Xavier de Maistre * 1763 Martha Gellhorn * 1908 Margaret Mitchell * 1900 Peter Weiss * 1916 Peer Hultberg * 1935 Kazuo Ishiguro * 1954 Geburtstag _______________________________
„Um die Wahrheit zu finden, muß man diskutieren.“ Peter Weiss _______________________________
Unser Buchtipp:
Dustin Thao: „Bleib bei mir, Sam„ Aus dem Amerikanischen von Bernadette Ott Originaltitel: „You’ve reached Sam„ cbj € 16,00 Jugendbuch ab 14 Jahren Die Erstauflage mit farbigem Buchschnitt
Also wenn schon mal „Sam“ im Titel vorkommt und wenn die Dame von PenguinRandomhouse mir am Telefon sagt, dass ich das Buch unbedingt ein paar Mal auslegen soll, da es in den USA die New Time Bestsellerliste gestürmt hat, na dann mache ich das auch und: Ich habe es gestern ausgelesen. Es stimmt, die Geschichte lässt einen nicht unegrührt, wenn man kein Herz aus Stein hat. Sehr amerikanisch und manches auch vorhersehbar, hat der junge Autor, doch immer wieder Schleifen, Rückblicke und Zeitsprünge eingebaut, die das Lesen spannend macht. Die siebzehnjährige Julie verliert ihren Freund Sam bei einem Autounfall und nimmt alle Schuld auf sich. Sie verkriecht sich, bricht Kontakte zu ihren Freund:innen ab und stellt alle Erinnerungsstücke von Sam in einer Kiste vor die Haustüre, damit es dort von der Müllabfuhr abgeholt wird. Als sie jedoch einen Text von Sam entdeckt, wird sie wieder so überwältigt von ihrer Sehnsucht, dass sie zum Handy greift und die Nummer von Sam anruft. Und: Er nimmt ab. Dustin Thao erzählt eine Trauerbewältigungsgeschichte und beschreibt viele Fasetten aus der Gefühlswelt von Julie und trifft oft genau den Punkt, wenn es ums Abschiednehmen, um Trauer, Neuanfang und Weiterleben geht.
Heute haben Francois Chateaubriand * 1768 Leonard Frank * 1882 Antonin Artaud * 1896 Richard Wright * 1908 Per Olof Sundman * 1922 Joan Aiken * 1924 Thorsten Becker * 1958 Geburtstag _________________________________________
Nur wer denkt und die Menschen liebt, kann ihnen den Frieden bringen. Wir denken nicht und lieben nur uns selbst. Leonard Frank _________________________________________
Vanessa Güntzel empfiehlt:
Adriana Popecu: „Mein Sommer auf dem Mond“ Jugendbuch ab 14 Jahren cbt € 13,00
Manchmal muss man einmal zum Mond reisen und wieder zurück, um zu erfahren, wohin man wirklich gehört. Cooler Sportler, niedliche Träumerin, lässiger Underdog und freche Sprücheklopferin – alles nur Fassade. Und die müssen Fritzi, Bastian, Tim und Sarah aufgeben, als sie mit ihren tiefsten Geheimnissen im Therapiezentrum auf Rügen landen. Einen lebensverändernden Sommer lang werden die vier vom Schicksal zusammengewürfelt und ordentlich durchgeschüttelt. Dabei wachsen sie über sich hinaus, finden ihr wahres Selbst, großen Mut und entdecken die erste Liebe. Wir alle haben unsere kleinen Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben.Doch manchmal brauchen wir ein bisschen Unterstützung dabei. Diese tolle sommerliche Lektüre zeigt uns, dass es okay ist, um Hilfe zu bitten. Sehr schön, sehr rührend. Taffe Autorin. Lesen!
Vanessa
Hier gehts zur Leseprobe. ____________________________________________________________
Wir fordern: Eine längst fällige Agrar- und Ernährungswende: Agrar- und Lebensmittelpolitik muss Klima und Arten schützen!
Freitag, 11. September 2020, 17:30 Uhr, Ulm, Münsterplatz
Aus den Erfahrungen der letzten Monate fordern BUND, GREENPEACE und GENFREI-BÜNDNIS eine radikale Erneuerung von Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion. Die Corona-Zeit hat uns nochmal verdeutlicht: Billigfleisch widerspricht der Achtung vor Tier, Mensch und Umwelt. Lange Transportwege mit Schlachtvieh oder gentechnisch- und pestizidverseuchten Futtermitteln aus zerstörten Regenwaldgebieten müssen dringend gestoppt werden. Landwirtschaftliche Überproduktion für den Export sowie Massentierhaltung führen zur Überdüngung und gefährden unser Trinkwasser. Die Produktion von Billigfleisch und Milch zu Weltmarktpreisen drängt die Bauern wirtschaftlich und gesellschaftlich ins Aus. All das kostet uns die Zukunft! Diesen Herbst wird die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU neu aufgesetzt – gültig bis 2027! Wir brauchen im Zuge einer ökologischen Agrarwende eine Umlenkung der Agrarsubventionen zugunsten einer insgesamt nachhaltigen Landwirtschaft – mit fairen Erzeugerpreisen. Es geht jetzt um eine Konzentration auf regionale Kreisläufe und eine neue Preispolitik der Lebensmittel. Viele Bäuerinnen und Bauern sind längst bereit, klimaschonenden Ackerbau zu betreiben und ihre Tiere artgerecht zu halten. Ebenso sind viele Konsumenten längst bereit, qualitätsbewusst und zukunftsorientiert Bio-Lebensmittel zu kaufen. Die Politik muss handeln und unterstützen!
Heute haben Charles Perrault * 1628 Johann Heinrich Pestalozzi * 1746 Jakob Michael Reinhold Lenz * 1751 Jack London * 1876 Daniil Charms * 1905 Alice Miller * 1923 Haruki Murakami * 1949 David Mitchell * 1969 Geburtstag. Aber auch Jeff Bezos (* 1964), der Gründer von amazon.
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Friedrich Wilhelm Weber
Es wächst viel Brot in der Winternacht
Es wächst viel Brot in der Winternacht, weil unter dem Schnee frisch grünet Saat, erst wenn im Lenze die Sonne lacht, spürst du, was Gutes der Winter tat.
Und deucht die Welt dir öd‘ und leer, und sind die Tage dir rauh und schwer: Sei still und habe des Wandels acht: Es wächst viel Brot in der Winternacht.
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Ingrid Olsson: „Neuschnee„ Aus dem Schwedischen übersetzt von Cordula Setsman Mixtvision € 12,90
MAMA Sie kneift sich in den Arm. Das spürt sie, wenn auch kaum. Die Nadel im Arm hat sie auch fast nicht gespürt. Sie fährt mit den Fingern über das Pflaster. Es juckt unter dem Klebestreifen. Sie hat sogar zugesehen, wie ihr Blut in dem Röhrchen hochstieg. Rot wie der Weihnachtsstern auf der Fensterbank hinter der Sprechstundenhilfe.
So beginnt die erste von acht kurzen Geschichten. Und mehr steht auf einer Seite auch gar nicht drauf. Kurze Abschnitte von kurzen Erzählungen und viel weiße Fläche, in der unsere Gedanken freien Raum haben. Die Farbe Rot spielt eine zentrale Rolle in den Texten und doch bleibt das Buch hell, trocken, sauber, rein. Frei von allem Druck und Ängsten und Sorgen. Diese spiegeln sich in dem Erzählten. Es geht bei Ingrid Olsson ums Suchen und Finden, ums Wünschen und Sehnsüchten, um Einsamkeit, Liebe und Hoffnung.
Ein kleines Mädchen, das plötzlich groß geworden ist. Genau das wird sie ihrer Mama sagen. Wispern. Dass es einfach passiert ist. Dass es einfach geworden ist.
Das Mädchen ist in einer Arztpraxis. Sie spürt noch nichts in ihrem Bauch und weiß doch, daß sie jetzt nicht mehr Mamas kleines Mädchen ist. Ein Junge hat in einer Plastiktüte alles, was von seiner Mutter übriggeblieben ist. Ein anderer fühlt sich fremd in der neuen Familie seines Vaters und hat seinen Rucksack gepackt.
„Neuschnee“ heißt der schmale Band (zu dem es kostenloses Lehrer-Schulmaterial im Netz gibt) und wie Neuschnee deckt er die Sorgen zu und läßt sie doch im nächsten Moment wieder aufblitzen. Unter einer dünnen Decke der Geborgenheit, lodert und brodelt es. Es sind junge Menschen auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Auf einem Weg, der ihnen noch fremd ist und von dem sie meinen, daß sie ihn alleine zu bewältigen haben. Wie dringend benötigen sie eine starke, schützende, begleitende Hand. Dazu paßt auch das Titelbild, das nicht das Weiß des Schnees zeigt, sondern bunte Lichter der Großstadt und ein Mädchengesicht.
Eine Lektüre, die mich bewegt hat und Themen anspricht, die Jugendliche gut kennen.
Heute haben Jonathan Swift * 1667 Theodor Mommsen * 1817 Ippolito Nievo * 1831 Mark Twain * 1835 Winston Churchill * 1874 Thomas Hettche * 1964 Geburtstag ____________________
Claudia Wiltschek empfiehlt:
„Ich bin wie du mit geschlossenen Augen, nur schlauer!“ Das ist Parkers Credo.
Eric Lindstrom: „Wie ich dich sehe„ übersetzt von Katarina Ganslandt Carlsen Verlag € 16.99 Jugendbuch ab 14
Die Regeln 1. Leg mich nicht rein. Niemals. Vor allem nicht, in dem Du meine Blindheit ausnutzt. Und vor allem nicht in der Öffentlichkeit. 2. Fass mich nicht an, ohne mich vorher zu fragen. Ich bin blind. Für mich kommt jede Berührung unerwartet, weshalb ich möglicherweise zuschlage. 3. Finger weg von meinem Blindenstock und dem Rest meiner Sachen. Alles muss genau dort bleiben, wo ich es liegen gelassen habe. Logisch, oder? 4. Komm nicht auf die Idee, mir helfen zu wollen, wenn ich dich nicht darum gebeten habe. Dann bist du mir bloß im Weg und nervst. 5. Es gibt keine Grund, lauter zu sprechen, wenn du mit mir redest. Ich bin nicht taub. Du würdest dich wundern wie viele Leute das machen. 6. Wenn du etwas über mich wissen willst, dann rede mit mir und nicht mit den Leuten, die neben mir stehen. Ich habe keine Betreuer. Ja, auch das passiert ständig.
Das sind Parkers Regeln. Parker ist seit ihrem 7. Lebensjahr blind, durch eine Autounfall, den ihre Mutter betrunken verursacht hat und dabei ums Leben kam. Seitdem lebt sie mit ihrem Vater, joggt durch den Park, lässt sich, so wenig wie möglich durch ihre Blindheit einschränken und stösst einige Menschen durch ihr manchmal ruppiges Auftreten vor den Kopf. Auch mit ihrer ungeschminkten Ehrlichkeit, mit der sie ihren Mitmenschen Ratschläge gibt oder ihnen ihre Meinung sagt, können viele nicht umgehen. Ihren Freundinnen, erklärt sie, dass sie das eben kann, weil sie die Reaktionen der Betroffenen nicht sieht und somit keine Furcht davor hat. Nun stirbt auch noch ihr Vater, ihre Tante mit Familie zieht zu ihr ins Haus und Parker muss sich nun wieder mit Trauer, Verlust und einem Leben mit ihr eigenlich fremden Menschen auseinandersetzen. Menschen, die es nur gut meinen, aber mit dem selbstbewussten, selbstständigen Leben Carters nicht so recht klarkommen. Dann taucht noch ihre alte Liebe Scott auf, der sie damals tief verletzt und enttäuscht hat und danngibt es noch Jason, auch ein Läufer, der sich durch sein entspanntes Umgehen mit ihrer Blindheit in ihr Herz schleicht. Das hört sich sehr dramatisch an, ist aber mit viel Witz geschrieben und die Mädels und Jungs sind alle so gut drauf. Deswegen liebe Eltern und Onkels und Tanten: Steckt es in den Nikolausstiefel oder legt es unter den Baum.
Heute haben Grazia Deledda * 1871 (Nobelpreis 1926) Tanja Kinkel * 1969 Geburtstag. _________________________________ Barthold Hinrich Brockes Die Welt ist allezeit schön
Im Frühling prangt die schöne Welt In einem fast smaragdnen Schein. Im Sommer glänzt das reife Feld Und scheint dem Golde gleich zu sein.
Im Herbste sieht man als Opalen Der Bäume bunte Blätter strahlen.
Im Winter schmückt ein Schein, wie Diamant Und reines Silber, Flut und Land.
Ja kurz, wenn wir die Welt aufmerksam sehn, Ist sie zu allen Zeiten schön.
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Billy hält es mit seinem immer betrunkenen, gewalttätigen Vater nicht mehr aus und geht. Mit seinen 16 Jahren macht er sich mutig, ohne Geld und Perspektive auf den Weg. Nach ziellosem Umherfahren findet er eine Bleibe im Waggon eines verlassenen Güterzuges, wo er auf Old Bill trifft, der schon länger im Waggon nebenan lebt und seine traurige Vergangenheit mit Alkohol zu vergessen glaubt. Die beiden Heimatlosen finden zueinander und helfen sich gegenseitig das Leben zu bewältigen. Als Billy wieder einmal hungrig Essensreste bei McDonald’s von den Tischen klaut, lernt er Caitlin, die dort arbeitet, kennen. Caitlin wiederum stammt aus reichem Hause, möchte aber von Ihren Eltern unabhängig sein und neben der Schule selbst Geld verdienen. Erst ist sie irritert über sein Verhalten, verrachtet ihn aber nicht und, wir ahnen es schon , Billy verliebt sich in sie. Caitlin besucht unsere zwei Gestrandeten immer wieder, versorgt sie mit Essen und es entwickelt sich eine wunderschöne ungewöhnliche Freundschaft zwischen den Dreien. Der Stil des Buches ist fremd für ein Jugendbuch. Die Geschichte wird in Strophen erzählt (gut für Lesemuffel, denen viel Text Mühe macht ). Anfangs gewöhnungs-bedürftig, löst sich aber nach den ersten Seiten in Wohlgefallen auf. Für mich eines der schönsten Jugendbücher bei den Neuerscheinungen, ein modernes Märchen,von liebevollen ungewöhnlichen Menschen, die uns ans Herz wachsen und uns über etliche Vorurteile stolpern lässt.
Auf der Empfehlungsliste „Die 7 besten Bücher für junge Leser“ im August 2016, Jugendbuch des Monats.
_____________________________ Werner Färbers Ungereimtheit der Woche Der Wiedehopf CXCIII
Der Wiedehopf, der Wiedehopf, trägt seinen Schnabel vorn am Kopf. Trüg er den Schnabel am Gesäße, blieb ihm verborgen, was er fräße. _______________________
Heute abend um 19 Uhr „Shortlistlesen„. Das nur als kleine Erinnerung.
Heute haben Hedwig Dohm * 1831 Upton Sinclair * 1878 Joseph Breitbach * 1903 Adolf Endler * 1930 Javier Marias *1951 Geburtstag und auch Sophie Loren und Alexander Mitscherlich
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David Levithan: „Letztendlich geht es nur um dich“ Aus dem Amerikanischen von Martina Tichy S.Fischer Verlag € 16,99 Jugendbuch ab 14
„Kann es sein, dass der A, in den ich mich verliebt habe, jeden Tag in einem anderen Körper lebt? Aber wenn Glück sich so gut anfühlt, ist es eigentlich egal, ob es tatsächlich echt ist oder nicht.“
Endlich ist es soweit. Die Fortsetzung von David Levithans Jugendbuch ist auf dem deutschen Buchmarkt erschienen und liegt bei uns auf dem Neuerscheinungstisch. A, der Junge, der jeden Tag in einem anderen Körper aufwacht und sich unsterblich in Rhiannon verliebt hat, ist allen, die das Buch gelesen haben immer noch in Erinnerung. Das geht auch gar nicht anders, denn der Roman ist so packend und einfühlsam geschrieben. Aber wie kann man eine Fortsetzung schreiben, die uns LeserInnen wieder in Atem hält, ohne einfach weitere Episoden aneinander zureihen, weitere Tage aus den beiden Leben von A und Rhiannon aufzuschreiben? David Levithan fand einen genialen Trick und erzählt uns im zweiten Band die Geschichte aus der Sicht des Mädchens. Durch ihre Augen lernen wir A kennen, wie er täglich versucht mit ihr in Kontakt zu treten und jeden Tag in einem anderen Körper vor ihr aufzutaucht. Bisher haben wir nur vermutet, wie es in Rhiannon tobt, wie sie diese Tatsache gar nicht glauben kann und wie sich ihre Liebe zu Justin verändert, mit dem sie seit einem Jahr zusammen ist. Ein Jahr voller Höhen und Tiefen, voller warmer inniger Gefühle und schroffen Abweisungen. Und nun steht da plötzlich A vor ihr und drängt in ihr Leben.
Ein cooler und romantischer Roman über Geborgenheit, Verlässlichkeit und die wahre Liebe. „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ ist Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreise 2015, Kategorie Jugendjury. In den nächsten Tagen erscheint dieser erste Band als Taschenbuch und somit fällt das Einsteigen noch viel leichter. Ich empfehle Ihnen beide Bücher zur Lektüre. Damit meine ich wirklich, daß Sie als Erwachsene auch reinschauen sollten.
Heute wird die Shortlist für denDeutschen Buchpreisbekanntgegeben und in einer Woche, am Dienstag, den 27.September, veranstalten wir mit Ihnen unser „Shortlistlesen“. Clemens Grote liest aus den sechs Finalisten. Wir danach stimmen wir alle gemeinsam ab und küren den internen Siegertitel. Das offizielle Siegerbuch wird auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober bekanntgeben. Bisher lagen wir immer daneben. Ha, vielleichts ja dieses Mal.
Heute haben Paul Valéry *1871 Lena Christ * 1881 Ezra Pound * 1885 Georg Heym * 1887 Ágota Kristóf * 1935 und Irmi Geburtstag.
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Bald ist es wieder so weit.
Georg Heym
Allerseelen I
Geht ein Tag ferne aus, kommt ein Abend. Brennt ein Stern in der Höhe zur Nacht. Wehet das Gras. Und die Wege alle Werden in Dämmrung zusammengebracht.
Viele sind über die Steige gegangen. Ihre Schatten sind ferne zu sehn, Und sie tragen an schwankenden Stangen Ihre Fackeln, die wandern und wehn.
Mauern sind viele, und Gräber, und wenige Bäume. Manche Tore darin, wo der Lorbeer trauert. Viele sitzen in Haufen über den Kreuzen, Ihre Lichter behütend, wenn der Regen schauert.
Und ein Rot steckt im Walde, dürr wie ein Finger, Wo der Abend hänget in wolkiger Zeit Mit dem wenigen Licht. Und geringer Rings ist das Nahe, und die Weite so weit.
Doch ewig ist der Wind, der nimmer schweiget In dunklem Lande, herbstlich schon erbraunet, Der dunkle Bilder viel vorüber zeiget Und dunkle Worte flüchtig trübe raunet.
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Unser Buchtipp für Leserinnen und Leser ab 10 Jahren
Frank M. Reifenberg & Gina Mayer:„Die Schattenbande legt los!„ (Band 1) Mit Illustrationen von Gerda Raidt ars edition € 12,99 als E-Book € 10,99
Bei Audiolino auf 3 CDs, gesprochen von Katja Brügger € 14,90 Kinderbuch ab 10 Jahren
Klara, Otto, Paule, Lina sind: Die Schattenbande. Ihr Spruch: „Wir sind die Schatten, schnell und schlau, keiner sieht sie je genau.“
Die Schattenbande legt los – und wie! Die vier Kinder sind immer hungrig. Da sie aus einem Waisenhaus ausgebrochen sind und in einer alten Tischlerei leben, müssen sie schauen, wie sie an etwas zu Essen kommen. Klara ist die Spezialistin für Taschendiebstahl und hat das perfekte Opfer vor sich. Eine große, stämmige Dame mit einer offenen Handtasche steht vor ihr und kauft ein. Eine Geldbörse spitzelt heraus und es ist normalerweise für Klara eine Kleinigkeit, das Ding an sich zu nehmen. Doch dieses Mal wurde sie getäuscht. Wachtmeister Eltinger hat sich verkleidet, um so den Taschendieben auf die Spur zu kommen. Eine wilde Verfolgungsjagd beginnt, in der Klara mehrfach vo Eltinger geschnappt wird, aber doch noch entweichen kann. Bis sie in allerletzter Sekunde eine kleine Türe entdeckt, hinter der sie sich verstecken kann. Wir sind nach wenigen Seiten mitten im Geschehen und in diesem Tempo geht es weiter. Der Roman spielt im Berlin der 20er Jahre. Ein Stadtplan zu Beginn und am Ende des Buches zeigt die Orte der Handlung. Auch Zeitungsausschnitte und viele Illustrationen sind im Text verstreut, der sich in 21 Kapitel aufteilt. Spannend bleibt es für die vier Kinder/Jugendlicher der Schattenbande, da Otto des Mordes verdächtigt wird und inhaftiert worden ist. Durch einen Zufall kann er befreit werden und die Bande versucht nun selbst den Mordfall aufzuklären, in den sie geratet sind. Die Zeiten sind schlecht. Es gibt wenig Arbeit. Die politische Lage ist unsicher. Eine Schule haben die Kinder nicht wirklich von innen gesehen. Nur die kleine Lina, die darunter leidet, dass sie nicht überall mitdarf, kann gut lesen und geht immer wieder in die Bibliothek und verblüfft die anderen mit ihrem Wissen. Ansonsten hat jeder der Figuren eine spezielle Begabung und gemeinsam sind sie fast unschlagbar. Das erinnert alles ein wenig an „Fünf Freunde“, oder die „Die drei ???“. Klar, wie soll es auch anders sein. So wie bei Krimis für Erwachsene, bestehen solche Bücher natürlich aus vielen Schablonen. Das Besondere an dieser Serie ist, dass sie in sich stimmig ist, das Berlin der 20er Jahre mit einfließt und trotz Verfolgungsjagden, Mord und Schiessereien ein Kinder- und Jugendbuch ab 10 Jahren geblieben ist. Das Autorenteam dreht nicht an der Actionschraube, sondern lässt ihre Bande sehr bodenständig in der großen Stadt agieren. Uns Erwachsenen kommt natürlich gleich „Emil und die Detektive“ ins Gedächtnis und das ist vielleicht gar nicht falsch. Vielleicht würde Erich Kästner genau so schreiben, wenn er im 21.Jahrhundert gelebt hätte. Es tut gut, so eine Freundschaftsgeschichte zu lesen. Spannung, Unterhaltung gibt es genügend auf den 230 Seiten und es ist ein prima Lesespaß gleichermaßen für Mädchen und Jungs.
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Neues aus der Buchhandlung:
Am Sonntag gibt es wieder neue Sonntagsskizzen von Detlef Surrey. Am Dienstag, den 3.11. stellen wir ab 19 Uhr wieder vier neue Bücher vor. Diesmal liest Clemens Grote aus:
Patrick Marnham: Schlangentanz / Berenberg Verlag Marceline Loridan-Ivens: Und du bist nicht zurückgekommen / Insel Verlag Liliane: Corobca: Der erste Horizont meines Lebens / Zsolnay Verlag Serhij Zhadan: Mesopotamien / Suhrkamp Verlag
Clemens Grote bringt noch einen Spezialtext mit, der etwas mit der Frankfurter Buchmesse zu tun hat.
Der Eintritt ist wie immer kostenlos. Wir beginnen pünktlich um 19 Uhr.
Heute haben Christine Nöstlinger * 1936 Jan Costin Wagner * 1972 Geburtstag
Der Deutsche Buchpreis ist vergeben und es hat das Buch gewonnen, das bei unserem Shortlistlesen mit den meisten Lachern bedacht worden ist. Ich wünsche dem dicken Buch viele LeserInnen.
Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969
Gudrun Ensslin eine Indianersquaw aus braunem Plastik und Andreas Baader ein Ritter in schwarzglänzender Rüstung – die Welt des kindlichen Erzählers, der den Kosmos der alten BRD wiederauferstehen lässt, ist nicht minder real als die politischen Ereignisse, die jene Jahre in Atem halten und auf die sich der 13-Jährige seinen ganz eigenen Reim macht. Erinnerungen an das Nachkriegsdeutschland, Ahnungen vom Deutschen Herbst und Betrachtungen der aktuellen Gegenwart entrücken ihn dabei immer weiter seiner Umwelt. Es entsteht ein Kaleidoskop aus Stimmungen einer Welt, die ebenso wie die DDR 1989 Geschichte wurde.
Begründung der Jury
„Frank Witzels Werk ist ein im besten Sinne maßloses Romankonstrukt. Erzählt wird die Geschichte eines Jungen aus der hessischen Provinz, der sich im Alter von dreizehneinhalb auf der Schwelle zum Erwachsenwerden befindet. In diese Geschichte eingewoben ist das politische Erwachen der alten Bundesrepublik, die beginnt, sich vom Muff der unmittelbaren Nachkriegszeit zu befreien. Diese Ära des Umbruchs wird heraufbeschworen in disparaten Episoden, die unterschiedlichste literarische Formen durchspielen, vom inneren Monolog über die Action-Szene oder das Gesprächsprotokoll bis zum philosophischen Traktat. Der Roman „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“ ist in seiner Mischung aus Wahn und Witz, formalem Wagemut und zeitgeschichtlicher Panoramatik einzigartig in der deutschsprachigen Literatur. Frank Witzel begibt sich auf das ungesicherte Terrain eines spekulativen Realismus. Mit dem Deutschen Buchpreis wird ein genialisches Sprachkunstwerk ausgezeichnet, das ein großer Steinbruch ist, ein hybrides Kompendium aus Pop, Politik und Paranoia.“
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Unser heutiger Tipp gilt sowohl für den Film, als auch für das daraus entstandene Jugendbuch.
Hayfa al-Mansur ist Filmregisseurin in Saudi-Arabien, einem Land, das keine Theater, keine Kinos, keine öffentlichen Konzerte kennt, ausser staatliche organisierte Festivals. Popmusik im Radio, Gesang von Frauen ist genauso verboten, wie das Treffen von Männern und Frauen im eigenen Haus, oder dass Frauen einfach mal so im öffentlichen Bus zur Arbeit fahren. Innerhalb der Wohnung sieht man keinen Unterschied bei den Frauen, was Kleidung, Schminke und Frisuren anbelangt. Bevor sie jedoch auf die Straße gehen, hüllen sie sich in schwarze Gewänder und legen die abaya über, das schwarze Tuch, das das komplette Gesicht verschleiert. Hayfa al-Mansur hat Film in Australien und Kairo studiert und dreht in Saudi-Arabien. Dieser Film entstand wohl tatsächlich mit staatlicher Genehmigung und mit großer deutscher Hilfe mitten in Riad. Erzählt wird die Geschichte der zehnjährigen Wadjda (sie sprechen das im Film wie Woschda, oder Woischda aus), die mit ihrer Mutter mehr oder weniger alleine lebt, da der Vater viel unterwegs ist. Sie scheinen gut situiert zu sein. Ihre Mutter geht zur Arbeit, streitet sich täglich mit dem Taxifahrer, der sie und andere Frauen abholt und wieder nach Hause bringt. Wadjda sieht, wie ihre Mutter, innerhalb der Wohnung sehr westlich aus. Jeans, schwarze Chucks und Rockmusik aus dem Radio, dessen Antenne mit diversen Drähten und Metallkleiderbügeln verlängert wurde. Sie hat ihren eigenen Kopf und fügt sich dem Druck, der auf den Mädchen und Frauen lastet nur mit Widerwillen. Dadurch bekommt sie immer wieder Ärger mit ihrer Schulleiterin. Diese läuft innerhalb der Schule, wie die schickste Dame herum. Von wegen Schleier. Nach einem Streit mit dem Nachbarsjungen, der sie oft mit seinem Fahrrad begleitet, geht Wadjda alleine heim und hat plötzlich eine Vision. Hinter einer Mauer scheint ein Fahrrad vorbeizuschweben. Dem ist natürlich nicht so, sondern das Fahrrad ist auf einem Dachgepäckträger geschnallt. Wadjda verfolgt das Auto mit dem Rad und sieht es bei einem Fahrradhändler stehen. Radfahren ist für Frauen in Saudi-Arabien verboten. Zumindest für anständige Frauen. Wadjda wünscht sich allerdings nichts mehr als diese grüne Fahrrad. Mit allen Mitteln versucht sie, dass sich ihr Traum erfüllt. Die Regisseurin erzählt diese Geschichte nicht als große Abrechnung mit Saudi-Arabien. Sie erzählt uns Alltägliches, lässt keine westliche Kritik zu und überlässt es uns, ein Bild von der Unterdrückung der Frauen zu machen. Und die ist mehr als deutlich. Die Mutter leidet sehr unter ihrer Situation.Sie kann ihre Tochter sehr gut verstehen, sieht jedoch keine Möglichkeit, wie sie ihr den Wunsch erfüllen kann. Sie selbst hätte gerne einen besseren Beruf, aber als sie ihre Freundin, die in einem Krankenhaus arbeitet, dort besucht, ist sie erstaunt, wie offen sie sich dort zeigt. Sie hätte gerne, dass ihr Mann öfter daheim ist, doch seine Familie sucht eine Zweitfrau für ihn, da sie selbst, nach der schweren Geburt von Wadjda, keine Kinder, keinen Sohn mehr zur Welt bringen kann. Sie singt so gerne. Allerdings nur bei geschlossenen Fenstern beim Abspülen. Als in der Schule ein Koranwettbewerb ausgerufen wird, bei dem die Mädchen Koranverse singend rezitieren und Fragen zu Koran beantworten müssen, sieht Wadjda ihre Chance, da es Geld für die Siegerin gibt. Sie meldet sich also für die Koranklasse an, kauft sich ein Computerspiel „Wer wird mit Millionär mit Koranfragen“ und siegt tatsächlich. Warum sie das Geld dann doch nicht bekommt, erfahren Sie im Buch, oder im Film. An diesem Tag feiert ihr Vater Hochzeit mit einer neuen Frau und Mutter und Tochter haben nur noch sich, aber gleichzeitig wartet eine große Überraschung auf Wadjda. Der Film ist voller Optimismus, Witz und Freundlichkeit. Durch diese freche, aufmüpfige Wadjda können wir auf eine bessere Zukunft für die Frauen in Saudi-Arabien hoffen. Das Radfahren ist mittlerweile für Frauen erlaubt, allerdings nur in Begleitung von Männern. Nach dem großen Erfolg des Filmes hat Hayfa Al Mansour selbst ein Jugendbuch daraus gemacht, das gerade jetzt erschienen ist. Ein kleiner Wermutstropfen: Der Film ist im Moment nicht lieferbar. Schade, wir haben ihn immer im Laden vorrätig gehabt.
Hayfa Al Mansour ist die erste Frau in Saudi-Arabien, die Filme macht, sie gilt als eine der wichtigsten Filmschaffenden des Königreichs. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Literatur von der American University in Kairo und einen Master in Regie- und Filmstudien der University of Sydney. Der Erfolg ihrer drei Kurzfilme, sowie die internationale Anerkennung für ihren preisgekrönten Dokumentarfilm Women Without Shadows, hat eine ganze neue Welle von saudi-arabischen Filmemachern beeinflusst und führte dazu, dass auf den Titelseiten der Zeitungen über die Eröffnung von Kinos diskutiert wurde. Im Königreich wird ihre Arbeit sowohl gelobt als auch verteufelt, weil sie Diskussionen über Themen anregt, die allgemein als Tabu angesehen werden, wie Toleranz, die Gefahr des Orthodoxen und die Notwendigkeit, die traditionelle und restriktive Kultur mit kritischem Blick zu betrachten. Durch ihre Filme und ihre Arbeit für Fernsehen und Printmedien hat Al Mansour sich den Ruf erworben, die Mauer des Schweigens zu durchdringen, die das Leben der saudi-arabischen Frauen begrenzt, und ihnen ein Forum für ihre ungehörten Stimmen zu schaffen.
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Werner Färbers Ungereimtheit der Woche
Das Zebra (2) CIC
Als es vor dem Spiegel stand und es das Fell, das schwarz und weiße ganz plötzlich aus der Mode fand, nahm’s eine Dusche, eine heiße.
Überdrüssig seiner Streifen, die es lang getragen hatte, fing es an, gut einzuseifen die borsthaarige Zebramatte.
Am End‘ blieb zweifarbig das Fell, doch war’s vor Hitze eingelaufen. Geläutert ging das Zebra schnell sich wieder was Gestreiftes kaufen.
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Heute abend um 20 Uhr. Kathrin Hartmann in der vh Ulm.
„Aus kontrolliertem Raubbau“ Wie Politik und Wirtschaft das Klima anheizen, Natur vernichten und Armut produzieren. Eine schonungslose Abrechnung mit der Illusion des grünen Wachstums, dem Zynismus von Wirtschaft , Politik und NGO und unserem verschwenderischen Lebensstil.
Holly Goldberg Sloan: „Glück ist eine Gleichung mit 7“ Aus dem Englischen von Wieland Freund Hanser Verlag € 16,90 Jugendbuch ab 13 Jahren Gekürzte Lesung mit Jodie Ahlborn, Jörg Pohl 4 CDs 282 Minuten Laufzeit HörbuchHamburg € 16,99
Als die 12 jährige hochbegabte, aber schüchterne Willow nach dem tödlichen Verkehrsunfall ihrer Eltern ins Kinderheim soll, wird sie kurzerhand von ihrer neugefundenen Indonesischen Freundin Mai „gerettet“. Willow wohnt ab sofort mit Mai, deren Bruder Quang-Ha und Mutter Pattie in einer umgebauten Garage. Alles ist eng und klein, aber Willow ist froh, dass sie nicht ins Heim musste und so passt sie sich den Gegebenheiten an. Sie verbringt viel Zeit beim Schulpsychologen Dell, der ihr so gut es geht, zurück ins Leben helfen will. Als dann aber doch das Jugendamt den Wohnsitz von Willow bei Pflegemutter Pattie überprüfen muss, beschliesst sie kurzerhand, dass die ganze Familie inkl. Willow bei Dell einziehen. Es wird die ganze Wohnung von Dell auf Vordermann gebracht, Kisten geschleppt und Betten aufgebaut. Innerhalb kurzer Zeit hat sich die kleine vollgestellte Wohnung in ein richtiges Zuhause für die vier entwickelt.Alles scheint sich zu normalisieren, Willow taut auf und auch Quang-Ha freundet sich mit Willow an. Doch dann kommt eine Nachricht vom Jugendamt, dass eine „richtige“ Pflegefamilie für Willow gefunden wurde… Ein Buch, dass man so schnell nicht vergisst. Die Protagonisten sind so liebenswert, dass sie einem während des ganzen Buches immer mehr ans Herz wachsen und nachdem ich es fertig gelesen hatte, musste ich immer an den liebenswerten, verrückten Haufen denken. Willow macht sehr viele Fortschritte und man freut sich jedes mal.
Einfach toll!
„Ein Wunder, wie Willow mit ihrer Art zu denken un ihrem ungebrochenen Charme ihre Welt zusammenhält. – Die außergewöhnliche Heldin lässt uns in diesem Roman die Bedeutung von Familie und wahrer Freundschaft spüren.“ Hajo Steinert/Ute Wegmann, Deutschlandfunk Büchermarkt, 01.08.15
Heute haben Verner von Heidenstam * 1859 (Nobelpreis 1916) Emil Barth * 1900 Unica Zürn * 1916 Hans-Jürgen Heise * 1930 Bernhard Schlink * 1944 Bodo Kirchhoff * 1948 Hilary Mantel * 1952 Marck Bienczyk * 1959 Geburtstag ____________________
Unser Buchtipp des Tages:
Natasha Farrant: „Die Geschwister Gadsby und die Liebe“ Aus dem Englischen übersetzt von Annette von der Weppen Carlsen Verlag € 15,99 als E-Book € 10,99 Jugendbuch ab 11 Jahren
Endlich! Teil 2 der Tagebücher von Bluebell Gadsby. Ob das gutgeht? Nach dem sehr pfiffigen, frechen, witzigen ersten Teil, hatte ich meine Zweifel. Aber: Das Warten und Lesen hat sich gelohnt „Flora in Love“, wie der Titel im Original heisst, ist in der Wortwahl und in den Handlungssträngen noch ausgereifter. Wie gesagt, die große Schwester Flora ist verliebt. Und wie! Blue(bell) hat auch zum ersten mal einen Freund, aber der erste Kuss fühlt sich gar nicht so dolle an. Und überhaupt, sie hat keine solche Gefühlsausbrüche, wie Flora und versteht deren Getue nicht so recht. Auch bei den jüngeren Geschwister geht wieder sehr viel durcheinander. Twig ist ausser sich, da die Haustiere der Gadsbys nicht mehr da sind. Der schusselige Papá die Käfigtüre der Ratten nicht geschlossen hat und die sind nun über alle Berge. Und Jas(min)? Die möchte bei einem öffentlichen Gedichtwettbewerb mitmachen, der allerdings nur für Erwachsene ist. Also braucht sie einen Strohmann. Was macht das au-pair Zoran? Na, der hat studiert, ist ausgezogen, gibt Musikunterricht, ist jedoch dauernd Anlaufstelle für für alle Probleme der Kinder und kommt überhaupt nicht zur Ruhe. Und die Eltern? Sie waren doch im ersten Teil total durchgeknallt und haben für die größte Verwirrung gesorgt. Vater Gadsby ist freier Schriftsteller geworden und arbeitet zuhause (nicht ganz einfach bei diesem Tollhaus) und die Mutter jettet nicht mehr um die Welt, sondern arbeitet für ein lokales Unternehmen und ist auch viel mehr daheim, als früher. Aber warum streiten die beiden sich schon wieder? Sie hatten sich doch kleine Flitterwochen gegönnt und kamen glücklich aus dem Urlaub zurück. Warum hat die Mutter immer Heisshunger und ist die Erdnussbutter mit dem Finger direkt aus dem Glas? Sie merken schon: Einfach wird dies nicht. Gekonnt frech, witzig nimmt uns die Autorin mit auf die Reise durch die Gefühlswelten der Gadsbys. Dass auch die Grossmuter das Durcheinander nicht lösen kann, ist eh klar. Einigermaßen den Durchblick hat noch Ex-au-pair Zoran, aber der bekommt von jedem seine Sorgen zu hören, nimmt ein „Waisenkind“ auf und verliebt sich im Endspurt des Romanes auch nicht. Natasha Farrant hat wieder voll in die Trickkiste gefasst, verwickelt ihre Handlungsstränge immer mehr und schafft es dann im letzten Augenblick das Wirrwarr zu entknoten. Diese Mischung aus Tagebucheintragungen und den erzählten Filmsequenzen von Blue (die mit ihrer neuen Kamera immer wieder direkt draufhält) machen diesen Mädchenroman zu einer perfekten Unterhaltung. Dass dann auch noch etwas Ernstes mit verbacken worden ist. Na gut. Muss wohl so sein und ist auch stimmig eingebttet. Ideale Reinziehlektüre. Großer Fehler: Das Buch ist viel zu dünn und hat nicht mal 250 Seiten. Lieber Natasha Farrant: Wir brauchen mehr. Wir warten auf Teil 3.
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Nach dem unglaublichen schönen Fest zum 25jährigen Jubiläum geht es morgen, Dienstag gleich wieder weiter. Ab 19 Uhr liest Clemens Grote wieder aus vier neuen Büchern, wie an jedem ersten Dienstag im Monat. Wir freuen uns auf Ihr/Euer Kommen.
Mit dabei diesmal:
– Carl Nixon: Rocking Horse Road – Davide Longo: Der Fall Bramard – Kristine Bilkau: Die Glücklichen – Laurie Lee: Cider mit Rosie ___________________________