Heute haben Arvid Järnefelt * 1861 Guo Moruo * 1892 Fred von Hoerschelmann * 1901 José Saramago * 1922 Hugo Dittberner * 1944 Anne Holt * 1861 Karen Duve * 1961 Geburtstag _________________________________
Christian Morgenstern Novembertag
Nebel hängt wie Rauch ums Haus, drängt die Welt nach innen; ohne Not geht niemand aus; alles fällt in Sinnen. Leiser wird die Hand, der Mund, stiller die Gebärde. Heimlich, wie auf Meeresgrund, träumen Mensch und Erde. _____________________________________
Als Einstieg in das Werk des Nobelpreisträgers:
Jon Fosse: „Das ist Alise„ Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel Mare Verlag € 18,00
„Er ging nicht weg, er blieb hier bei ihr, die ganze Zeit, bis er so plötzlich verschwand, denkt sie, er war bei ihr, vom ersten Mal, dass sie ihn ankommen sah und er da stand und sie sich einfach nur anschauten, einander zulächelten, als ob sie alte Bekannte wären, als ob sie sich schon immer kennen würden irgendwie, aber sich so unendlich lang nicht mehr gesehen hätten und sich darum so riesig freuen würden, dieses Wiedersehen machte beide dermaßen froh, dass die Freude die Führung übernahm, sie führte sie aufeinander zu, als hätte ihnen das ganze Leben lang etwas Wichtiges gefehlt, und jetzt wäre es da, endlich, jetzt war es da“.
Signe, eine alte Frau, sitzt auf einer Bank und erinnert sich an ihr Leben, Sie sieht sich als junge Frau mit ihrem Mann Asle, der täglich mit seinem kleinen Ruderboot auf den Fjord hinausfuhr, bis er nicht mehr wiederkam. Signe versteht einfach nicht, warum er grade heute nochmal raus will. Sie versteht es auch als alte Frau noch nicht und wir sehen sie am Fenster stehen und auf das Wasser schauen. Aber es gibt nicht nur Signe, sondern Jon Fosse stellt uns alle Menschen vor, die in diesem Haus gelebt haben. Bis wir bei Alise, der Ururgroßmutter Signes ankommen, die am Ufer ein Feuer hütet und auch auf jemanden wartet, der nicht wieder zurückgekommen ist. Jon Fosses schmaler Roman eignet sich als Einstieg in sein Werk und zeigt, wie meisterhaft er mit wenigen Worten eine große Geschichte erzählen kann. Ein schmaler Roman wie ein Kammerspiel auf der Theaterbühne.
Heute haben Geburtstag: Heinrich Mann * 1871 Francis Ponge * 1899 Golo Mann * 1909 Hansjörg Schneider * 1938 Harry Rowohlt * 1945 Dubravka Ugresic * 1949 Patrick McCabe * 1955 __________________________
Selma Meerbaum-Eisinger Frühling
Sonne. Und noch ein bißchen aufgetauter Schnee und Wasser, das von allen Dächern tropft, und dann ein bloßer Absatz, welcher klopft, und Straßen, die in nasser Glattheit glänzen, und Gräser, welche hinter hohen Fenzen dastehen, wie ein halbverscheuchtes Reh …
Himmel. Und milder, warmer Regen, welcher fällt, und dann ein Hund, der sinn- und grundlos bellt, ein Mantel, welcher offen weht, ein dünnes Kleid, das wie ein Lachen steht, in einer Kinderhand ein bißchen nasser Schnee und in den Augen Warten auf den ersten Klee …
Frühling. Die Bäume sind erst jetzt ganz kahl und jeder Strauch ist wie ein weicher Schall als erste Nachricht von dem neuen Glück. Und morgen kehren Schwalben auch zurück. ___________________________________
Wiederentdeckt:
Tarjei Vesaas: „Der Keim„ Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel Guggolz Verlag € 24,00
Das ist der dritte Roman des norwegischen Autoren, den Sebastian Guggloz in seinem Verlag herausbringt. Der dritte und gleichzeitig auch der älteste von den dreien. 1940 erschienen, im Jahr der Besatzung Norwegens durch die deutsche Armee. Treffender könnte der Inhalt des Buches kaum sein. In seiner verknappten Sprache spielt Tarje Vesaas mit den Gefühlen der Personen in seinem Buch und auch mit unseren Beziehungen zu ihnen. Auf einer kleinen norwegischen Insel, auf der jeder jede kennt, geschieht aus heiterem Himmel ein Mord aus dem Affekt heraus, der nicht nachvollziehbar ist. Sofort macht sich die Insel-Dorf-Gemeinschaft zu einer Hetzjagd auf, um den fremden Menschen und Mörder, der erst kurz vorher mit dem Schiff angekommen ist, zu finden, ihn zur Rede zu stellen und ihn hinzurichten. Rolv Li der Bruder der toten jungen Frau und Sohn des Großbauern befindet sich inmitten der Meute und ersticht den Täter, nachdem dieser von allen umringt worden ist. Alle machen sich bei diesem zweiten Lynchmord schuldig, aber sie zeigen mit ihren Fingern auf Rolv. Das sich an diesem Sommertag etwas tragisches geschehen wird, bahnt sich an, da Tarjei Vesaas zu Beginn des Romanes mit einer sehr merkwürdigen Szene aus dem Schweinestalls des Bauern beginnt, in dem zwei Schweine komplett durchdrehen und versuchen sich zu zerfleischen. Im Roman spielen Schuld und Sühne, sinnlose Gewalt, Familienbande und Ausbrechen aus der Inselgemeinschaft wichtige Rollen und zeigen hier schon das außergewöhnliche schriftstellerische Können des Autoren, wie wir es aus „Die Vögel“ und „Das Eisschloß“ kennen. _________________________________________
Im Rahmen der Leipziger Buchmesse und dem Schwerpunktland Österreich haben wir den Droschl Verlag und Milena Michiko Flasar zu uns eingeladen.
Donnerstag, 20.April, 19 Uhr. Der Literaturverlag Droschl stellt sich vor.
Kurz bevor Österreich Gastland auf der Leipziger Buchmesse ist, präsentiert sich Österreichs feine Adresse für Literatur: Verlegerin Annette Knoch stellt ihren Verlag vor, erzählt zu Programm, Idee und Geschichte des Hauses. Danach werden zwei druckfrische Neuerscheinungen präsentiert:
Die Tirolerin Carolina Schutti, Droschl-Autorin seit 2021, liest aus ihrem Roman „Meeresbrise„. „Ein schmales Buch, aber eines, das eine ganze Welt in sich birgt, eine Welt aus Lügen und Märchen, mit denen eine etwas seltsame Mutter ihre zwei Töchter eingesponnen hat.“ (Martin Sailer, ORF)
Anschließend tritt Bodo Hell auf, Droschl-Autor der ersten Stunde, der gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert hat und nach wie vor jeden Sommer als Senner im Dachsteingebirge arbeitet. In seinem neuen Buch „Begabte Bäume“ gibt er vom Ahorn bis hin zur Zirbe Botanisches, Historisches, Kulturgeschichtliches, Erstaunliches, Listiges und Listen zum Besten und führt uns durch Österreichs Vergangenheit und Gegenwart. Nach der Veranstaltung lädt der Verlag zu einem Glas steirischen Wein.
»Alleinstehend. Mit Hamster«, so beschreibt sie sich selbst. Suzu lebt in einer japanischen Großstadt. Unscheinbar. Durchscheinend fast. Der neue Job aber verändert alles. Ein umwerfender Roman über Nachsicht, Umsicht und gegenseitige Achtung. Herr Ono ist unbemerkt verstorben. Allein. Es gibt viele wie ihn, immer mehr. Erst wenn es wärmer wird, rufen die Nachbarn die Polizei. Und dann Herrn Sakai mit dem Putztrupp, zu dem Suzu nun gehört. Sie sind spezialisiert auf solche Kodokushi-Fälle. »Fräulein Suzu«, wie der Chef sie nennt, fügt sich widerstrebend in die neuen Aufgaben. Es braucht dafür viel Geduld, Ehrfurcht und Sorgfalt, außerdem einen robusten Magen. Die Städte wachsen, zugleich entfernt man sich voneinander, und häufig verschwimmt die Grenze zwischen Desinteresse und Diskretion. Suzu lernt schnell. Und sie lernt schnell Menschen kennen. Tote wie Lebendige, mit ganz unterschiedlichen Daseinswegen. Sie sieht Fassaden bröckeln und ihre eigene porös werden. Und obwohl ihr Goldhamster sich neuerdings vor ihr versteckt, ist sie mit einem Mal viel weniger allein. Milena Michiko Flašar hat eine frische, oft heitere Sprache für ein großes Thema unserer Zeit gefunden. Und sie hat liebenswert verschusselte Figuren erschaffen, die man gern begleitet. Ein unvergesslicher, hellwacher Roman über die ›letzten Dinge‹. __________________________________
Bitte reservieren Sie sich rechtzeitig Plätze, damit Sie sie bei den besonderen Veranstaltungen dabei sein können.