Heute haben
Karl Krolow * 1915
Janosch * 1931
Fanny Morweiser * 1940
Douglas Adams * 1952
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Die FAZ meldete gestern, dass der deutsche Buchhandel letztes Jahr 4,2 Milliarden Euro umsetzte. Immerhin ein Prozent mehr, als im Jahr zuvor. Ratgeber und Reiseführer haben sehr zugelegt, die Belletristik hatte keinen so großen Erfolg zu vermelden, wie davor mit „Shades Of Grey“ (ach herrjeh!). Das stärkste Wachstum mit fünfzig Prozent hatten die E-Books zu vermelden. Das hört sich nach viel an, macht aber weniger als ein zwanzigstel des gesamten Kuchen aus.
So! Dann werden wir um 9 Uhr unseren Laden wieder aufschließen, um einen Teil der 4,2 Millarden abzuräumen.
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Das Jahr 1914 steht hier in Deutschland unter dem Zeichen des Ersten Weltkrieges, der sich zum 100.Mal jährt. Es gibt demzufolge jede Menge Bücher zu und um dieses Thema. „Die Schlafwandler“ und „Der große Krieg“ haben sich dabei als die herausgestellt, die die besten Kritiken bekommen haben. Beide Bücher platzen fast aus den Nähten, so viele Seiten haben sie, um möglichst viel Informationen ins Buch zu packen. Der Roman, den ich Ihnen heute vorstellen möchte, macht genau das Gegenteil. Mit 128 Seiten und einem kleinen Format erzählt er auch über die vier Jahre ab dem Jahr 1914. Gleich mit dem Titel stellt der Autor Echenoz diesbezüglich die Weichen. Er nennt sein Buch einfach nur „14“.
Jean Echenoz: „14„
Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel
Hanser Berlin Verlag € 14,90
Frankreich, 1914: Ein idyllischer Sommertag, Anthime radelt durch die sonnenbeschienene Vendée. Er hört die Sturmglocken läuten, das Signal für die allgemeine Mobilmachung. Mit der alle gerechnet haben, nur nicht an einem Samstag, dem 1. August. Ihm ist im ersten Moment auch nicht klar, was das Geläute eigentlich bedeutet. Also für ihn, so ganz konkrekt. Wie auf dem Titelbild sehen wir auch hier bunt bemalte Abteile mit jubelnden Soldaten. Anthime und seine Freunde haben ihre Kleider, ihren Rucksack mit allen Zutaten bekommen und setzen sich beqeum in den Zug. Nicht ahnend, wohin es überhaupt gehen soll. Aber da Alkohol reichlich vorhanden ist, sieht das alles eher wie ein Sommerausflug aus. Der Himmel ist strahlend blau und sie erkennen hin und wieder eines dieser neuen Flugzeuge am Himmel. Was sie dann erwartet, sind stupide Wanderungen von hier nach dort. Die ersten Entbehrungen kommen zu Tage; der Krieg, die Kämpfe sind jedoch weit weg. Aus den Wochen bis zur Rückkehr werden Monate und der Winter zieht ins Land. Nun merken Sie, dass dieser Ausflug sich wohl noch länger hinzieht. Echenoz lässt sich auf diesen 128 Seiten Zeit, bis er zu seinen ersten Kriegsbeschreibungen kommt. Lapidar, wie das ganze Buch, beschreibt er den Inhalt der Rücksäcke, er erzählt von Kleinigkeiten. So zum Beispiel, dass die Soldaten ihr Kochgeschirr schwarz einfärben mussten, weil das Metall gar zu schön in der Sonne geblickt hat. Er schreibt über das Gräbenziehen und dass dafür natürlich die Spaten waren. Die Grabenkämpfen kommen dann aber doch und Anthime steht mitten drin. Echenoz erspart uns hier nichts und auf ein paar wenigen Seiten sind wir mitten in einer Schlacht, wie sie gruseliger nicht sein könnte. Seine Sprache bleibt die gleiche unterkühlte und wir als Leser sind genauso verblüfft über die Heftigkeit, wie Anthime und seine Freunde und Kollegen. Am Abend nach der Schlacht sehen wir viele Toten und die Überlebenden können es immer noch nicht begriefen, was hier eigentlich stattgefunden hat. Echenoz beschreibt u.a. auch, wie die Musikkapelle, die sich tapfer vor der Schlacht aufgestellt hat, um den Soldaten aufzuspielen, immer weniger werden. Er redet aber nicht von Musikanten, die fallen und sterben, sondern benutzt nur die Musikinstrumente als Synonym. Dies ist jedoch nur der Anfang des Grauen. Es folgen Monate auf Monate. Die Soldaten bekommen nach dem ersten Winter neue Klieder und neue Stiefel, die allerdings aus so schlechtem Material sind, dass sie z.T. nur wenige Tage halten. Die Verzweiflung steigt und viele Soldaten überlegen sich, wie sie aus diesem Horror herauskommen.
Echenoz lässt unserem Anthime überleben. Aber wie. Er erzählt über das entleerte französische Hinterland, denn die eingezogenen Männer werden immer jünger. Er bleibt jedoch immer bei seiner zurückhaltenden Sprache und das ist das Faszinierende daran. Als Anthime und seine Freundin einen Ausflug nach Paris machen, kommen sie sich in der ersten Nacht nahe. Echenoz bescheibt dies so:
„Er stand auf, ging über den Flur, öffnete die Tür gegenüber und trat im Dunkeln auf das Bett von Blanche zu, die auch nicht schlief. Er legte sich dicht neben sie, nahm sie in seinen Arm, dann penetrierte und befruchtete sie. Und im Herbst danach, genau zur Zeit der Schlacht von Mons, die die letzte sein sollte, wurde ein Junge geboren, und man gab ihm den Vornamen Charles.“
Damit endet auch der Roman.
Ein tolles Buch.
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Am Mittwoch, den 19.März stellt um 19.30 Uhr Christoph Öhm seinen neuen historischen Thriller vor. In den nächsten Tagen will ich Sie mit einigen Textpassagen auf das neue Buch einstimmen.
Christoph Öhm: „Der Schatz des Preußenkönigs„
Ein historischer Kriminalroman
Gmeiner Verlag € 12,99
Prolog
Der folgende Bericht über die katastrophalen Ereignisse des Sommers 1778, nach dem Tode des großen Voltaire, ist zum größten Teil aus meinen alten Tagebüchern entnommen. Später konnte ich weitere Passagen ergänzen und zu einem stimmigen Ganzen fügen, um Ihnen, geneigte Leserinnen und Leser, das ganze historische Ausmaß der Intrige und ihre tödlichen Auswirkungen aufzuzeigen. Lassen Sie uns eine Reise unternehmen, weit zurück, in die Zeit, in der alles seinen Anfang nahm.
David Stark
Southern Louisiana, im Jahr 1681
Die kleine Gruppe bewaffneter Soldaten presste sich in den Dreck, hinter niedrigem Gebüsch. Es war drückend heiß und die Kleidung klebte an ihren Körpern. Sie bebten innerlich vor Zorn, als sie den johlenden, tanzenden Leibern zusahen, den Männern und leicht geschürzten Frauen, die sich zur Spielmannsmusik im Kreise drehten. Aus dem lebhaften Getümmel trat einer der Feiernden heraus, er trug eine Fahne bei sich und ging vor ans Ufer von Baton Rouge. Freudig schaute er hinaus in die weite Bucht und auf den Golf von Mexiko. Er rammte die Fahne in die Erde und rief aus voller Kehle: »Vive le roi Louis! Vive Louisiane!«
Ein Knall.
Der Mann zuckte zusammen, als vollführte er eine ruckartige Tanzbewegung. Ein roter Fleck zeichnete sich in seinem Rücken auf seinem weißen Hemd ab.
Wie ein Sandsack fiel der Mann vornüber in den Uferschlamm.