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Heute haben
Klabund * 1890
Bettina Wegner * 1947
Hansjörg Schertenleib * 1957
Geburtstag
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Klabund
Novemberelegie
Ich habe gestern ein Gedicht an dich geschrieben.
Ich saß am offenen Fenster.
Ich fröstelte.
Der Herbstwind wehte.
Er hat’s verweht.
Als du zu mir kamst,
Standen zwei alte Weiber im Hausflur.
Sie krächzten hinter dir her
Wie Krähen.
Du hüpftest wie eine Bachstelze stolz und
zierlich.
Öde ist die Welt, ein braches Feld, und böse
sind die Menschen.
Küsse mich mit deinen braunen Augen
Und wirf die Arme
Wie weiße Fliederäste um mich
Und schenke mir, dem herbstlich taumelnden,
Den Sommer,
Schenke
Noch einmal Sommer mir
Und weiße Rosen,
Letztes Licht.
Da nun der Winter eisig reisig klirrt
Und weißer Schnee die Wege wirrt:
Wohin soll ich wandern?
Wo soll ich bleiben,
Ich Habenichts,
Weißnichts,
Kannichts?
Ich liege schon im offnen Sarg.
Küss meine kalten Lippen,
Um die der Schneesturm stob,
Ein letztes Mal
Und schlag den Deckel zu
Und geh ins Leben
Und lächle deiner Tränen. Lebe!
Liebe!
Und sei geliebt! Gelobt! Bedankt!
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„November“
Gedichte
Zusammengestellt von Evelyne Polt-Heinzl und Christine Schmidjell
Umschlaggestaltung von Nikolaus Heidelbach
Reclam Verlag € 5,00
Wir befinden uns schon in der ersten Novemberwoche. Es bleiben noch ein paar Wochen, dann ist dieses wilde Jahr vorbei. Es ist wichtig in diesen unruhigen Zeiten Rückzugsorte zu finden, um Kraft zu tanken. Ein solcher Ort sind Gedichte. Und der November lädt ein zur Ruhe, zumal das kulturelle Leben wieder still steht.
Theodor Fontane
Der erste Schnee
Herbstsonnenschein; des Winters Näh’
verrät ein Flockenpaar,
es gleicht das erste Flöckchen Schnee
dem ersten weißen Haar.
Noch wird, wie wohl von lieber Hand
der erste Schnee dem Haupt,
so auch der erste Schnee dem Land
vom Sonnenstrahl geraubt.
Doch habe acht! Mit einemmal
ist Haupt und Erde weiß,
und Liebeshand und Sonnenstrahl
sich nicht zu helfen weiß.
Christian Morgenstern
Erster Schnee
Aus silbergrauen Gründen tritt
ein schlankes Reh
im winterlichen Wald
und prüft vorsichtig Schritt für Schritt,
den reinen, kühlen, frischgefallenen Schnee.
Und Deiner denk ich, zierlichste Gestalt.
Gottfried Keller
Wie nun alles stirbt und endet
Und das letzte Lindenblatt
Müd sich an die Erde wendet
In die warme Ruhestatt,
So auch unser Tun und Lassen,
Was uns zügellos erregt,
Unser Lieben, unser Hassen
Sei zum welken Laub gelegt.
Reiner weisser Schnee, o schneie,
Decke beide Gräber zu,
Dass die Seele uns gedeihe
Still und kühl in Wintersruh!
Bald kommt jene Frühlingswende,
Die allein die Liebe weckt,
Wo der Hass umsonst die Hände
Dräuend aus dem Grabe streckt.
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