Montag, 18.September


Heute haben
Samuel Johnson * 1709
Justinus Kerner * 1786
William March * 1893
Jens Rehn * 1918
Geburtstag
__________________________________

Winfred Hermann Bauer
Over The Edge

Ein Tretminenfeld hinter mir
Den Abgrund
Vor Augen
Überkommt mich eine überraschende Leichtigkeit
Ja Lebendigkeit
Angesichts des Todes
Als wäre er die geheime Triebfeder
Der Kampfkraft
Insbesondere in einem Krieg
Den wir doch immer vermeiden wollten
____________________________

Unser Buchtipp:


Birgit Schönau: „Die Geheimnisse des Tibers
Rom und sein ewiger Fluss
C.H.Beck Verlag € 28,00

Die ewige Stadt lässt Birgit Schönau nicht los. So hat sie vor Jahren für die Süddeutsche Zeitung u.a. über die beiden römischen Fußballmanschaften die italienische Fußballnationalmannschaft geschrieben. In der Casa die Goethe haben wir gemeinsam mit ihr und einer Reisegruppe ihr Buch „Gebrauchsanweisung für Rom“ präsentiert. Lang ist’s her.
Jetzt dreht sie den Spieß um und erzählt nicht über die ewige Stadt, sondern über den ewigen Fluss. Wobei beide sehr eng miteinander verbunden sind und wir natürlich eine 3000-jährige Geschichte der Stadt Rom präsentiert bekommen. Nur aus einem anderen Blickwinkel. Und wie sie das schreibt und Geschichten an Geschichten reiht, macht ungemein Laune das Buch zu lesen. So viele Dinge wusste ich nicht und ich freue mich über jedes neue Kapitel.
So beginnt Birgit Schönau mit der Mythenwelt, mit Legenden, der Aeneis, geht über zum römischen Weltreich, in die Renaissance und die Welt der Päpste, bis in die Gegenwart. Dies alles verschmilzt in einander, da die alte Geschichte mit der Neuzeit eng verknüpft ist.
Der Fluss (il fiume), wie die RömerInnen sagen, war schon immer ein Transportweg, eine Lebensader und ein Teil der Industrialisierung durch seine vielen Mühlen im Wasser. Er wird geliebt und gefürchtet. Die Hochwasserhöchstände sind immer noch in der Altstadt an Kirchenwänden markiert. Die Reichen bauten ihre Villen bis an den Tiber, die Armen wurden dort hinverfrachtet. Dort wo das ganze Abwasser, der Müll und die Krankheiten existierten.
Aber auch in der Gegenwart lässt uns der Fluß nicht los. In vielen Filmen taucht er auf und da er im letzten Sommer nur noch ein Rinnsal war, hat ein Filmemacher den Fluss (digital) ganz austrocknenlassen, um zu zeigen, was es mit dem Klimawandel auf sich hat.
Diese Doppelbiographie zeigt die ganze Bandreite von Geschichte, Politik, Kunst und Kloake und dies in vielen unbekannten Episoden aus den letzten 3.000 Jahren.

Leseprobe
____________________________________

„Das Weib ist ein Kerl“
Schauspiel von Wolfgang Schukraft

Uraufführung am 14.10.2023
Im Kunstverein Ulm, Kramgasse 4
Darsteller: Sven Djurovic
Inszenierung: Wolfgang Schukraft

Die aktuelle und mit viel Leidenschaft geführte Gender-Diskussion mag vielen als Thema erscheinen, das erst in unseren Tagen die Öffentlichkeit bewegt. Aber dem ist nicht so. Wohl immer schon gab es Menschen, die sich nicht in die „normalen“ Rollenbilder von Mann und Frau fügen konnten und wollten. So gab es im Frankreich des 18. Jahrhunderts eine historisch verbürgte Person: die Chevalière d’Eon. In ihrer Biografie schreibt sie, dass sie zwar als Frau geboren, aber zum Mann erzogen wurde und das Leben eines Mannes führte: als Spion am Zarenhof, hochdekorierter Kämpfer in französischen Kriegen undbevollmächtigter Minister in England. Mit 50 Jahren zwang sie der Befehl Ludwig des XV, ihr restliches Leben als Frau zu leben.

Ganz anders und doch so ähnlich stellt sich in dem neuen Stück von Wolfgang Schukraft das Schicksal eines Bundeswehroffiziers dar. Auch er ist, wie der französische Edelmann, Soldat, Afghanistan-Veteran, Ehemann und Familienvater. Mit 40 Jahren unterzieht er sich, nicht durch äußeren Zwang wie der Chevalier, sondern aus freien Stücken und seinem tiefen inneren Empfinden folgend, einer Geschlechtsumwandlung. Zwölf Stunden vor der entscheidenden Operation lässt er sein Leben Revue passieren. Er steht an einem „Point of no return“.

Die Schicksale des französischen Chevaliers aus dem 18. Jahrhundert und des deutschen Offiziers von heute ergänzen sich in vielfacher Hinsicht, in ihren Gemeinsamkeiten ebenso wie in ihren Unterschieden. Vor allem aber machen sie den Kopf frei für das Verständnis für Menschen, die nur eines wollen: Sein zu dürfen, was und wie sie sind.

Beginn jeweils 19 Uhr

Premiere:
Samstag, 14.10.23
Sonntag, 15.10.23
Sonntag, 22.10.23
Freitag, 27.10.23
Samstag, 28.10,23
Samstag, 04.11.23
Sonntag, 05.11.23
Samstag, 11.11.23
Sonntag, 12.11.23
Samstag, 18.11.23
Sonntag, 19.11.23
Samstag, 25.11.23
Sonntag, 26.11.23

Karten ab sofort bei der Bücherstube Jastram

Wolfgang Schukraft, Theaterei-Prinzipal a.D.
wschukraft@gmail.com
www.schukrafts.de

Dienstag, 25.Juli

Heute haben
Max Dauthendey * 1867
Paul Raynal * 1885
Elias Canetti * 1905
Anders Cleve * 1937
Geburtstag
___________________________________

Max Dauthendey
Sommer, der so fröhlich war

Sommer der so fröhlich war,
Er entlässt der Vögel Schaar,
Tausend Stare weiter ziehn,
Tausend Lieder jetzt entfliehn.

Auf der Wiese, die verblüht,
Noch der Himmel einsam glüht,
Wie die Sehnsucht, die nie stirbt
Und um neue Lieder wirbt.

Sitzt das Herz am rechten Fleck,
Fällt’s nicht wie ein Herbstblatt weg.
Wechselt auch der Baum sein Kleid,
Lieb kennt keine Jahreszeit.
____________________________________

Unser Buchtipp:

Teresa Ciabatti: „Die schönen Jahre
Aus dem Italienischen von Christiane von Bechtolsheim
dtv € 25,00

„Mitreißend, eindringlich und verstörend.'“
L’Espresso

Teresa Ciabatti fordert uns LeserInnen einiges ab. Sie springt in ihrer Art des Erzählens in verschiedene Zeitebenen, lässt Gedankenfetzen stehen, wechselt von Erinnerungen in die Gegenwart des Romanes.
„Die schönen Jahre“ wurde in Italien für den Premio Strega nominiert und ist jetzt auf deutsch erschienen.
Die Ich-Erzählerin und ihre beste Freundin Federica haben sich seit ihrer Kindheit/Jugend nicht mehr gesehen. Es war das Rom der 80er Jahre. Federica wohlhabend, sie ein „dickes Landei“, wie sie selber sagt. Jetzt sind sie Ende 40, geschieden, die Kinder aus dem Haus, aber die Vergangenheit lässt die Ich-Erzählerin nicht los. Was ist mit Federicas schöner Schwester in dieser einen Nacht im Oktober 1988 passiert? Sie war das Idol der beiden Mädchen. Sie wollten so sein wie sie.
Teresa Ciabatti gräbt nun tief in den Erinnerungen der beiden Frauen, in dem Ungesagten, den Traumata, den Verlusten. Impulsiv, direkt, laut und intensiv, aber auch privat, intim nähern wir uns dieser einen Nacht und entdecken drei Frauenbiografien, bei denen auch am Ende des Romanes noch nicht alles geklärt ist.

Teresa Ciabatti, 1972 in Orbetello geboren und dort aufgewachsen, studierte Moderne Literatur in Rom. Heute ist sie eine der wichtigsten italienischen Autorinnen der Gegenwart. Als Drehbuchautorin ist sie unter anderem für den Kultfilm „Tre metri sopra il cielo“ bekannt, auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig wurde sie bereits für das beste Drehbuch ausgezeichnet. Mit ihrem Roman „Die schönen Jahre“ war sie 2021 für den Premio Strega, den wichtigsten Literaturpreis in Italien, nominiert, nachdem sie bereits 2017 mit einem ihrer Romane den zweiten Platz erreichte. Teresa Ciabatti lebt in Rom.
__________________________________

Heute abend, Dienstag, 25.Juli ab 19 Uhr
Sarah Lobenhofer und Sophia Zach berichten von ihrem Engagement bei der „Letzten Generation“.
Bei uns in der Buchhandlung
Eintritt frei

Montag, 3.April

Heute haben
George Herbert * 1593
Washington Irving * 1783
Peter Huchel * 1903
Märta Tikkanen + 1935
Johanna Walser * 1957
Geburtstag
_____________________________________

Hugo von Fallersleben (* 2.4.1798)
Die Gedanken sind frei

Die Gedanken sind frei,
Wer kann sie erraten?
Sie fliegen vorbei
Wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
Kein Jäger sie schießen,
mit Pulver und Blei.
Die Gedanken sind frei.

Ich denke was ich will
Und was mich beglücket,
Doch alles in der Still
Und wie es sich schicket.
Mein Wunsch und Begehren
Kann niemand verwehren.
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei.

Und sperrt man mich ein
Im finsteren Kerker,
Das alles sind rein
Vergebliche Werke;
Denn meine Gedanken
Zerreißen die Schranken
Und Mauern entzwei:
Die Gedanken sind frei.

Nun will ich auf immer
Den Sorgen entsagen,
Und will mich auch nimmer
Mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen
Stets lachen und scherzen
Und denken dabei:
Die Gedanken sind frei.

Ich liebe den Wein,
Mein Mädchen vor allen,
Die tut mir allein
Am besten gefallen.
Ich sitz nicht alleine
Bei einem Glas Weine,
Mein Mädchen dabei:
Die Gedanken sind frei.
____________________________________

Unser Tipp:


Christophe Boltanski: „Die Leben des Jacob“
Aus dem Französischen von Tobias Scheffel
Hanser Verlag € 24,00

Dies ist der zweite Roman von Christophe Boltanski. Wieder begibt er sich auf Spurensuche, die er literarisch verarbeitet. Im Roman „Das Versteck“ erzählte er über seine jüdischen Großeltern anhand ihres Hauses in der Rue de Grenelle in Paris, jetzt kommt er in den Besitz von wahnsinnig vielen Fotostreifen aus Fotoautomaten. Ein gewisser Jacob B’chiri hat sich in den Jahren 1973 bis 1974 immer wieder selbst abgelichtet. Der Autor geht diesem Pänomen nach, er will die Hintergründe dieses merkwürdigen Fundes aufdecken. Die Spur, die von Paris über Rom und Marseille führt, zu den Friedhöfen von Djerba und an die Ränder der israelischen Negev-Wüste, beschreibt er in diesem Buch. Dabei fördert er eine unglaubliche Biographie zu Tage, in der sich Kriegs- und Exilerfahrung mit künstlerischen Ambitionen vermischen. Leichthändig und klug setzt er das Leben eines Fremden zu einer Erzählung über Identität, Glauben und die großen Tragödien des 20. Jahrhunderts zusammen.

Leseprobe

Christophe Boltanski, 1962 in Paris geboren, arbeitete lange als Journalist und Kriegsreporter bei Libération und Nouvel Observateur und war Chefredakteur der Zeitschrift XXI. Er ist der Sohn des Soziologen Luc Boltanski und ein Neffe des bildenden Künstlers Christian Boltanski. Sein erster Roman Das Versteck (Hanser, 2017) war ein Überraschungserfolg in Frankreich und wurde mit dem Prix Fémina ausgezeichnet.
_____________________________________________

Am kommenden Dienstag, den 4.April gibt es wieder eine „Erste Seite“ mit neuen Büchern, aus den Clemens Grote vorliest:
Wir beginnen, wie immer, pünktlich um 19 Uhr.
Dieses Mal sind es sogar fünf Bücher.

Carolina Schutti: „Meeresbrise“
Markus Orths: „Mary & Claire“
Judith Hermann: „Wir hätten uns alles gesagt“
Tarjei Vesaas: „Der Keim“
Laurent Mauvignier: „Von Menschen“

Der Eintritt ist frei.
____________________________________________

Liebe Freunde,
wir laden Euch/Sie alle herzlich ein zur Vernissage „Kunstwerke von Jesiden“ am
Donnerstag, den 06. April 2023 um 18.00 Uhr
im Stadthaus Ulm, Münsterplatz, Ulm

In den Jahren 2015/2016 wurden ca. 1000 sexuell missbrauchte Jesid*innen, v.a. Frauen und Kinder aus Syrien und dem Nordirak im Rahmen eines speziellen Sonderkontingents in Baden-Württemberg aufgenommen. Diese Frauen und Kinder waren zuvor aus der IS-Gefangenschaft befreit worden, viele hatten darin Angehörige verloren, waren selbst versklavt, schwer misshandelt und in einem sehr schlechten psychischen und körperlichen Zustand. 
Das BFU war seinerzeit bei den Planungsrunden zur psychotherapeutischen und psychosozialen Versorgung dieser Jesidinnen in Baden-Württemberg beteiligt. Nach Ulm wurden 65 Jesidinnen verlegt. Davon waren (und sind noch) 35 Klient*innen in kunsttherapeutischer Einzel- oder Gruppenbehandlung im BFU, einige zusätzlich in einzelpsychotherapeutischer Behandlung im BFU. Für die Kunsttherapie wurde eigens ein Atelier im Wohnhaus der Jesid*innen nach deren eigenen Vorstellungen eingerichtet.
Die beiden Kunsttherapeutinnen des BFU, Regine Schempp und Indira Grabovac, haben in den vergangenen über 5 Jahren nicht nur therapeutisch Außerordentliches geleistet, sondern sie waren für die jesidischen Mädchen und Frauen, ebenso für die Jungs und die kleineren Kinder wichtige Ankerpersonen geworden. Sie waren fast die einzigen Deutschen, die regelmäßig Kontakt zu den Jesidinnen hatten, denn ihr Wohnort musste wegen der weiter bestehenden Bedrohung durch den IS geheim bleiben. 

An der Vernissage werden Bilder und Skulpturen gezeigt, die in den vergangenen 5 Jahren im Rahmen von Gruppen- und Einzelkunsttherapie für Jesid*innen im BFU entstanden sind. Der auf dem Plakat von einer Klientin schön gestaltete Pfau ist der Engel „Tausi-Melek“. Er wird von den Jesiden besonders verehrt, da er an der Schöpfung der Welt aktiv beteiligt gewesen sei. Gott habe Melek Taus als Wächter der Welt und als Vermittler zwischen sich und den Menschen eingesetzt. Er wird als Pfau dargestellt. Neben anderem sehen radikal-islamische Fundamentalisten den Glauben an den Engel Melek als „Teufelsanbetung“ an, auf die sie die Verfolgung der Jesiden gründen.

Ich lade Sie/Euch hiermit herzlich ein zu dieser außergewöhnlichen Ausstellung!

Das Grußwort spricht Frau Bürgermeisterin Iris Mann. Die beiden Kunsttherapeutinnen werden über die Bilder und den therapeutischen Prozess berichten. Ein jesidischer Musiker (Saher Issa aus Solingen/NRW) wird einige traditionelle jesidische Lieder auf seiner Baglama vortragen.

Für das leibliche Wohl ist gesorgt!

Das BFU-Team und die Jesidischen Klient*innen freuen sich auf Ihr/Euer zahlreiches Erscheinen!
Beste Grüße
Manfred Makowitzki, Leiter BFU
Leiter Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm
Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm (BFU)
T: 0731 – 88 07 08 91, F: 0731 – 88 07 08 99
Wagnerstr. 65
89077 Ulm
m.makowitzki@rehaverein.de

Sonntag, 17.Januar

Von den Hochbeeten ist nicht viel zu sehen.


Wilhelm Friedrich Waiblinger
(* 21.11.1804, † 17.01.1830)
Ponte rotto

Eine zerbrochene Brücke, was ist′s, kein Wunder am Ende!
Alles vergeht, und der Welt wird′s nicht viel besser geschehn.
Dererlei merkt man sich nicht, auch wenn die Brücke sich weigert,
Mit dem gefallnen Geschlecht über die Tiber zu gehn.
_________________________________________


ECM hat auf Spotify Musikstücke aus ihrem Programm zusammengestellt, die zum tiefen Winter mit Schnee und Kälte passen. Da tauchen sie alle auf: Jan Garbarek, Keith Jarrett, Carla Bley, Tord Gustavsen und viele mehr.
Über zwei Stunden ruhige Musik, wie wir sie von ECM kennen.

Hier geht es nochmals zur Playlist.
__________________________________________

Noch mehr Musik:

Musik live zu erleben ist zu einer Kostbarkeit geworden – ein Live-Konzert wird zu einem Sehnsuchtsort. Mein heutiger #KlassikKlub wird umrahmt durch Händels „Ode an die Heilige Cäcilie“. Diese gilt als Schutzpatronin der Kirchenmusik, der Musiker, Instrumentenbauer und Dichter.  Meine Sendung sehe ich ähnlich wie Max Ernsts ihr gewidmetes Gemälde als Collage, Spiegelung und Reflexion gewohnter Wahrnehmung, in dem Fall – einmal mehr – des klassischen Konzerts.  Zu erleben sein werden Komponisten und Musiker wie Heinrich I. Franz von Biber, Guillaume Dufay,  Vernon Duke,  Henrik Schwarz, Musica Antiqua Köln, The Gothic Voices,  Dawn Upshaw, George I. Gurdjieff, György Ligeti, Patricia Kopatchinskaja, Philip Glass, Ralf Schmid, Sven Helbig, Claude Debussy, Johannes Motschmann und nordische Traditionals.  Enjoy the Power Of Music.  

WDR 3 Klassik-Klub  17. Januar 2021   16:04-17:45              
https://www1.wdr.de/radio/wdr3/programm/sendungen/wdr3-klassik-klub/klassikklub-704.html
_________________________________________________

Frauen Sie sich auf diesen Roman, der Mitte Februar bei Hanser erscheint:

Valeria Parrella: „Versprechen kann ich nichts“
Aus dem Italienischen von Verena von Koskull
Hanser Verlag € 19,00

Elisabetta arbeitet als Lehrerin im Jugendgefängnis von Neapel. Sie stürzt sich in ihre Arbeit, als ihr Mann plötzlich stirbt. Sie wandelt zwischen den Welten. Aussen die Stadt, der Lärm, die Hektik, drinnen die Zellen, die Jugendlichen. Und über allem diese Biografien. Die verschiedenen Leben. Was aus Menschen gemacht wird, wie Menschen werden, wie sich verändern. Als zu Elisabetta eine junge Frau aus Rumänien in den Unterricht kommt, entsteht eine besondere Art der Nähe. Will Elisabetta dem Mädchen helfen, oder sich selbst?

Valeria Parrella hat in diesem schmalen Roman den Nerv unseres modernen Lebens (hier Neapel) getroffen und lässt den Gedanken ihrer Hauptperson freien Lauf.
Sehr fein, klug, melancholisch, traurig, aber auch kraftvoll und voller Lebensfreude.

Valeria Parrella, 1974 geboren, studierte Sprachwissenschaften und arbeitete als Buchhändlerin und Schauspielerin. Für ihr literarisches Schaffen wurde sie vielfach ausgezeichnet, zuletzt stand sie mit Versprechen kann ich nichts auf der Shortlist für den Premio Strega 2020. Bei Hanser erschien ihr Erzählungsband Liebe wird überschätzt (2017). Valeria Parella lebt in Neapel.

Dienstag, 15.August

Heute haben
Matthias Claudius * 1740
Walter Scott * 1771
Stieg Larsson * 1954
Geburtstag
___________________________

Matthias Claudius
Der Esel

Hab nichts, mich dran zu freuen,
Bin dumm und ungestalt,
Ohn‘ Mut und ohn‘ Gewalt;
Mein spotten, und mich scheuen
Die Menschen, jung und alt;
Bin weder warm noch kalt;
Hab nichts, mich dran zu freuen,
Bin dumm und ungestalt;
Muß Stroh und Disteln käuen;
Werd‘ unter Säcken alt –
Ah, die Natur schuf mich im Grimme!
Sie gab mir nichts, als eine schöne Stimme.
________________________

DER Film zum heutigen Tag.

26877120z

Das Festmahl im August / Pranzo di ferragosto“
Regie, Drehbuch, Hauptdarsteller: Gianni di Gregori
Italien 2008
DVD € 5,99

Ferragosto ist einer wichtigsten Feiertage in Italien. In Rom verschwinden um diesen Termin herum alle ans Meer. Viele Restaurants sind geschlossen, Läden haben zu. Rom ist wie leergefegt und auf den Straßen ist nichts mehr vom täglichen Stau zu spüren. Die Hitze steht zwischen den Häusern und es ist der beste Zeitpunkt die Stadt mit dem Rad zu erkunden.
Gianni Di Gregori (Regie, Drehbuch und Hauptdarsteller) hat sich diesen Tag für seinen Film herausgesucht. Er lebt mit seiner dominaten alten Mutter in einer Wohnung, kann keiner Arbeit nachgehen, da die alte Dame ihn komplett fordert. Dies führt zu finanziellen Engpässen. Er ist mit der Miete in Verzug und auch sonst sehr klamm. Just an diesem Tag kommt der Hausverwalter und bietet ihm einen Mietnachlass an, wenn er dessen Mamá und Tante für eine Nacht aufnehmen kann. Desgleichen passiert ihm auch mit dem Arzt, der auf Hausbesuch ist. Nach kurzem Zögern, siegt die Aussicht auf etwas Geld und Gianni hat plötzlich statt einer alten Dame, vier am Hals, die sich alle nicht grün sind. Nun heisst es einkaufen für das Festmahl. Dabei ist ihm sein Kumpel mit der Roller behilflich. Eine Kiste Weisswein (sehr wichtig für den Film) und Fische frisch aus dem Tiber geangelt, bilden den Grundstock. Mit viel Überredungskünsten schafft es der genervte Gianni, die alten Damen unter seinem Dach zu behalten, eine davon wieder zurückzuholen. Als alle versorgt sind und in ihren Betten schlafen, liegt er in der heissen Nacht auf dem Balkon.
Ausser Gianni sind alle anderen Mitspielenden LaiendarstellerInnen, die mit großer Lust und Laune mitgemacht haben und dem Film das gewisse Etwas geben. Ein charmanter Sommerfilm, mit viel Witz, über das Leben, Überleben und Altwerden. Und natürlich eine große Homage an die Ewige Stadt. Ein Film voller Hitze, Weisswein und einem Festmahl, an das wir schon nicht mehr glauben wollten.
Ein Muß für diesen Tag.
Achtung: Halten Sie einen schönen Vorrat an Weisswein im Kühlschrank bereit. Durch den dauertrinkenden Gianni bekommen Sie sicherlich enorme Lust auf ein gut gekühltes Glas (oder auch zwei, …)
Buon divertimento!

cimg9423
Via Condotti, die normalerweise mit Handtaschen, Einkaufstaschen und schicken Damen daran voll ist. Im Hintergrund die leere Spanische Treppe.

cimg9424
Auf meiner Rundfahrt auf den leeren Straßen Roms am 15.8.2014

cimg93991
Der Herr mit den kurzen Hosen und den grauen Haaren ist Giannis Freund mit dem Moped. Sein Lieblingsort ist die Bar Calisto im Stadtteil Trastevere.

Ausgezeichnet mit dem Preis für den besten Debütfilm in Venedig 2008.
Website des Filmes mit Bildern und einem Zander-Rezept.
Trailer deutsch
Trailer italienisch

Sonntagsskizzen (11)

Sonntagsskizzen von Detlef Surrey
Von Detlef Surrey

Reiseskizzen aus Pitigliano und Rom im Herbst (II)


surrey-pitigliano-IMG_3739surrey-pitigiano02-stadttor-463x1200

surrey-rom-bar-san-calisto3-1000x71

surrey-rom-bar-san-calisto2-1000x688

surrey-rom-banchi-vechi-699x1000

surrey-bar-pza-navona-1000x703surrey-farnese-655x1000surrey-pitigliano03-silhouette-1000x707__________________________________________________

DetlefSurrey-pen-fbDetlef Surrey ist Illustrator und Comiczeichner in Berlin.

Skizzen: skizzenblog.surrey.de 
Blog:  detlefsurrey.de
Web:  www.surrey.de

_________________________

Sonntagsskizzen Rückblick:
-> Sonntagsskizzen  10 – Paris „Nous sommes tous unies!“
-> Sonntagsskizzen  9 – Rom Skizzen
-> Sonntagsskizzen  8 – Dr. Sketchy´s Berlin
-> Sonntagsskizzen  7 – Skizzenfestival Stralsund
-> Sonntagsskizzen  6 – Lesung OL im Literaturhaus
-> Sonntagsskizzen  5 – Konzert Hunting Islands
-> Sonntagsskizzen  4 – Das Reichstagsgebäude und „Karlchen Adler“
-> Sonntagsskizzen  3 – Holzmühle in Vogt
-> Sonntagsskizzen  2 – Literaturfestival Berlin
-> Sonntagsskizzen  1 – Skizzen vom Urban Sketchers Treffen in Darmstadt

 

Mittwoch

IMG_6661

Heute haben
Richard Dehmel * 1863
Klaus Mann * 1906
Vassilis Vassilikos * 1933
Margaret Atwood * 1939
Christoph Wilhem Aigner * 1954
Geburtstag
und es ist der Todestag von Marcel Proust.
____________________

Richard Dehmel
Empfang

Aber komm mir nicht im langen Kleid!
komm gelaufen, daß die Funken stieben,
beide Arme offen und bereit!
Auf mein Schloß führt keine Galatreppe;
über Berge geht’s, reiß ab die Schleppe,
nur mit kurzen Röcken kann man lieben!

Stell dich nicht erst vor den Spiegel groß!
Einsam ist die Nacht in meinem Walde,
und am schönsten bist du blaß und bloß,
nur beglänzt vom schwachen Licht der Sterne;
trotzig bellt ein Rehbock in der Ferne,
und ein Kuckuck lacht in meinem Walde.

Wie dein Ohr brennt! wie dein Mieder drückt!
rasch, reiß auf, du atmest mit Beschwerde;
o, wie hüpft dein Herzchen nun beglückt!
Komm, ich trage dich, du wildes Wunder:
wie dich Gott gemacht hat! weg den Plunder!
und dein Brautbett ist die ganze Erde.
__________________

Neben der Reihe „Menschen und Orte“ in seiner kleinen, feinen, geklammerten Form, in der sehr bibliophil zu Leben und Lebensorte bedeutender Menschen erzählt wird, gibt es in der Edition A.B.Fischer auch noch die Reihe „Wegmarken“. Werden in den ersteren Heftchen Orte, oder Fleckchen Erde, an denen Künstler Ruhe fanden, ungestört arbeiten oder eine persönliche Krise bewältigen konnten, beschrieben, die man heute noch besuchen kann, nähern wir uns in den „Wegmarken“ einer Biografie des Künstlers. Nicht immer sind die Häuser oder die Ateliers berühmter Schriftsteller und Künstler erhalten. Oft lassen sich ihre Spuren nur noch an verstreuten Erinnerungsorten finden – in Städten, Dörfern und Landschaften. Eine hervorragende Möglichkeit sich diesen rastlosen Dichtern, unbehausten Künstlern und geistigen Exilanten zu nähern.

IMG_6704

Irene Fußl, Arturo Larcati:Das Rom der Ingeborg Bachmann
Wegmarken
Edition A. B. Fischer € 12,00

IMG_6705IMG_6706

 

Dieser biografische Essay mit alten und neuen Fotos in besten Qualität entführt uns in das Rom der Bachmann. Für sie war Italien nicht ein Sehnsuchtsort, wie für so viele andere. Sie kam über eine Einladung von Henze dorthin und nicht mehr von dort los. Mit einer kurzen Unterbrechung (nach der Trennung von Max Frisch) lebte sie die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens in der Ewigen Stadt. Eine Stadt, die sie nicht mehr losließ. Ein Stadt, die ihr Werk intensiv gesprägt hat, in der sie die allegria fand, die im Gegensatz zu ihrem Leben stand. Wir wissen um ihre Alkohol- und Medikamentenprobleme, wir wissen um Probleme mit ihrem Vater. Und hier nun fand sie einen Ort, der sie empfing, der einfach da war, den sie zu Fuß erkundete und in dem sie sich wahrscheinlich besser auskannte, als so mancher Römer. Ingeborg Bachmanns kurzer Text „Was ich in Roma sah und hörte“ dient dem Büchlein als roter Faden. Einzelne Passagen werden unterfüttert mit Fotos und Orten in Rom. Der Tiber, die Menschen, der Himmel, die Luft. Alles ist darin enthalten und immer noch da. Wenn sie sich eines der architektonischen Spielchen von Borromini anschauen, dann müssen sie sich nur umdrehen und sie stehen vor einem der ersten Wohnungen der Bachmann. Stehen Sie vor der Spanischen Treppe, ist es nur ein Katzensprung von ihrer berühmten Wohnung in der Via Bocca di Leone 60 entfernt, über die auch Uwe Johnson schrieb, der dort zu Besuch war. Auf Ihrem Weg von der Altstadt in Richtung Vatikan können sie durch eine ruhige, verwunschene Straße direkt an ihrer Wohnung vorbeigehen, in der es zu dem schrecklichen Unfall kam, an dessen Folgen Ingeborg Bachmann kurz darauf im Krankenhaus starb.
Dieser Werkmarken-Band eignet sich natürlich nicht als Reiseführer mit Stadtplan etc, ist jedoch eine perfekte Ergänzung, wenn Sie sich in der Ewigen Stadt aufhalten. Lassen Sie sich treiben, gehen Sie ein paar Umwege. Der Trevi-Brunnen ist nachts um eins eh am Schönsten. Schlendern Sie durch das Rom der Bachmann, nehmen Sie sich die Textzitate aus dem Buch vor und Sie verstehen, warum die Autorin sich hier wohlfühlte und wo und wie dieses Rom-Gefühl in ihrem Werk auftaucht.

„Ich hörte, daß es in der Welt mehr Zeit als Verstand gibt, aber daß uns die Augen zum Sehen gegeben sind.“
So endet der Rom-Text von Ingeborg Bachmann.
___________________

Gestern großes Aufgebot bei uns in der Buchhandlung.
Pressegespräch mit Manfred Spitzer, der am kommenden Freitag in der Neu-Ulmer Ratiopharm Arena einen Vortrag aufgrund seines neuen Buches „Cyberkrank“ hält.
Der Beitrag von Regio TV soll heute abend zu sehen sein.

IMG_6686IMG_6692
IMG_6701
________________________

Heute abend ab 19 Uhr in der Buchhandlung.
„Vergessene Bücher“
Wir stellen Bücher vor und Clemens Grote liest daraus.
Kennen Sie „Donner über dem Meer“, oder „Murmeljagd“?
Nein? Na dann lohnt sich aber ein Besuch bei uns.
Der Eintritt ist frei.

Sonntagsskizzen (9)

Sonntagsskizzen von Detlef Surrey
Von Detlef Surrey

Skizzen aus Rom im Herbst

rom-trastevere-via zanazzo-giggi -© detlef surrey

Rom Trastevere, Via Zanazzo Giggi

rom-maria del populo -© detlef surreyBasilika Maria del Populo

rom-pizzeria -© detlef surrey

Pizzeria Flamino

rom-portuense -© detlef surrey

Rom Portuense, Via Luigi Bolchini, Blick aus dem Fenster

rom-bar-s-calisto4 -© detlef surrey

Trastevere, Gäste in der Bar Calisto

rom-bar-san-calisto -© detlef surrey

Gäste in der Bar San Calisto feiern ihren Bachelor

rom-piazza-guiditta-tavani-arquati -© detlef surrey  rom-piazza-guiditta-tavani-arquati2 -© detlef surrey

Trastevere, Via della Lungaretta

san-calisto-bachelor -© detlef surrey

rom-pizzeria -© detlef surrey

Fotos von Skizzen und Motiven.

__________________________________________________

DetlefSurrey-pen-fbDetlef Surrey ist Illustrator und Comiczeichner in Berlin.

Skizzen: skizzenblog.surrey.de 
Blog: detlefsurrey.de
Web:  www.surrey.de

_________________________

Sonntagsskizzen Rückblick:

Teil 8 : „Dr. Sketchy´s“ Berlin
Teil 7 : Skizzenfestival Stralsund
Teil 6 : Lesung OL – “Forelle Grau
Teil 5 : Konzert Hunting Island
Teil 4 : Das Reichstagsgebäude und “Karlchen Adler
Teil 3 : Eindrücke von der Holzmühle in Vogt
Teil 2 : Graphic Novel Day des Internationalen Literaturfestival Berlin
Teil 1 : Treffen der “Urban Sketchers” in Darmstadt

Samstag

IMG_6562

Heute haben
Fritz Reuter * 1810
Albert Camus * 1913
Antonio Skarmeta * 1940
Geburtstag
______________________

IMG_6577

Noémi Kiss:Schäbiges Schmuckkästchen
Reisen in den Osten Europas. Bukowina – Czernowitz – Galizien – Gödöllö – Lemberg – Siebenbürgen – Vojvodina
Aus dem Ungarischen von Eva Zador
Europa Verlag € 17,99

Ein Reiseführer der anderen Art. Es kommt darauf an, wie wir Reisen definieren. Wenn wir es nicht mit Urlaubmachen in einen Topf werfen, sondern das Reisen auch mit Entdeckungsreisen zusammen sehen, dann liegen Sie hier richtig. Noémi Kiss (gesprochen: Kisch) reist meist mit dem Bus, mit öffentlichen Verkehrsmittel, mit dem Auto. Alleine, oder in einer Gruppe. Wie es sich für eine Reise gehört, liest sie vorher über die zu besuchenden Gegenden, informiert sich, hört sich um. Sie nimmt den alten blauen Baedeker Reiseführer mit. Der längst veraltet ist und genau das ist das Interessante daran. Kiss sucht das Vergangene, sie sucht, das, was überdeckt worden ist, durch die Zeitläuften des 20. und 21.Jahrhunderts. Sie sucht und findet in der Literatur, das was sie zu entdecken hofft an den Rändern des alten Habsburger Reiches. Mit Czernowitz hat sie natürlich auch eine Stadt, aus der viele Autoren stammen und sie stellt auch gleich Paul Celan an den Beginn über ihre Reise durch die Bukowina.
Es gibt keine Reise ohne Erinnerung und so schaut sie, wie sich ihre Lektüreerfahrung mit der Wirklichkeit vertragen. Dabei ist das Buch kein literarischer Führer. Kiss hüpft und springt und wir wissen nicht, was uns auf der nächsten Seite, auf der nächsten Reise erwartet. Sieben Kapitel mit sieben Schwerpunkten beinhaltet das Buch und jedes Mal staunt sie selbst über das, was sie dort erlebt, sieht, riecht und hört. Immer wieder tauchen sprachliche Schmuckkästchen auf, wenn sie eine Stadt beschreibt, in der es glitzert, leuchtet und gleichzeitig verraucht, verrust, schwarz ist. Da macht es auch überhaupt nichts aus, dass das Buch keine Fotos beinhaltet. Sie könnten der Sprache der Autorin sowieso nicht das Wasser reichen.
Kiss schreibt über Menschen, die sie trifft. Ihr fällt auf, dass in der Bukowina noch deutsch gesprochen wird. Sie findet in modernisierten Städten nichts mehr von der viel gepriesenen Vergangenheit, dem friedlichen Zusammenleben verschiedener Völker und Religionen. Sie übertritt die nahe gelegene Grenze in die Ukraine und befindet sich auf einen Schlag in einem Landstrich mit zerfallenen Bauernhöfen und verrotteten Resten der ehemaligen Sowjetunion. Dass sie dort jedoch auch nichts von der Vergangenheit mehr entdecken kann, liegt daran, dass genau zu diesem Zeitpunkt Panzer auffahren, Mobilmachung herrscht. Sie schreibt über Begegnungen mit Soldaten in der Ukraine, Erinnerungen an die eigene Großmutter und ihrer Sicht auf die Kulturpolitik der Regierung in Ungarn. Es wird getrunken und gegessen, gelacht und viel geredet. Wir sind mit Noémi Kiss mitten unter die Menschen geraten, befinden uns auf dem Stadtplatz von Lemberg, auf dem gerade ein Wochenendfest stattfindet. Der Hundestrizzi will seinen Hund auf einen Baum schicken und behauptet, dass er klettern könne. Russische Pilgergruppen besuchen die vielen Kirchen und Kiss isst in einem libanesischen Restaurant. Lemberg, die Löwenstadt, lebt. Kiss streicht durch die Läden, entdeckt Unerwartetes und Vergessenes. Sie sieht die Verwandlung der Stadt, sie lässt uns teilhaben am Umbruch in einem Gebiet, in das es westliche Touristen eher nicht hinzieht.
Gerade habe ich Joseph Roths „Radetzkymarsch“ beendet und den Niedergang der KuK Monarchie miterlebt und den Untergang der Familie Trotta. Und genau dort befinden wir uns auch hier und schürfen mit der Autorin in dem Untergegangen und entdecken Neuentstandenes.
Ein tolles Buch von einer Autorin, die uns immer wieder Staunen lässt.

Radio H2 stellt das Buch vor.
Darmstädter Jury wählt Noémi Kiss „Schäbiges Schmuckkästchen“ zum Buch des Monats Juni!
Lesung in Ulm: 12.11.2015 um 19.00 Uhr im Donauschwäbischen Zentralmuseum
Die Website der Autorin
_____________________

sonntagsskizzen-blogflag-red-585x176

Am Sonntag gibt es neue Sonntagsskizzen von Detlef Surrey, der letzte Woche für ein paar Tage in Rom weilte.

surrey-rom-trastevere-via-zanazzo-giggi-1000x726

Mittwoch

Termine der Literaturwoche Ulm

IMG_4669

Heute haben
Detlev von Liliencron * 1844
Martin Gregor-Dellin * 1926
Allen Ginsberg * 1926
Monika Maron * 1941
Philippe Djian * 1949
Norbert Gstrein * 1961
Geburtstag.
Es ist der Todestag von Franz Kafka und Arno Schmidt
_________________________

„Zweifellos ist in mir die Gier nach Büchern. Nicht eigentlich sie zu besitzen oder zu lesen, als vielmehr sie zu sehen, mich in der Auslage eines Buchhändlers von ihrem Bestand zu überzeugen.“
Franz Kafka., aus: Tagebücher, 11.11.1911

„Und was heißt schon New York? Großstadt ist Großstadt;
ich war oft genug in Hannover.“
Arno Schmidt

Am Donnerstag, den 11.Juni lesen Susanne Fischer und Bernd Rauschenbach aus den Briefen von Arno Schmidt, die unter dem Titel „Und nun auf, zum Postauto!!“ bei Suhrkamp erschienen sind.
Beginn ist 19:30.
Der Eintritt ist frei.
__________________________

Buchtipp des Tages:

Roma

Jakob Straub: „Roma Rotunda“
Text von Mark Gisbourne
Deutsch, Englisch
96 Seiten, 37 Abb.
19,50 x 38,50 cm
gebunden, Leporello
Verlag Hatje Cantz € 45,00

Ja, Sie haben richtig gelesen. Es ist ein Leporello. Und was für eins. 18 Meter (in Worten: achtzehn) lang ist dieses Buchkunstwerk und verneigt sich somit in voller Länge vor den 36 Kuppeln in Rom, bei denen wir uns normalerweise fast die Halswirbel ausrenken, wenn wir sie anschauen wollen.

2345

(Bildrechte: Hatje Cantz)

Der Berliner Grafikdesigner und Fotograf Jakob Straub (*1975) reiste in den letzten Jahren immer wieder nach Rom, um mit seiner analogen Mittelformatkamera Kuppeln im Innern von Kirchen und Profanbauten zu fotografieren. Dabei interessierte ihn nicht unbedingt die Kirchengeschichte, sondern betrachtete diese Formen und Farben nach architektonischen und ästhetischen Gesichtspunkten. Wie Mandalas, wie Blumenbilder, Kristalle liegen diese Kuppelbilder vor uns und wir stauen über die Symetrie, die Struktur und die Farbgebung, als wären es Gemälde und keine dreidimensionalen Kuppeln. Diese Himmel lassen uns stauen, genauso wie Marco Lodoli u.a. in seinen „Insel in Rom“ schreibt. Er beschreibt die Scheinkuppel in Sant Ignazio und meint, dass so eine Kuppel, die gar keine ist, jeden Rombesucher umhaut. Und so ähnlich geht es uns auch mit diesen fotografierten Kuppeln. Schöner ist es wahrscheinlich nur, wenn wir direkt vor Ort sind. Aber da heisst es erstmal suchen und finden und auf geeignete Öffnungszeiten hoffen (was nicht so einfach sein dürfte). Hier liegen diese Kunstwerke vor ihnen und das Blättern in einem so langen Leporello hat ein ganz eigene Aussagekraft.