„Niemals“ werde man Deniz Yücel ausliefern erklärte der türkische Staatspräsident Erdoğan im Frühjahr 2017, jedenfalls nicht, solange er im Amt sei. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Journalist bereits im Hochsicherheitsgefängnis Silivri Nr. 9. Zehn Monate später erhielt er ein Angebot zu seiner Freilassung – und lehnte ab.
Die Inhaftierung des Korrespondenten der Welt führte in Deutschland zu einer beispiellosen Solidaritätsbewegung und sorgte für eine schwere diplomatische Krise. Yücel erzählt von seinem Jahr im Gefängnis, von Einzelhaft und Folter. Und davon, wie er durch die Liebe seiner Frau und dank der Unterstützung seiner Anwälte, seiner Zeitung und der »Free Deniz«-Kampagne noch unter widrigsten Umständen um Freiheit und Selbstbestimmung kämpfen konnte – und dabei die Bundesregierung, seine Vertrauten und schließlich sogar seine Geiselnehmer an den Rand der Verzweiflung trieb.
Deniz Yücel schreibt sehr persönlich, kämpferisch und humorvoll darüber, wie man ins Geschehen eingreifen kann, wenn man zum Spielball der internationalen Politik geworden ist. Eine hellsichtige Analyse über die jüngste Entwicklung der Türkei, die Funktionsweisen autoritärer Regimes und die Mechanismen der demokratischen Öffentlichkeit. Und eine Geschichte, die man auch dann noch mit Spannung bis zur letzten Seite liest, wenn man das Happy End mit Petersilienstrauß schon kennt.
Über den Autor: Deniz Yücel wurde 1973 als Kind türkischer Einwanderer in Flörsheim am Main geboren und studierte an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaften. Er arbeitete als Redakteur bei der Wochenzeitung Jungle World und der tageszeitung (taz). 2015 ging er als Korrespondent der Welt in die Türkei. Für seine Arbeit wurde Yücel mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis. »Agentterrorist« ist sein drittes Buch. Veranstalter: ROXY gemeinnützige GmbH
Das Jastram-Lastenrad ist da!
Und gleich mal vier Bücherkisten an zwei Schulen ausgefahren. ___________________________
Heute haben Kurt Wolfskehl * 1869 Hugo Hartung * 1902 Frank O’Connor * 1903 Horst Krüger * 1919 Karin Reschke * 1940 Geburtstag ___________________________
Heute auf dem Gedichte-Kalender:
Joseph von Eichendorff
Der Abend
Schweigt der Menschen laute Lust: Rauscht die Erde wie in Träumen Wunderbar mit allen Bäumen, Was dem Herzen kaum bewußt, Alte Zeiten, linde Trauer, Und es schweifen leise Schauer Wetterleuchtend durch die Brust. ____________________________
Anke Stelling kommt ins Ulmer Roxy. Beginn ist 20 Uhr, Einlass um 19 Uhr. Eintritt: € 16,00
(Fotorechte bei Nane Diehl)
Anke Stelling, 1971 in Ulm geboren, absolvierte ein Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. 2004 wurde ihr gemeinsam mit Robby Dannenberg verfasster Roman „Gisela“ verfilmt, 2010 die Erzählung „Glückliche Fügung“. Weitere Veröffentlichungen: „Nimm mich mit“ (2002, gemeinsam mit Robby Dannenberg), „Glückliche Fügung“ (2004) und „Horchen“ (2010).
Anke Stelling stand mit ihrem im Verbrecher Verlag erschienenen Roman „Bodentiefe Fenster“ (2015) auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2015. Zudem stand der Roman auf der Hotlist 2015 der unabhängigen Verlage und wurde mit dem Melusine-Huss-Preis 2015 ausgezeichnet. 2017 erschien ihr Roman „Fürsorge“ im Verbrecher Verlag. Ihr neuster Roman „Schäfchen im Trockenen“ (2018) wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2019 ausgezeichnet.
Im Juni 2019 erhielt sie den Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg. Begründung der Jury: „Anke Stellings Prosa analysiert auf hoch sensible Weise die Mittelstandsgesellschaft der Gegenwart. Ihre jüngsten Romane ‚Bodentiefe Fenster‘, ‚Fürsorge‘ und ‚Schäfchen im Trockenen‘ bilden zusammengenommen eine Trilogie moderner Gemeinschaft. Mit soziologischer Präzision stellt Anke Stelling dar, wie und mit welchen Konsequenzen heutige Bürgerlichkeit von den antibürgerlichen Werten der 68er infiziert worden ist: von dem Wunsch nach Selbstverwirklichung, lustvollem Konsum und Kreativität. Doch wo bleibt in diesem Zusammenhang die Kunst? Kann sie fröhlich mittun und doch der feinste Seismograph ihrer Zeit bleiben? Und welchen Ton hat die Literatur für ihre Erkundungen zu wählen? Diesen Fragen widmet sich Anke Stellings Arbeit: ebenso neugierig wie mitunter zornig, vor allem aber mit den eigentlichen Erkenntnisformen des Poetischen: mit Genauigkeit, Feinfühligkeit und Witz.“
Zu ihrem neuen Roman „Schäfchen im Trockenen„:
Resi hätte wissen können, dass ein Untermietverhältnis unter Freunden nicht die sicherste Wohnform darstellt, denn: Was ist Freundschaft? Die hört bekanntlich beim Geld auf. Die ist im Fall von Resis alter Clique mit den Jahren so brüchig geworden, dass Frank Lust bekommen hat, auszusortieren, alte Mietverträge inklusive. Resi hätte wissen können, dass spätestens mit der Familiengründung der erbfähige Teil der Clique abbiegt Richtung Eigenheim und Abschottung und sie als Aufsteigerkind zusehen muss, wie sie da mithält. Aber Resi wusste’s nicht. Noch in den Achtzigern hieß es, alle Menschen wären gleich und würden durch Tüchtigkeit und Einsicht demnächst auch gerecht zusammenleben. Das Scheitern der Eltern in dieser Hinsicht musste verschleiert werden, also gab’s nur drei Geschichten aus dem Leben ihrer Mutter, steht nicht mehr als ein Satz in deren Tagebuch. Darüber ist Resi reichlich wütend. Und entschlossen, ihre Kinder aufzuklären, ob sie’s wollen oder nicht. Sie erzählt von sich, von früher, von der Verheißung eines alternativen Lebens und der Ankunft im ehelichen und elterlichen Alltag. Und auch davon, wie es ist, Erzählerin zu sein, gegen innere Scham und äußere Anklage zur Protagonistin der eigenen Geschichte zu werden.
Heute haben Friedrich Theodor Fischer * 1807 Georges Duhamel * 1884 Czeslaw Milosz * 1911 Philippe Jacottet * 1925 Assia Djebar * 1936 José Emilio Pacheco * 1939 Juli Zeh * 1974 Geburtstag _________________________
„Frühling lässt sein blaues Band ….“ Von wegen. Der Mai ist vorbei, die Kulturzelte sind aufgebaut, die Theater denken an ihre Sommerpause. Wir können uns jedoch ganz entspannt zurücklehnen, da wir wissen, dass der Reclam Verlag für jeden Monat ein Gedichtbändchen für uns und unsere Hosentaschen hat. Das Wetter könnte nicht besser sein und so hoffen wir auf keine „Düsteren Junitage“, wie die Herausgeberinnen ein Kapitel überschrieben haben.
Im bunten Wiesenstück
Blütenduft und erste Früchte
Düstere Junitage
Der Sommer ist da
Besondere Tage
Christian Morgenstern
Butterblumengelbe Wiesen
Butterblumengelbe Wiesen, sauerampferrot getönt – o du überreiches Sprießen, wie das Aug‘ dich nie gewöhnt!
Wohlgesangdurchschwellte Bäume, wunderblütenschneebereift – ja, fürwahr, ihr zeigt uns Träume, wie die Brust sie kaum begreift.
Wilhelm Runge
Blumen flattern Sommer
Blumen flattern Sommer Duften nimmt beide roten Backen voll Falter wiegen Wald Goldkäfer schreien Mücken strampeln himmelauf und ab heiß im Arm der Fische hängt das Bächlein Unken patscht Libellenflügel wach
Zweige lachen tuscheln sonnen strömen Vögel wogen Wiesen liegen flach ziehn die Ahorndolden an den Händen böse schelten Bienen in den Bart Zwitschern streckt die sommerschweren Glieder taumelnd tollt des Atems Flügelschlag und der Augen wilde Rosen springen.
Das Denken träumt Gelächter reimt die Straßen zum Tanz des Blutes schläfenaufundab die Adern blinzeln Frühling durch die Knochen und schlürfen tief den schweren Himmel ein Wind spielt der Augen froh geschwellte Segel der Stirne Knoten löst vom Tode sich weiß über Wiesen schnattern Dörfer hin die Städte fauchen und zankend zerrn die Pulse ihre Zügel nur deine Seele spielt im Sternjasmin Lieb-Brüderchen Maßloslieb-Schwesterlein
Rosen nicken aus den Junistunden trällern Sommerblau den Matten hin mild aus tiefstem Herzen grünt die Heimat ihre Lippen murmeln wälderschwer überwelthin schwingt die Sterne Zeit Kinderwangliebkinderwanggereiht Krieg brüllt auf die wilden Blumen schrein Sonne leckt Gestöhn aus allen Poren Frieden holt den tiefen Atem ein und der Nächte durchgewühlte Locken
schmeicheln um der Seele zitternd Knie Angst zerreißt der Sterne Himmelglanz und der Abend drückt die Augen blind einsam geigt tief hinter Blut geduckt ewger Kindheit wildumsehntes Glück und der Sehnsucht über die Welt hängende Herzen schlagen
Klabund
Die Wirtschafterin
Drei Wochen hinter Pfingsten, Da traf ich einen Mann, Der nahm mich ohne den geringsten Einwand als Wirtschafterin an.
Ich hab‘ ihm die Suppe versalzen Und auch die Sommerzeit, Er nannte mich süße Puppe Und strich mir ums Unterkleid.
Ich hab‘ ihm silberne Löffel gestohlen Und auch Bargeld nebenbei. Ich heizte ihm statt mit Kohlen Mit leeren Versprechungen ein.
Ich habe ihn angesch… So kurz wie lang, so hoch wie breit. Er hat mich hinausgeschmissen; Es war eine wundervolle Zeit… _____________________________
Nochmals der Hinweis auf diese Veranstaltung:
Die Satanszwerge von Sylt Die wortreichen Sieben
Die Frieseninsel Sylt hat ein schreckliches Geheimnis. Jahrhundertelang ruhte es unter dem Sand, wurde erst zur Legende und geriet dann in Vergessenheit. Doch der mysteriöse Tod eines Insulaners bringt den Syltern die Erkenntnis: Das Böse ist wieder da…und es hat einiges nachzuholen! Geisterjäger John Sinclair und sein Kollege Suko müssen alle Kräfte mobilisieren, um ihren Gegnern Einhalt zu gebieten – denn sie sind klein, heimtückisch und zahlreich: Die Satanszwerge von Sylt. Schnallen Sie sich an für eine Achterbahnfahrt durch die Untiefen des Trash: Spannend, komisch und zu 99% ernst gemeint. Ein Kultklassiker der Groschenromane als Livehörspiel für Augen, Ohren, Zwerchfell und die ultimative Gänsehaut.
Ensemble: „Die wortreichen Sieben“ Regie: Fabian Gröver Musik: Benjamin Künzel Mitwirkende: Christel Mayr, Tini Prüfert, Stefan Maaß, Gunther Nickles, Florian Stern, Benjamin Künzel, Fabian Gröver und Benedikt Paulun
Veranstalter: ROXY gemeinnützige GmbH Termine: Samstag, 8.Juni Dienstag, 11.Juni Dienstag, 18.Juni Jeweils um 20 Uhr. Eintritt: € 14,00