Mittwoch, 8.März

Heute haben
Kenneth Grahame * 1859
Heinar Kipphardt * 1922
Walter Jens * 1923
Juri Rytcheu * 1930
Jeffrey Eugenides * 1960
Geburtstag
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„Es gibt Leute, die bereit sind, die Freiheit zu schützen, bis nichts mehr von ihr übrig ist.“
Heinar Kipphardt
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Platz 1 der SWR Bestenliste März 2023


Friedrich Christian Delius: «Darling, it’s Dilius!»

Erinnerungen mit großem A
Rowohlt Verlag € 24,00

F.C.Delius war immer für eine Überraschung gut. Politisch, gesellschaftlich hat er sich mit seinen Texten eingemischt und das in seiner literarisch ruhigen, oft auch ironischen Art aufnotiert. Frühe Werkreportagen, wie bei Siemens, seine SPD Zeit mit Willy Brandt, das Erlebnis Fußball-Weltmeister zu werden und das am Sonntagnachmittag am Radio verfolgen zu können, die Flucht eines Mannes aus der DDR und seine Rückkehr, das Zittern des Papst beim Gebet in einer römischen Kirche und vieles vieles mehr, hat er in seinen (meist schmalen) Romanen veröffentlicht.
80 Jahre wäre er im Februar diesen Jahres geworden. Gestorben ist er im Frühjahr davor. Hinerlassen hat er uns eine Biographie in 300 Kapiteln, die alle mit einem Wort mit A in der Überschrift beginnen.
Von „Abbey Road“, „Abendrot“, „Adorf“, „Adorno“, „Akte“, „Aktien“, „Altkanzler“, „Abstand“, „Anstand“, „Aufstand“ bis zu „Arroganz“ und „Azzurro“ geht die Reihe und dahinter verstecken sich poetische, gedankenscharfe, sehr perönliche Erinnerungen aus seinem Leben. Rom, Berlin, New York, Kindheit, Familie, Arbeit und Mitmenschen sind u.a. Themen darin und zeigen einen sehr klugen, zurückhaltenden Menschen und Autor, der versteht, uns zu unterhalten.
Hi, Dilius, schade, dass es beim A geblieben ist. Was wäre es wohl für ein Buch geworden, wenn Sie den Buchstaben D ausgesucht hätten?
Vielen Dank für diese Lebenserinnerung und Auf Wiedersehen.

Leseprobe
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Ausstellung: „Frau, Leben, Freiheit“                                         

Illustrationen von Demonstrierenden der Revolution im Iran vom 11.3.- 21.4.2023
täglich 9-18 Uhr, Sonntag bis 16 Uhr im Haus der Begegnung

Herzlich willkommen zur Vernissage: 11. März um 18.00 Uhr im Haus der Begegnung
Bei der Vernissage wird es eine Liveschaltung zu der Künstlerin Naghmeh Jah aus Kanada geben und die Schauspielerin Jasmin Tabatabai spricht per Videobotschaft zur Situation im Iran.

Unter den politischen Slogans des Jahres 2022 dürfte jener aus dem Iran der bekannteste sein: „Frau, Leben, Freiheit“ riefen Tausende in den Straßen der Islamischen Republik. Auslöser der landesweiten Massendemonstrationen in Iran war der Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin JînaMahsa Amini.
Mittlerweile sind es Proteste von enormem Ausmaß, angeführt von Frauen, die unter Einsatz ihres Lebens ihre Stimme erheben gegen brutale Menschenrechtsverletzungen. Es ist demographisch die jüngste Widerstandsbewegung, die auch von mutigen Männern unterstützt wird.
Mittlerweile gibt es ca. 19000 inhaftierte Demonstrierende und unzählige Ermordungen und Hinrichtungen. Die im Exil lebende iranische Künstlerin Frau Naghmeh Jah möchte diese mutigen Menschen, die entweder hingerichtet, ermordet, gefoltert oder inhaftiert wurden und werden ein unvergessliches Gesicht geben, indem sie tagesaktuell auf social Media kunstvolle Grafiken von ihnen veröffentlicht.

Veranstalter*innen:   Diakonische Bezirksstelle, Iraniansofulm, Haus der Begegnung

Mittwoch, 1.März


Heute haben
Giorgos Seferis * 1900
Ralph Ellison * 1914
Franz Hohler * 1943
Delphine de Vigan * 1966
Franzobel * 1967
Geburtstag
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Theodor Storm
rz

Und aus der Erde schauet nur
Alleine noch Schneeglöckchen;
So kalt, so kalt ist noch die Flur,
Es friert im weißen Röckchen.
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Bruno Monsaingeon: Ich denke in Tönen
Gespräche mit Nadia Boulanger
Aus dem Französischen von Joachim Kalka
Berenberg Verlag € 28,00

Nadia Boulanger war Lehrerin und Ideengeberin vieler ­berühmter Komponisten, Pianisten, Musiker und Intellektueller im 20. Jahrhundert. Die Liste ihrer Schüler ist lang und prominent: ­Leonard Bernstein und Igor Strawinsky blieben ihr zeitlebens mit ihr befreundet. Ravel, Philip Glass und Quincy Jones hatten ihr viel zu verdanken. Aaron Copland, Grażyna Bacewicz, Elliott Carter, sogar Quincy Jones gingen in ihrer kleinen Wohnung aus und ein. Paul Valéry sagte über seine Freundin: „Sie atmet, was wir hören.“
Sie war Komponistin, Dirigentin, Lehrerin, hasste in ihrer Kindheit Musik und kam erst durch die Töne eines Krankenwagens zu ihrer Berufung. Gleichzeitig hat sie zeitlebens unter der Last ihrer Mutter gelitten.
Das Buch mit Gesprächsnotizen zeigt die Zerissenheit der Person, von der ich vorher noch nie etwas gehört habe. Interessant wäre nun eine „unabhängige“ Biografie über Nadia Boulanger, die dieses Leben von weiteren Blickwinkeln betrachtet.

Leseprobe
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Dürre in Italien und Frankreich
„Wesentlich trockener als in normalen Jahren“

Frankreich und Italien leiden aktuell unter großer Dürre. Im Interview erklärt Klimaforscher Marx, was die Gründe sind, warum ein paar Tage Regen nicht reichen – und was vor dem Sommer getan werden sollte.

tagesschau.de: Was ist da im Moment im Süden Europas los? Zu wenig Regen, zu wenig Schnee. Was ist passiert?

Andreas Marx: Eigentlich ist es im Winterhalbjahr ja so, dass es relativ nass sein sollte. Das heißt, wir haben eigentlich das Niederschlagsmaximum in den Wintermonaten im Winterhalbjahr. Der Schneespeicher baut sich auf und kann dann im nächsten Jahr ins Frühjahr bis in den Sommer hinein vor allem den Flüssen Wasser zur Verfügung stellen.
Gleichzeitig sorgt der Regen aber eben auch großflächig dafür, dass die Grundwasserstände sich in Europa wieder erholen und wieder ansteigen. Die Situation aktuell ist aber so, dass es durch die ausbleibenden Niederschläge der letzten Wochen ein Defizit gibt. Gleichzeitig stellen aber nicht nur die letzten Wochen ein Problem dar, sondern auch die Tatsache, dass die Niederschlagsdefizite und die Hitze der letzten Jahre dazu geführt haben, dass sich langsam ein großes Wasserdefizit aufgebaut hat. …

Das komplette Interview gibt es hier auf tagesschau.de
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Montag, 27.Februar

Heute haben
Henry Wadsworth Longfellow * 1807
John Steinbeck * 1902
Lawrence Durrell * 1912
Elisabeth Borchers * 1926
Geburtstag
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Winfried Hermann Bauer
Nymphaea

Alles was in die Tiefe sinkt
Stinkt, fault, gärt
Nährt dich
Ist Kraft für deine Blüte
Dein Blatt
Blassrosa, blutrot oder weiß
Wie der Schnee auf den Bergen
Deine Reinheit
Verwandelt den Schmutz der Welt
In pures Licht
Als wäre Leid und Schmerz
Nicht mehr als eine
Dunkle Erinnerung
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Unser Buchtipp, frisch ausgepackt:

Michel Bergmann: „Mameleben
oder das gestohlene Glück
Diogenes Verlag € 25,00

Michel Bergmann kennen Sie wahrscheinlich noch von seinem Roman „Die Teilacher“, der 2010 erschienen ist. Damals schrieb er sehr verschmitzt über seinen Vater, der mit seinen Angestellten nach dem Krieg wieder von Tür zu Tür ging, um Weisswäsche zu verkaufen. Das wäre ja an sich nichts besonderes. Aber die Familie Bergmann sind Juden und viele Angehörige wurden während der Zeit des Nationalsozialismus ermordert. Michel Bergmann führte uns damals schon in das jüdische Denken ein, erzählte über das Verhalten der Menschen an der Tür, die den überlebenden Bergmann erstaunt wiedererkennen.
Jetzt, nach so vielen Jahren kommt der Roman, der Bericht, über seine Mame, seine Mutter. Schon die ersten Kapitel zeigen auf, wo es in diesem Buch lang geht. Bergmann liebt seine Mutter, aber oft ist sie nicht zum Aushalten. Das war schon, als er ein Kind war und hörte auch 50 Jahre später nicht auf.
Sie ist eine übergriffige Mutter, eine egozentrische Frau, eine verletzende Person, aber auch gleichzeitig eine extrem starke Person, die die Nazizeit schwer traumatisiert überlebt hat, nie mehr nach Deutschland zurückkehren will, das Glück bei zwei Ehemännern sucht und sich durch ihr Leben kämpft. Auf dieser Suche durchlebt sie alle Höhen und Tiefen und behält ihr jüdischen Mutter-Glucken-Verhalten bei, das ihr Sohn bei jedem Gespräch zu spüren bekommt.
Wieder hat Michel Bergmann eine sehr ernste Lebensgeschichte mit viel Humor erzählt und uns eine jüdische Biografie sehr nahegebracht.
Eine besondere Leseempfehlung.

Lesen Sie die beiden Kapitel in der Leseprobe und Sie bekommen einen guten Einstieg ins Buch.