Freitag, 8.September


Heute haben
August Wilhelm Schlegel * 1767
Eduard Mörike * 1804
Wilhelm Raabe * 1831
Alfred Jarry * 1873
Michael Frayn * 1933
Helga M.Novak * 1935
Matt Ruff * 1965
Geburtstag
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Wilhelm Raabe
Vorüber


Nun ist es vorüber,
Nun ist es geschehn,
Die Donner verrollen,
Die Wolken verwehn.

Es leuchtet, es blitzet
Die Wiese, der Wald.
Was eben noch dunkel,
Wie hellt’s sich so bald!

Nun ist es geschehen,
Nun ist es getan;
Es war ja ein Traum nur,
Es war nur ein Wahn!

Vom Zweige es träufet,
Die Wimper ab auch;
Wie funkeln die Tropfen
An Blättlein und Aug‘!

Wie leuchtet die Sonne
Mit glänzendem Schein,
Über Berg, über Tal,
Ins Herz mir hinein!
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Unser Buchtipp:


Annette Mingels: „Der letzte Liebende
Penguin Verlag € 24,00

Bei ihrem Vorgängerbuch „Das entsetzliche Glück“, das in einer fiktiven Stadt in den USA spielt, habe ich nach dem ersten Drittel im Impressum nachgeschaut, wer diesen Roman aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt hat. Geht natürlich nicht, da Annette Mingels eine deutsche Autorin ist. Sie hat jedoch die Gabe, genauso zu schreiben, wie wir es von us-amerikanischen AutorInnen gewohnt sind und was wir daran so lieben. Auch in im neuen Roman „Der letzte Liebende“ ist mir diese Tatsache wieder aufgefallen. Trotz der Tragik und Trauer, die in diesem Text herrscht, umgibt ihn eine große Leichtigkeit und einen feinsinnigen Humor. Dies hat zur Folge, dass ich nicht mehr weggekommen bin und mir ein paar nächtliche Stunden um die Ohren gehauen habe.
Carl Kruger ist ein emeritierter Chemieprofessor, der in seiner 60jährigen Ehe immer wieder Verhältnisse mit seinen deutlich jüngeren Studentinnen angefangen hat. Seine Frau schafft es nicht, sich von ihm zu trennen und so leben sie gemeinsam auf zwei Stockwerken verteilt in einem Haus. Als Helen im Sterben liegt, ist er ihr keine große Hilfe und er merkt, wie weit sie sich von einander entfernt haben.
Ihre Adoptivtochter kümmert sich um Helen und nach dem Tod begeben sich Carl, Helen und deren Sohn Jason auf die Spuren seiner Kindheit in Deutschland und Polen. Diese Reise bewegt bei Carl einiges und nach der Rückkehr und einem überstandenen Herzinfarkt, findet er in seinem Zuhause in den USA etwas mehr Ruhe und Gelassenheit. Auch die Beziehung zu Helen hat einen gewissen Grad von Freundschaft erreicht, mit der beide sehr gut leben können.
Vieles habe ich bei dieser Inhaltsangabe weggelassen. Meiner Meinung nach, ist es wichtig, über die Stimmung in diesem Buch zu schreiben, in der die oben erwähnte Leichtigkeit und Empathie für die Figuren ein wunderbares Leseerlebnis erzeugen.
Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Roman von Annette Mingels.

Leseprobe

Dienstag, 29.September

Heute haben
Miguel de Cervantes Saavedra * 1547
Christian Friedrich Hunold * 1680
Miguel de Unamuno * 1864
Ingrid Noll * 1935
Gaston Salvatore * 1941
Geburtstag
und es ist der Todestag von Carson McCullers
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Christian Friedrich Hunold
Der Streit der Liebe

Die Welt liegt stets im Streit: doch dencket nicht ihr Helden/
Die ihr der Erden-Kreiß mit Stahl und Eisen zwingt/
Daß ich von eurem Kampf/ von Mord und Blut will melden/
Und wie ihr Land und Leut in eure Feßel bringt.

Ich meine diesen Krieg/ den wir mit Lieben führen/
Mit Liebe/ die diß Rund in ihre Bande schlägt/
Durch welche wir Gewalt an Leib und Seele spühren/
Und die die Helden auch zu ihren Füßen legt.

Die Liebe heißt das Band des Himmels und der Erden/
Wenn sie vollkommen ist: Wenn wir an Gott verknüpft/
Und mit der Welt in Gott zugleich verbunden werden/
Denn ist die Freude rein/ die in dem Hertzen hüpft.

Wenn aber uns die Welt zu ihren Gütern reißet/
Zur Schönheit die vergeht/ zu eitler Ehr und Lust/
Und uns mit Leib und Seel darein verlieben heißet:
So brennt verbotne Gluht in der verkehrten Brust.

Mit dieser Liebe hat ein Irdischer zustreiten.
Löscht er ihr Feuer aus und zündet neues an/
Das Oehl vom Himmel hat/ so schmeckt er Süßigkeiten/
Und fühlt was oben her ein Freuden-Feuer kan.
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Annette Mingels: „Dieses entsetzliche Glück“
Penguin Verlag € 20,00

Annette Mingels dritter Roman entführt uns in eine kleine Stadt im Nirgendwo der USA.
So richtig angemacht hat mich das Buch nicht. Eines unter vielen auf unserem Neuerscheiunungstisch. Dann der erste Satz, der erste Abschnitt:

Retter

Ziemlich genau vor einem Jahr hatten Robert und Amy eine Vereinbarunggetroffen: sie durften beide mit anderen schlafen. Das Problem war nur, dass Robert das gar nicht wollte.

Stark!, dachte ich und las weiter, tauchte ein in das Leben der beiden, mitten in der Provinz auf der Suche nach etwas Glück, Zerstreuung, einem anderen Ausblick. Annette Mingels hatte mich mit diesem ersten Abschnitt gepackt. Nicht wegen des Themas, sondern mit einem gekonnten Trick. Und so nahm mich die Autorin an die Hand und zeigte mir noch mehr Menschen in dieser kleinen Stadt, die sich täglich über den Weg laufen, die sich grüßen und gar nicht richtig kennen (aber wir, da sie in den Kapiteln davor schon aufgetaucht sind) und wieder aus den Augen verlieren. Wir erfahren gerade so viel über ihre Wünsche und Hoffnungen, damit wir weiterlesen wollen, um zu erfahren: warum, weshalb.
Annette Mingels webt gekonnt einen Roman in einzelnen Erzählsträngen, verknüpft Personen und Geschichten, springt auch mal in den Zeiten und macht am Ende einen perfekten Knopf an diesen Teppich.
Und die Menschen vor Ort? Sie suchen und finden das Glück, sie benutzen es und lassen es durch ihre Finger rieseln. Es ist dieses entsetzliche Glück, das wir auch kennen und oft nicht zupacken, wenn es vorbeikommt.
Für mich eine literarische Entdeckung, die ich allen LeserInnen hiermit empfehle.
Ein Roman, den Sie sicherlich in einem Rutsch lesen werden.