Montag, 9.Januar


Heute haben
Kurt Tucholsky * 1890
Karel Capek * 1890
Simone de Beauvoir * 1908
Hans Lebert * 1919
Heiner Müller * 1929
Klaus Schlesinger * 1937
Gisbert Haefs * 1950
Benjamin Lebert * 1982
Geburtstag
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„Der Mensch hat, neben dem Trieb der Fortpflanzung und dem zu essen und zu trinken, zwei Leidenschaften: Krach zu machen und nicht zuzuhören.“
Kurt Tucholsky
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Eine Vorankündigung für Ende Februar 2023.


Percival Everett: „Die Bäume“
Aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl
Hanser Verlag € 26,00
Das Buch erscheint Ende Februar.
Als amerikanisches Taschenbuch € 14,90

Nach langer Zeit habe ich ich wieder einen Roman gefunden, den ich, zum allergrößten Teil, in einem Rutsch durchgelesen habe. So eine perfekte Mischung aus Parodie, Slapstick, schnellen Dialogen und einem Krimi, habe ich selten in einem Buch gefunden. Was erst so locker daherkommt, ist eine eiskalte Abrechnung mit dem us-amerikanischen Rassismus. Was mit zwei Morden in der Kleinstadt Money/Mississippi beginnt, endet mit einer großen Welle der Abrechnung.
In den letzten Tagen haben wir viel über die Wahl des Speakers des Kongress der USA lesen können und wie Ultrarechte ihre Macht eingesetzt haben. Diese Rechten, diese Rednecks, bestimmen den Alltag in der Gegend, in der der Roman spielt. Die Großväter haben Schwarze gelyncht und die erwachsenen Enkel sind jetzt noch stolz darauf. Was Percival Everett sich ausgedacht und zu Papier gebracht ist so stark und fesselnd, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Ich habe mich amüsiert, war schockiert und als der amerikanische Präsident (der mit der Tolle) auch noch auftaucht und eine seiner Reden hält, legt der Autor seine Finger tief in die Wunde der us-amerikanischen Demokratie.
Jetzt schon vormerken. Wir werden das Buch sicherlich an eine unserer 1.Seite vorstellen.
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„Lützerath muss bleiben“
Aus ganz Deutschland sind Menschen angereist, um die Räumung doch noch zu verhindern.

Zu einem geplanten Dorfspaziergang kam auch die Klimaaktivistin und Fridays-for-future-Sprecherin Luisa Neubauer. Vorab hatte sie Unterstützer dazu aufgerufen, ebenfalls zu kommen.

„Man merkt, dass anscheinend unterschätzt wurde, welche Kraft in diesem Ort steckt“, sagte Neubauer in Lützerath. „Hier zeigt eine Gesellschaft, dass sie versteht: Es geht um alles. Das Dorf hier ist überlaufen von Menschen, die aus der ganzen Republik angereist sind.“ Die Politik traue sich noch nicht, das anzuerkennen, „aber die Zivilgesellschaft schon“, so Neubauer. Die Kohle müsse im Boden bleiben. „Seit Jahren erleben wir die Klimafolgen, im Sommer 2022 wüteten in ganz Europa die gravierendsten Waldbrände, die Zerstörung muss aufhören, die bisher durch die deutsche Politik und Wirtschaft befeuert wird.“

Mehr dazu finden Sie hier.


Freitag, 30.Dezember


Nina Simone
Feel Good


It’s a new dawn
It’s a new day
It’s a new life
For me
And I’m feeling good
I’m feeling good
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Heute haben
Betty Paoli * 1814
Theodor Fontane * 1819
Rudyard Kipling * 1865
Georg v.d.Vring * 1889
Paul Bowles * 1910
Douglas Coupland * 1961
Lukas Bärfuss * 1971
Geburtstag
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Unser Buchtipp:

Andrea Wulff: „Fabelhafte Rebellen“
Die frühen Romantiker und die Erfindung des Ich
Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn
C.Bertelsmann Verlag € 30,00

Wir leiden im Moment ja sehr unter einer Ich-bezogenen Gesellschaft. Ich ich ich, in Verbindung mit einer Selbstoptimierung, steht im Mittelpunkt. Nichtmehr das Wissen der Anderen, der Fachleute zählt, sondern das eigene Ich steht im Mittelpunkt und entscheidet. Durch soziale Medien kann das ganz schön Fahrt aufnehmen.
Aber woher kommt unser Denken und Handeln um das eigene Ich?
Und warum ist das so wichtig?
Ende der 1790er Jahre gibt es in Jena eine Gruppe von Denkern und Dichtern, die das Ich in ihr Arbeiten aufnehmen. Goethe, Schiller, Novalis, Fichte, Schelling, Hegel, die Schlegel-Brüder und natürlich Alexander von Humboldt (über den Andrea Wulff ihren Bestseller geschrieben hat) und natürlich Caroline Schlegel, zählen dazu.
Andrea Wulff schreibt aber nicht nur über diesen Zirkel, sondern erklärt auch, warum wir bis heute zwischen den Gefahren der starken Ichbezogenheit und den aufregenden Möglichkeiten des freien Willens schwanken. Denn die Entscheidung zwischen persönlicher Erfüllung und zerstörerischem Egoismus, zwischen den Rechten des Einzelnen und unserer Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft und künftigen Generationen ist heute so schwierig wie damals.

Leseprobe

Donnerstag

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„Its a new dawn, its a new day, its a new life for me
And I’m feelin good“, singt Nina Simone und ich wünsche Ihnen mit diesen Zeilen einen guten Start ins neue Jahr.
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Heute haben
Ernst Barlach * 1870
und Ulrich Becher * 1910
Geburtstag
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Take This Waltz
Regie: Sarah Polley
DVD € 15,99

O Mann, was für ein starker Film, obwohl er mit vielen Brüchen arbeitet und die verschiedensten Bildmittel benutzt und zwischen den Zeiten hüpft und mich immer wieder stolpern lässt, war es ein wirklicher Filmgenuss.
Margo und Lou sind seit fünf Jahren verheiratet leben in Toronto in einem schnuckeligen Viertel in kleinen bunten Holzhäuschen mit einer Veranda vorne dran. Es ist Hochsommer. Immer. Den ganzen Film durch, obwohl er sich über einige Monate hinzieht. Die Ventilatoren schnurren und Margo hat immer eine Schweissschicht auf dem Gesicht.
Die beiden liegen im Bett und sagen sich auf die verschiedensten Arten (sehr skurill), dass sie sich lieben, aber irgendwie hat man da schon das Gefühl, dass es sich vielleicht nur um Worthülsen handeln könnte, obwohl zwischen ihnen ein sehr große Nähe besteht. Sie schreibt für Zeitungen, er will sein erstes Kochbuch veröffentlichen (nur Hühnerrezepte). Er ist typisch Mann, will nicht viel reden und hält alles für in Ordnung, so wie es ist. Margo jedoch hat einen melancholischen Einschlag und hinterfragt sehr viel, hauptsächlich, ob das alles ist. Hat Lou festen Boden unter den Füßen, so springt Margo von hier nach dort, also ob sie über Löcher hüpfen möchte. Lou hat eine Schwester mit Mann und Kind, die seit einem Jahr trocken ist und deshalb eine große Fete feiert. Sie ist Margos beste Freundin und sie tauschen sich oft aus. Aber sie steht ja auch nicht ganz sicher mit beiden Beinen im Alltag. In diese Situation trifft Margo einen jungen Mann im Flugzeug. Ein Gegenbeispeiel zu Lou. Daniel ist smart, schlank, wortgewandt und in der Flugzeugszene auch das Gegenteil zu Margo, die mehr als verunsichert ist, so dass wir Zuschauer, wirklich nicht wissen, woran wir mit ihr sind. Als sich herausstellt, das sie auch noch direkte Nachbarn sind, ahnt man schon, wo das passieren könnte. Zuerst ist Funkstille, aber der Hochsommer spiegelt halt auch die Gefühlswelt wieder und so kommen sie sich näher, treffen sich am Strand, in einer Bar (herrliche Szene mit einem verbalen Geschlechtsakt) und Margo, die schon lange in Daniel verknallt ist und immer wieder die Notbremse gezogen hat, kann nicht mehr anders. Als sie Lou dies mitteilt, bricht für beide eine Welt zusammen, wobei es für Margo schnell bergauf geht, da sie mit Daniel zusammenzieht und das Leben in den schillerndsten Farben neu zu ihr kommt.“Take This Waltz“ singt hier Leonard Cohen, während sie ihn auch geimensam tanzen. Aber auch das schönste Paradies nützt sich ab.
Eine Liebesgeschichte zwischen einer Frau und zwei Männern, wie ich sie noch nie gesehen haben. Eigentlich haben sie alles, was sie brauchen und es passiert etwas, das nicht berechenbar ist.
Dank der Finanzkrise in den USA wurde diese Schauspieler frei und Sarah Polley konnte sie für ihren kanadischen Indepentfilm gewinnen. Sehr gut. Ein Glück für uns Zuschauer. Und: ich habe mich auch verliebt … in diesen Film.

Trailer deutsch

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=AZv5ikGqSnw]

Trailer englisch

http://www.youtube.com/watch?v=xUQTNY5yaVk