Montag, 18.Juni / Schwörmontag

Heute ist Schwörmontag in Ulm, der Feiertag des Jahres,
und wir schließen unseren Laden um 14 Uhr.
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Heute haben
William Makepeace Thackeray * 1811
Ricarda Huch * 1864
Nathalie Saurraute * 1902
Grete Weil * 1906
Georg Kreissler * 1922
Ludwig Harig * 1927
Edward Bond * 1934
Hunter S. Thompson * 1937
Geburtstag
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Ada Christen (1839-1901)
Menschen

Als ich, mit der Welt zerfallen,
Schweigend ging umher,
Da fragten die lieben Menschen:
Was quälet dich so sehr?

Ich sagte ihnen die Wahrheit;
Sie haben sich fortgedrückt
Und hinter meinem Rücken
Erklärt, ich sei verrückt.
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Heute lassen wir Hartmut wieder über seine Radltour berichten:

Tag 52

84 km von Hirson bis Charleroi

Nein nein, also ich hab wahrhaftig keinen Grund mich zu beklagen.
Da sitze ich hier in der Taverne von der Klosteranlage „Abbaye d‘ Aulne“ bei feinem Käse und noch feinerem Bier und blicke auf einen Sonntag, der völlig anders war wie ich das gestern Abend mir so vorgestellt hatte.
Da war nämlich der konfuse Plan gereift, zu versuchen nach Luxemburg zu kommen, um dort nach einem neuen Hinterrad zu schauen….das wäre 180 km und viele viele Höhenmeter gewesen. Und wie so oft war es auch bei dieser Entscheidung gut, nochmal ne Nacht drüber zu schlafen. Heut morgen nämlich fand ich den Plan doch sehr wagemütig und ich checkte nochmal in aller Ruhe und mit etwas mehr Besonnenheit die Lage und  „entdeckte “ dann das eigentlich Naheliegenste und das war die Stadt Charleroi in Belgien, nur ca. 65 km entfernt und zudem mit wenig Höhenmetern und immerhin 3 Radläden, die auch am Montag geöffnet haben (sagt zumindest Google). Also Strecke neu ins Navi eingegeben und es konnte losgehen.
Auf der Suche nach einem Sonntagmorgenkaffee kam ich an 3 Bäckereien vorbei. Kaffee bekam ich keinen dort, aber dafür jedesmal leckerste süße Stückchen. Ein kulinarisches Träumchen jedes für sich.
Tja und dann gestaltete sich dieser „verloren“ gedachte Sonntag weiter als wahrer Prachtstag. Die Route führte mich 25 km auf einer ehemaligen Bahntrasse nach Thuin (dort traf ich Andreas aus Brüssel, der mich zum Kuchen einlud) und von dort ebenso schön 22 km dem kurvenreichen Flüsschen Sambre entlang und vorbei am ehemaligen Kloster „Abbaye d‘ Aulne“, heute begehrtes Ausflugsziel und echt eindrucksvoll. Und das Bier dort ist eine Wucht und weit über das Kloster hinaus bekannt und begehrt.
Bis hierher also ein prächtiger, klassischer Ausflugssonntag von dem ich gestern nicht mal zu träumen wagte.
Und jetzt 3 Stunden später bin ich in Charleroi, der drittgrößten Stadt in Belgien und bin voll überfordert von dem Kontrast zu dem idyllischen Nachmittag. Was für eine Stadt, Industriestadt, Industrieruinen, viel Müll, Baustellen. Aber dann auch wieder moderne und gepflegte Ecken. Echt krass und zudem blühen überall meist kleine Fliederbüsche, die sich wohl selber ausgesät und ausgebreitet haben. Okay, also hier ruht die Hoffnung auf ein passendes Hinterrad. War ich heut Nachmittag vorsichtig optimistisch, bin ich jetzt doch deutlich skeptischer. Das wird sicherlich auch noch spannend mit dem Übernachtungsplatz hier.
Das Leben bietet so allerlei Erstaunliches.

Mittwoch, 4.Juli

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Heute haben
Christian Fürchtegott Gellert * 1715
Nathaniel Hawthorne * 1804
Christine Lavant * 1915
Neil Simon * 1927
Dean Meyer * 1958
Geburtstag
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Christian Fürchtegott Gellert
Der Kuckuck

Der Kuckuck sprach mit einem Star,
der aus der Stadt entflohen war.
„Was spricht man“, fing er an zu schrein,
Was spricht man in der Stadt von unsern Melodein?
Was spricht man von der Nachtigall?“
„Die ganze Stadt lobt ihre Lieder.“ –
„Und von der Lerche?“ rief er wieder.
„Die halbe Stadt lobt ihrer Stimme Schall.“
„Und von der Amsel?“ fuhr er fort.
„Auch diese lobt man hier und dort.“ –
„Ich muß dich doch noch etwas fragen:
Was“, rief er, „spricht man denn von mir,“
„Das“, sprach der Star, „das weiß ich nicht zu sagen;
denn keine Seele red′t von dir.“ –
„So will ich“, fuhr er fort, „mich an dem Undank rächen
und ewig von mir selber sprechen.“
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Claudia Wiltschek empfiehlt:

9783423146142

Francois Garde:Was mit dem weißen Wilden geschah
Aus dem Französischen von Sylvia Spatz
dtv € 10,90

1843 wird der Matrose Narcisse Pelletrier, im Alter von 18 Jahren, von seinem Kapitän versehentlich an der australische Ostküste zurückgelassen. Nach anfänglichen Widerständen fügt er sich dem Leben mit den Aborigines, die ihn wohlgesonnen aufnehmen, nimmt deren Kultur an und ist schließlich einer von ihnen. Er ist nackt und tätowiert, spricht nur noch deren Sprache und hat seinen Namen vergessen. Nach 18 Jahren wird er von westlichen Forschern entdeckt und in „seine“ Kultur zurückgebracht.
So rätselhaft und fremd dem jungen Matrosen die Welt der Aborigies erschienen war, so rätselhaft und fremd ist ihm dann auch seine Heimatwelt. Der Forscher Oktave de Vallombron nimmt sich seiner an, und macht es sich zur Aufgabe, ihn in sein altes Leben, zu seiner Familie zurückzuführen, doch Narcisse Pelletrier öffnet sich seinem Retter nur widerwillig.
Eine spannende Robinsonade, die auf einer wahren Begebenheit beruht und uns auch eine ganz neue Perspektive auf die Gepflogenheiten des eigenen Kulturkreises eröffnet. Jetzt ist der, mit dem Prix Concourt ausgezeichnete Roman, als Taschenbuch erschienen, gut im Gepäck für Badesee, Meer oder mit auf die Insel, von der man / frau auch wieder weg kommt …..
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Hardy radelt. Hardy frühstückt.

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Mehr über seine Tour durch Russland und bis ans Nordkap erfahren Sie auf seinem Blog, dem Sie auch folgen können.

www.hardy-radelt-2018.tumblr.com

 

Freitag, 15.Juni

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Heute haben
Trygve Gulbransson * 1894
und Silke Scheuermann * 1973
Geburtstag
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Heute auf dem Gedichtekalender.
Hier auf dem Blog jedoch die ganze Version.

Paul Fleming (1609-1640)
Tanzlied

Laßt uns tanzen, laßt uns springen,
denn die wollustvolle Heerde
tanzt zum Klange der Schalmeien!
Hirt‘ und Heerde muß sich freuen,
wenn im Tanz‘ auf grüner Erde
Böck‘ und Lämmer lieblich ringen.

Laßt uns tanzen, laßt uns springen,
denn die Sternen, gleich den Freiern,
prangen in den lichten Schleiern!
Was die lauten Zirkel klingen,
nach dem tanzen sie am Himmel
mit unsäglichem Getümmel.

Laßt uns tanzen, laßt uns springen,
denn der Wolken schneller Lauf
steht mit dunkeln Morgen auf!
Ob sie gleich sind schwarz und trübe,
dennoch tanzen sie mit Liebe
nach der Regenwinde Singen.

Laßt uns tanzen, laßt uns springen,
denn die Wellen, so die Winde
lieblich in einander schlingen,
die verwirren sich geschwinde!
Wenn die bulerische Luft
sie verschläget an die Kluft,
tanzt der Fluten Fuß zu Sprunge,
wie der Nymphen glatte Zunge.

Laßt uns tanzen, laßt uns springen,
denn der bunten Blumen Schaar,
wenn auf ihr betautes Haar
die verlebten Weste dringen,
geben einen lieben Schein,
gleich als soltens Tänze sein!

Laßt uns tanzen, laßt uns springen,
laßt uns laufen für und für,
denn durch Tanzen lernen wir
eine Kunst von schönen Dingen!

Passt zum Ulmer Tanzfestival Ulm moves.
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Gestern abend habe ich einen grandiosen Abend mit dem phänomenalen Teju Cole erlebt. Der us-amerikanische Autor mit nigerianischen Wurzeln machte auf seiner Deutschland-Tour nur in Berlin, Köln und Stuttgart Halt.
Mit „Open City“ wurde er berühmt. Es war plötzlich eine andere Art des Erzählens da. Cole arbeit als Kunstkritiker und schreibt für die New York Times. Es folgten Bände u.a. mit Essays und jetzt ein Buch mit eigenen Fotos, zu denen er kleine Texte verfasste. Er sagte selbst, dass diese Zeilen jede Menge Fußnoten benötigten. Diese Bemerkungen trug er gestern zu ein paar ausgewählten Bildern vor. Cole ist ein glänzender, witzige Erzähler. Klug, schlau, belesen mäandert er durch die Literaturgeschichte, zitiert hier und da und kommt von der Bibel und Homer plötzlich auf sein Lieblingsthema: Fußball.
Ja, er hat in den Jahren zuvor für Weltmeisterschaften gelebt. Diese Wochen nahm er sich frei und entwickelte sich zu einem Fachmann, dessen Witter-Einträge von Tausenden verfolgt wurden. Leider hat sich das Phänomen Twitter für ihn verändert, nachdem mit diesen wenigen Zeilen Weltpolitik gemacht wird. Gleichzeitig ist bei ihm die Korruption im Weltfußballverband immer mehr in den Vordergrund gerückt. Jetzt Rußland, dann Katar. Ein Unding so sagt er.
Und schon erging es ihm wie mir …. wir kommen vom eigentlichen Thema, der Bilder, ab. Aber genau darum geht es ihm auch. Dinge von verschiedenen Seiten zu betrachten. Dinge neu zu sehen und zwei verschiedene Texte zu einem Foto zu verfassen, ohne, dass sich dies widerspricht.
Ein unvergesslicher Abend.

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Mittwoch, 13.Juni

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Heute haben
Heinrich Hoffmann * 1809
William Butler Yeats * 1865
Fernando Pessoa * 1888
Dorothy Sayers * 1893
Anna Maria Ortese * 1914
Irvin Yalom * 1931
Geburtstag
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William Butler Yeats
A Drinking Song

WINE comes in at the mouth
And love comes in at the eye;
That’s all we shall know for truth
Before we grow old and die.
I lift the glass to my mouth,
I look at you, and I sigh.
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Michael Hammerschmid (Autor) / Rotraut Susanne Berner (Illustrator):
Schlaraffenbauch
Die Tollen Hefte Nr. 49
Herausgegeben von Rotraut Susanne Berner.
Original-Flachdruck mit fünf Sonderfarben und einer Beilage (Poster), Fadenknotenheftung mit Schutzumschlag, limitierte Auflage.
Edition Büchergilde € 18,00

Was für eine Meisterleistung und was für eine Ausdauer. Diese „Tollen Hefte“ sind mehr als toll. Sie sind jedes Mal etwas ganz Besonderes, ein kleines Geschenk an die Käufer und Leser und Betrachter. Angefangen hat das mit Armin Abmeier, einem Buchverrückten und dem Drucker und Verleger Benno Käsmayr vom Maro Verlag. Er hat mir vor Jahren erzählt, wie an den Wochenenden der Herstellung gedruckt, verworfen, nochmals gedruckt, versucht, abgewogen worden ist. Die Vorstellungen des Herausgebers waren oft drucktechnisch sehr schwer umsetzbar.
Dieses Spiel betreibt Rotraut Susanne Berner nach dem Tod von Armin Abmeier weiter.
Ich bin ein großer Vertreter des Handicaps und der Einschränkung. Und es ist eine Einschränkung. Ich kann nicht sehen, wie es am Ende aussieht. Ich stehe an der Druckmaschine und hab Herzklopfen bis zum Hals, weil ich einfach nicht weiß, wie sieht das aus. Und der Charme, der darin liegt, ist eben, dass das eine gewisse Nichtperfektion hat. Nichtperfektion nicht im Sinne von weniger schön, sondern im Sinne von: Es ist nicht so glatt.“, sagt sie. Und was dann dabei herauskommt, können wir hier mit dem 49.Heft in den Händen halten.
Michael Hammerschmids Gedichte sind eine Steilvorlage für die Illustratorin Berner. Dieses Zusammenspiel gelingt ausgezeichnet. Wortassoziationen, Andeutungen, Gedankensplitter, Gefühlswelten, nimmt die Künstlerin auf und wandelt sie in ihrer eigenen, bekannten Weise um, deutet neu und benutzt dazu eine große Anzahl von Blumen, Monden, Tieren, Monster, …

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„…
ganz ohne Fleiß
und in der Luft
fliegt alles, genau
in den Mund und
von dort beim Sprechen
und Sich-denken-allein schon
heraus …“

Und mit diesen Zeilen schließe ich diese heutige Buchvorstellung.
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Hartmut Bögel unterwegs zur Fußball-WM. Mit dem Rad!
https://hardy-radelt-2018.tumblr.com/

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75 km vor Rostov am Don

Mein bislang längster Radtag mit 223 km geht neben dem Zelt vor der Tankstelle bei einem Bierchen langsam zu Ende….müde und geschafft, aber auch sehr zufrieden dass es so gut rollt und ich mächtig vorwärts komme. Will jetzt einfach zu sehn sobald wie es eben geht an’s Schwarze Meer zu kommen und mich am und im Wasser dann ausgiebig von der Radlerei zu erholen und mich voll auf die WM vorbereiten und einstimmen. Bislang nahezu null WM Anzeichen, von Atmosphäre ganz zu schweigen; fast nichts hab ich bisher gesehen dass auf das bevorstehende Fußballfest hindeutet; das war in Südafrika und Brasilien vollkommen anders. Wenn ich freudig “Futbol…Sotschi…Ticket…Germania…” kauderwelsche ernte ich freudige und vor allem ungläubige Reaktionen, aber ich hab nicht das Gefühl es herrsche besondere Vorfreude oder Erwartung. Naja, vielleicht ändert sich das übermorgen schlagartig wenn die Russen ihr Auftaktmatch gewinnen…..

Mein Radtag heute war lang und lange recht unspektakulär auf dem guten und sicheren Seitenstreifen der Autobahn M 4; nach wie vor welliges Terrain und nach jedem Anstieg die Hoffnung dass es danach dann aber mal eine Weile eben weiter gehen wird um dann sogleich wieder hinab und dem nächsten Anstieg entgegen zu strampeln. Kurzweillige und sehr nette kurze Begegnungen bei den Kaffee-und Essenspausen an den Rasthäusern; tun mir immer sehr gut diese Freundlichkeiten; so kurz und belanglos sie auch sein mögen.

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Gegen Spätnachmittag und Abend kam dann noch richtig Leben in die sonst so gleichbleibende Szenerie. Erst endete jäh mein sicherer Seitenstreifen und 30 km musste ich die Fahrbahn mit den Autos und LKW’s teilen; das war zumindest fragwürdig ob das so sinnig für mich ist, denn rollten zwei LKW’s grollend von hinten heran war nicht mehr allzuviel Platz und zudem kam ich auch dann immer richtig in den Windsog und hatte zu tun um die Spur zu halten; ein kleiner falscher Schlenker nur -egal vom wem- hätten für Ross und Reiter fatale Auswirkungen…gottlob bekam ich nach den langen 30 km wieder meinen sicheren Seitenstreifen zurück, Juhuu.

Dann Stau auf der Autobahn; da kennen die hier nix, jeder versucht irgendwie sich vorbeizumogeln; aus der zweispurigen Straße wird dann schnell eine drei -oder gar vierspurige. Ich mittendrin und mit gewissen Vorteilen in Sachen vorbeimogeln….erst auf dem Seitenstreifen, als dieser von den Autos eingenommen wurde, bin ich auf die befestigte Kiesspur neben dem Seitenstreifen ausgewichen, doch den haben auch bald schon die Autofahrer für sich entdeckt. Mit einem lieferte ich mir eine richtiges Duell, er wollte mich partout nicht vorbeilassen und fuhr immer die Lücke zu, sodass es zu eng wurde für mich, letztlich wurde ihm dann aber ein liegengebliebener LKW zum Verhängnis und ich strampelte frohlockend vorbei und will eine gewisse Schadenfreude dabei nicht verhehlen….zeitweise bin ich auch auf die ganz linke Spur zum Überholen ausgewichen, da war durchaus Platz für ein Fahrrad …..nur Gnade Gott wenn da einer die Fahrertür unvorsichtig öffnet ..kurzum ich machte richtig Strecke entlang der abgasreichen Blechschlange und auch später als es einspurig halbwegs wieder rollte jagte ich flott der Karawane davon und machte so richtig Eindruck und war begehrtes Motiv zahlreicher Handys aus den runtergelassenen Autoscheiben heraus und bekam viel anerkennendes Huben und ebensoviel Daumen nach oben Gesten…viel Adrenalin war da im Spiel und ich geb’s zu ich hab’s genossen…..

Mittwoch, 6.Juni

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Heute haben
Pierre Corneille * 1606
Alexander Puschkin * 1799
Thomas Mann * 1875
Joyce Carol Oates * 1938
Bernd Schroeder * 1944
Erik Fosnes Hansen * 1965
Geburtstag
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Auf dem Gedichtekalender:

Georg Trakl
Im Dunkel

Es schweigt die Seele den blauen Frühling.
Unter feuchtem Abendgezweig
Sank in Schauern die Stirne den Liebenden.

O das grünende Kreuz. In dunklem Gespräch
Erkannten sich Mann und Weib.
An kahler Mauer
Wandelt mit seinen Gestirnen der Einsame.

Über die mondbeglänzten Wege des Walds
Sank die Wildnis
Vergessener Jagden; Blick der Bläue
Aus verfallenen Felsen bricht.
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Unser Taschenbuchtipp von Claudia Wiltschek:

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Berni Mayer: „Rosalie“
DuMont Taschenbuch € 10,00

Konstantin, von seinen Freunden nur „Der Schwarze“ genannt, wächst in tiefster bayrischer Provinz im kleinen Dorf Praam auf. Schon allein durch seine, als Hard- Rock-Fan, konsequent schwarze Kleidung, passt er nicht so ganz ins traditionverhaftete dörfliche Miteinander und eckt durch seine provokative
Art nicht nur im Elternhaus mächtig an. Mit seinen Freunden, dem Bartl und dem Böhmi, macht er sich das manchmal öde „Auf dem Dorf Leben“ so spannend wie möglich . Als plötzlich Rosalie in sein Leben tritt wird alles anders. Rosalie, ist die, die aus der Stadt kommt ,äusserst selbstbewusst auftritt und das Herz von Konstatin erobert. Eine zarte Liebesgeschichte nimmt ihren Anfang und auf der Suche nach einem heimlichen Plätzchen in dem alten verfallen Schloss machen die beiden eine Entdeckung ,die das ganze ruhige Dorfleben vollkommen ins Wanken bringen wird. Eine alte, verdrängte Geschichte droht ans Licht zu kommen, da die beiden Jugendlichen alles tun, um die Wahrheit zu erfahren.
Selten hat mich die Wendung in einem Roman so positiv überrascht: Flapsig,locker und witzig taucht der Leser in die Geschichte ein, ohne zu ahnen, welche Tiefgründigkeit ihn noch erwartet. Ein tolles Sommerbuch, das bis zur letzten Seite fesselt und so ein kleines bisschen an den Herrn Bierbichler erinnert.

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Hartmut Bögels Reise mit dem Rad zur Fußball-WM in Russland.
Ein wunderbarer Erlebnisbericht, dem Sie auf seinem Blog folgen können.
https://hardy-radelt-2018.tumblr.com/

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Richtung Kiew

Noch 75 km bis Kiew; heute der erste Plattfuß der Tour und das auf der Autobahn. Ein kleiner Glassplitter hat sich durch den Mantel gebohrt und den Schlauch erwischt; glücklicherweise konnte ich mich bis zu einem Rasthaus retten und dort in Ruhe flicken. Ansonsten ist die Fahrt auf dem Seitenstreifen der voll ausgebauten Autobahn ziemlich flott, was vor allem am Schiebewind liegt und so kommt mein Kilometeranzeiger auf dem Tacho mit mir prima voran. Ab und an hupt jemand wenn er an mir vorbeifährt, aber besonders zu stören scheine ich niemand. Selbstverständlich radle ich jetzt mit Helm auf dem Kopf.

Die Autobahn geht wie eine Schneise durch ein Waldgebiet und neben dem Seitenstreifen werden, meist von Frauen, Birkenzweige, Eingemachtes, Pilze und Beeren verkauft. Die Birkenzweige braucht man für die russische/ukrainische Banja = Sauna; zum abreiben und fächern.

Tankstellen und Rastplätze gibt es mässig viele und alle sind hier auf der Autobahn vom feinsten und laden zur Kaffeepause mit Wi-Fi ein. Die Preise an der Tanke sind im übrigen ähnlich wie im Laden; also das kennen wir ja anders in Deutschland.

Hinter Kiew

Das war echt eine grenzwertige Erfahrung für Ross und Reiter diese 30 km durch die Stadt Kiew am Abend….je näher ich der Stadt kam, desto dichter wurde der Verkehr; volle Aufmerksamkeit war gefordert: da ein Bus der vor einem losfährt, dann einer der noch grade so vor einem einschert , hier eine Seitenstraße wo ein Auto abfährt, dort eine Auffahrt wo welche einbiegen, rechts ein tiefer Gulli und links von der Hitze gewölbter Asphalt und immer wieder ein tiefes Schlagloch, beissende Abgase und Gasgeruch von den vielen alten gasbetriebenen Vehikel, die unterwegs sind ….alle Sinne waren gefordert und ebenso die Rücksichtsnahme der ukrainischen LKW und PKW Fahrer – ich kam heile durch und war nach diesem Husarenritt durch Kiew und davor über die Autobahn echt so richtig platt…..doch musste ja noch ein Schlafplatz her. Hab an einem Restaurant an der Stadtautobahn angefragt ob ich nicht in einem der kleinen Holzbuden rund ums Restaurant mein Zelt aufschlagen kann und war dann selbst überrascht wie problemlos und spontan das bejaht wurde…..hab dann noch zu meinem wohlverdienten Bier Salat und Pommes gegessen und einfach den Platz, die Gastfreundschaft, die ausgesprochen bemühenden beiden Bedienungen und die schöne Musik, die zum Tanzen aufforderte, genossen….доброї ночі

Mittwoch, 25.April

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Heute haben
Claude Mariac * 1914
Albert Uderzo * 1927
Elfriede Czurda * 1946
Geburtstag
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Auf dem Harenberg Gedichtekalender 2018:

Friedrich von Logau
Menschliches Elend

Alsbald ein neues Kind
die erste Luft empfindt,
so hebt es an zu weinen;
die Sonne muß ihm scheinen
den viermal zehnten Tag,
eh‘ als es lachen mag.
O Welt, bei deinen Sachen
ist Weinen mehr als Lachen.
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Siri Matthey:Bis nächste Woche dann …
Unterwegs zuhause
Ein Buch über das Pendeln
Verlag Hermann Schmidt € 20,00

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Wir haben wieder einen neuen Schwung der schönen Bücher aus dem Verlag Hermann Schmidt im Laden. Passend zum gestrigen Buch über den Tourismus, geht es hier ums Pendeln. Aber eigentlich ums Unterwegssein. Koffer packen und los. Wir kennen ja alle die Ansagen der Bahn, die nicht funktionierenden Automaten und die vollen Abteile.
Siri Matthey ist eine von den jungen Leuten, die ein Auslandssemester in Århus, ein Praktikum in Lissabon, ein Semesterprojekt in Prag, den Studienplatz in Leipzig, ein Freelancejob in Berlin und ein Coworking-Projekt in Barcelona haben. Nie zuvor waren Menschen so viel unterwegs. Und nie zuvor war Unterwegssein so selbstverständlich. Das Macbook immer griffbereit, wird Reise- zu Arbeitszeit. Das Urban Equipment besteht aus WLAN und Wasserflasche, Rucksack und Rollenkoffer, Ladekabel und Lektüre. Willkommen und Abschied begleiten den Alltag selbstverständlich. Bahncard und Bonusmeilen werden zu Möglichmachern eines Lebenskonzeptes.
Und jetzt haben wir das passende Buch zum Thema.
Schön gebunden im Stile eines Notizbuches. Mit dem Vorteil, dass unsere Bemerkungen schon drin stehen, besser gesagt hineingezeichnet worden sind.

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Das schreibt der Verlag dazu:
Ein Buch über das Unterwegssein muss robust sein und in Rollenkoffer oder Rucksack seinen Platz finden. Deshalb entschieden wir uns für ein handliches Format. Klein genug, um wenig Platz wegzunehmen, groß genug, um die subtilen Details der Illustrationen zur Geltung kommen zu lassen. Wir gönnten dem handschmeichelnden Büchlein einen lederartigen Überzug aus Fiscatech Agenda Winner, Fadenheftung und Folienprägung. Silber sollte sie werden, die Prägefolie aber hielt nicht. Inzwischen gefällt uns weiß fast besser.
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Freitag, 23.März

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Heute haben
C.F.D.Schubart * 1739
William Morris * 1834
Dario Fo * 1926
Martin Walser * 1927
Peter Bichsel * 1935
Geburtstag.
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Hugo von Hofmannsthal
Im Grünen zu singen

War der Himmel trüb und schwer,
Waren einsam wir so sehr,
Voneinander abgeschnitten!
Aber das ist nun nicht mehr:
Lüfte fließen hin und her;
Und die ganze Welt inmitten
Glänzt, als ob sie gläsern wär.

Sterne kamen aufgegangen,
Flimmern mein – und deinen Wangen,
Und sie wissens auch:
Stark und stärker wird ihr Prangen;
Und wir atmen mit Verlangen,
Liegen selig wie gefangen,
Spüren eins des andern Hauch.
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Mitarbeiterin Susanne Link empfiehlt:

Pleschinski:Wiesenstein
C.H.Beck Verlag € 24,00

Kennen Sie Wiesenstein? Die Trutzburg Gerhart Hauptmanns in Schlesien,selbst
entworfen mit Paradieshalle und Wandelgarten? Heute ein wunderbares Museum in Polen.
Pleschinski hat in seinem aktuellen Roman diesem Haus ein Denkmal gesetzt und nimmt
uns mit auf Gerhart Hauptmanns letzte Reise: Im Februar 1945 aus dem zerstörten,
geliebten Dresden nach Schlesien zum Wiesenstein, seine Heimat. Hier wird er die nächsten, seine letzten, 16 Monate verbringen – mit Masseur, Gärtner, Köchin, Küchenhilfe und seiner zweiten Ehefrau Margarete.
Pleschinski schafft es, die Atmosphäre im Haus, im Dorf und im Land sehr gut und
intensiv darzustellen. Über 500 Seiten hinweg bin ich jeden Abend gerne zum Wiesenstein gereist und habe mit den Protagonisten auch in alten Zeiten geschwelgt als die großen
Feste gefeiert wurden. Ein herrliches Buch.

Mittwoch, 2.August

Heute haben
Joseph Hayes * 1918
James Baldwin * 1924
Isabel Allende * 1942
Geburtstag.
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Heute im Gedichte Kalender:

Ernst Blass
Vormittag

Den grünen Rasen sprengt ein guter Mann.
Der zeigt den Kindern seinen Regenbogen,
Der in dem Strahle auftaucht dann und wann.
Und die Elektrische ist fortgezogen

Und rollt ganz ferne. Und die Sonne knallt
Herunter auf den singenden Asphalt.
Du gehst im Schatten, ernsthaft, für und für.
Die Lindenbäume sind sehr gut zu dir.

Im Schatten setzt du dich auf eine Bank;
Die ist schon morsch; – auch du bist etwas krank –
Du tastest heiter, daß ihr nicht ein Bein birst.

Und fühlst auf deinem Herzen deine Uhr,
Und träumst von einer schimmernden Figur
Und dieses auch: daß du einst nicht mehr sein wirst.
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Emilia Wiltschek (11) empfiehlt:

Elana K.Arnold:Keine Angst vor Stinktieren
Carlsen Verlag € 10,99
Kinderbuch ab 11 Jahre

Tiere sind super, findet der 8 jährige Junge Bat, vor allem Stinktiere, denn seit seine Mutter auf dem Weg zur ihrer Tierarztpraxis ein kleines Stinktierbaby aufgegabelt hat, soll dieses einen Monat bei ihnen wohnen. Nach seiner Meinung ist das viel zu kurz, Aber seine Mutter lässt sich nicht erweichen. Nach einem Monat soll das kleine Stinktier in eine Tierstation umgesiedelt werden. Wenn Bat nur das Stinktier zu seinem Vater mitnehmen dürfte, zu dem er jedes Wochenende mit seiner Schwester geht, wäre alles perfekt, aber das erlaubt seine Mutter nicht und so freut Bat schon immer wenn er endlich wieder bei dem kleinen Stinktier sein darf.
Eine sehr schöne Geschichte. Witzig aber gleichzeitig auch sehr orginell.
😀👍👍👍👍👍👍

Leseprobe

Dienstag, 11.Juli

Heute haben
Max Jacob * 1876
Claus Bremer * 1924
Klaus Wagenbach * 1930
Helmut Krausser * 1964
Geburtstag
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Johann Georg Jacobi
Juli

Zürnen mit dem Erdenvolke,
Zürnen will der Himmel nicht,
Wenn aus Wetterschwangrer Wolke
Gott mit seinen Kindern spricht.
Bei der Sonne sanftem Licht
Schweigen seine Donner wieder,
Und er blicket freundlich nieder,
Wo sein Strahlenbogen hängt;
Jeder Busch, von ihm getränkt,
Lispelt es; der Vögel Schaar
Singt es freudig uns entgegen,
Dass des Vaters milder Segen
In der dunkeln Wolke war.
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Lars Danielsson: Liberetto III
ACT CD   € 17,99

Oh, wie oft haben wir schon seine alte CD „Tarantella“ verkauft. Ein Traum, diese Mischung aus Jazz und süditalienischer Volksmusik. Produktiv, wie er ist, hat er einen ganzen Sack voller neuer Ideen veröffentlicht und das ACT Label bringt sie alle auf den Markt. Gut so. Zum dritten Mal hat er sich das Liberetto-Ensemble mit ins Studio geholt und wir können seit ein paar Wochen diese Melodien hören, die wohltuend schön sind. Mit Bass und Cello gibt Danielsson den Ton vor. Bläser, Schlagwerk und jetzt neu dabei das Klavier des aus Martinique stammenden Grégory Privat vervollständigen den Sound der CD. Kunstvoll und mit großer Leichtigkeit formen sich farbenreiche Klänge zu fantasievollen Kompositionen.

Donnerstag, 6.Juli

Heute haben
Unica Zürn * 1916
Bernhard Schlink * 1944
Bodo Kirchhoff * 1948
Hilary Mantel * 1952
Geburtstag.
Aber auch Roger Cicero, Dalai Lama, Bill Haley und Hanns Eisler.

Hermann Hesse
Julikinder

Wir Kinder im Juli geboren
Lieben den Duft des weißen Jasmin,
Wir wandern an blühenden Gärten hin,
Still und in schwere Träume verloren.

Unser Bruder ist der scharlachene Mohn,
Der brennt in flackernden roten Schauern
Im Ährenfeld und auf den heißen Mauern,
Dann treibt seine Blätter der Wind davon.

Wie eine Julinacht will unser Leben
Traumbeladen seinen Reigen vollenden,
Träumen und heißen Erntefesten ergeben,
Kränze von Ähren und rotem Mohn in den Händen.

Sophie Janjanin empfiehlt:
(Das Buch ist leider vergriffen, aber in der Stadtbibliothek auszuleihen)

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Stef Penney: „Die Zärtlichkeit der Wölfe“
Aus dem Englischen von Stefanie Retterbusch
Goldmann Verlag € 8,95

Die Eiseskälte im kanadischen Winter tötet jegliche menschliche Regung? Falsch gedacht. Dass auch Siedler, die zum Ende des 19. Jahrhunderts Zuflucht in die Einöde suchen, nicht vor Gewalt, Hass, aber auch Liebe gefeit sind, beweist das Buch „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ von Stef Penney (*1969).

Obwohl die Autorin selbst nie in Kanada war, beschreibt die Schottin die einsamen Weiten mit ihren Indianern, Pelzjägern und den Siedlern in einer klaren Einfachheit, deren Wortgewalt mich unmittelbar in die Wildnis versetzt hat.

Die Geschichte scheint zunächst nicht ungewöhnlich für eine Handlung zur Siedlerzeit: Über den kleinen Ort Dove River ist der Winter hereingebrochen, als der Pelzhändler Laurent Jammet ermordet und skalpiert in seiner Hütte aufgefunden wird. Zeitgleich verschwindet Francis, der stille, eigenbrötlerische Adoptivsohn des Ehepaares Ross, so dass er bei den Bewohnern schnell in Verdacht gerät, etwas mit dem Mord zu tun zu haben.

Doch die Lösung des Rätsels um Jammets Tod ist nur die Rahmenhandlung für Penneys Buch. Vielmehr zeichnet sie ein Portrait des kleinen Ortes und der menschlichen Beziehungen in der so bunt zusammengewürfelten Gesellschaft, die mitten im Nirgendwo ums Überleben kämpft. Ein ungewöhnlicher, faszinierender Roman, der weit über den romantischen Mythos der Siedler hinausgeht.