Samstag, 4.November


Heute haben
Felix Braun * 1885
Klabund * 1890
Gert Ledig * 1921
Judith Herzberg * 1934
Bettina Wegner * 1947
Erich Wolfgang Skwara * 1948
Geburtstag
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Selma Meerbaum-Eisinger
Kristall

Ganz still. Und viele welke Blätter liegen
wie braunes Gold, in Sonne eingetaucht.
Der Himmel ist sehr blau,
und weiße Wolken wiegen.
Ein heller Frost den Reif auf Bäume haucht.

Die Tannen stehen frisch und grün,
und ihre Wipfel zeigen in die Luft.
Und rote Buchen schlank und kühn
hör’n auf den Adler, dessen Flug sie ruft,
und steigen immer höher himmelan.
Einsame Bänke stehen dann und wann
und auch ein bißchen Gras, schon halb erfroren –
die Sonne hat’s zu ihrem Liebling auserkoren.

8.12.1940
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Ende Oktober war Jan Wagner in der vh Ulm und hatte seinen neuen Gedichtband dabei.


Jan Wagner: „Steine & Erden

Hanser Verlag € 22,00

Die neue Gedichten Jan Wagners erzeugen eine Atmosphäre, eine Stimmung, die einzigartig in der deutschsprachigen Lyrikwelt ist. Kleinigkeiten, Nebensächliches, Unscheinbares und am Wegesrand Vergessenes kommt hier zu Tage.
Wer kennt schon einen Lyrikband, der mit einem Gedicht über alte Autoreifen, die irgendwo an einem Bahndamm gestapelt sind, beginnt? In der Leichtigkeit seines Gedichtes entstehen sofort Bilder im Kopf und lassen mich schmunzeln, über die Treffsicherheit seiner Sichtweise.
Arno Schmidts „Kühe in Halbtrauer“ tauchen kurz auf im Gedicht „kühe“:

einmal umschlossen sie, kurz hinter swords,
uns und das auto, zogen mit der würde
einer begräbnisfeier, doch nur halb so schwarz,
an uns vorüber. einmal waren wir herde. …

Im Gedicht „krähenghasele“ lese ich die Zeile „gestenreich wie eine witwe auf sizilien“, wo wir doch gestern Abend mit Germana Fabiano und Ihrem Buch „Mattanza“ genau dort gelandet sind.

Sie merken schon, in Jan Wagners finden wir alles und das, ohne ausschweifend zu werden und uns mit dem Kleinen begnügnen und darin unseren Kosmos wiederfinden.

Schauen Sie einfach mal in die Leseprobe.
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Am kommenden Dienstag, den 7.November stellen wir wieder vier neue Bücher vor.
Clemens Grote liest aus:

Toni Morrison: Sehr blaue Augen
Florian Illies: Die Zeit der Stille
Necati Öziri: Vatermal
Lauren Groff: Die weite Wildnis

Beginn: 19 Uhr
Eintritt: frei

Wir freuen uns auf Ihr/Euer Kommen.

Donnerstag, 22. September


Heute haben
Hans Leip * 1893
Rosemunde Pilcher * 1924
Fay Weldon * 1931
Lutz Rathenow * 1952
Peter Prange * 1955
Geburtstag.
Und auch Hans Scholl * 1918 (Weiße Rose)
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Theodor Storm
Ein grünes Blatt

Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,
Ich nahm es so im Wandern mit,
Auf dass es einst mir möge sagen,
Wie laut die Nachtigall geschlagen,
Wie grün der Wald, den ich durchschritt.
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Unser Buchtipp:

Dylan Thomas: „Unterm Milchwald
Ein Stück für Stimmen
Zweisprachige Ausgabe, aus dem Englischen und einem Nachwort von Jan Wagner
Plus einer Lageskizze von Llareggub von Dylan Thomas
Hanser Verlag € 27,00

„Von diesem grandiosen Klassiker des Wortweltmeisters Dylan Thomas waren sie alle begeistert- die Stones, die Beatles, Anthony Hopkins, Richard Burton, Igor Strwainsky – und ich auch!“
Elke Heidenreich

„To begin at the beginning:

It is spring, moonless night in the small town, starless
and bible-black, the cobblestreets silent and the hunched,
courters’-and-rabbits’ wood limping invisible down to the
sloeblack, slow, black, crowblack, fishingboatbobbing sea.
The houses are blind as moles (though moles see fine to-night
in the snouting, velvet dingles) or blind as Captain Cat
there in the muffled middle by the pump and the town clock,
the shops in mourning, the Welfare Hall in widows’ weeds.
And all the people of the lulled and dumbfound town are
sleeping now.

Hush, the babies are sleeping, the farmers, the fishers,
the tradesmen and pensioners, cobbler, schoolteacher,
postman and publican, the undertaker and the fancy woman,
drunkard, dressmaker, preacher, policeman, the webfoot
cocklewomen and the tidy wives. Young girls lie bedded soft
or glide in their dreams, with rings and trousseaux,
bridesmaided by glowworms down the aisles of the
organplaying wood. The boys are dreaming wicked or of the
bucking ranches of the night and the jollyrodgered sea. And
the anthracite statues of the horses sleep in the fields,
and the cows in the byres, and the dogs in the wetnosed
yards; and the cats nap in the slant corners or lope sly,
streaking and needling, on the one cloud of the roofs.“

Das legendäre Werk des walisischen Dichters Dylan Thomas in einer neuen Übersetzung von Jan Wagner, der „Unterm Milchwald“ als das schönste Stück Literatur bezeichnet, „das jemals über den Äther lief“.
Der Morgen beginnt in dem kleinen Fischerdorf Llareggub an der walisischen Küste und das, was Dylan Thomas und seiner kleinen Seestadt macht, ist so einzigartig, dass ich richtig süchtig geworden bin. Voller Wortwitz, mit verrückten Wortketten und Wortassoziationen lässt er die Einwohner der kleinen Stadt einen Tag lang zu Wort kommen. Vom frühen Morgen bis spät in die Nacht geht der Reigen an der wallisischen Küste. Es wird gelacht, geweint, gesungen und gebrüllt. Es werden Kartoffeln poliert und Bier gesoffen, der Teufel im Wald vertrieben und Orgel gespielt. Die Toten werden wieder lebendig und der Briefträger erzählt den Empfängern der Post gleich an der Türschwelle, was es alles Neues gibt auf den zugestellten Postkarten. Ich kann hier keine Inhaltsangabe schreiben, da das Stück voller überbordender Ideen ist. Was aber Gossamer Beynon, Orgel-Morgan, Mrs Ogmore-Pritchard, Mrs Willy-Nilly, Kapitan Cat, Mr Waldo, Mary Ann Seefahrer, Eli Jenkins, Lily Smalls, Boyo, Mrs Cherry Owen und Sinbad, auf den Straßen, in den Häusern, auf dem Friedhof und in der Kneipe treiben, ist einfach großartig.
Und damit auch der Autor Dylan Thomas.

Leseprobe

Dylan Thomas, 1914 in Swansea geboren, 1953 in New York gestorben, arbeitete ab 1934 für Zeitschriften und die BBC in London. 1949 zog er sich in den kleinen walisischen Fischerort Laugharne zurück. Er schrieb Gedichte, Essays, Briefe, Drehbücher, autobiographische Erzählungen und das Stück „Unterm Milchwald“, das postum mit dem Prix Italia 1954 ausgezeichnet wurde.
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Der Maro Verlag hat uns eine Kiste voll mit seiner unglaublichen schönen Anthologie „Marotte“ zugeschickt, die wir im Laden verschenken.
Wenn Sie ein Exemplar haben wollen – bitte melden.

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Wir haben während des Klimastreiks unseren Buchladen von 15 bis 17 Uhr geschlossen.
Danach ist bis 18 Uhr wieder geöffnet.

Freitag, 18.März

Tierparade von Alma


Heute haben
Stéphane Mallarmé * 1842
Christa Wolf * 1929
John Updike * 1932
Sergio Pitol * 1933
Joy Fielding * 1945
Geburtstag
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„Wann – wenn nicht jetzt.
Wann soll man leben wenn nicht in der Zeit die einem gegeben ist“
Christa Wolf
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Federico Italiano
Le anfore azzurre

Immagina settembre e il parco
che preme il fiume
verso la sua fine,
guarda il laghetto, l’arco

della notte, le lancette già chine
sul futuro anteriore,
le voluttuose lemniscate delle carpe
nel silenzio del fondale grigioverde.

Immagina ottobre e quella panchina
dove atterrò un’astronave
di ritorno da una galassia lontana:

quello che accadde sotto le grandi anfore
azzurre è memoria dei ragni, leggenda
che si tramandano gufi e salamandre.


Der Azur der Amphoren

Denk dir den Park wie er sich im September
andrückt gegen den Fluss
dass der bis an sein Ende fließen muss;
und schau auf den Teich, den Kalender

den Bogen der Nacht, die Zeiger
die sich bereits hin zur Vorzukunft neigen
die Karpfen, ihre übersatten Achterschleifen
in der Stille der graugrünen Tiefe.

Und jetzt stell dir den Oktober vor, diese Bank
und davor die Landung eines Raumschiffs
das aus einer fernen Galaxie zurück ist:

was dann unter den hohen Amphoren geschieht
wird in die kollektive Erinnerung der Spinnen eingehen
und bei Eulen wie Eidechsen zum Lied.

aus:
Federico Italiano: „Sieben Arten von Weiß“
Aus dem Italienischen von Raoul Schrott, Jan Wagner
© 2022 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München

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Unser Bilderbuchtipp:


Baptiste Paul & Miranda Paul: „Frieden
Illustriert von Estelí Meza

NordSüd Verlag € 15,00
Bilderbuch ab 4 Jahren

Frieden beginnt mit ganz kleinen, alltäglichen Taten: Ein Hallo, ein Lächeln, eine Umarmung kann Frieden bringen. Sich anzuschauen und den Namen eines Freundes richtig aussprechen – so einfach kann es sein, Frieden zu finden. Frieden braucht Mut, aber gibt auch Geborgenheit. Dank Frieden kommen auch die Kleinsten zu Wort. Frieden beginnt im Kleinen, aber er kann Großes bewirken.

Miranda und Baptiste Paul haben mit „Frieden“ ihr erstes gemeinsames Bilderbuch für den NordSüd Verlag geschrieben. Diese Hymne an den Frieden ist ihnen ein sehr persönliches Anliegen. Estelí Meza hat sich bei den Illustrationen an den warmen Farben Mexikos orientiert. Sie hat die Geschichte während des Lockdowns in Mexiko-Stadt illustriert und sich von den positiven Botschaften der Geschichte inspirieren lassen.

Im Nachwort schreibt das Ehepaar Paul, dass in Kriegsgebieten auch Tiere sterben und danach am Aussterben sind. Deshalb spielen Tiere in diesem Bilderbuch, neben den vielen unterschiedlichen Kindern, eine wichtige Rolle.

Homepage von Baptiste Paul
Homepage von Miranda Paul
Hier geht es zum Interview mit Estelí Meza.
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Dienstag, 23.April

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Welttag des Buches:
Heute haben Shakespeare, Cervantes, Wordsworth, Huelsenbeck, Nabokov, Laxness
Geburtstag.
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Jan Wagner liest „Giersch“

http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=69768

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Susanne Link empfiehlt:

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Tracy Barone: „Das wilde Leben der Cheri Matzner“
Aus dem Amerikanischen von Stefanie Schäfer
Diogenes Verlag € 24,00

Das Debüt von Tracy Barone ist ein toller Familienroman, der zwei unterschiedliche Familien zusammenschmelzen lässt – zumindestens auf den ersten Blick. Cheri Matzner ist ein rebellisches Mädchen,die es ihren Eltern nicht einfach macht, aber auch sich selbst immer wieder im Weg steht.
Filmreif und tiefgründig. Ein Buch zum Hineinversinken.

Leseprobe

Donnerstag, 11.Februar

Heute haben
Karoline Günderrode * 1780
ElseLasker-Schüler * 1869
Georg Hirschfeld * 1873
Irène Némirowsky * 1903
Maryse Condé * 1937
Frank Schulz * 1957
Geburtstag
und es ist der Todestag von Sylvia Plath (+ 1963)

Karoline von Günderrode
Der Luftschiffer

Gefahren bin ich im schwankenden Kahne
Auf dem blaulichen Oceane,
Der die leuchtenden Sterne umfließt,
Habe die himmlischen Mächte begrüßt.
War in ihrer Betrachtung versunken,
Habe den ewigen Aether getrunken,
Habe dem Irdischen ganz mich entwandt,
Droben die Schriften der Sterne erkannt
Und in ihrem Kreisen und Drehen
Bildlich den heiligen Rhythmus gesehen,
Der gewaltig auch jeglichen Klang
Reißt zu des Wohllauts wogendem Drang.
Aber ach! es ziehet mich hernieder,
Nebel überschleiert meinen Blick,
Und der Erde Grenzen seh’ ich wieder,
Wolken treiben mich zurück.
Wehe! das Gesetz der Schwere
Es behauptet nur sein Recht,
Keiner darf sich ihm entziehen
Von dem irdischen Geschlecht.

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Jan Wagner:Selbstporträt mit Bienenschwarm
Ausgewählte Gedichte 2001- 2015
Hanser Verlag € 19,90

„Das ist schlicht großartige Poesie.“
Christian Metz, F.A.Z.

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Ein Auswahlband als Selbstporträt: Jan Wagner zeigt das Beste aus anderthalb Jahrzehnten poetischen Schaffens. Schon im Debütband mit dem hochfliegenden Titel „Probebohrung im Himmel“ war all das da, was Jan Wagners Gedichte auszeichnet: Eleganz und Witz, Virtuosität und Lust am Spiel, Neugier und Hingabe, Präzision und kühle Sinnlichkeit. Sechs Gedichtbände später hat Jan Wagners Dichtung an Intensität und Reichweite gewonnen – mit mehr Preisen, aber auch mit mehr Lesern kann kaum ein Lyriker aufwarten. Das ist wunderbar, aber kein Wunder: Seite für Seite vermittelt dieser vom Autor selbst arrangierte Auswahlband, was ein gelungenes Gedicht vermag und warum wir alle mehr Lyrik lesen sollten.
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Das Buch ist wunderschön gestaltet und hergestaltet. Allein schon der weiche Leineneinband liegt so sanft in der Hand, dass es eine wahre Freude ist. Ansonsten lasse ich die Gedichte von Jan Wagner für sich sprechen und veröffentliche hier ein paar, die Sie auch auf der Leseprobe des Verlages finden können.

champignons

wir trafen sie im wald auf einer lichtung:
zwei expeditionen durch die dämmerung,
die sich stumm betrachteten. zwischen uns nervös
das telegraphensummen des stechmückenschwarms.

meine großmutter war berühmt für ihr rezept
der champignons farcis. sie schloß es in
ihr grab. alles was gut ist, sagte sie,
füllt man mit wenig mehr als mit sich selbst.

später in der küche hielten wir
die pilze ans ohr und drehten an den stielen –
wartend auf das leise knacken im innern,
suchend nach der richtigen kombination

nature morte

ein großer fisch, gebettet auf eine zeitung,
ein tisch aus holz in einer hütte in
der normandie. ganz still, ganz warm – die luft
strickt wollene socken. du kannst ihn berühren oder
auch nicht, seine silbrigen schuppen gleich langen reihen
von noten einer kühlen symphonie. sein kopf
ist ab, sonst könnte er, gesetzt den fall,
daß fische lesen können, lesen,
was über seiner rückenflosse steht
und ihm souffliert: »was tun sie, diese leute?«
das licht entzieht sich leise, das papier
nimmt tropfenweise meere in sich auf.
au fond de l’image drischt der atlantik dröhnend
die jüngsten vermißtenanzeigen in den strand.

fish & chips
 
»wir möchten sie zurückversetzen in
king edwards zeit«, stand in der karte:
hoch über unseren köpfen an der decke
 
der prunkvolle angelhaken des kronleuchters.
wir sahen in den schweren stumpfen spiegeln
das essen kälter werden. und gefrieren.
 
draußen fiel der erste schnee, wir waren
die allerletzten, späten gäste. plötzlich
das kichern der bedienung aus der küche –
 
wie jonas aus dem inneren des wals.
 
gaststuben in der provinz
 
hinter dem tresen gegenüber der tür
das eingerahmte foto der fußballmannschaft:
lächelnde helden, die sich die rostenden nägel
im rücken ihrer trikots nicht anmerken lassen.
Für alle Fenchel LiebhaberInnen:
fenchel
 
knollen vor einem gemüseladen im winter –
wie bleiche herzen, sagtest du, gedrängt
in einer kiste, wärme suchend – so daß wir
sie mit uns nahmen und nach hause trugen,
wo feuer im kamin entzündet war,
wo kerzen auf dem tisch entzündet waren,
und ihnen halfen aus ihrer dünnen haut,
die strünke kappten, die zitternden blätter entfernten
und sie zu feinen weißen flocken hackten,
wartend, bis das wasser kochte,
die fensterscheibe blind war vom dampf
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Zora del Buono liest bei uns in der Buchhandlung.
Donnerstag, den 18.Februar ab 19 Uhr
Eintritt € 10,00

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Zora del Buono: „Hundert Tage Amerika“
Begegnungen zwischen Neufundland und Key West

Sie ist ein Querschnitt durch die nordamerikanische Gesellschaft: die Atlantikküste – mit Puritanern und Quäkern im Norden, jüdischem Leben in den Großstädten, Chinatown und Little Havanna, aber auch unbekannteren Mikrokosmen wie Little Haiti in Miami. Von Juli bis Oktober hat sich Zora del Buono mit ihrem Hund Lino im Gepäck auf eine Reise entlang der Küste begeben, vom kühlen, weiten Neufundland bis in den schwülen, überdrehten Irrsinn Floridas. Sie lässt die Menschen ihre von der Einwanderung geprägten Lebensgeschichten erzählen: Hummerfischer, moderne Wikinger, Immigrationsforscher, Leute, die per Green-Card-Los ins Land kamen und solche, die vor Kriegen flüchteten wie die Boatpeople aus Vietnam.

Mit dem Blick der Europäerin erschließt die Autorin sich und dem Leser die ungeheure Vielfalt der Ostküste und fragt: Ab wann ist man eigentlich Amerikaner? Was bedeuten historische Erfahrungen von Walfang bis Woodstock für das heutige Zusammenleben? Die Antworten, die ihr unterwegs begegnen, setzt del Buono in Bezug zu Europa und verwebt Porträts, Skizzen, historische Zitate und aktuelle Notizen zu einer atmosphärisch dichten Reisereportage.

itb book award für „Hundert Tage Amerika“

Die Reisereportage von mare-Autorin Zora del Buono wurde Ende Januar mit dem ITB Berlin BuchAward 2012 in der Kategorie „Das literarische Reisebuch“ geehrt. Die ITB-BuchAward-Jury lobte die „atmosphärisch dichte und kenntnisreiche Erzählweise“ in Zora del Buonos Bericht über ihre Reise entlang der nordamerikanischen Ostküste, der bei mare im Herbst 2011 erschienen ist.

Sonntag

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Ungewöhnlich, dass Sie von mir Post bekommen. Ich bin die kommende Woche mit einer kleiner Gruppe in Rom und versuche ihnen die Ewige Stadt näherzubringen. Damit ist verbunden, dass ich während dieser Zeit nicht bloggen werde.
Fotos der Reise gibt es auf unserem Jastramfotoblog.

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Gerade rechzzeitig kam das neue „Sinn und Form“ Heft 2/2015, das nicht nur ein Interview mit Jan Wagner beinhaltet, der gerade den Buchpreis der Leipziger Buchmesse bekommen hat („Eine andere Wahrnehmung der Welt“. Ein Gespräch über Gedichte), sondern auch einen Text von Marcel Beyer: „Der Schnitt am Hals der Heiligen Cäcilie“. Diese Marmortote unter dem Altar von S.Cecilia in Trastevere gehört zu meinen Lieblingstoten in Rom und wir werden sie sicherlich besuchen. Zumal in dieser Kirche auch ein sehr altes Fresko von Cavallini zu sehen ist und die Nonnen wunderbare, selbstgemachte Marmelade aus dem Klostergarten nebenan verkaufen.
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Hier noch zwei Termine in der kommenden Woche, die Sie
vielleicht interessieren könnten.


Weltgeschichtentag am Freitag, den 20.März
Von 19 bis 20 Uhr wird bei uns im Buchladen erzählt.

Der Eintritt ist kostenlos.

Kreuzgänge am Samstag, den 21.März von 18 bis 22 Uhr
Ausstellungen, Musik, Filme, Lesungen und einige Überraschungen
bieten die ca. zwanzig Mitmachenden.

Ich wünsche Ihnen eine gute Woche.

Samstag

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Das Frühjahr kommt und wir haben die passenden Bücher dazu.
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Heute haben
Peter Paul Zahl * 1944
Jochen Schimmang * 1948
Christian Dithfurth * 1953
Geburtstag
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Gestern war der Tod im Ulmer Roxy.
Sehr lustig der Kerl.

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1

Richard Yates: „Easter Parade“
aus dem Amerikanischen von Anette Grube
btb € 9,00
als kleines Leinenbändchen bei btb für € 9,99
als eBook für € 7,99

Nach dem Proust-Hör-Marathon war lange Zeit Schluss mit Hörbuch. Zu sehr lebte Marcels Suche nach der verlorenen Zeit bei mir nach. Erst als mir Richard Yates „Easter Parade“ als Hörbuch in die Finger kam, dachte ich, dass das die richtige Mischung ist. Gelesen von Monika Bleibtreu (was sich als nicht so gut erwies), überspielte ich die acht CDs auf meinen alten iPod und los ging es mit den Schwestern Sarah und Emily, die 1921, bzw. 1925 in den USA geboren wurden. Die Eltern ließen sich 1930 scheiden und seit diesem Moment suchen die beiden Schwestern eine solide Grundlage für ihr Leben.
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Ihre Mutter trinkt sehr gerne (eigentlich tun das alle in diesem Roman, inkl. des Autors selber) und stilisiert sich ihre dröge Umwelt als einen heilen Hollywood-Film. Der Vater arbeitet bei einer Zeitung, ist bei diesem Boulevardblatt allerdings nur für die Überschriften zuständig und bleibt während seiner ganzen Arbeitszeit am gleichen Redaktionstisch kleben. Von seiner Ex-Frau wird er allerdings als knapp unter der Chefredaktion angesiedelt, wenn sie nach ihm gefragt wird.
Der Roman erschien im Original 1976 und das dürfte auch mit dem Alter der beiden Schwestern zusammenpassen. Wir erleben also mit ihnen den Zweiten Weltkrieg und die aufkommende Protest- und Hippiebewegung. Allerdings nur so am Rande, dass es schon fast verwundert, in welcher Welt die beiden leben. Mit ihrer Mutter, die Pookie genannt wird, ziehen sie von Vorort zu Vorort, von Wohnung zu Wohnung, aber heimisch werden sie nirgends. Sarah, die ältere der beiden, heiratet früh und bekommt schnell nacheinander drei Söhne, lebt auf dem Land und scheint mehr als glücklich zu sein. Pookie nennt ihr heruntergekommenes, nach Schimmel riechendes Anwesen „Hohen Hecken“ und wir meinen schon in einem Roman der Bronte-Schwestern gelandet zu sein. Emiliy bekommt ein Stipendium an einer New Yorker Universität, studiert Literatur, arbeitet als Buchhändlerin, Journalistin und lange Jahre als Werbetexterin. Nach einem kurzen Intermezzo, in dem sie mit einem an Impotenz leidenden Mann verheiratet war, nimmt viele Männer zu sich mit nach Hause. Ohne dass die Beziehungen von langer Dauer sind. Mit ein, zwei Ausnahmen abgesehen. Auch sie meint, dass sie es gut erwischt hat und nicht in der Vorstadt versumpft, wie ihre Mutter.
Ich mag gar nicht zu viel verraten. Was bei diesem Roman immer erwähnt wird, ist, dass alle Biografien zum Scheitern verurteilt sind. Und das stimmt. Richard Yates gibt keinen der Personen eine große Chance. Er lässt sie arbeiten und werkeln, Hoffnungen aufbauen, aber das Leben meint es nicht gut mit ihnen. Sicherlich hat der eigene Alkoholismus schwer in den Roman mithineingespielt und die Erfahrungen des Autors mit Büchern und Zeitungen erzeugen eine große Authentizität. Wie er jedoch biografische Wendungen einbaut, wie er seine Figuren 180 Grad Kehrwendungen machen lässt, ist schon grossartig. Emily ist dabei diejenige, die am wenigsten einzuordnen ist. Sie spiegelt die große Freiheit. Ihr Neffe sagt ihr auch am Ende, dass er sie als die erste emanzipierte Frau gesehen hat. Hinter dem Spiegel sieht die Realität jedoch anders aus. Das Ende des Romanes ist so verblüffend, dass ich einige Zeit gebraucht habe, dies zu verdauen.
Yates schafft es, seinen Figuren so viel Realität zu unterlegen, dass wir alle Facetten der jeweiligen Biografien mitbekommen und nicht nur plakative Lebensbeschreibungen.
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Ein großartiger Roman, der den „Zeiten des Aufruhr“ in nichts nachsteht.
Auf deutsch in Neuübersetzung 2007 erschienen, längst als Taschenbuch erhältlich, ist das Buch schon wieder in Vergessenheit geraten und Richard Yates kaum jemandem mehr bekannt. Es gilt ihn nochmals zu entdecken.

„Ein geradezu unheimlich aktuelles Buch – und ein berückend schönes, tief trauriges dazu, das nun endlich, endlich die Leser finden sollte, die es verdient.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Atemberaubend. Ein wunderbarer Roman.“
Die Zeit

„Easter Parade zeigt erneut Yates‘ Meisterschaft , den Lesern schmerzvolle Biographien auf beklemmende Weise nahe zu bringen. Ein makelloses Werk.“
Die Welt

„Je mehr man von ihm liest, umso rätselhafter und zugleich magnetischer wird diese Trostlosigkeit.“
Süddeutsche Zeitung

Leseprobe
Biografisches zu Richard Yates
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2

Sinn und Form
Heft 2/2015 € 11,00

Das neue Sinn und Form-Heft ist erschienen.
Und aktuell, wie die immer sind, beinhaltet es auch gleich ein Interview mit Jan Wagner, der gerade den Buchpreis der Leipziger Buchmesse erhalten hat.
Hier geht es zum Artikel.

Mittwoch

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Heute haben
Bernhard Kellermann * 1879
Giorgio Bassani * 1916
Alan Silitoe * 1928
James Ellroy * 1948
Khaled Hosseini * 1965
Geburtstag
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Unser gestriges „Shortlistlesen“ ergab nach der Abstimmung ein Siegerbuch. Auch wenn es knapp herging und Clemens Grote zwei Gedichte von Jan Wagner als Zugabe wiederholen musste, schaffte es „Zeiden, im Januar“ von Ursula Ackrill aus dem Wagenbach Verlag bei uns auf Platz eins.

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Ich gebe dieses Ergebnis nach Leipzig weiter und wir schauen, was die daraus machen.
Dank an alle, die mitgemacht haben und natürlich einen extra Dank an Clemens Grote, der uns die Texte wieder einmal gekonnt nahegebracht hat.
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Es gibt Neues von Britta Teckentrup und es wird immer kniffliger.
Da müssen sich die Erwachsenen aber ordentlich anstrengen, um vor den Kleinen die Lösung zu finden.

Britta Teckentrup:“Wir gehören zusammen!“
Ein Such-Buch
Originaltitel: Where’s the pair?
Ab 4 Jahren
Prestel Verlag € 12,99

Es ist wirklich nicht leicht die Paare aus diesen Wimmelbilder herauszufinden.
War es im ersten Band noch so, dass wir aus einem Schwarm Fledermäusen, einer Gruppe von Schildkröten, einer Kolonie von Pinguinen, … ein Tier herauszufinden, das anders war, dreht sie nun die Spieß um. Paare finden. Klingt einfach, ist es aber nicht. Britta Teckentrup, die im englischen Raum viele Bilderbücher herausgebracht hat, zeigt sich hier wieder als einzigartige Grafikerin und Illustratorin und hebt sich ab von allen anderen Wimmelbüchern, die auf dem Markt sind.

1

Ein Rudel Hunde im Park
schnuppert an den schönsten Stellen,
bis ein Hund beginnt,
lauthals zu bellen.

Sie kläffen und heulen
und rennen blitzschnell.
Findest du die Geschwister
mit genau gleichem Fell?

Na dann mal los, liebe LeserInnen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.

23

Und auch hier wird es nicht einfacher.
An diesen wenigen Beispielen merken Sie schon die künstlerische Qualität von Britta Teckentrup. Stimmig dazu ist das Papier ausgewählt worden und das kleine Kunstwerk liegt schön in der Hand.
So wünsche ich Ihnen noch viel Erfolg bei der Suche nach den zwei Bären mit den Schals im Partnerlook, den Vögeln mit dem gleichen Federkleid, den Fische, die gegen den Strom schwimmen, …

Britta Teckentrup wurde in Hamburg geboren und hat am Saint Martins College of Art und am Royal College of Art in London Kunst und Illustration studiert. Sie ist Autorin und Illustratorin zahlreicher Bücher und ihre Arbeiten werden häufig in Ausstellungen gezeigt. Heute lebt sie zusammen mit ihrem schottischen Ehemann, ihrem Sohn Vincent und ihrem Kater Oskar in Berlin.
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Unsere nächste Veranstaltung ist Ende des Monats:

Freitag, 27.März um 19 Uhr
Thomas Thiel: Als Militärpfarrer in Afghanistan

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Gefolgt von einer zweiten Ausgabe von „Literalotto
am Dienstag, den 31.März um 19 Uhr
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Mehr aus der Welt der Bücher finden Sie auch auf unseren Fotoblogs:
Jastram.tumblr.com
und
Wiebuecherleben.tumblr.com
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