Montag

Nach einer Auszeit am gestrigen Sonntag, gibt es heute wieder ein paar Tipps rund um die Buchhandlung Jastram.
Gestern hatten übrigens noch Martin Walser und Peter Bichels Geburtstag und heute sind die Todestage von Novalis und Antonio Tabucchi.
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Am Dienstag nach Ostern führen wir unsere Tradition fort und stellen in unserer Reihe: „Die erste Seite“ vier neue Bücher vor. Wenn Sie also nicht in den Osterferien unterwegs sind: schauen Sie doch vorbei.
Dienstag,  2.April um 19 Uhr
„Die erste Seite“
Es liest Clemens Grote.
Eintritt frei.
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Wir wollen in den nächsten Tagen Textpassagen aus dem neuen Erzählband
von Bernd Schmitt auf diesem Blog veröffentlichen.

lueckentexte

Bernd Schmitt: „Lückentexte
mit Zeichnungen von Dorothea Grathwohl
Gerhard Hess Verlag € 9,95
Das Buch liegt bei uns aus.

„Das vorliegende Büchlein beschäftigt sich mit Lücken. Dort, wo mich die Welt anlächelte mit dem Milchzahngebiss eines Schulanfängers oder dem letzten Zahn einer verwundeten Greisin, sah ich Platz für einen Text. Dabei war es völlig unerheblich, ob es sich um die reale Welt handelte wie in den Portraits verschwundener Menschen und Orte oder die literarische Welt wie in einem von Shakespeare nicht notierten Gespräch zwischen Herrn und Frau Macbeth, ob es sich auf die Vergangenheit bezog, auf die Gegenwart oder die Zukunft, ob einer Person zu gedenken war – der blinden Usche, dem oberen Beck – oder ein Ort zu beschreiben – der Hasensaal, der alte Steinbruch, die Bushaltestelle – ob ich einen vergessenen Dialog nachzuliefern hatte – was hätten Kaspar und Agathe im Freischütz sich nicht zu sagen gehabt – oder einer ewig stummen Figur meine Stimme leihen wollte, wie in den fiktiven Briefen des Augsburger Bäsles an Mozart.
Ausschlaggebend einen Text zu schreiben, war der Mangel, den ich empfand, die fragenden Augen, die ich sah und in denen ich die Bitte um Wort und Stimme zu lesen glaubte.“, schreibt Bernd Schmitt über sein neues Buch.

Die skurrilen Zeichnungen Dorothea Grathwohls schaffen eine phantastische Gegenwelt, zu der oft zärtlich-schrägen Sicht auf die Menschen und die Dinge in den Texten von Bernd Schmitt.

Bernd Schmittt wurde 1962 in Jungingen bei Ulm geboren. Er studierte in Stuttgart Klarinette und bildete sich, u.a. bei Ruth Berghaus weiter zum Regisseur. Er arbeitet vorwiegend im Bereich Oper und Sprecher, sowie als Autor. Außerdem ist er Dozent an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Bernd Schmitt lebt in Weinstetten.

Dorothea Grathwohl wurde am 23. Januar 1968 in Biella / Piemont, Oberitalien geboren. Sie studierte Zeichnen bei Albrecht Vogel in Schwäbisch Gmünd. U.a. arbeitet D. Grathwohl in der Erwachsenenbildung für reduziertes Aquarell und Aquarellcomic, begleitet Mappenarbeit für Kunststudenten und gestaltet Konzertplakate und Buchcover; seit 2002 Ausstellungstätigkeit in Einzel- und Gruppenausstellungen. Dorothea Grathwohl lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin und Grafikerin in Ulm.

Blinde Usche

An Rot, sagte sie, und stellte das Radio leiser, an Rot könne sie sich erinnern, aus ihrer Kindheit, als sie noch ein wenig sehen konnte. An Blau auch, vielleicht an Blau. Und an die Hand ihres Vaters, erhoben zum strafenden Schlag, wenn das kleine Mädchen, das sie einmal gewesen war, sich wieder ungeschickt angestellt hatte, seines schwindenden Augenlichts wegen.
Sicheren Schrittes ging sie jetzt, ein schmales wohlerhaltenes Weiblein jenseits aller Altersbestimmung, durch ihr Haus, das kleiner war als alle anderen, vielleicht der Übersichtlichkeit halber, wenn das Wort hier erlaubt ist.
Eines ihrer Augen war milchig trüb, das andere fehlte. Und immer blinzelte sie mit ihrer leeren Höhle, der man wider besseres Wissen einen Rest an Sehkraft nicht absprechen mochte, freundlich in die Welt. Sie haderte nicht.
Nur manchmal, wenn sie mir ihren immer krummer werdenden Lesefinger zeigte, dessen Tastsinn eine Geschwulst allmählich abtötete, hatte ich das Gefühl, dass sie das Leben nicht gerecht fand.
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Letzte Woche war Susanne Jung in der Ulmer vh und stellte ihr Buch vor.
Sehr direkt, auch frech und witzig erzählte sie über ihre Arbeit als Bestatterin.
Es war mehr ein Diskussionsabend, als eine Lesung und bleibt wohl bei den Zuhörern noch länger in Erinnerung, zumal ganz viele davon auch selbst schon Erfahrungen mit Bestattungen gemacht hatten.

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Susanne Jung: „Besser leben mit dem Tod
oder Wie ich lernte, Abschied zu nehmen
Klett-Cotta Verlag € 19,95
als eBook € 15,99

Susanne Jung erzählt aus ihrem Leben mit dem Tod. Wie sie ihm selbst begegnete – und wie ihm all die Menschen begegnen, die sie dabei begleitet, ihre Toten zu bestatten und zu verabschieden. Sie ist dabei viel mehr als eine konventionelle Bestatterin, die Sarg und Trauerfeiertermin organisiert. Sie ist eine Begleiterin der Hinterbliebenen.
Sie hat ein Anliegen: den Tod zu enttabuisieren und für einen bewussten, achtsamen Umgang damit zu sensibilisieren. Wer Verluste nicht in sein Leben integrieren kann, wird nicht wachsen, wird auch selbst unter Angst und Unfreiheit leiden. Ein guter Umgang mit dem Tod bezieht sich also aufs ganze Leben, auf unseren Umgang mit Trennungen und ­Verlusten. Und wer im Leben mit sich, seiner ­Familie und seinen Mitmenschen im Reinen ist, der kann auch besser in den Tod gehen. Oder andere gehen lassen. In dem Buch geht es ans Eingemachte, um eine Philo­sophie des guten Lebens. Es ist analytisch und emotional und mit großer Intensität geschrieben.
Ihre, manchmal burschikose Art, nimmt man ihr sehr wohl ab und diese Herangehensweise tut gut.
So fordert Sie uns auf, dass wir uns jetzt schon mit unserer eigenen Bestattung beschäftigen und dies auch schriftlich fixieren, damit unsere Hinterbliebenden sich leichter tun und unserem Willen entsprechend uns verabschieden können.

Leseprobe
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Wer hat jemals etwas über den Frühling erzählt?
Welcher Frühling?

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Mehr Frühlingsfotos auf unserem Jastram Fotoblogjastram.tumblr.com„.

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