Freitag, 13.Januar


Heute haben
Amanda Cross * 1926
Savyon Liebrecht * 1948
Jay Mc Inerney * 1955
Daniel Kehlmann * 1975
Geburtstag
und es ist der Todestag von James Joyce.
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Joseph von Eichendorff
Mondnacht

Es war, als hätt‘ der Himmel
die Erde still geküsst,
dass sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müsst‘.

Die Luft ging durch die Felder,
die Ähren wogen sacht,
es rauschten leis die Wälder,
so sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.
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Gerade ausgepackt:


David Graeber: „Piraten
Auf der Suche nach der wahren Freiheit
Aus dem Amerikanischen von Werner Roller
Klett Cotta Verlag € 24,00

Von Piraten lernen? Geht das?
David Graeber geht den Geschichten über Piraten nach und entdeckt für uns deren revolutionären Ideen für eine neue Weltgemeinschaft. Nicht Europa steht im Mittelpunkt dieser Gedanken, sondern an den Rändern der Welt werden umwälzende Gedanken entwickelt, gelebt und weitergegeben. In einer Mischung aus historischen Fakten und literarischer Phantasie nimmt er uns mit in die Karbiki, nach Madagaskar und in den Orient. Hinein in Seeschlachten, Aufständen, Mythen, Magie und Lügen.
Vielleicht wären diese „verbrecherischen“ Wege interessanter in unserer ver-rückten Welt, als das, was uns die Politik bietet.
Leseprobe
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Gestern auf tagesschau.de

Rekordmenge an Treibhausgasen
2022 war eines der weltweit wärmsten Jahre

Das vergangene Jahr war weltweit das fünft- oder sechstwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen vor 172 Jahren. Laut der Weltwetterorganisation wird sich der Trend zu wärmeren Temperaturen fortsetzen. Auch die Folgen würden immer deutlicher.
2022 reiht sich in die Liste der acht wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen 1850 ein. Wie die Weltwetteroganisation (WMO) mitteilte, dürfte es das fünft- oder sechstwärmste Jahr gewesen sein.
Die WMO wertete sechs Datensätze für die Berechnung aus. In einigen landete das vergangene Jahr auf dem fünften, in anderen auf dem sechsten Platz. Eine genaue Rangordnung sei auch deshalb schwierig, weil die Unterschiede zwischen einzelnen Jahren oft sehr gering seien, teilte die Organisation mit.
Die globale Durchschnittstemperatur lag vergangenes Jahr rund 1,15 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Das wärmste Jahr war mit plus 1,3 Grad demnach bislang 2016, gefolgt von 2019 und 2020.

Den kompletten Artikel finden Sie hier.


Dienstag, 25.Oktober

Heute haben
Pablo Picasso * 1884
Peter Rühmkorf * 1929
Harold Brodkey * 1930
Anne Tyler * 1941
Leif Davidsen * 1950
Jakob Hein * 1971
Geburtstag
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Hoffmann von Fallersleben
Äpfellese

Das ist ein reicher Segen
In Gärten und an Wegen!
Die Bäume brechen fast.
Wie voll doch Alles hanget!
Wie lieblich schwebt und pranget
Der Äpfel goldne Last!

Jetzt auf den Baum gestiegen!
Lasst uns die Zweige biegen,
Dass jedes pflücken kann!
Wie hoch die Äpfel hangen,
Wir holen sie mit Stangen
Und Haken all‘ heran.

Und ist das Werk vollendet,
So wird auch uns gespendet
Ein Lohn für unsern Fleiß.
Dann zieh’n wir fort und bringen
Die Äpfel heim und singen
Dem Herbste Lob und Preis.
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Unser Buchtipp


Elisabeth R.Hager: „Der tanzende Berg
Klett-Cotta Verlag € 22,00

Vor ein paar Jahren war Elisabeth Hager mit einem Roman auf der Liste zum Deutschen Buchpreis und wir bekamen eine Lesung mit ihr zugelost. Ich kann mich an einen herrlichen, lustigen, hintergründigen Abend erinnern, mit einer sehr sympathischen Autorin.
Jetzt also ihr dritter Roman, der auch wieder in Tirol spielt, dort wo Frau Hager auch geboren ist und teilweise noch lebt.
Diese Mal geht es um zwei Frauen, die von der Dorfgemeinschaft nicht aktzeptiert werden. Marie, die Hauptperson, kehrt nach einigen Jahren aus Wien zurück, übernimmt die Arbeit ihres verstorbenen Onkels und stopft Tiere aus („Sag ja nie ausstopfen“). Leider kann sie davon nicht leben, da die Männer in der Gegend so eine Arbeit nicht von einer Frau akzepieren. Somit lebt Marie von selbstausgedachten Wolderdinger, die sie an Touristen verkauft. Butz, die zweite Frau, ist groß, dick und somit per se schon eine Aussenseiterin in dieser männerdominierten Bergwelt. Und es gibt noch Youni, der als Kind als Geflüchteter aus dem Ex-Jugoslawien, ins Dorf kam. Er konnte nie Fuß fassen, wurde zum Geliebten von Marie, stürzt aber ins Drogenmillieu ab, als sie in Wien lebte.
Der ganze Roman spielt an einem Tag, an dem der reiche Hotelbesitzer seiner Tochter zum Geburtstag, ihr gerade verstorbenes Hündchen originalgetreu präpariert präsentieren möchte.
Marie hat nur ein paar Stunden für ihre Arbeit. Während dieser Zeit kommen all die Erinnerungen wieder hoch, die für sie so prägend waren in diese Männerwelt, die alles bestimmt und hat ein explosives Ende, das sich die beiden Frauen in ihrer Phantasie so oft gewünscht haben.
In einer luftig leichten Sprache, mit vielen skurilen Einschüben geht es um Individualität und Einzigartigkeit, um das Gemeinsame von Natur und Kultur, um Leben, Tod und um das Konservieren von Erinnerungen.
Eine tolle Lektüre.


Dienstag, 11.Oktober


Heute haben
Conrad Ferdinand Meyer * 1825
Gertrud von le Fort * 1876
Francois Mauriac * 1885 (Nobelpreis 1952)
Boris Pilnjak * 1894
Hans Schiebelhuth * 1895
Christoph Peters * 1966


Hans Schiebelhuth

Da durch die Nacht der Duft von Rotdorn rief
Warst du vom Mond umworben und umwoben
Daß ich anfing dich wie im Traum zu loben
Die süß ermattet mir zur Seite schlief.

Und über allen Sternen war ein Toben
Und so viel Lust die uns im Blute lief
Daß ganz ich hinrann. Taumellos und tief
Vor mir erniedrigt doch zu dir erhoben.

So bin ich mit dem Augenblick vermischt
Mich auszuschütten statt mich auszuschwingen
Statt gen Flut dich tragend wie Gischt

Am Fels der Fügung brandend zu zerspringen.
Gefahr! Gefahr! Statt stete Luft zu bringen
Sternfunke nur zu sein der schnell auslischt.
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Florian Werner: „Der Stuttgart-Komplex
Streifzüge durch die deutsche Gegenwart
Klett-Cotta Verlag € 20,00

Wutbürger und ökologische Transformation, Querdenker und Willkommenskultur. So wie Athen der Inbegriff der antiken Demokratie war und Manchester die Schlüsselmetropole des modernen Industriekapitalismus, ist Stuttgart jene Stadt, die emblematisch für Deutschland am Beginn des dritten Jahrtausends steht. Der Regierungssitz mag sich noch in Berlin befinden: Wir leben schon längst in der Stuttgarter Republik.
Das ist natürlich eine steile Behauptung, aber Florian Werner geht diesen obengenannten Themen nach, dröselt sie auf und legt die Fakten sehr humorvoll auf den Tisch.
Wussten Sie dass Clara Zetkin in Stuttgart gewohnt hat, die ersten Frauentag-Demos in Stuttgart stattgefunden haben und dass Herr Zetkin einer der ersten war, der einen Mercedes besaß und mit seiner Clara damit spazierenfuhr? Ach übrigen: Rosa Luxemburg kam immer wieder mal zum Blumengießen vorbei.
Hier ist fast jeder Fünfte in der Automobilindustrie beschäftigt, die Region ist von den bevorstehenden Transformationen der Arbeitswelt daher besonders betroffen. Aber auch der tiefergelegte Hauptbahnhof erschüttert nicht nur die Erde, sondern auch die Bevölkerung. Dass die ersten großen Protestveranstaltungen im Zuge der Corona-Pandemie gerade in Stuttgart stattfanden, mag man gerne verdrängen, aber Florian Werner klärt uns auf, warum gerade hier. Und was ist mit Kretschmann? Einer Grüner, oder doch nicht?
Waldorfschulen und die Anthroposophie gingen von Stuttgart aus.
Übrigens hat dieser Stuttgarter Kessel mehrere besonderen Eigenschaften. Trennt er doch Reiche, die oben wohnen, und Arme, die unten am Feinstaub leiden. Aber das ist noch nicht alles. Kennen Sie den Nesenbach? Nein, den kennt fast niemand mehr. Er hat den Kessel vor vielen vielen Jahren geformt und die Stuttgarter haben ihn komplett überbaut, so dass wir ihn nur noch mit dem Ohr auf den Kanaldeckel hören und mit der Nase riechen können.

Ein wunderbares, sehr informatives, lustiges Buch über Stuttgart, die Schwaben, die ganze Republik, über Politik, mit vielen Geschichten, gespickt mit philosophischen Zitaten.
Ein großer Spaß.
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Am kommenden Donnerstag erzählt Rudi Deuble (seit vielen Jahren Herausgeber der Werke von Peter Kurzeck) über den Autor und liest aus dessen neuem Buch.

Bei uns in der Buchhandlung
Beginn 19 Uhr
Eintritt: € 8,00

Hier gibt es ein paar Links u.a. zu Besprechnungen zum Buch und einem Dossier zu Peter Kurzeck:

Dossier

Frankfurter Rundschau: Die Gespenster, die der Krieg hinterlässt

Die Zeit: Unter der Hand herausgewachsen

NDR: „Und wo mein Haus?“: Ein nuer Roman vom Meister der Erinnerung

Donnerstag, 17.März

Heute haben
Karl Gutzkow * 1811
Siegfried Lenz * 1926
Hans Wollschläger * 1935
Geburtstag
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August Stramm (1874-1915)
Vorfrühling

Pralle Wolken jagen sich in Pfützen
Aus frischen Leibesbrüchen schreien Halme Ströme
Die Schatten stehn erschöpft.
Auf kreischt die Luft
Im Kreisen, weht und heult und wälzt sich
Und Risse schlitzen jählings sich
und narben
Am grauen Leib.
Das Schweigen tappet schwer herab
Und lastet!
Da rollt das Licht sich auf
Jäh gelb und springt
Und Flecken spritzen –
Verbleicht
Und
Pralle Wolken tummeln sich in Pfützen.
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Unser Buchtipp:


Bernadine Evaristo: „Manifesto
Warum ich niemals aufgebe

Aus dem Englischen von Tanja Handels
Tropen Verlag € 22,00
Penguin Books € 21,00

Für ihr Buch: „Mädchen, Frau etc“ erhielt sie als erste schwarze Frau den Booker Prize im Jahr 2019. Der Roman wurde auch in Deutschland großer Erfolg und ist wirklich ein Leseerlebnis.
Frau. Schwarz. Lesbisch. Prekär. Schriftstellerin.
Als mittleres von acht Kindern wurde Bernadine Evaristo 1959 als Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters geboren im Süden von London geboren. Rassismus wurde erst 1965 zur Straftat erklärt und so wächst sie mit ihren Stigmata als Mensch zweiter Klasse auf. Doch Bernardine Evaristo lernte schon von klein auf, dass es sich nicht lohnt, ihre Herkunft zu verstecken. Dass sie vielmehr gerade deswegen ihr Leben leben, sich ausprobieren muss. Und so erzählt sie von ihren Lieben, ihrer Familie, aber auch ihrem Ringen mit der Kreativität und ihrer Suche nach einer eigenen Sprache für ihre Erfahrungen. Vom Ausprobieren queerer Beziehungen, dem Leben im künstlerisch-explosiven London der 80er und 90er Jahre und auch der Beharrlichkeit, die sie als Mensch, als Frau und als Autorin an den Tag gelegt hat, um ihre Ziele zu erreichen.
Frech, flott, witzig, politisch, anklagend ist diese „Biografie“ geschrieben und immer behält Evaristo ihre positive Einstellung, die ihr dabei hilft und geholfen hat, das zu werden, was sie immer werden wollte.

Leseprobe

Freitag

So! Heute stimmen die Geburtstage aber.
Conrad Ferdinand Meyer * 1825
Gertrud von le Fort * 1876
Francois Mauriac * 1885
Boris Pilnjak * 1894
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Conrad Ferdinand Meyer
Unruhige Nacht

Heut ward mir bis zum jungen Tag
Der Schlummer abgebrochen,
Im Herzen ging es Schlag auf Schlag
Mit Hämmern und mit Pochen.

Als trieb sich eine Bubenschar
Wild um in beiden Kammern,
Gewährt hat, bis es Morgen war,
Das Klopfen und das Hammern.

Nun weist es sich bei Tagesschein,
Was drin geschafft die Rangen:
Sie haben mir im Herzensschrein
Dein Bildnis aufgehangen!
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Gratulation an Alice Munro für den Literatur Nobelpreis 2013.
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Shotgun

Nickolas Butler:Shotgun Lovesongs
Klett-Cotta Verlag € 19,95
als eBook € 15,99
als Hörbuch für € 19,99 bei Hörbuch Hamburg

„Drei Hochzeiten, zwei Scheidungen, ein Beinschuss und Lieder von der Liebe“ so übertitelt der Verlag diesen Roman. Was er vergessen hat: Es ist ein einzigartig schönes Buch über die Freundschaft.
Fünf Feunde aus einer Kleinstadt im Norden der USA. Durchs Schicksal auseinandergetrieben, lebt in allen die Sehnsucht nach der Nähe, die sie einst verband. Ein sentimentaler, kraftvoller Roman, der vielstimmig von den großen Themen Freundschaft, Heimat und Liebe erzählt.
Little Wing im Norden Wisconsins. Es sind Henry und Beth, die schon während der Schulzeit ein Paar waren, nun verheiratet sind und zwei Kinder haben. Sie betreiben eine Landwirtschaft und sind noch nie groß rausgekommen aus ihrem Heimatort. Es gibt den ehemaligen Rodeo-Star Ronny, der wegen seiner ehemaligen Alkoholsucht auch hier hängengeblieben ist und dank Unterstützung seiner Freunde einigermaßen gut leben kann. Es gibt Kip, der viel Geld in Chicago gemacht hat und zu Beginn des Buches eine riesige Hochzeit veranstaltet. Er will in Little Wing neu durchstarten und eine alte Mühle zu einem neuen Zentrum der Stadt werden lassen. Und dann gibt es noch Lee, der es nach einer Durststrecke geschafft hat, eine CD auf den Markt zu bringen, die ihn zu einem internationalen Star werden lässt.
Es beginnt also mit einer Hochzeit, auf der wir in alle Personen eingeführt werden.
Nickolas Butler lässt die einzelnen Kapitel von den einzelnen Freunden erzählen. So bekommen wir immer einen neuen Blick auf die verschiedenen Situationen. Es verschieben sich die Blicke und die Sympathien für die jeweiligen Personen verändern sich jedes Mal. Der Autor schafft es, dass wir mit allen Männern (mit den Frauen sowieso) eine große Empathie zu entwicklen, eine Art Freundschaft. So dass wir fast meinen, wir kennen sie auch schon seit der Schulzeit.
Über den Inhalt möchte ich nicht viel erzählen, es wäre schade drum. Sie werden das Buch eh nicht aus der Hand legen, so liebenswert und flüssig ist es geschreiben. Vielleicht ist es eine freundlichere Version von Franzens „Freiheit“, das in der Nähe von Little Wing, in St.Paul spielt. Auch dort möchte man die drei Personen nicht mehr verlieren und möchte mit ihnen alt werden.
Was ich auch noch nicht erlebt habe, ist, dass der Verlag einen Soundtrack zum Buch zusammengestellt hat (der übrigens gerade neben meiner Schreiberei läuft).
Shotgun weddings sind übrigens Hochzeiten, bei denen der (Schwieger-)Vater mit dem Gewehr hinter dem Brautpaar steht, damit der Ehevertrag auch richtig vollzogen wird. Und „Shotgun Lovesongs“ ist der Titel von Lees Album und gleichzeitig eine schöne Überschrift, eine gute Zusammenfassung des Roman.

Leseprobe
Musik zum Buch
Reservieren

Freitag

Ich versuche es mit allen Mittel, den Frühling an Land zuziehen.
Deshalb gibt es heute einen grünen Hintergrund.
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Was Farben anbelangt, haben wir unsere DVDs jetzt auch farblich sortiert.

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Der niederländische Autor Hugo Claus hat heute Geburtstag ( * 1929)
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Bevor die Pfingstferien beginnen, haben Sie jetzt noch Zeit, sich in die Geschichte, in Land und Leute Italiens einzulesen. Und das auf eine sehr angenehme Art.

Italien

Wenn Sie sich die Inhaltsangabe durchschauen, bekommen Sie einen guten Überblick, über den Aufbau des Buches. Dem Schotten David Gilmour liegen die einzelnen Regionen sehr am Herzen. Er spricht auch davon, dass die Gegenden an sich so viele Kunstschätze (in jeglicher Hinsicht) besitzen, dass sie sich mit einem geeinten Italien sehr schwer tun. Das hat sich auch bis heute nicht ändert. Gilmour hat das Land 35 Jahre lang bereist, gibt uns Einblicke in die Geschichte bis in die Ära Berlusconi. Er stellt Vergleiche auf vom korrupten alten Rom bis zu den bestbezahlten Politikern Europas, die z.B. zwar Sitze im Europaparlament haben, dort aber sehr sehr selten gesehen werden, da sie nebenher noch zwei politische Ämter in der Heimat besetzthalten.

David Gilmour:Auf der Suche nach Italien
Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart
Klett-Cotta Verlag € 27,95
als eBook € 21,99

1
Vielgestaltiges Italien
Uneinheitliche Geographie
Italien und seine Menschen
Italien und seine Sprachen
2
Imperiales Italien
Italien in der Römerzeit
Das barbarische und das byzantinische Italien
Italia germanica
3
Die Macht der Städte
Kommunale Träume
Kommunale Wirklichkeit
Republikanisches Italien
Das Italien der Fürsten
4
Venedig und der adriatische Raum
5
Umkämpftes Italien
Fremde Herrscher
Aufgeklärtes Italien
Das napoleonische Italien
Italien und die Restauration
6
Revolutionäres Italien
Romantisches Italien
Aufständisches Italien
Opernland Italien
7
Italien auf dem Weg zur Einheit
Piemont in den 1850er Jahren
Die Lombardei und die Herzogtümer 1859
Sizilien und Neapel 1860
Venedig (1866) und Rom (1870)
8
Legendenumwobenes Italien
Die Generation der Giganten
Der klügste Staatsmann
Der edelste Römer
Vater der Nation
Einige Generäle und ein Admiral
Risorgimento ohne Helden
9
Die Einigung der Italiener
Piemont und Neapel
Mit Sizilien geht es bergab
Rom und das Parlament
Schöne Legenden
Das Streben nach Ruhm
Der Bär von Busseto
10
Das nationalistische Italien
Italietta
Kriegslüsternes Italien
Das zerrissene Italien
11
Das faschistische Italien
Italia romana
Italia imperiale
12
Italien im Kalten Krieg
Die Christdemokraten
Die Kommunisten
Das wohlhabende Italien
13
Das moderne Italien
Zentrifugales Italien
Berlusconi
Unverwüstliches Italien

„Italien ist zu lang“. Mit diesem Zitat Napoleons steigt David Gilmour ein.
Nicht schlecht für ein Geschichtsbuch. Ist das nun gut oder schlecht. Auf jeden Fall birgt des Schwierigkeiten, was eine Einigung anbelangt. Als eines der längsten Länder Europas gibt es dort einen reichen Norden und einen armen Süden. Und wenn die Pizzabäckerin am Comer See mit ihrer Freundin am Telefon über den Süden redet, über die Gefahren, die dort lauern, dann meint sie aber nicht den richtigen Süden, sondern, sie spricht über Rom. Alles was dann kommt, kann nur noch gefährlicher werden.
Italien hat so wenig Nachwuchs, dass die Bevölkerung (statistisch gesehen) in vier Generationen ausgestorben sein wird.
Im Januar 2005 wurden weniger als 46.000 Kinder geboren, aber 212.000 Kraftfahrzeuge zugelassen.
Italiener schlagen sich wohl fast drei Wochen im Jahr mit bürokratischen Papieren herum.
Je nach Statistik besitzt Italien mahr als fünf- bis zehnmals soviel Gesetze wie Deutschland.
Und nur etwas über 15 % der Bevölkerung hat Vertrauen in die Politiker.
Das nur so ein paar Zahlen aus dem aktuellen Teil des 450 Seiten starken Buches.
Wie gesagt: Gilmour ist ein großer Freund der einzelnen Regionen. Dies ist auch ein Vorteil dieses flott geschriebenen Buches. Wir tauchen mit dem Autoren in die Geschichte der Gebiete an. Hören uns an, was dort prägend war, wer dort gelebt, geschrieben, gewirkt hat. So etwa auch die Tatsache, dass Papst Gregor XVI Eisenbahnen verboten hat, da sie ein Werk des Teufels sind. Auch dies dient natürlich nicht gerade dem Fortschritt und einer Einigung.
Gilmour geht mit Italien schwer ins Gericht, was Korruption und Vetternwirtschaft angeht, er hat jedoch auch große Hoffungen auf Änderung.
Für alle, die sich für die Kunst des Landes (ob Malerei, Architektur oder Küche) interssieren, ist es trotz der politischen Not ein sehr lobenswerter „Führer“ durch das Land wo die Zitronen blühnen.
Auch als eBook erhältlich und passt somit in jedes Reisegepäck.

Leseprobe

Montag

Nach einer Auszeit am gestrigen Sonntag, gibt es heute wieder ein paar Tipps rund um die Buchhandlung Jastram.
Gestern hatten übrigens noch Martin Walser und Peter Bichels Geburtstag und heute sind die Todestage von Novalis und Antonio Tabucchi.
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Am Dienstag nach Ostern führen wir unsere Tradition fort und stellen in unserer Reihe: „Die erste Seite“ vier neue Bücher vor. Wenn Sie also nicht in den Osterferien unterwegs sind: schauen Sie doch vorbei.
Dienstag,  2.April um 19 Uhr
„Die erste Seite“
Es liest Clemens Grote.
Eintritt frei.
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Wir wollen in den nächsten Tagen Textpassagen aus dem neuen Erzählband
von Bernd Schmitt auf diesem Blog veröffentlichen.

lueckentexte

Bernd Schmitt: „Lückentexte
mit Zeichnungen von Dorothea Grathwohl
Gerhard Hess Verlag € 9,95
Das Buch liegt bei uns aus.

„Das vorliegende Büchlein beschäftigt sich mit Lücken. Dort, wo mich die Welt anlächelte mit dem Milchzahngebiss eines Schulanfängers oder dem letzten Zahn einer verwundeten Greisin, sah ich Platz für einen Text. Dabei war es völlig unerheblich, ob es sich um die reale Welt handelte wie in den Portraits verschwundener Menschen und Orte oder die literarische Welt wie in einem von Shakespeare nicht notierten Gespräch zwischen Herrn und Frau Macbeth, ob es sich auf die Vergangenheit bezog, auf die Gegenwart oder die Zukunft, ob einer Person zu gedenken war – der blinden Usche, dem oberen Beck – oder ein Ort zu beschreiben – der Hasensaal, der alte Steinbruch, die Bushaltestelle – ob ich einen vergessenen Dialog nachzuliefern hatte – was hätten Kaspar und Agathe im Freischütz sich nicht zu sagen gehabt – oder einer ewig stummen Figur meine Stimme leihen wollte, wie in den fiktiven Briefen des Augsburger Bäsles an Mozart.
Ausschlaggebend einen Text zu schreiben, war der Mangel, den ich empfand, die fragenden Augen, die ich sah und in denen ich die Bitte um Wort und Stimme zu lesen glaubte.“, schreibt Bernd Schmitt über sein neues Buch.

Die skurrilen Zeichnungen Dorothea Grathwohls schaffen eine phantastische Gegenwelt, zu der oft zärtlich-schrägen Sicht auf die Menschen und die Dinge in den Texten von Bernd Schmitt.

Bernd Schmittt wurde 1962 in Jungingen bei Ulm geboren. Er studierte in Stuttgart Klarinette und bildete sich, u.a. bei Ruth Berghaus weiter zum Regisseur. Er arbeitet vorwiegend im Bereich Oper und Sprecher, sowie als Autor. Außerdem ist er Dozent an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Bernd Schmitt lebt in Weinstetten.

Dorothea Grathwohl wurde am 23. Januar 1968 in Biella / Piemont, Oberitalien geboren. Sie studierte Zeichnen bei Albrecht Vogel in Schwäbisch Gmünd. U.a. arbeitet D. Grathwohl in der Erwachsenenbildung für reduziertes Aquarell und Aquarellcomic, begleitet Mappenarbeit für Kunststudenten und gestaltet Konzertplakate und Buchcover; seit 2002 Ausstellungstätigkeit in Einzel- und Gruppenausstellungen. Dorothea Grathwohl lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin und Grafikerin in Ulm.

Blinde Usche

An Rot, sagte sie, und stellte das Radio leiser, an Rot könne sie sich erinnern, aus ihrer Kindheit, als sie noch ein wenig sehen konnte. An Blau auch, vielleicht an Blau. Und an die Hand ihres Vaters, erhoben zum strafenden Schlag, wenn das kleine Mädchen, das sie einmal gewesen war, sich wieder ungeschickt angestellt hatte, seines schwindenden Augenlichts wegen.
Sicheren Schrittes ging sie jetzt, ein schmales wohlerhaltenes Weiblein jenseits aller Altersbestimmung, durch ihr Haus, das kleiner war als alle anderen, vielleicht der Übersichtlichkeit halber, wenn das Wort hier erlaubt ist.
Eines ihrer Augen war milchig trüb, das andere fehlte. Und immer blinzelte sie mit ihrer leeren Höhle, der man wider besseres Wissen einen Rest an Sehkraft nicht absprechen mochte, freundlich in die Welt. Sie haderte nicht.
Nur manchmal, wenn sie mir ihren immer krummer werdenden Lesefinger zeigte, dessen Tastsinn eine Geschwulst allmählich abtötete, hatte ich das Gefühl, dass sie das Leben nicht gerecht fand.
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Letzte Woche war Susanne Jung in der Ulmer vh und stellte ihr Buch vor.
Sehr direkt, auch frech und witzig erzählte sie über ihre Arbeit als Bestatterin.
Es war mehr ein Diskussionsabend, als eine Lesung und bleibt wohl bei den Zuhörern noch länger in Erinnerung, zumal ganz viele davon auch selbst schon Erfahrungen mit Bestattungen gemacht hatten.

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Susanne Jung: „Besser leben mit dem Tod
oder Wie ich lernte, Abschied zu nehmen
Klett-Cotta Verlag € 19,95
als eBook € 15,99

Susanne Jung erzählt aus ihrem Leben mit dem Tod. Wie sie ihm selbst begegnete – und wie ihm all die Menschen begegnen, die sie dabei begleitet, ihre Toten zu bestatten und zu verabschieden. Sie ist dabei viel mehr als eine konventionelle Bestatterin, die Sarg und Trauerfeiertermin organisiert. Sie ist eine Begleiterin der Hinterbliebenen.
Sie hat ein Anliegen: den Tod zu enttabuisieren und für einen bewussten, achtsamen Umgang damit zu sensibilisieren. Wer Verluste nicht in sein Leben integrieren kann, wird nicht wachsen, wird auch selbst unter Angst und Unfreiheit leiden. Ein guter Umgang mit dem Tod bezieht sich also aufs ganze Leben, auf unseren Umgang mit Trennungen und ­Verlusten. Und wer im Leben mit sich, seiner ­Familie und seinen Mitmenschen im Reinen ist, der kann auch besser in den Tod gehen. Oder andere gehen lassen. In dem Buch geht es ans Eingemachte, um eine Philo­sophie des guten Lebens. Es ist analytisch und emotional und mit großer Intensität geschrieben.
Ihre, manchmal burschikose Art, nimmt man ihr sehr wohl ab und diese Herangehensweise tut gut.
So fordert Sie uns auf, dass wir uns jetzt schon mit unserer eigenen Bestattung beschäftigen und dies auch schriftlich fixieren, damit unsere Hinterbliebenden sich leichter tun und unserem Willen entsprechend uns verabschieden können.

Leseprobe
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Wer hat jemals etwas über den Frühling erzählt?
Welcher Frühling?

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Mehr Frühlingsfotos auf unserem Jastram Fotoblogjastram.tumblr.com„.

Sonntag

Heute kommt der Blog etwas später.
Zuerst eine kleine Runde durch den Wald, dann etwas später noch „Literatur im Foyer“ mit Thea Dorn und Christoph Ransmayr. Ein grossartiger Kerl, dieser Ransmayr. Sein Buch „Atlas eines ängstlichen Mannes“ haben wir ja an einer „Ersten Seite“ vorgestellt, aber ihn sprechen und vorlesen hören, gibt der Sache noch einen extra Kick.
Hier können Sie diese Sendung nochmals anschauen.
Es lohnt sich.
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Gestern abend eine Neuerscheinung durchgefressen und erst nach der letzten Seite des Buches das Licht ausgemacht.

Flucht

Jesús Carrasco: „Die Flucht
Klett-Cotta Verlag € 18,95
als eBook € 14,99
Aus dem Spanischen von Petra Strien

Im spanischen Original heisst das Buch: “ Intemperie“.
Normalerweise bin ich kein so ein Pedant und nehme die Übersetzungen, wie sie sind.
Hier jedoch hat mich im Nachhinein der reisserische Titel gewundert.
„Intemperie“ heisst laut leo.org u.a.: „Die Unbilden“.
Es hat auch etwas mit der Witterung zu tun. Es kann auch obdachlos, im Freien übernachten heissen. Wetterfest und wettergeschützt.
Der Duden schreibt zu „Unbilden“:
Unangenehme Umstände, Auswirkungen, Begleiterscheinungen von etwas, was jemandem schicksalhaft widerfährt.
Beispiele:
– den Unbilden der Zeit, des Alters, des Lebens, der Natur ausgesetzt sein
– die Unbilden des Wetters ertragen müssen.

Natürlich haben beide Sprachen recht. Es geht um eine Flucht, aber vielmehr geht es um die verschiedenen Formen der Bedeutung des spanischen Wortes „Intemperie“.
Auch das Titelbild deutet eher auf einen amerikanischen Western, als auf die karge, hügelige spanische Landschaft.
Fast hätte ich mir ein Bild von Antoni Tàpies gewünscht, der mit seinen Erdfarben und Kreuzmotiven eine unglaubliche Symbolik und archaische Verstörung und Ruhe ausstrahlt.

Ein Junge ist auf der Flucht und hält sich in einem Erdloch versteckt. Es wurde mir nicht klar warum. Was auch nicht so wichtig ist. Sicherlich spielt der Polizeichef eine große Rolle und eventuell auch sexueller Missbrauch.
Auf jeden Fall kriecht der Junge (der auch nur so benannt wird) nach vielen Stunden aus seinem Versteck und versucht ungesehen aus der Gegend seines Dorfes zu verschwinden. Dies ist alles nicht so einfach, da die Landschaft sehr karg ist und kaum Unterschlupf bildet. So bewegt sich der Junge viel bei Nacht. Er trifft auf einen alten Schäfer, dessen Hund ihn entdeckt. Aber anstatt zu bellen und ihn anzugreifen, kommt es hier zu einer sehr schönen liebevollen Szene. Der alte Ziegenhirte nimmt den Jungen mit auf seine Reise, zeigt ihm das Nötigste, was er über die Ziegen wissen muss, fragt aber nicht weiter nach, warum der Junge alleine unterwegs ist. Gleichzeitig weiss der Junge nicht, wie er den Alten einschätzen kann/soll. Dieses sehr sehr einfache, durch Hunger und Armut gezeichnete und duch dauernden Durst geprägte Leben ist das Faszinierende an diesem Buch. Es wird kaum gesprochen und auch wenig gehandelt. Es ist wie ein verblichenes Graffity an einer alten Wand, auf die die südliche Mittagssonne brennt.
Es kommt in der Mitte des Buches zu einem großen Showdown, von dem sich alle Personen nicht mehr erholen. Oder zumindest verändert daraus hervorgehen. Es geht wirklich um Leben und Tod. Eigentlich geht es in den Seiten zuvor um’s Überleben und jetzt scheint es um den Tod zu gehen und wie ihm zu entrinnen ist.
Extrem starke Bilder, die auch an „Winter’s Bone“ erinnern, oder an den Roman „Die Straße“.
Wenige Personen in einer fast unwirklichen, zumindest sehr unwirtlichen Landschaft.
Gemeinsam starten der Alte und der Junge eine sehr gefährliche Aktion und nur gemeinsam können sie diese durchstehen.

Nun werden Sie denken: Oh Mann, der Wiltschek hat wieder ein Buch gelesen / beschrieben, das einen vollkommen runterzieht. Nein, das ist nicht der Fall.
Es ist kein Krimi, kein Thriller, keine Sozialkritik an der spanischen Gesellschaft.
Es ist fast so etwas wie eine Meditation, wenn ich dieses Wort für seine Situation benutzen darf.
Es sind messerscharfe Beobachtungen, Andeutungen und Handlungen, die plötzlich ganz anders weitergehen, als wir als Leser vielleicht denken.
Eine kleine Passage im ersten Drittel des Buches mag dies verdeutlichen.
Die Beiden finden einen Kuhkadaver, auf dem ein Rabe sitzt und in dem eine Ratte innendrin herumnagt. Der Hirte treibt die Ratte aus dem Leichnam in einen Sack und erschlägt sie mit seinem Knüppel. Na klar, denke ich, die Ratte hätte sich wahrscheinlich über die Vorräte des Alten hergemacht. Wahrscheinlich schon. Jedoch landet die Ratte sehr schnell auf dem Grill als Abendessen. Dies wird alles so schlüssig und ohne Vorbehalte erzählt, dass es gar nicht grausam, eklig daherkommt.

Ein sehr bewegendes Buch, das viel mit dem Thema Hoffnung und Vorhersehung spielt. Dem Vorgegebenen und dem was Personen daraus machen (können).

Hier kommen Sie zur Leseprobe.

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Jesús Carrasco 1972 in Badajoz geboren. »Die Flucht« ist sein erster Roman, der sich auf Anhieb in insgesamt acht Länder verkauft hat. Er gilt als die literarische Neuentdeckung Spaniens. Der Autor lebt in Sevilla.

Pressestimmen aus Spanien:

»Ein Mann und ein Kind nehmen uns mit auf eine Reise, die an Hemingways ›Der alte Mann und das Meer‹ erinnert. Mit seiner außergewöhnlichen Sprache schafft Carrasco neue Welten.«
El País

»Ein moderner Klassiker: … Die Flucht wird uns sehr lange begeistern.«
El Placer de la Lectura

»Ein Roman voller Poesie.«
Página 2

»Das beste Debüt der Saison«
ABC Cultural

»Eine der größten Überraschungen der literarischen Saison.«
El Periódico de Extremadura

»Jesús Carrasco liefert ein blendendes Romandebüt.«
Noticias de Álava

»Carrasco geht unter die Haut: Mal scharf wie ein Messer, mal zart wie Balsam.« Diario de León

»Eines der besten Bücher des Jahres … Die Flucht wartet mit allem auf, was einen Roman der Spitzenklasse ausmacht.«
Papel en Blanco
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Ich wünsche Ihnen einen geruhsamen Sonntag.
Genießen Sie die Natur und Ihre Bücher.

CatFLICKR
(gefunden auf flickr.com)
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„Swans Way“ von Marcel Proust
(gefunden bei unypl.tumblr.com)