Heute haben John Berger * 1926 Sam Shepard * 1943 Hanns-Joseph Ortheil * 1951 Geburtstag _________________________________________
Paul Boldt Novemberabend
Es weht. Das Abendgold ist eine Fahne, Die von den Winden schon erbeutet wird. Ein etwas Herbst in der Platane, Ein gelles Chrom verweht, verwird.
In Wolken gleich verkohlten Stämmen Riecht man die tote Sonne noch; Dann das Einatmen, Drängen, Dämmen — Einsamkeiten kommen hoch. (1914) ________________________________________
Michael Wollny: „Mondenkind“ ACT 2020 € 19,99
Michael Ende stand Pate für den Titel von Michael Wollnys erster Solo-Platte. Im Juli 1969 fand die erste Mondlandung statt und während Armstrong und Aldrin auf dem Mond spazierten, umkreiste Michael Collins den Mond. Jede Runde dauerte 46:38 Minuten und davon war Collins auf der Mondrückseite von jeglicher Kommunikation abschnitten. Genauso lange dauert die Musik auf dieser CD. Michael Wollny hatte einen Termin in einem Berliner Tonstudio für ein erstes Solo-Werk. Genau in dieser Zeit kam es zum Lockdown. Wollny war nicht nur alleine auf dem Weg zum Studio, sondern auch das Studio war fast leer. Im Hotel war er der einzige Gast und es gab auch kein Personal. Somit war er tatsächlich mit sich und seiner Musik allein. Diese Einsamkeit, diese Entschleunigung, das Zufriedensein, Angst und Frieden können wir auf dieser CD entdecken. Es ist der Moment, wenn wir ganz bei uns sind und dies genießen sollen/können.
Heute haben Gérard de Nerval * 1808 Arthur Conan Doyle * 1859 Johannes R.Becher * 1891 Robert Neumann * 1987 Geburtstag
Heute ist der Tag der Artenvielfalt. _____________________________
Conrad Ferdinand Meyer
Dämmergang
Du lebst meerüber In blauer Ferne Und du besuchst mich Beim ersten Sterne.
Ich mach im Felde Die Dämmerrunde, Umbellt, umsprungen Von meinem Hunde.
Es rauscht im Dickicht, Es webt im Düster, Auf meine Wange Haucht warm Geflüster.
Das Weggeleite Wird trauter, trauter, Du schmiegst dich näher, Du plauderst lauter.
Da gibt’s zu schelten, Da gibt’s zu fragen, Und hell zu lachen Und leis zu klagen.
Was wedelt Barry So glückverloren? Du kraust dem Liebling Die weichen Ohren …
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Laila Biali: „Out of Dust“ ACT € 19,99
„Eine Zeile aus einem Song der indischen Gruppe Gungor ist eine Art Hymne für mich geworden: ›Er macht wunderschöne Dinge aus Staub‹, heißt es dort. Daher stammt der Albumtitel, der mein Anliegen als Songwriterin und Musikerin beschreibt: Ein bisschen mehr Zuversicht, Liebe und Lebensmut zu verbreiten.“
Das können wir im Moment gut gebrauchen. Lebensfreude, Zuversicht, Liebe und Vertrauen. Das strahlt das zweite Album der Pianistin und Sängerin aus Kanada aus. Sie hat wohl sehr schwierige Jahre hinter sich. Todesfälle in ihrer nächsten Umgebung und eine eigene schwere Krankheit. Umsomehr war es für sie wichtig, sich davon mit Hilfe der Musik zu lösen. Und das ist ihr wirklich gelungen. Diese Mischung aus Jazz, Pop, Soul, Latin und Blues passt in den warmen Mai, in das Abendlicht, das Conrad Ferdinand Meyer oben beschreibt. Dass ich damit gar nicht so falsch liege, können wir an den vielen Auszeichnungen erkennen, die das Album und Laila Biali eingefahren hat. U.a. auch als bestes Vokaljazz Album des Jahres. Na denn.
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Hallo zusammen, wir freuen uns sehr, dass am kommenden Sonntag, bei unserem vierten Livestream-Konzert, zwei Musiker der Extraklasse nach Ravensburg kommen, um im Theater ein ca. 50-mimütiges Konzert zu spielen, das ab 19.00 Uhr live und ohne Saalpublikum gestreamt wird und sicher weltweit Anklang findet.
Jazztime und Theater Ravensburg präsentieren: Siyou’n’Hell / Siyou & Hellmut Hattler Livestream-Konzert Sonntag, 24. Mai 2020 – 19.00 h
Eine Stimme, ein Bass und die Inspiration des Augenblicks! Hier agieren zwei, die aus ganz unterschiedlichen musikalischen Traditionen kommen, um sich zu einer (im wahrsten Sinne des Wortes) unerhörten, harmonischen Einheit zu ergänzen.
Der virtuose Bassist, der mit KRAAN, TAB TWO und seiner Band HATTLER seit locker 40 Jahren am Soundtrack der deutschen Musikgeschichte mitschreibt – und die in Kamerun geborene Sängerin mit begnadeter Stimme und tiefer Verbundenheit zu Gospel und Soul. Dass sich diese zwei mit den denkbar unterschiedlichsten musikalischen Wurzeln zusammentun, war zunächst ein reines „Spaßprojekt”, wie Hellmut Hattler sagt. Doch das Experiment gelang – zum Erstaunen der Akteure: „Wir haben etwas scheinbar Unmischbares gemischt und mit großen Augen erkannt: Es funktioniert!“ Siyous einzigartige Mischung aus Gospel, African Roots, Pop, Soul und Jazz gepaart mit Hattlers virtuosem, aber trotzdem minimalistischen Bassspiel ergänzen sich perfekt und stehen wie eine Eins. Aus HATTLER Songs, gemeinsamen Lieblingsliedern und eigenen Stücken haben sie bereits drei Alben herausgebracht. Die Reduktion auf Stimme und Bass erzeugt ein Maximum an knisternder Intensität!
Natürlich ist der Stream kostenlos, trotzdem wäre es super, wenn ihr bereit wärt, für die beiden Musiker über den folgenden Paypal-Link einen kleinen Obolus zu spenden. Das Geld geht zu 100% an die Musiker, die es in dieser „konzertlosen“ Zeit wirklich gebrauchen können. D A N K E!
Wir freuen uns auf zahlreiche Zuschauer, ein tolles Konzert und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen! Bleibt gesund! T. Fuchs Jazztime Ravensburg e.V. www.jazztime-ravensburg.de
Ein kleines Interview per Mail:
Liebe Siyou, lieber Hellmut, ein Live Konzert ohne Publikum. Habt Ihr das schon mal gemacht?
ja, einmal – haupsächlich um zu sehen, wie es sich anfühlt nur in eine webcam hinein zu musizieren. es ging zwar trotzdem erstaunlich gut ab, aber mit der entlohnung ist das so eine sache…
Könnt Ihr Euch vorstellen, so etwas öfter zu machen?
wenn man es in den griff bekommen könnte, dass sowas nicht nur unter gratis-netz-bespaßung funktioniert: gern. schon auch, weil es ja locker noch eine ganze weile dauern wird, bis wir es wieder mit einem normalen konzertbetrieb zu tun haben werden. wir müssen jetzt versuchen, neue wege auszuloten um zu überleben – und da wir ja schon seit vielen jahren auf eine humane entlohnung für unsere gestreamte musik im netz verzichten mussten, blieb nur noch das live spielen als verdienstmöglichkeit übrig – und die bricht halt nun auch massiv weg…
Habt Ihr sonst Ideen, wie Ihr an die Öffentlichkeit treten könnt und damit auch noch Geld zu verdienen?
nein, nicht wirklich; leider.
Ihr habt ja nun viel „Freizeit“ – Zeit für Kreatives?
das stimmt. ich habe zum beispiel in den letzten zwei.monaten an einem neuen KRAAN album gearbeitet, indem wir unsere files hin- und her geschickt haben (also nicht, wie gewohnt, im studio zusammen aufgenommen haben) und das ging ganz erstaunlich gut vonstatten, ich habe das gefühl, dass es sogar ein besonders gutes album werden wird!
Ist die Stimme geölt, der Bass warmgespielt?
siyou macht ja eh viel mit ihrer stimme, neuerdings auch wieder mit ihren chören (mit viel abstand!), bei mir ist die routine ein bisschen weg, denn die studioarbeit entfacht ja nicht die gleiche menge an adrenalin und druck wie die live konzerte, die ich allerdings jetzt schon sehr vermisse.
Ich wünsche Euch alles Liebe und Gute, viel Erfolg.
Heute haben Iwan Turgenjew * 1818 Welimir Chlebnikow * 1885 Anne Sexton * 1928 Imre Kertesz * 1929 Edoardo Nesi * 1964 Geburtstag ______________________________
Theodor Storm
Mit einer Handlaterne
Laterne, Laterne! Sonne, Mond und Sterne, Die doch sonst am Himmel stehn, Lassen heut sich nimmer sehn; Zwischen Wasserreih und Schloß Ist die Finsternis so groß, Gegen Löwen rennt man an, Die man nicht erkennen kann!
Kleine freundliche Latern‘, Sei du Sonne nun und Stern: Sei noch oft der Lichtgenoß Zwischen Wasserreih und Schloß Oder – dies ist einerlei – Zwischen Schloß und Wasserreih! ___________________________
Göteborg und Brooklyn waren schon Anlaufstellen für ihre Inspirationen. Jetzt also Irland. Aber nicht dass Sie meinen, die Brüder packen jetzt die Tinwhistles aus. Nein, ihr Sound ist der gleiche geblieben. Ruhig und konzentriert spielen sie auf Klavier und Trompete. Diesmal ohne Schlagzeug und Bass, allerdings mit Cello, gespielt von Jörg Brinkmann. „Auf Bass und Schlagzeug zu verzichten, gibt uns mehr Entfaltungsmöglichkeiten, es bringt eine größere harmonische Freiheit mit sich und erlaubt uns, in weiten Spannungsbögen zu denken. Die Musik schwebt dadurch mehr.“ Und obwohl Irland für die Musiker nur der Inspirationsboden für ihre CD ist, interpretieren sie auch Gilbert O’Sullivan Hit „Clair“ sowie „Moondance“ von Van Morrison. Was rede ich so lange. Einfach mal reinhören:
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Nicht vergessen. Heute abend um 20 Uhr liest Dörte Hansen im Ulmer Roxy.
Heute haben Aleksandar Tisma *1924 Susan Sontag * 1933 Inger Christensen * 1935 Reinhard Jirgl * 1953 Geburtstag _______________________________
Georg Heym
Lichter gehen jetzt die Tage In der sanften Abendröte Und die Hecken sind gelichtet, Drin der Städte Türme stecken Und die buntbedachten Häuser.
Und der Mond ist eingeschlafen Mit dem großen weißen Kopfe Hinter einer großen Wolke. Und die Straßen gehen bleicher Durch die Häuser und die Gärten.
Die Gehängten aber schwanken Freundlich oben auf den Bergen In der schwarzen Silhouette, Drum die Henker liegen schlafend, Unterm Arm die feuchten Beile.
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Drei Männer, drei Flügel, eine super CD. Das ACT-Label hat die drei Pianisten schon lange unter Vertrag. Sie waren auch in verschiedenen Besetzungen hier im Raum Ulm zu hören. Aber wenn nun alle drei zusammen auf der Bühne stehen, dann ist das schon etwas ganz Besonderes. Sie sind eigentlich in verschiedenen Stilen unterwegs und das zeigt sich auch auf dieser Aufnahme. Wie sie sich auf den anderen einlassen, wie sie mit den „fremden“ Stilen spielen und wie sie das mit viel Vergnügen tun, ist schon spitzenklasse. Leszek Możdżer, Iiro Rantala und Michael Wollny haben das klassiche Klavierspiel gelernt und bewegen sich zwischen Klassik, Jazz und Pop, wie man am Lied „Imagine“ hören kann, oder gleich an der CD von Rantala, die voll mit John Lennon Liedern ist.
Heute haben Max Dauthendey * 1867 Elias Canetti* 1905 Paul Watzlawick * 1921 Geburtstag. ____________________________
Max Dauthendey
Blütenleben
Lauer Schatten. Ein blühender Birnbaum auf altem müden Gemäuer. Bronzefarbenes Moos quillt über die Kanten und Risse. Ringsum Gras, junggrün und durchsichtig. Es neigt sich leise und schmiegsam. Harte blaßgelbe Winterhalme zittern dazwischen, farblos und schwach, wie vergrämte greise Haare. Aschgraues und purpurbraunes Laub, mit feinem Metallschimmer, wie tiefes gedunkeltes Silber deckt den Grund. Hie und da ein weißes Blütenblatt mit blaßrosiger Lippe. Leicht, zart, aber müde. Das Geäst biegt sich dicht und tief zur Erde. Sacht zerrinnt Blüte um Blüte und gleitet weiß, zögernd nieder. Die Zweige senken sich tief, bis zu den einsam gefallenen Blüten. Das Alter hat den Stamm zerschürft. In der gefurchten Rinde ziehen die Ameisen eine Straße hoch hinaus zur Krone. Emsig und flink rennt es aneinander vorüber. Und dann oben die Bienen. Sie saugen schwerfällig und lüstern von den süßen Lippen und klammern trunken an den weichen Blütenrändern. Ein üppiges Summen ist in der Laubkrone, ein einförmig gärender Ton. Die Blüten zittern leise, und die jungen Blattspitzen Zittern. Der alte Baum wiegt sich und seufzt. Duft löst sich, schwebt hinaus in den blauen Sonnenschein, warmsüß und scharf herb.
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Emile Parisien, Vincent Peirani, Andreas Schaerer & Michael Wollny:
„Out Of Land„
Act Music CD € 19,99
Emile Parisien – Sopran-Saxophone Vincent Peirani – Akkordeon Andreas Schaerer – Vokal-Gesang und Mund-Percussion Michael Wollny – Piano
Ja, was ist das denn? Da treffen sich vier Ausnahmekünstler bei einem Festival, reden, trinken und schmieden Pläne. Was daraus entstanden ist? Na, dieses Livealbum, das einfach mal so mitgeschnitten worden ist. Künstlerische Freiheit, das Unerwartete, das Verlassen des sicheren Terrains und die Spannung des musikalischen Moments. So könnte man vielleicht das beschreiben, was dabei herauskam. Andreas Schaerer: „Ich verstehe meine Stimme als Instrument und vielleicht ist es dadurch etwas einfacher, mit anderen Instrumentalisten kollektiv zu musizieren, weil ich mich weniger als Sänger verstehe, der von einer Band begleitet wird, sondern eben auch als Teil eines Ensembles gerne funktioniere. … Wir waren dort gleichzeitig am spielen mit verschiedenen Projekten und haben dann im selben Hotel gewohnt und haben dann ab und zu Abends noch etwas gemeinsam getrunken und philosophiert über Musik und das Leben. Wir haben gemerkt, da ist irgendwie eine gemeinsame ideologische Haltung gegenüber der Musik vorhanden. Wir haben auch uns gegenseitig sehr stark für des anderen Wirken und Werken interessiert.“
Einzeln konnten wir diese Künstler schon in Ulm und/oder in Langenau hören und sehen. Dass die vier jedoch zusammen auf einer Produktion auftauchen, ist schon etwas ganz Besonderes.Überzeugen Sie sich selbst und nehmen Sie sich die paar Minuten für das obige Video.
Heute haben Max Jacob * 1876 Claus Bremer * 1924 Klaus Wagenbach * 1930 Helmut Krausser * 1964 Geburtstag
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Johann Georg Jacobi
Juli
Zürnen mit dem Erdenvolke, Zürnen will der Himmel nicht, Wenn aus Wetterschwangrer Wolke Gott mit seinen Kindern spricht. Bei der Sonne sanftem Licht Schweigen seine Donner wieder, Und er blicket freundlich nieder, Wo sein Strahlenbogen hängt; Jeder Busch, von ihm getränkt, Lispelt es; der Vögel Schaar Singt es freudig uns entgegen, Dass des Vaters milder Segen In der dunkeln Wolke war.
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Oh, wie oft haben wir schon seine alte CD „Tarantella“ verkauft. Ein Traum, diese Mischung aus Jazz und süditalienischer Volksmusik. Produktiv, wie er ist, hat er einen ganzen Sack voller neuer Ideen veröffentlicht und das ACT Label bringt sie alle auf den Markt. Gut so. Zum dritten Mal hat er sich das Liberetto-Ensemble mit ins Studio geholt und wir können seit ein paar Wochen diese Melodien hören, die wohltuend schön sind. Mit Bass und Cello gibt Danielsson den Ton vor. Bläser, Schlagwerk und jetzt neu dabei das Klavier des aus Martinique stammenden Grégory Privat vervollständigen den Sound der CD. Kunstvoll und mit großer Leichtigkeit formen sich farbenreiche Klänge zu fantasievollen Kompositionen.
Eine Geschichte wie im Märchen. Auf der Heimfahrt vom JazzBaltica Festival nach Kopenhagen treffen sich die drei Musiker und finden, dass es doch eine klasse Idee wäre, gemeinsam ein Platte aufzunehmen. Einfach nur so. Jeder bringt seine Stücke mit und los geht’s. Es sollte noch ein paar Jahre dauern, bis die Idee in die Realität umgesetzt wurde. Saxophon, Bass und Schlagzeug, so fanden die drei „geben Raum und Freiheit“. Es sollte eine Aufnahme ohne Leader sein. Gleichberechtigt und mit viel Lust und Laune … so war der Gedanke und jetzt ist sie da. Und wie. Die drei Weltklasse-Musiker lassen es krachen, spielen unbelastet und mit sehr großer Spiellaune, werfen sich die Bälle zu und verwerten jede noch so heisse Steilvorlage. Grandios. Der Opener „Little Jump“, ein Blues von Danielsson grooved. Die Musiker spielen sich warm und improvisieren, was das Zeug hält. Immer wieder finden sie genial zusammen, halten sich an die Grundmelodie, um dann sofort wieder neue, eigene Gedanken in Musik umzusetzen. Und so geht es Stück für Stück. Und wer da noch ruhig auf’m Sofa sitzen kann, ist blind auf beiden Ohren, hat keine Ahnung von Jazz und verpasst ein kleine Sensation. Na, vielleicht übertreibe ich auch ein wenig.Die kleine Hör-Video-Probe wird Sie hoffentlich überzeugen, damit Sie sich meiner Meinung anschließen.
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Werners Färber Ungereimtheiten der Woche
Das Ungeheuer von Loch Ness CCLCIX
Das Ungeheuer von Loch Ness holt Luft und geht auf Tauchstation. So entzieht es sich dem Stress der Touristen-Invasion.
Die vielen Menschen groß und klein vom Ufer aus die Hälse recken. Denn jeder will der erste sein, jenes Monster zu entdecken.
So wartet Nessi auf dem Grund des Lochs gelangweilt nur darauf,
dass die Touristen weg sind und
taucht dann erleichtert wieder auf.
Heute haben Hans Sachs * 1494 John Berger * 1926 Sam Shepard * 1943 Ulla Berkéwicz * 1948 Hanns-Josef Ortheil * 1951 Geburtstag __________________________
„With the lights out, it’s less dangerous“ Nirvana
Michael Wollny: „Nachfahrten“ Act CD € 18,00 Vinyl € 20,00 mit Download Code
Besetzung:
Michael Wollny / piano Christian Weber / bass Eric Schaefer / drums
Produziert von Siggi Loch, 2015
Am Anfang stand ein Buch. So schreibt es die Plattenfirma. „Nachtmeerfahrten“ von Simone Stölzel, erschienen in der Anderen Bibliothek, aus deren Reihe wir ja gerade ein Buch vorgestellt haben. „Die dunkle Seite der Romantik“ heisst der Untertitel des Buches und enthält eine literarische Reise durch die dunkle Seele der Romantik – von Lüsten, Wahn und anderen Zwängen. Die Visionen der Romantik haben die europäische Kultur der vermeintlich aufgeklärten Moderne geprägt – so viel epochaler Anfang war nie. Ob in der Philosophie, der Literatur oder der Kunst, die Romantik war eine wunderbare Neuaneignung unseres Welt- und Selbstverständnisses. Zu ihrer Konsequenz geführt aber wird die romantische Idee erst in der Schwarzen Romantik – erst diese leuchtet die Abgründe der Seele, das uns Fremde, die andere Seite der Vernunft aus und lässt die Utopie vom besseren Menschen brüchig aussehen. Gefunden habe ich auch eine Dokumentation über C.G.Jung mit dem selben Titel. Das könnte alles zusammenpassen und die Musik, die wir auf dieser Produktion hören, ergänzt genial Buch und Film. (Vielleicht sollte ich alle drei Sachen in einem Päckle verkaufen?) Für Wollny spielt die Nacht schon immer eine wichtige Rolle in seiner Musik. Hat er doch mehrfach schon Nosferatu mit Musik unterlegt. Der 37jährige war auch schon in der Nähe und wer ihn dort erlebt hat, wird seine Virtuosität nicht vergessen. Nachts sind zwar alle Katzen grau, Wollny bleibt jedoch auch in diesen 14 Musikstücken ein Meister der schwarz-weissen Tasten. Der Begriff Nocture lässt sich hier einfügen und das Stück Nr.10 heisst dann auch so. Wollny und seine Mitspieler bedienen sich verschiedener Vorlagen, improvisieren darauf. Wir entdecken Musik, die zu Filmen passen würde. Wir haben plötzlich eine Melodie aus „Twin Peaks“ im Ohr, kommen zum verwandelten Kinderlied „Au clair de la lune“, entecken ein Musikstück, das nach einem Buch von Edgar Allan Poe („Metzengerstein“) benannt wurde und kommen nach den Eingangsstücken „Questions in a World of Blue“ und „Nachtmahr“ wieder zurück zu den „Nachtfahrten“. Der Reigen der Nocture schliesst sich. Wollny beginnt sehr ruhig und endet in dieser Art auch wieder. Hier ist eine andere Seite des besten Pianisten Deutschlands zu entdecken, die zwar schon immer vorhanden war, aber nicht in dieser Intensität.