Samstag

Kein Bauernopfer für TTIP

Der 21. Mai wird vom Kulturrat als Tag der kulturellen Vielfalt und Aktionstag gegen TTIP organisiert: Auf der am vergangenen Donnerstag freigeschalteten Aktionsseite www.buchhandel-statt-freihandel.de haben bis heute bereits 2.000 Freunde des stationären Buchhandels die Forderung unterstützt, dass die Buchpreisbindung bei TTIP ausgenommen wird.

„Die US-Digitalwirtschaft will einen Preiskampf gegen den stationären Handel. Sie will Preise und Konditionen selbst bestimmen und ihre monopolartige Marktmacht festigen. Das ruiniert in ganz Europa den filigranen Buchhandel vor Ort und damit die kulturelle Qualität und Vielfalt“, sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. „Feste Ladenpreise tragen zum Erhalt einer intakten Buchhandelslandschaft bei und zu einem hochwertigen Buchangebot. Das kommt vor allem den Lesern zu Gute. Deshalb darf die Buchpreisbindung in den TTIP-Verhandlungen nicht zum Bauernopfer werden.“ Zwar werde inzwischen von vielen Seiten beteuert, die Buchpreisbindung werde keinesfalls angetastet, konkrete Belege oder Garantien für eine tatsächliche Entwarnung gibt es jedoch nicht. Immer noch sei es nicht möglich zweifelsfrei festzustellen, ob und in welchem Zusammenhang dieser Punkt bei den Verhandlungen diskutiert wird.
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Heute haben
Friedrich Rückert * 1788
Jakob van Hoddis * 1887
Juan Rulfo * 1918
Geburtstag

Friedrich Rückert
(aus: Mailieder)
Was thut nicht eine Frühlingsnacht?

Eingeschlafen im Abendhauch
War der knospende Rosenstrauch,
Und staunend, als er früh erwacht‘,
Stand er in voller Blütenpracht,
Was thut nicht eine Frühlingsnacht
An Menschenblumenknospen auch!

Unter des Himmels Blau

Unter des Himmels Blau,
Unter des Maien Tau,
Den Frühlingslüften lau,
Als ihr schliefet im Freien,
Dacht‘ ich, die Bettchen seien
Wohlbestellet euch zweien.

Unter des Himmels Grau,
Den Winterlüften rauh,
Auf der erstorb’nen Au,
Nun ihr schlafet im Freien,
Wird es über euch schneien
Nicht Blüten wie im Maien.
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Nel mezzo del cammin di nostra vita
mi ritrovai per una selva oscura,
ché la diritta via era smarrita.

Ahi quanto a dir qual era è cosa dura
esta selva selvaggia e aspra e forte
che nel pensier rinova la paura!

978-3-15-019318-1

Am kommenden Dienstagabend steht bei uns im Buchladen Dante Alighieri im Mittelpunkt. Stefana Sabin hat im Reclam Verlag „Dante auf 100 Seiten“ herausgebracht und wird uns den großen Dichter vorstellen. Geschichtlicher Hintergrund, politische Intrigen und die damit verbundene Biografie Dantes, kommen genauso zur Sprache, wie sein literarisches Werk. Die „Göttliche Komödie“ gehört längst zum Kanon der Weltliteratur und nicht zuletzt Papst Franziskus meinte, dass wir daraus noch etwas lernen können.
Ich habe Stefana Sabin einige Fragen geschickt, die sie auch sofort beantwortete.
Hier zur Einstimmung auf einen interessanten Abend:

750.Geburtstag von Dante.
Warum ist es immer noch wert an Dante zu denken, auf ihn hinzuweisen? Für Italien ist das sicherlich wichtig, wie Sie auch in Ihrem Buch schreiben. Aber warum auch in Deutschland?

Weil jenseits dem politischen und wirtschaftlichen Streit Europa auch eine kulturelle Gemeinschaft ist. Dante und seine Komödie gehören zum europäischen Kanon, zu einer einheitlichen europäischen Fantasiewelt. Schließlich würde man auch nicht fragen, warum es immer noch wichtig ist, auf die Bibel hinzuweisen! Die Bibel gehört zu unserer Fantasiewelt nicht, weil wir alle fromme Christen sind, sondern weil die Geschichten, die darin erzählt werden, unser Verhalten und unsere Empfindungen geformt haben.

Wenn wir an Dante denken, dann fällt uns immer die Komödie ein (und schreiben das dann immer falsch: Komödie – commedia).
Lohnt sich auch ein Blick in seine anderen Werke?

Die Komödie ist ohne Zweifel Dantes Hauptwerk – das Werk, dem er seine Kanonisierung durch die Literaturgeschichte verdankt. Zwar ist seine frühe Liebeslyrik auch von sprachlicher Besonderheit, aber die poetische Kraft der Komödie bleibt einzigartig. Für Philosophen sind, glaube ich, die lateinischen Werke immer noch interessant – manchmal ist erstaunlich, wie aktuell manche der dort formulierten Gedanken sind.

Wie gehe ich an die Komödie ran? Drei dicke Bücher. Alles voller Anspielungen. Wie ist das zu bewältigen? Brauche ich den italienischen Text. Prosa oder in Terzinen?

Eigentlich stimmt es nicht, dass es drei Dicke Bände sind – es ist ein nicht besonders dicker Band! Aber die meisten modernen Ausgaben enthalten viel Kommentar – also Versuche, die Anspielungen und die historischen Bezüge zu erklären. Natürlich sind diese Kommentare wertvoll – aber man kann die Geschichten auch ohne Kommentar lesen – es sind Liebesgeschichten, Gruselgeschichten, Abenteuergeschichten. Das alles ist höchst amüsant. Und man muß ja nicht mit der Stoppuhr lesen, man kann Stückweise lesen – man liest die Bibel auch Stückweise!

Ob man den italienischen Text braucht, weiß ich wirklich nicht. Es ist heute üblich, zweisprachige Ausgaben zu machen – und das finde ich sehr schön. Auch wenn man kein Italienisch kann, gibt der Blick ins Original eine Ahnung von der fremden Sprache.

Sie haben in der Reihe „… auf 100 Seiten“ auch noch Shakespeare
herausgebracht.
Auch so ein Mythos. Was war einfacher? Was hat mehr Spaß gemacht?

Es ist nie einfach, über solche Figuren und solche Werke zu schreiben: Je einfacher man schreiben will, desto mühsamer wird es… Shakespeare ist uns gewissermaßen näher, er ist moderner. Dante hat einen mittelalterlichen Ernst, an dem ich immer wieder wie abgeprallt bin… Spaß hat beides gemacht, großen Spaß.

Letzte Frage: Kann man ohne Dante leben?

Ach, ich weiß nicht! sicher kann man ohne Dante und ohne Shakespeare leben – aber ist das Leben!?!? und: Warum sollte man ohne Dante leben, wenn es doch viele Ausgaben gibt.

Viele schöne Grüße – ich freue mich auch auf den Abend.
Stefana Sabin

Stefana Sabin hat in Frankfurt, Haifa und Los Angeles studiert und mit einer literaturwissenschaftlichen Studie über moderne amerikanische Lyrik promoviert. Sie ist Mitarbeiterin im Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung und hat mehrere Anthologien zeitgenössischer Prosa herausgegeben, Biographien (über Andy Warhol und Gertrude Stein) verfasst und kulturgeschichtliche Studien (über Mehrsprachigkeit, über Antisemitismus) veröffentlicht. Eine Auswahl ihrer Essays ist in dem Band Die Wahrheit der Literatur (2001) erschienen. Stefana Sabin ist Herausgeberin des Onlinemagazins FAUST-Kultur.
(Biografietext: Reclam Verlag)

Für alle, die schon mal in „Die Göttliche Komödie“ spickeln wollen, bekommen neben dem italienischen Originaltext die deutsche Übersetzung und Erläuterungen auf folgender Seite:
divina-comedia.de

Dienstag, 19.Mai um 19 Uhr
Stefana Sabin: „Dante auf 100 Seiten“
Eintritt  € 10,00
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Die Klasse 5a des Kepler Gymnasiums Ulm besuchte die Buchhandlung Jastram.
Hier der Bericht

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