Montag

Gestern hatten
Aharon Appelfeld  * 1932
und
Richard Ford  *  1944
(wir gratulieren zum 70.)
Geburtstag.

Heute sind es
Friedrich Maximilian von Klinger * 1752
Georg Weerth * 1822
Ruth Rendell, alias Barbara Vine * 1930
Frederik Hetmann * 1934

und es ist der Todestag von Heinrich Heine (+ 1856)
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Heinrich Heine
Altes Lied

Du bist gestorben und weißt es nicht,
Erloschen ist dein Augenlicht,
Erblichen ist dein rotes Mündchen,
Und du bist tot, mein totes Kindchen.

In einer schaurigen Sommernacht
Hab ich dich selber zu Grabe gebracht;
Klaglieder die Nachtigallen sangen,
Die Sterne sind mit zur Leiche gegangen.

Der Zug, der zog den Wald vorbei,
Dort widerhallt die Litanei;
Die Tannen, in Trauermäntel vermummet,
Sie haben Totengebete gebrummet.

Am Weidensee vorüber gings,
Die Elfen tanzten inmitten des Rings;
Sie blieben plötzlich stehen und schienen
Uns anzuschaun mit Beileidsmienen.

Und als wir kamen zu deinem Grab,
Da stieg der Mond vom Himmel herab.
Er hielt eine Rede. Ein Schluchzen und Stöhnen,
Und in der Ferne die Glocken tönen.
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Martin Kordic: „Wie ich mir das Glück vorstelle
Hanser Verlag € 16,90

„Ich kann nur vom dem erzählen, was ich weiß“
So beginnt Martin Kordic auf der Internet-Leseplattform „zehnseiten.de“ (s.u.) seinen Text und seine Hauptperson ist der Junge Viktor (sehr passender Name, der Sieger), der seit seiner Geburt schief und krumm ist und seitdem ein Korsett tragen muss, das er seine Rückenspinne nennt. Auf die Welt gekommen ist er mit Hilfe der Tante und er Schinkengabel, die sowohl der Mutter, als auch ihm das Leben gerettet hat. Bei ihm blieb es jedoch mit dem krummen Rücken. Diese Rückenspinne sitzt fest und darunter nässt es dauernd. Gut allerdings, dass es als auszeichnetes Versteck für sein Messer ist. Viktor lebt mit seiner Familie (der Vater ist viel unterwegs auf Arbeit in fremden Ländern) im Dorf der Glücklichen, auf dieser Seite des Flusses. Es ist das Ex-Jugoslawien vor und während des Krieges, von dem Martin Kordic schreibt. Und er schreibt bei Weitem nicht nur von dem, was er weiß. Deutlich mehr steckt in diesem Roman. Einem schmalen Erstlingswerk, das es in sich hat. Durch seine Sprache und sein Konstrukt setzt es sich deutlich von anderen Kriegserfahrungsbüchern ab. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass Martin Kordic Herausgeber der Lyrik-Literatur-Zeitschrift „BELLA triste“ war und jetzt als Lektor arbeitet. Er weiß mit Sprache umzugehen.
Aber zurück zum Text. Viktor ist also eines von diesen gezeichneten Kindern, wie sie in der Blechtrommel, oder bei Charles Dickens auftauchen. John Irving hat seinen Owen Meany und wir haben Viktor. Aus seiner Sicht des Kindes, des Aussenseiters, erfahren wir über das Aufkommen des Krieges, über die Vertreibung aus ihrem Dorf und den Umzug jenseits des Flusses. Viktor wird von seiner Familie getrennt und gerät an den verwegenen einbeinigen Hütchenspieler Dschib, der ihn ordentlich übers Ohr haut. Mit dem er aber weiterzieht, da er sonst niemanden hat.Es gesellen sich noch der Hund Tango und das rothaarige Mädchen hinzu. Sie ziehen zusammen durch das verwüstete Land, schlafen in Ruinen, deren Fenster sie mit Pappe verkleben, sammeln alte Granaten, Schmuck und Kleidung. Wir erfahren viel über diesen Alltag, der sicherlich nichts für Kinder ist, den aber sehr viele jeden Tag, überall auf der Welt erfahren (müssen). Vitor schreibt für uns mit einem alten Bleistift Listen auf. Listen mit Dingen, die er besitzt. Für all die dies lesen wollen. Er schiebt immer wieder Erinnerungen seine Familie ein. Sehr eindringlich hier das Schneckenudelrezept seiner Oma.
Aus seiner kindlichen Sicht, die allerdings all die Gräuel miterlebt hat, erzählt uns Viktor vom Bosnienkrieg. Wir lesen, wir er wieder alles verliert und aber zu seiner Familie zurückfindet. Ob er wirklich ein Sieger, Viktor, ist, bleibt zu bezweifeln. Allerdings hat Martin Kordic eine Figur erschaffen, die sich in mein Hirn geprägt hat. Der Roman ist mit seinen 170 Seiten nicht dick, aber das was er uns zu erzählen hat, wie Viktor sich das Glück vorstellt, ist schon starker Stoff.
„Ein düsteres Märchen über die Kraft der Poesie und ein Bericht aus einer anderen Welt.“, schreibt der Verlag. Dem möchte ich mich anschließen.

Leseprobe

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Speisekarte_001
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Während ich dies gechrieben habe, lief Musik von Lisa Hannigan.

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