Donnerstag, 27.Oktober

Heute haben
Rudolf Leonhard * 1889
Dylan Thomas * 1916
Kasimierz Brandys * 1916
Sylvia Plath * 1932
Gerd Brandenberg * 1941
Zadie Smith * 1975
Geburtstag
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Eduard Mörike
Früh im Wagen

Es graut vom Morgenreif
In Dämmerung das Feld,
Da schon ein blasser Streif
Den fernen Ost erhellt;

Man sieht im Lichte bald
Den Morgenstern vergehn,
Und doch am Fichtenwald
Den vollen Mond noch stehn:

So ist mein scheuer Blick,
Den schon die Ferne drängt,
Noch in das Schmerzensglück
Der Abendnacht versenkt.

Dein blaues Auge steht,
Ein dunkler See vor mir,
Dein Kuss, dein Hauch umweht,
Dein Flüstern mich noch hier.

An deinem Hals begräbt
Sich weinend mein Gesicht,
Und Purpurschwärze webt
Mir vor dem Auge dicht.

Die Sonne kommt; – sie scheucht
den Traum hinweg im Nu,
Und von den Bergen streicht
Ein Schauer auf mich zu.
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Ab heute im Buchhandel:


Das Klima-Buch von Greta Thunberg
Übersetzt von Michael Bischoff, Ulrike Bischoff
S.Fischer Verlag € 36,00

Greta Thunberg hat ihr Klima-Buch in Zusammenarbeit mit über hundert Wissenschaftler:innen aus Geophysik, Mathematik, Ozeanographie, Meteorologie, Ökonomie, Psychologie und Philosophie zusammengestellt. Außerdem erzählt sie von ihren eigenen Erfahrungen, die sie sammeln konnte. Davon, wie sie das weltweit praktizierte Greenwashing aufgedeckt und somit gezeigt hat, wie sehr wir alle hinters Licht geführt wurden.
Was Greta Thunberg über Lügen und Greenwashing der Regierungen schreibt, können Sie im FREITAG diese Woche auf zwei Seiten nachlesen.

Auf über 500 Seiten durchgehend vierfarbig, mit zahlreichen Fotos, Schaubildern und Graphiken. 

Leseprobe

Donnerstag, 7.April

Heute haben
William Wordsworth * 1770
Victoria Ocampo * 1890
Johannes Mario Simmel * 1924
Cora Stephan / Anne Chaplet * 1951
Geburtstag
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Eduard Mörike
Zitronenfalter im April

Grausame Frühlingssonne,
Du weckst mich vor der Zeit,
Dem nur in Maienwonne
Die zarte Kost gedeiht!
Ist nicht ein liebes Mädchen hier,
Das auf der Rosenlippe mir
Ein Tröpfchen Honig beut,
So muss ich jämmerlich vergehn
Und wird der Mai mich nimmer sehn
In meinem gelben Kleid.
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Unsere aktuellen Schaufenster auf einen Blick:

Tiermenschen und große Vögel

Die Kunstprofilklasse 5c des Kepler Gymnasiums Ulm zeigt im Kinderbuchschaufenster der Buchhandlung Tonplastiken und großformatige Zeichnungen, die zeigen, mit welchem Tier sich die jeweilige Schülerin/ der jeweilige Schüler am meisten verbunden fühlt sowie die Lieblingsvögel der Klasse.

Viel Freude beim Betrachten und Überlegen, welches Tier man denn selbst in sich sieht.
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Große Streichholzschachteln, gestaltet von Christel Müller und Claudia Wiltschek, waren als normale Ausstellung geplant. Der Krieg in der Ukraine hat zu einer neuen Sichtweise auf die kleinen Kunstwerke geführt und der Erlös geht komplett an die Ukrainehilfe.

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„Manchmal male ich ein Haus für uns“
Europas vergessene Kinder
Alea Horst: Text und Fotos
Mehrdad Zaeri: llustrationen
Klett Kinderbuch Verlag € 16,00

Ein berührender Fotobildband über Kinder im Lager Kara Tepe auf Lesbos.
Ebo Leichtle hat für die Ausstellung bei uns einen Linolschnitt in einer Auflage von 16 Stück für uns gefertigt und es gibt drei Bilder von Enkelin Alma. Diese können gegen eine Spende gekauft werden.

https://jastramkultur.blog/2022/02/15/dienstag-15-februar/

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Wir haben eine kleine Auswahl an Kinderbücher in ukrainischer Sprache.

Freitag, 4.Juni

Heute haben
Karl Valentin * 1882
Val McDermid * 1955
Marie NDiaye * 1967
Geburtstag
und es ist der Todestag von Eduard Mörike (+ 1875)
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Eduard Mörike
Auf einer Wanderung

In ein freundliches Städtchen tret ich ein,
In den Strassen liegt roter Abendschein.
Aus einem offnen Fenster eben,
über den reichsten Blumenflor
Hinweg, hört man Goldglockentöne schweben,
Und eine Stimme scheint ein Nachtigallenchor,
Dass die Blüten beben,
Dass die Lüfte leben,
Dass in höherem Rot die Rosen leuchten vor.
Lang hielt ich staunend, lustbeklommen.
Wie ich hinaus vors Tor gekommen,
Ich weiß es wahrlich selber nicht.
Ach hier, wie liegt die Welt so licht!
Der Himmel wogt in purpurnem Gewühle,
Rückwärts die Stadt in goldnem Rauch;
Wie rauscht der Erlenbach, wie rauscht im Grund die Mühle!
Ich bin wie trunken, irrgeführt –
O Muse, du hast mein Herz berührt
Mit einem Liebeshauch!
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Gestern bin ich zwar nicht gewandert, aber den ganzen Tag geradelt.
Dieser 7Kapellen-Weg im Landkreis Dillingen ist ein kleines Wunder.
Fünf der sieben Kapellen habe ich besucht und war von allen fasziniert und habe die kurzweilige Ruhe im Inneren genossen.
Auf der Bilderfolge bekommen Sie einen kleinen Eindruck von der Architektur und den schönen Flecken, die für die Kapellen herausgesucht worden sind.
Normalerweise fahren wir in die Ferne, damit wir so etwas besuchen können und dieses Projekt steht wirklich vor der Haustüre.
Auf der Internetseite des 7Kapellen-Weges finden Sie viele Informationen und in den Kapellen liegen Broschüren aus, die auch als Radlkarte benutzt werden können.

Montag, 6.April

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Heute haben
William Wordsworth * 1770
Victoria Ocampo * 1890
Johannes Mario Simmel * 1924
Cora Stephan / Anne Chaplet * 1951
Geburtstag
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Und gestern flog einer an uns vorbei:

Eduard Mörike
Zitronenfalter im April

Grausame Frühlingssonne,
Du weckst mich vor der Zeit,
Dem nur in Maienwonne
Die zarte Kost gedeiht!

Ist nicht ein liebes Mädchen hier,
Das auf der Rosenlippe mir
Ein Tröpfchen Honig beut,
So muss ich jämmerlich vergehn
Und wird der Mai mich nimmer sehn
In meinem gelben Kleid.
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Hier finden Sie eine Auswahl an Osterbücher für die Kleinen.
Unser Tisch ist bunt und voll damit, aber niemand schaut drauf.
Deshalb diese Variante.

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Freitag,6.März

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Heute haben
Cyrano de Bergerac * 1619
Elizabeth Barrett Browning * 1806
Stanislaw Jerzy Lec * 1909
Will Eisner * 1917
Gabriel Garcia Marquez * 1927
Günter Kunert * 1929
Geburtstag
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Mörike Eduard
Zur Warnung

Einmal nach einer lustigen Nacht
War ich am Morgen seltsam aufgewacht:
Durst, Wasserscheu, ungleich Geblüt;
Dabei gerührt und weichlich im Gemüt,
Beinah poetisch, ja, ich bat die Muse um ein Lied.
Sie, mit verstelltem Pathos, spottet‘ mein,
Gab mir den schnöden Bafel ein:
„Es schlagt eine Nachtigall
am Wasserfall;
und ein Vogel ebenfalls,
der schreibt sich Wendehals,
Johann Jakob Wendehals;
der tut tanzen
bei den Pflanzen
obbemeld’ten Wasserfalls.“
So ging es fort; mir wurde immer bänger.
Jetzt sprang ich auf: zum Wein!
Der war denn auch mein Retter.
Merkt’s euch, ihr tränenreichen Sänger,
Im Katzenjammer ruft man keine Götter!
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Heinz Janisch und Helga Bansch (Illustrationen): „Angsthaben“
Jungbrunnen Verlag € 15,00
Bilderbuch ab 4 Jahren

Es reicht! Schon immer werden Tiere herangezogen, um negative Eigenschaften von Menschen zu beschreiben. Fauler Hund, störrischer Esel, heimtückisch wie ein Fuchs, alte Schnattergans. Aber jetzt soll Schluss sein damit. Das meinen zumindest die Vertreter auf der Vollversammlung im Internationalen Hauptquartier der Hasen. Angsthase wollen sie nicht mehr genannt werden. Das beruht nämlich auf einer völlig falschen Einschätzung der außergewöhnlichen Fähigkeiten von Hasen: Hasen sind geschickt, sensibel und gewitzt. Und schnell sind sie nicht aus Angst, sondern weil sie klug und mutig sind. Sie haben einfach Hasensuperpower! Und deshalb sollen Kinder mit solchen Fähigkeiten ab sofort Muthase genannt werden. Logisch, oder?
Ein Mutmachbilderbuch mit aussergewöhnlichen Illustrationen.
Ein Bilderbuch, das Spaß beim Vorlesen, Betrachten und zum Darübersprechen macht. Und das nicht nur zu Ostern, weil es da so viele Hasen gibt.
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Heute Abend ab 19 Uhr in der vh Ulm, Club Orange:
Ein Vortrag über den Klimawandel, die Klimakatastrophe.
Organisiert und gehalten von Extinction Rebellion Ulm.
Dauer ca. zwei Stunden mit anschließender Diskussion.
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Donnerstag, 10.Oktober

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Heute haben
Ivo Andric * 1892
Mercé Rodoreda * 1908
Claude Simon * 1913
James Clavell * 1925
Harold Pinter * 1930
Jonathan Littell * 1967
Geburtstag
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Auf dem Lyrikkalender gefunden:

Eduard Mörike
Falsche Manier

Ach, ich merkte, Feund, du möchtest
Gern pikant dein süß Gedicht:
Aber in der Pfeffermühle
Mahlt man keinen Zucker nicht.
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Maria Dek: „Wenn ich einmal groß bin“
Das Zahlenbuch der großen Träume
Aus dem Französischen von Theresa Scholz
Knesebeck Verlag € 13,00
Bilderbuch ab vier Jahren

Ein Junge träumt sich in die Zukunft, denn dort wird er nämlich ein Riese sein, ein Rad mit zwei Hupen und sooo große Schuhe hat, dass er drei Schleifen braucht. Er verputzt dann mal eben fünf Kugeln Eis, hat sieben Berufe (für jeden Tag einen), kann über neun Pfützen springen und wohnt in einem Baumhaus mit 13 Fenstern mit 15 Bären und 18 Spinnen. Und und und bis er endlich um 25 Uhr ins Bett geht und am nächsten Tag noch größer aufwacht.
Maria Deks Bilderbuch lädt ein zum Zählenlernen und zeigt, was so eine Kleiner gerne sein würde. Groß und stark und dann nochmals größer. Ein Buch das sich gut zum Weitererzählen eignet und mit dem man sehr gut gemeinsam auf eine Phantasiereise gehen kann. Dazu passen auch die naiv gehaltenen Illustrationen, bei denen sich die Kleinen sicherlich wohl fühlen.

Unbedingt das Video anschauen, in dem das Bilderbuch in animierter Form (auf Französisch) wiedergegeben wird.

Dienstag, 30.April

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Heute haben
Fritz von Herzmanovsky-Orlando * 1877
Jaroslav Hasek * 1883
Luise Rinser * 1911
Ulla Hahn * 1946
Geburtstag
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Eduard Mörike
Zitronenfalter im April

Grausame Frühlingssonne,
Du weckst mich vor der Zeit,
Dem nur in Maienwonne
Die zarte Kost gedeiht!
Ist nicht ein liebes Mädchen hier,
Das auf der Rosenlippe mir
Ein Tröpfchen Honig beut,
So muss ich jämmerlich vergehn
Und wird der Mai mich nimmer sehn
In meinem gelben Kleid.
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Unser Filmtipp:

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„her“
Regie: Spike Jonze
Darsteller: Joaquin Phoenix, Amy Adams, Rooney Mara
und der Stimme von Scarlett Johansson
DVD ab 12 Jahren € 9,99

2014 Ausgezeichnet mit einem Oscar für das beste Drehbuch.

Vor Monaten hat mir jemand im Laden diese DVD ausgeliehen. Die müsse ich unbedingt anschauen. Manchmal dauert es einfach. Jetzt habe ich den Film gesehen, weiß aber nicht mehr, von wem die DVD ist. Wenn die Person diesen Blog liest und sich an ihre fehlende DVD erinnert, bitte melden!!!
Joaquin Phoenix spielt den einsamen Theodore, der kurz vor seiner Scheidung steht, die Zeit mit seiner Frau aber nicht missen möchte. Er verfasst rührende persönliche Briefe für andere Menschen und erhält dafür überall Lob. Der Film spielt in einer Megastadt in naher Zukunft und so werden die Texte, die er in seine Rechner digtiert gleich in der Handschrift des vermeintlichen Verfassers/Verfasserin ausgedruckt und verschickt. Aber sein Herz ist gebrochen und er kann sich auf keine andere Beziehung, sei es auch nur pür eine Nacht, einlassen.
Als ihm ein neues Operating System (OS) zugespielt wird, ist er dafür umso aufgeschlossener. Dieses OS ist eine Computerstimme (gesprochen von Scarlett Johansson), die sich Samantha nennt. Das System ist freundlich, aufgeschlossen, sensibel und voller Humor. Die Bedürfnisse der beiden ergänzen sich, entwickeln sich. Ihre Freundschaft wird immer enger, bis sie sich in einander verlieben.
Jetzt können Sie natürlich sagen: „So ein Schmachtfetzen!“
Das Drehbuch und der Regisseur geben sich damit jedoch nicht zufrieden.
Allein die Tatsache dass ein Hollywoodfilm eine Computerstimme als zweite Hauptperson hat, die wir natürlich nie zu Gesicht bekommen, dafür aber umso länger den melancholischen Theodore, ist schon bemerkenswert.
So bleibt also die Spannung: Wie kann das Ding zu Ende gehen?

Mittwoch, 6.März

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Heute haben
Cyrano de Bergerac * 1619
Elizabeth Barrett Browning * 1806
Stanislaw Jerzy Lec * 1909
Gabriel Garcia Marquez * 1927
Günter Kunert * 1929
Geburtstag
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Mörike Eduard
Zur Warnung

Einmal nach einer lustigen Nacht
War ich am Morgen seltsam aufgewacht:
Durst, Wasserscheu, ungleich Geblüt;
Dabei gerührt und weichlich im Gemüt,
Beinah poetisch, ja, ich bat die Muse um ein Lied.
Sie, mit verstelltem Pathos, spottet‘ mein,
Gab mir den schnöden Bafel ein:
„Es schlagt eine Nachtigall
am Wasserfall;
und ein Vogel ebenfalls,
der schreibt sich Wendehals,
Johann Jakob Wendehals;
der tut tanzen
bei den Pflanzen
obbemeld’ten Wasserfalls.“
So ging es fort; mir wurde immer bänger.
Jetzt sprang ich auf: zum Wein!
Der war denn auch mein Retter.
Merkt’s euch, ihr tränenreichen Sänger,
Im Katzenjammer ruft man keine Götter!
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Claudia Wiltschek empfiehlt:

9783608962642

Elisabeth R. Hager: „Fünf Tage im Mai“
Klett-Cotta Verlag  € 20,00

„Weiß in allen Schattierungen standen wir vor der gelben Kirchenrakete.Zwei Dutzend Friedenstauben, zum Abflug bereit, bange Blicke in die Menschenmenge werfend, in der unsere Eltern eben erst verschwunden waren. Hier und da zupfte noch eine angespannte Mutter an einem Kleidchen oder rammte eine Haarnadel in die Sturmfrisur ihrer Tochter. Wir waren in dünne Jäckchen gehüllt, trugen Wollstrumpfhosen unter Spitzenkleidern. Es war Mai, aber wissen tut man schließlich nie. Die Buben in ihren dunklen Anzügen standen abseits. Die Sonne wärmte mir den Rücken, doch meine Füße in den Lackschuhen blieben eiskalt.“
So beginnt die Geschichte von Illy, aufgeweckt und neugierig, am Tag ihrer Kommunion. Illy steht ihrem Grossvater , dem ältesten Bürger des Dorfes sehr nahe und sie verbringen viele Nachmittage in dessen Werkstatt zusammen.
Korbian, von Illy Tat’ka, Väterchen genannt, beherrscht noch die Kunst des Fassbindens und ist ein gefragter Mann in diesem aussterbenden Handwerk.
Wir begleiten Illy 20 Jahre an fünf Tagen im Mai und rauschen mit ihr durch Kindheit, Pubertät, Verliebtheit, Erwachsenwerden, Verlust, Abschiednehmen und Wiederkommen.
Eine warmherzige Geschichte, unaufgeregt und doch spannend, die ich sehr gerne gelesen habe.

Leseprobe

Dienstag, 17.Juli

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Heute haben
Samuel Agnoin * 1888 (Nobelpreis 1966)
Christiane Rochfort * 1917
Raiuner Kirsch * 1934
Geburtstag
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Heute auf dem Gedichtekalender:

Eduard Mörike
Lied vom Winde

Sausewind, Brausewind!
Dort und hier!
Deine Heimat sage mir!

„Kindlein, wir fahren
Seit viel vielen Jahren
Durch die weit weite Welt,
Und möchten’s erfragen,
Die Antwort erjagen,
Bei den Bergen, den Meeren,
Bei des Himmels klingenden Heeren,
Die wissen es nie.
Bist du klüger als sie,
Magst du es sagen.
– Fort, wohlauf!
Halt uns nicht auf!
Kommen andre nach, unsre Brüder,
Da frag wieder.“

Halt an! Gemach,
Eine kleine Frist!
Sagt, wo der Liebe Heimat ist,
Ihr Anfang, ihr Ende?

„Wer’s nennen könnte!
Schelmisches Kind,
Lieb ist wie Wind,
Rasch und lebendig,
Ruhet nie,
Ewig ist sie,
Aber nicht immer beständig.
– Fort! Wohlauf! auf!
Halt uns nicht auf!
Fort über Stoppel, und Wälder, und Wiesen!
Wenn ich dein Schätzchen seh,
Will ich es grüßen.
Kindlein, ade!«
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Antje Wagner:Hyde
Beltz & Gelberg Verlag  € 17,95
Jugendbuch ab 15 Jahren

Ein Jugendbuch, das von der ersten Seite fasziniert. Spannend, undurchsichtig, mystisch, starke Mädchencharaktere und eine Geschichte, die sich nicht geradlinig nacherzählen lässt. Was ist „Hyde“? Was hat es mit Katrina Verletzung auf sich? Ist das alles nur ein Traum, oder eine sehr bittere Vergangenheit, bei der noch alle Wunden offen sind? Seite für Seite entdecken wir mehr aus dem Leben der jungen Katrina, die auf der Walz ist und gleichzeitig auf einem Rachefeldzug. Was für einen, das erfahren wir Stück für Stück. Das Buch ist voller Geheimnisse, denen die junge Frau so ganz langsam auf die Schliche kommt.
Antje Wagner hat ein weiteres starkes Jugendbuch verfasst und nimmt uns mit auf eine
Reise, von der wir nicht wissen, in welche Richtung sie gehen wird. Vieles von dem, was wir beim Lesen vermuten, löst sich in einer anderen Art auf. Aus Gut wird Böse und umgekehrt. Ein Roman, übers Erwachsenwerden, über die Suche nach einem eigenen Weg, mag er noch so schwer sein. Auf wen kann ich mich verlassen und ist es nicht besser, tradierte Wahrheit zu hinterfragen?
Sie merken schon, ich mag nichts über den Inhalt erzählen. Ja. Das stimmt. Lassen Sie sich überraschen und nehmen Sie sich nichts anderes vor, denn Sie werden von dieser Lektüre nicht wegkommen.

Antje Wagner, geboren 1974, studierte deutsche und amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften und lebt in Hildesheim. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nahm sie 2012 in den Kanon der 20 besten deutschsprachigen Schriftsteller unter 40 Jahren auf. Bislang erschienen u.a. ihre Romane »Unland« (ver.di Literaturpreis 2010, Prädikat »Beste 7 Bücher für junge Leser« (DeutschlandRadio/Focus)), »Schattengesicht« und »Vakuum« (u.a. ausgezeichnet mit dem Leipziger Lesekompass 2013).
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Dienstag, den 24.Juli ab 19 Uhr
Jastram, die letzte Buchhandlung vor den Sommerferien
Lassen Sie sich von unseren Buchtipps für Ihren Urlaub inspirieren.
Es liest Marion Weidenfeld.

Freitag, 8.September

Heute haben
Eduard Mörike * 1804
Frédéric Mistral * 1830
Alfred Jarry * 1873
Michael Frayn * 1933
Helga Novak * 1935
Matt Ruff * 1965
Geburtstag.
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Eduard Mörike
An den Schlaf

Schlaf! süßer Schlaf! obwohl dem Tod wie du nichts gleicht,
Auf diesem Lager doch willkommen heiß ich dich!
Denn ohne Leben so, wie lieblich lebt es sich!
So weit vom Sterben, ach, wie stirbt es sich so leicht!
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Gion Capeder: „Superman
Edition Moderne € 28,00

In seiner neuen Arbeit bleibt sich der Schweizer Zeichner und Autor in seiner Art gleich. Klare Zeichnungen mit reduzierten Farben und wenig Personal. Manchmal erinnert es an ein Drehbuch für einen Film, hat Anklänge an eine sehr intensive Erzählung, oder wäre bestens geeignet für einen dicken Roman, in dem dieses Psychodrama detailliert ausgearbeitet wird. Hier kommt er mit wenigen Worten aus und denken uns das, was Chris bewegt.

Bei Chris scheint beruflich und familiär alles in bester Ordnung. Er wird von seinen Freunden geschätzt, im Geschäft wird er befördert, seine Frau liebt ihn und er kümmert sich rührend um seine kleine Tochter. Doch hinter der gutbürgerlichen Fassade herrscht das Chaos. Chris verliert die Kontrolle über seine Sex- und Gewalteskapaden, der Superman entpuppt sich als wandelnde Zeitbombe.

Dies schreibt der Verlag und wir blättern eifrig durch diese Graphic Novel, weil wir wissen wollen, wie diese Geschichte zu Ende geht. Chris ist sich seiner Situation bewusst, aber er schafft es nicht, sich selbst aus dem Strudel zu retten. Er muss funktionieren, so meint er. Er muss den Superman spielen, sonst fällt er durch das Getriebe, sagt er seiner Frau. Gleichzeit merkt er, dass ihm alles zu viel wird, dass er sich immer weiter verstrickt und keinen Horizont für sich mehr sieht.

Diese Situation fängt Gion Capeder perfekt ein und zeigt, wie ein Mensch offensichtlich grundlos allmählich ausser Kontrolle geraten kann. So lassen sich vielleicht Meldungen in den Zeitungen besser verstehen, wenn wir über unverständliche Gewalttaten lesen.