Hoffentlich erfreut uns die Sonne auch so, wie am Samstagmorgen.
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Am Montag, den 29.April um 19 Uhr liest Jochen Schmidt aus seinem neuen Roman.
Jochen Schmidt: „Schneckenmühle“
Langsame Runde
Beck Verlag € 17,95
Wir freuen uns jedesmal, wenn Jochen Schmidt ein neues Buch veröffentlicht, denn dann wissen wir, dass er auch zu uns in die Buchhandlung kommt. So auch mit „Schneckenmühle“.
Hä? Schneckenmühle? Was ist das denn?
Ganz einfach: Schneckenmühle ein Ferienlager in Sachsen, in das Jens jeden Sommer gehen darf.
Dieses Jahr ist er 14 und es ist das 1989. Wir wissen, was mit der DDR kurz darauf passierte. Jens hat davon keine Ahnung. Er bereitet sich auf diese (für ihn schon gewohnten) Sommerferien vor. Dort kann er Skat spielen, Fußball und Tischtennis, muss allerdings auch auf Wanderungen gehen. Und vor allem sind da die endlosen Nächte mit Quatsch und Gesprächen über Mädchen. Nur Tanzen in der abendlichen Disko, das kommt nicht infrage, zum Tanzen ist Jens zu schüchtern. Wichtig ist natürlich, das Richtige mitzunehmen, den alles kann peinlich sein: die falschen Hosen, die falschen Frisuren, die falschen Bewegungen beim Tanzen oder auch nur die Warze auf dem Handrücken, die Jens unter einem kreisrunden Pflaster zu verbergen sucht. Er gehört eher zu den Kleinen, Schmächtigen und ist auch nicht gerade ein vorlautes Großmaul.
„Langsame Runde“ heisst der Untertitel. Hierbei dreht es sich nicht nur um die Stehblues-Geschichten auf der Tanzfläche. Tanzen mit Körperkontakt (was ja wieder jede Menge gedanklicher Vorbereitungen bedarf), sondern es spiegelt darin auch der immer gleiche Alltag in diesem Sommerlager, das übrigens heute noch existiert. Immer die gleichen Rituale, die gleichen Witze, die Mädels in der Umkleidekabine beobachten, …
Jochen Schmidt sind die Stimmungen wichtig, die Gedanken im Kopf des schüchternen Jens, der alles hinterfragt, damit er ja nicht negativ auffällt. Auch er möchte so gerne von allen anerkannt sein, auch mal der große, starke Maxe sein.
Die Chance hat er, als sich ein Mädchen ihm anvertraut, die abhauen will (wie übrigens auch einer der Erzieher, der sich über Nacht abgesetzt hat). Jens hilft ihr und gemeinsam unternehmen sie auch einen „Ausbruchsversuch“. Aber auch in diesen Szenen schreibt Jochen Schmidt in seiner lakonischen Art weiter, lässt sie auf einem Russenlaster mitfahren und in einer Kneipe fast versumpfen.
Eigentlich passiert nichts in diesen Wochen und doch passiert bei Jens so viel: „Ich kann es gar nicht glauben, Mischen, Käuzchenruf, Fliegenfangen und jetzt auch noch Tanzen, ich habe in so kurzer Zeit so viel gelernt wie noch nie im Leben.“
Und Jens lässt dann auch so einen Spruch wie: „Dass immer möglichst viel Zeit bleiben soll, bis die Zukunft beginnt“ los, der vielleicht über diesem Roman stehen kann.
Jochen Schmidt ist der große Meister des Understatements. Seine leisen Töne entfalten sich erst nach ein paar Sekunden. Zwischen den Zeilen geht die Geschichte auf wie ein Hefezopf. Er braucht kein großes Tamtam, sondern stellt uns seinen Jens vor und wir bekommen einen kleinen Einblick in den Alltag der DDR, der aber ein großes Abbild der damaligen Gesellschaft ist.
Nicht zu vergessen: Jochen Schmidts Texte sind so feinsinnig witzig, dass wir uns im Buchladen schon des öfteren gekugelt haben vor lachen.
Merken Sie sich den Montag, 29.4. vor.
Die Lesung findet in der Buchhandlung statt. Die Plätze sind also begrenzt.
Leseprobe
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