Donnerstag, 16.November

Heute haben
Arvid Järnefelt * 1861
Guo Moruo * 1892
Fred von Hoerschelmann * 1901
José Saramago * 1922
Hugo Dittberner * 1944
Anne Holt * 1861
Karen Duve * 1961
Geburtstag
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Christian Morgenstern
Novembertag

Nebel hängt wie Rauch ums Haus,
drängt die Welt nach innen;
ohne Not geht niemand aus;
alles fällt in Sinnen.
Leiser wird die Hand, der Mund,
stiller die Gebärde.
Heimlich, wie auf Meeresgrund,
träumen Mensch und Erde.
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Als Einstieg in das Werk des Nobelpreisträgers:


Jon Fosse: „Das ist Alise

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel
Mare Verlag € 18,00

„Er ging nicht weg, er blieb hier bei ihr, die ganze Zeit, bis er so plötzlich verschwand, denkt sie, er war bei ihr, vom ersten Mal, dass sie ihn ankommen sah und er da stand und sie sich einfach nur anschauten, einander zulächelten, als ob sie alte Bekannte wären, als ob sie sich schon immer kennen würden irgendwie, aber sich so unendlich lang nicht mehr gesehen hätten und sich darum so riesig freuen würden, dieses Wiedersehen machte beide dermaßen froh, dass die Freude die Führung übernahm, sie führte sie aufeinander zu, als hätte ihnen das ganze Leben lang etwas Wichtiges gefehlt, und jetzt wäre es da, endlich, jetzt war es da“.

Signe, eine alte Frau, sitzt auf einer Bank und erinnert sich an ihr Leben, Sie sieht sich als junge Frau mit ihrem Mann Asle, der täglich mit seinem kleinen Ruderboot auf den Fjord hinausfuhr, bis er nicht mehr wiederkam. Signe versteht einfach nicht, warum er grade heute nochmal raus will. Sie versteht es auch als alte Frau noch nicht und wir sehen sie am Fenster stehen und auf das Wasser schauen. Aber es gibt nicht nur Signe, sondern Jon Fosse stellt uns alle Menschen vor, die in diesem Haus gelebt haben. Bis wir bei Alise, der Ururgroßmutter Signes ankommen, die am Ufer ein Feuer hütet und auch auf jemanden wartet, der nicht wieder zurückgekommen ist.
Jon Fosses schmaler Roman eignet sich als Einstieg in sein Werk und zeigt, wie meisterhaft er mit wenigen Worten eine große Geschichte erzählen kann. Ein schmaler Roman wie ein Kammerspiel auf der Theaterbühne.

Sonntag

Heute kommt der Eintrag schon am Sonntag, da ich am Montagmorgen keine Zeit zum Bloggen habe.

Also heute, Sonntag, haben
José Saramago * 1922
Anne Holt * 1958
und Karen Duve * 1961
Geburtstag.
am Montag
Isabelle Eberhardt * 1877
Curt Goetz * 1888
Mario Soldati * 1906
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Nach dem langen Büchertag am Freitag mit der Lesung von Karen Köhler, war der darauffolgende Samstag auch wieder intensiv, da wir den obligatorischen Bücher auf dem Martinmarkt der Freien Waldorfschule am Illerblick aufgebaut hatten. Bis die Kisten wieder im Buchladen waren, schlug die Uhr dann auch schon 19 Uhr. Danach noch kurz Bücherausfahren, dann aber war Schluss.

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Und zur Entspannung habe ich mir die neue Zaz-CD aufgelegt, die am Samstag im Laden eingetroffen ist.

Zaz

Zaz: „Paris“
CD € 18,99

Einfach den offizielle Trailer zum neuen Album anschauen, dann wissen gleich, wie sie klingt. Zaz hat mit dem Bandleader John Clayton einen genialen Musiker für die Bigband gefunden, die Zaz bei diesen französischen Paris-Klassikern unterstützt. Dazu kam noch der einzigartige Quincy Jones, den sie als Produzenten gewinnen konnte. Was will sie mahr. Besser geht es nicht. Und wenn die beiden alten Herren sich auf dem Video über die Stimme von Zaz unterhalten und Clayton meint, sie klingt wie beim Warmsingen in einer Baptistenkirche und Qunicy Jones erwidert: „Sie kommt aus dem Ghetto“, dann ist es wohl das höchste Lob für die ehemalige Straßensängerin.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=82feqI09ujY]

Dieses Energiebündel hat sich also der Klassiker angenommen, der Ohrwürmer rund um den Mythos Paris. Mal mit großer Besetzung, mal mit ihrer kleinen Band. Ein Mix aus Jazz, Chanson und Zigeunermusik, die sofort ins Ohr geht. Nicht zum dritten Mal ihre Straßenmusik aufgewärmt, sondern einen neuen Weg gesucht. Und: es ist gelungen. Sicherlich werden manche meckern und sagen, dass das doch nicht Zaz sei, die sie kennen. Gleichzeitig hat sie sich aufgemacht zu neuen Ufern und íst sich selbst treugeblieben. Die Liebeserklärung „J’aime Paris au mois de Mai“ singt sie mit der Legende Charles Aznavour, der sie mit der Piaf vergleicht, nicht wegen der Stimme, sondern wegen ihrer Austrahlung und ihrer Bühenpräsenz und dem Zugehen auf des Publikum. „Zaz besitzt eine natürliche Anziehungskraft, sie kann alles singen und berührt deine innerste Seele.“, sagt er.

1 Paris sera toujours Paris
2 Sous le ciel de Paris
3 La parisienne
4 Dans mon Paris (Version Swing Manouche)
5 Champs Elysées
6 A Paris
7 I Love Paris (J’aime Paris)
8 La romance de Paris
9 Paris canaille
10 La complainte de la butte
11 J’aime Paris au mois de mai
12 Paris, l’après-midi
13 J’ai deux amours

Genießen Sie die Musik im Auto und sie werden fröhlich lächelnd und mitsummend durch die Straßen gondeln, ohne dass Ihnen der Berufsverkehr auf die Nerven geht.
Damit wünsche ich ihnen einen guten Start in die Woche.
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UNGEREIMTHEIT DER WOCHE (aus gegebenem Anlass …):

DIE HOOLIGANS

Wenn sich jemand sehr dumm anstellt,
bedienen wir uns gern der Tierwelt
mit Vergleichen, die oft schlecht –
und für das Tier meist ungerecht.

So ist der Gans-Vergleich zur Hand,
wenn es stark mangelt an Verstand.
Sieht man dagegen hin genau,
wird bald bemerkt: Gänse sind schlau.

Von abgrundtiefer Ignoranz
sind allerdings die Hooligans.
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UNGEREIMTHEIT DER WOCHE (UNGEREIMTHEITEN AUS DER TIERWELT):

 
BOA CONSTRICTOR (CCLCXXI)
 
Noch bunter könnt‘ die Tierwelt sein,
hätte dereinst der alte Noah
geladen auf die Arche ein
nicht die arg verfress’ne Boa.
Hier gibt es mehr von Werner Färber.

Montag

Heute haben
Miguel de Cervantes * 1547
Miguel de Unamuno * 1864
Nikolai Ostrowski * 1904
Ingrid Noll * 1935
Gaston Salvatore * 1941
Geburtstag.
Aber auch Silvio Berlusconi und Lech Walesa.
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Rainer Maria Rilke
Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
Und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
Gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
Dränge sie zur Vollendung hin und jage
Die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
Wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
Und wird in den Alleen hin und her
Unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
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duve

Karen Duve: „Warum die Sache schiefgeht“
Wie Egoisten, Hohlköpfe und Psychopathen uns um die Zukunft bringen
Velag Galiani Berlin € 12,00
als ebook € 9,99
als Hörbuch € 14,99
(von der Autorin gelesen)

Karen Duve nimmt kein Blatt vor den Mund und schreibt in ihrem furiosen Essay, dass es 5 vor 12 ist. Eigentlich schon nach 12 Uhr, wenn wir das Buch gelesen haben. Höchste Zeit etwas daran zu ändern, bevor wir uns selber abschaffen. Der globale Kollaps steht bevor und unsere Kinder sind nicht zu beneiden. Auch wir haben schon die Anhäufung von Katastrophen mitbekommen, leben aber auf Kosten vieler Menschen auf einem unglaublichen Niveau. Die täglichen Tageschauen bringen zwar mehrfach die Woche Meldungen von Naturkatastrophen, diese werden jedoch meist wie in einer Hitparade präsentiert. Der höchste, der größte, das gewaltigste …. seit … Es wird nicht auf die Hintergründe eingegangen.
Karen Duve ärgert sich maßlos, dass immer noch die Egoisten, Hohlköpfe und Psyhopathen das Sagen haben und nicht die Besonneren, die Ruhigeren, die Gemäßigten, die nicht nur auf ihr eigenes Wohl schauen.
Einsatzbereitschaft
Risikobereitschaft
Selbstvertrauen
Durchsetzungsvermögen
Frauen?
Sintflut!

nennt sie ihre Kapitel und haut uns jede Menge Fakten um die Ohren, dass es einem beim Lesen ganz schwindelig wird. Sie schreibt über diese Bewerbungsmarathone, die mittlerweile normal sind, wenn sich junge Menschen für einen Job in der Führungsetage bewerben. Dies hat zur Folge, dass sich nur der durchsetzt, der bereit ist 16 Stunden am Tag zu arbeiten und mit seiner Familie um die Welt zuziehen. Es setzen sich dann die durch, die dies aufsichnehmen und volles Risiko fahren. Was hätten wir aus der Bankenkrise (eher Kollaps) alles lernen können? Was hätte nicht alles geändert werden können. Während jedoch die einzelnen Staaten ihre Banken mit Milliarden wieder retten, zahlen sich die Bankenchefs weiterhin fette Boni aus und lachen sich wahrscheinlich eins. Geändert hat sich wohl aber nichts. Ah doch! Frau Merkel hat die Bonuszahlungen auf ein zweifaches eines Jahresgehalts beschränkt. Kein Problem, erhöhen wir halt das Jahresgehalt. Diese skrupellosen Menschen sind meist Männer und Karen Duve kommt zu Beginn des Buches auf Psychopathen zu sprechen. Wieviel Prozent unserer Bevölkerung zu dieser Kategorie gehören und dass es meist Männer sind. Sie schreibt über die Vorzüge von Autisten in der IT-Branche und dass männliche Gehirne denen der Autisten doch sehr ähnlich seinen. Sie merken schon, von der Spezies Mann, die in Führungsriegen sitzen, hält Frau Duve nichts.
Egal, ob es um Atombombentest geht und die eventuelle Möglichkeit, dass sich die Menschheit damit gleich ganz auslöscht, oder um den massenhaften Einsatz von Medikamenten in der Massentierhaltung, es sind immer Männer, die skrupelos in ihre eigene Tasche wirtschaften und Fakten so hindrehen, dass sie als einzig plausible Möglichkeit dastehen. Risiken werden minimiert, aber rechne ich  von der anderen Seite her, ergeben sich oft ganz andere Phänomene. Die Möglichkeit, dass es zu einem Supergau kommen kann, wurde auf Millionen von Jahren gerechnet. Dass wir jedoch schon einige dieser Kernschmelzen miterlebt haben, müsste uns doch zu denken geben.
Was tun? Frau Duve hat dafür auch die perfekte Lösung, prangert aber unser Führungssytem massiv an und fordert zum Widerstand auf.
Wenn es nämlich mit der Erdaufwärmung so weitergeht, wir die Erde auf Null gefahren. Das grauenhafte Leiden für ein paar Millionen Jahre pausiert und die Erde saust als Todesplanet mit kochenenden Ozeanen durch das Weltall, bis sich eines Tages mit dern ersten Eizellern wiedervöllig Neues entwickelt, die Evolution einen ganz anderen Weg einschlägt. Diesmal eine Schöpfung ohne Intelligenz. Oder Intelligenz gepaart mit Sanftmut. Großäugige, intelligente Weidetiere. Es kann doch eigentlich nur besser werden.