Heute haben
Simon Dach * 1605
August Stramm * 1874
Dag Hammarskjöld * 1905
Chester Himes * 1909
Mikis Theodorakis * 1925
Harry Mulisch * 1927
Sten Nadolny * 1942
Ulrich Tukur * 1957
Geburtstag
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August Stramm
Der Morgen
Schwarz
Graut
Zerknittert schämig fahlig.
Schweigen schleicht zu Bette!
Schrecke lugen
Horchen
Ziepsen
Ducken
Ziepsen spürig
Schrillen trotzig
Rufen rufen
Wachen auf
Von Ast zu Ast.
In die Winkel glupschen Lüfte
Talpschen Dünste.
Klatschen Flattern Knacken Schwirren
Zerrt ins Fahle bleiche Fetzen!
Blaublaß glasen Ströme zu Kristall!
Klirrig
Grellt der Himmel auf!
Funken brennen
Splitter glühen!
Schauernd
Wirbeln Tropfen Spiegel!
Lichtgeblendet schwingt herauf
Die Helle!
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Annett Gröschner: „Berliner Bürger*stuben“
Palimpseste und Geschichten
Edition Nautilus 20,00
„Berlin in zwei Sätzen: ›I see you‹ – ›Wir euch ooch.‹“
Annett Gröschner hat vor Jahren ein Buch herausgebracht, in dem sie in verschiedenen Städten der Erde mit der Linie 4 gefahren ist. Was passiert entlang der Straßenbahnstrecken, welche Geschichten tun sich auf, was gibt es zu entdecken, was zu erzählen? Ich habe sie wegen der Ulmer Linie 4 angeschrieben, schon erste Kontakte vor Ort geknüpft, aber es ist nichts daraus geworden, da Frau Gröschner für einen längeren Zeitraum verreist war. Und nun gibt es die ehemalige Linie 4, die einmal quer durch Ulm verlief, nicht mehr.
Annett Gröschners gesammelte, vorliegenden Geschichten lesen sich wie aus einem Guss, obwohl sie über Jahre verteilt, erschienen sind. Sie flaniert durch die Straßen der Stadt, durch die Geschichte und Geschichten ihrer Wahlheimat. Nicht immer zu Fuß, sondern auch mit der Straßenbahn, dem Fahrrad, im Wasser, oder im Kopf oder Wochen im Archiv. Aber immer kreist alles um Berlin, ob sie nun über die Gingkobäume in der Humboldt-Universität, die Villa eines Kapitäns in der Fasanenstraße, Kleingärten, Friedhöfe, verlassene Industriegebiete, das Stadion an der Alten Försterei oder die Regionalexpresslinie 4 (Ha!) schreibt. Wenn sie die Palimpseste der Volksbühne entschlüsselt, mit Frau Globisch fliegt, Annemirl Bauer beim Madonnenmalen zuschaut und Gitti Eicke betrauert, einem Gasableser lauscht, eine syrisch-kurdische Dichterin bei ihrer Ankunft in der Stadt begleitet und Paradigmenwechsel bedauert.