______________________________
Georg Heym Der Abend
Versunken ist der Tag in Purpurrot, Der Strom schwimmt weiß in ungeheurer Glätte. Ein Segel kommt. Es hebt sich aus dem Boot Am Steuer groß des Schiffers Silhouette.
Auf allen Inseln steigt des Herbstes Wald Mit roten Häuptern in den Raum, den klaren. Und aus der Schluchten dunkler Tiefe hallt Der Waldung Ton, wie Rauschen der Kitharen.
Das Dunkel ist im Osten ausgegossen, Wie blauer Wein kommt aus gestürzter Urne. Und ferne steht, vom Mantel schwarz umflossen, Die hohe Nacht auf schattigem Kothurne. ______________________________
Unser Buchtipp:
Lauren Groff: „Die weite Wildnis„ Aus dem Englischen von Stefanie Jacobs Claassen Verlag € 25,00 Original: „The Vaster Wild“ € 22,90
Wir sind im Nordamerika des 17.Jahrhunderts. Fünf Schiffe aus England haben sich auf den Weg gemacht, um eine neue Heimat zu finden. Drei kommen nur an. Was sie bei ihrer Landung sehen, sind ausgehungerte Menschen, große Armut und Brutalität. Also genau das Gegenteil vom erwarteten Paradies. Die Hauptperson des Romanes, ist Magd bei einem Ehepaar und einem kleinen Kind. Sie wird wie ein Nichts behandelt. Sie nennen sie Zett, nach dem letzten Buchstaben des Alphabets. Das Mädchen, wie Lauren Groff sie nur nennt, sieht viel, hört viel und merkt, dass sie diese Menschen zu allem fähig sind, nur nicht zur Liebe. Als das Kind des Paares stirbt und nach einer Tat, die erst am Ende des Romanes aufgeklärt wird, flieht das Mädchen mit einem Umhang, dicken Stiefeln, einer Axt, einem Messer, einem Becher und einem Feuerstein. Sie versucht, möglichst schnell viele Meilen zwischen sich und dem Fort hinter sich zu bringen. Hunger, Angst, Verletzungen werden zum Alltag und doch gibt sie nie auf. Das Überleben in der Wildnis prägt das Leben der jungen Frau. Lauren Groff schafft es eine sehr besondere, eindringliche Geschichte zu erzählen. Der liebevolle Blick der Erzählerin auf das Mädchen haben ihren ganz eigenen Reiz. Mal geschrieben wie eine biblische Geschichte, dann wieder Berichte über ihr Aufeindertreffen mit großen, gefährlichen Tieren. Menschen trifft sie kaum, aber ein Mann wird ihr fast zum Verhängis. Das Buch hat mich nicht mehr losgelassen und die Gedankenwelt des Mädchens sind aktueller denn je. Was macht einen Menschen aus? Wie sollte sein Verhältnis zu anderen Menschen, zur Natur sein? Warum werden Frauen anders als Männder behandelt? Gibt es einen Gott? Dies liest sich vielleicht pathetisch, Lauren Groff erzählt jedoch so packend und doch fast sphärisch, dass wir das spannende Buch nicht aus den Händen legen und wissen wollen, wie Geschichte mit dem Mädchen zu Ende geht. „Die weite Wildnis“ ist ein weiterer großartiger Roman der amerikanischen Autorin, der mir nach Lektüre immer noch im Kopf herumschwirrt.
„Lauren Groff muss eine Zauberin sein. Auch Wochen nach dem Lesen denke ich an so gut wie nichts anderes als diesen Roman und seine unvergleichliche Hauptfigur. „Die weite Wildnis“ ist ein ergreifendes, sprachlich und intellektuell bestechendes und dazu noch hochspannendes Buch.“ Daniel Schreiber
Heute hat Edith Sitwell * 1887 Geburtstag ___________________________
Gerhart Hauptmann
Mondscheinlerchen
Von dem Lager heb‘ ich sacht meine müden Glieder, eine warme Sommernacht draußen stärkt sich wieder.
Mondschein liegt um Meer und Land dämmerig gebreitet, in den weißen Dünensand Well‘ auf Welle gleitet.
Unaufhörlich bläst das Meer eherne Posaunen; Roggenfelder, segenschwer, leise wogend raunen.
Wiesenfläche, Feld und Hain zaubereinsam schillern, badend hoch im Mondenschein Mondscheinlerchen trillern.
„Lerche, sprich, was singst du nur um die Mitternachtsstunde? Dämmer liegt auf Meer und Flur und im Wiesengrunde.“
„Will ich meinen Lobgesang halb zu Ende bringen, muß ich tag- und nächtelang singen, singen, singen!“ _______________________
Emily Ruskovich: „Idaho“ Aus dem Amerikanischen von Stefanie Jacobs Diana Taschenbuch € 10,99
Ein flirrender Sommertag in einem Bergwald in Idaho. Wade und Jenny laden Holz für den Winter auf ihren Pickup, die beiden Töchter May und June spielen. Doch plötzlich ist alles anders, mehrere Leben zerbrechen in Sekundenbruchteilen. Was ist damals in der Hitze des Nachmittags geschehen? Emily Ruskovich macht uns den Einstieg in ihr Erstlingswerk nicht einfach. Sobald ich bei einem Kundengespräch von dieser Szene spreche, wird es schwierig mit Verkaufen. Schade. Die entscheidende Szene wird nur in einem kleinen halben Satz erwähnt. Jedoch – danach ist wirklich alles anders. Wades zweite Frau versucht in Gesprächen herauszufinden, was damals geschehen ist. Wade driftet jedoch immer mehr in seine Demenz ab, kann sich nicht mehr erinnern. Jenny sitzt für lange Jahre im Gefängnis und von ihr erfahren wir auch nichts. Emily Ruskovichs ist kein Thriller, kein Krimi. Sie erzählt über verschiedene Leben, über Familie. Ihre Sprache ist so fein und einfühlsam und trägt das ganze Buch. Sie mäandert durch die Zeiten, erzählt von verschiedenen Menschen und lässt uns an deren Biografien teilhaben. Was passiert mit unseren Lebensläufen? Gehen sie immer geradeaus ihren Weg? Wie gehen wir mit plötzlichen Veränderungen um? Was wäre wenn? Wie könnte es auch sein. Am Ende des Buches haben wir viele Jahre hinter uns, Leben sind abgeschlossen, neue, andere Entscheidungen stehen an und Ruskovich findet einen sehr versöhnlichen Schluss, der großartig zum Erzählton des Romanes passt. Als das Buch im Hanser Verlag herauskam, war es für mich eines der besten Romane des Jahres. Warum das Taschenbuch im Diana Verlag herauskommt, ist allerdings sehr verwunderlich und passt eigentlich gar nicht. Aber so ein Roimanleben geht halt auch seine eigenen Wege.
Heute, am Freitag, den 06.09.19 lädt die Kulturbuchandlung Jastram ab 19 Uhr ein zum Thema: „Freundschaft und Frieden“ und stellt Bilder-, Kinder- und Jugendbücher zur Friedenswoche vor.
Am Freitag, den 06.09 und am Samstag, den 07.09 von 12 bis 14 Uhr bei uns in der Buchhandlung:
Performance „Todesfuge“ von Marc Hautmann
Ein Mensch sitzt an einem Tisch und zeichnet Striche auf ein Blatt Papier. Einen, zwei, drei, vier und fünf. Dann kommt der nächste Fünfer-Block. Das ist alles. Das tut er ziemlich lang, das und nichts anderes. Er sitzt da und macht seine Striche. Wenn er 14.000 Striche gemacht hat, sind 1,5 – 2 Stunden vergangen, dann hört er auf. Am nächsten Tag wiederholt sich diese Prozedur, Strich, Strich, Strich. Am nächsten Tag wieder. 450 Tage lang. Das ergibt insgesamt 6,3 Millionen Striche, die Zahl der von den Nazis ermordeten Juden. (Und: Ulm ist heute die Heimat von 450 Bürgern jüdischen Glaubens.) Der Mensch am Tisch ist Marc Hautmann. Der Ulmer Künstler hat seine Performance im Rahmen einer Ausstellung im Mai begonnen. Wenn die Ausstellung endet, ist die Performance noch lang nicht zu Ende, wie gesagt: 450 Tage! Also auch im September. Und danach weiter. Jeder und jede kann vorbeikommen und sich, wenn er/sie Lust hat, nachher mit anderen oder mit dem Künstler über das Thema der Performance austauschen. Dass da keine Massen strömen werden, weiß jeder. Aber darum geht es nicht. Sprechen wir bei der Gelegenheit vielleicht darüber, worum es eigentlich geht?
Auszug Eröffnungsrede scanplus von Axel Städter, Kunsthistoriker M.A. – „Todesfuge – Gedicht von Paul Celan (Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.) Betritt man nun den 1. Stock, fällt einem sofort der Tisch ins Auge, den man auf den ersten Blick nicht recht einordnen kann. Was hat es mit den Blättern auf sich? Wieso das Zitat ‚Der Tod ist ein Meister aus Deutschland‘? 6,3 Millionen. Das ist die unglaubliche Zahl europäischer Juden, die durch Völkermord während der nationalsozialistischen Diktatur ihr Leben verloren. Diese Zahl ist wenig greifbar und es ist müßig zu erwähnen, dass sich hinter jeder Zahl eine Geschichte, ein Mensch verbirgt. Hautmann realisiert für seine Ausstellung eine Arbeit, die einen Abschluss besitzt, aber als Prozess funktioniert. In Handarbeit fügt er Strich um Strich aneinander, für jedes Opfer einen, bis das Blatt voll ist. (…) Diese Handlung, die in ihrer bürokratischen Anmutung an die industriellen Methoden der Nazi-Diktatur erinnert, wird per Kamera aufgenommen und auf dem Bildschirm im Hintergrund gezeigt. Wie sagte Hannah Arendt so treffend, die Banalität des Bösen. „-