Samstag

Rasmus Schöll empfiehlt:

1489

„Opfer“
Regie: Andrei Tarkowski

Frankreich/Schweden 198,
FSK ab 12
Schwed/dt, Ut: Dt/engl
DVD ca. € 15,00

Die Filme von Andrei Tarkowski  waren, neben Godard und Fellini, mein erstes, absolutes Kunsterlebnis, mit dem Medium Film. Sein bekanntester Film dürfte wohl „Solaris“ sein. Vor einigen Jahren entdeckte ich zufällig das Buch „Die versiegelte
Zeit“ von Tarkowski. Es sind  Gedanken zur Kunst, zur Ästhetik und Poetik des Films, so auch der Untertitel des Buches. Seine Gedanken zum Film, dass dieser in sich die Möglichkeit der Vereinigung der Künste biete und somit zulasse, die großen Kunstwerke in ihrem Kern, ihrer Uridee an sich, neu zu interpretieren und darzustellen, begeisterten mich. Den ersten Film den ich sah, war „Der Spiegel“. Tarkowski zeigt
darin Bilder, Szenen und die typisch bruchstück-traumhaften Erinnerungen der Kindheit, genauer seiner Kindheit. Ehe ich mir alles reinzog, was er je gemacht hatte, sah ich „Stalker“, ein mysteriöser Film. Ausgangspunkt der Handlung ist ein Dorf nahe eines Gebietes, das „Zone“ genannt wird. In dieser „Zone“ wirken eigenartige, scheinbar
übermenschliche Kräfte. Der Ursprung der Zone bleibt im Wagen. War es ein Metoriteneinschlag, oder Außerirdische? Genaueres weiß man nicht. Der Stalker, ein Spurenleser, der Fähigkeiten und eine Sensibiltät entwickelt hat, um mit diesen Kräften umzugehen, lebt davon, verbotener Weise Menschen in die „Zone“ zu bringen. Er führt einen Wissenschaflter und einen Schriftsteller, die beide ganz unterschiedliche Motive haben, in die „Zone“. Dieser Weg, so scheint es, ist auch ein Weg in das Innere des Menschen in künstlerisch-philosophisch-spiritueller Weise. Es ist gar nicht so einfach wirkliche Worte zu finden, die ausdrücken, was Tarkowskis Filme zeigen. Vielleicht muss man diese Filme eher sehen, wie man ein Gemälde betrachtet, die Musik hören wie in einem Konzert und die Texte wirken lassen, wie ein Gedicht. Auf jeden Fall sind es  unglaublich ruhige, kreative und für mich existenzielle, die großen Fragen des Lebens stellende Bilder. Zum Beispiel wird ein Bächlein gefilmt. Der Bachgrund besteht aus schwarzen Schachmosaiken, auf dem Grund liegen Gegenstände in stilvollendeter Ästhetik mit enorm starker Symbolkraft und plötzlich zerläuft Farbe im Wasser. Das ist wunderschön!
Bei uns im Laden steht jetzt sein letzter Film: „Opfer“, der lange Jahre in Deutschland nur sehr schwer oder gar nicht zu bekommen war. Tarkowski wurde nur 54 Jahre alt. So kann man „Opfer“ auch nicht als richtiges Alterswerk bezeichnen. Gedreht wurde der Film auf der schwedischen Insel Gotland. Es gibt ein Fest in einem Haus, plötzlich wackelt alles, Gläser fallen auf den Boden und  Menschen in Ohnmacht. Der Fernseher rieselt nur noch Ameisen und durch die Luft kreischen  Wortfetzen aus Lautsprechern:  „Ordnung und Organisation“. Alles deutet auf den Ausbruch eines nuklearen Weltkriegs hin. Die Hauptperson, Alexander, ein ehemaliger Schauspieler, legt ein Gelübde ab. Er will alles opfern, was ihm wichtig und lieb ist. Das Ende und der Ausgang sei hier nicht verraten. 1986 kam der Film in die Kinos, zwei Wochen nach Tschernobyl Eine gewisse Hellsichtigkeit scheint den Filmen Tarkowskis immanent zu sein. Es ist verständlich, dass diese Art von Filmen nicht zum Mainstream gehören und dennoch gehört es zu dem Besten was  der Film zu bieten hat.

Ein Gedanke zu „Samstag

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