Mittwoch, 24.Juni

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Heute haben
Ambrose Bierce * 1842
Bruce Marshall * 1899
Yves Bonnefoy * 1923
Anita Desai * 1937
Gerhard Roth * 1942
Eugen Ruge * 1954
Geburtstag
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Maskenleid & Maskenfreud

Die Maskenpflicht ist so gesehn
für manchen Menschen unbequem
denn sie verhüllt ja das Gesicht
und man sieht seine Schönheit nicht

Auch die, die sich Vampire heißen
die hindert sie ran zuzubeißen
So ist sie auch auf alle Fälle
ein Paradox für Kriminelle

Manch Pausenclown & Fratzenschneider
den hindern diese Mundverkleider
am Maulaufreißen und Grimassen
weshalb sie solche heftig hassen

Doch eines ist nicht zu bestreiten
Sie hat auch ihre guten Seiten:

Zum Beispiel bei sehr krummen Nasen
bei Narben oder Herpesblasen
Bei Zahnlücken und Hautekzemen
wird gern man eine Maske nehmen

Auch ist ihr Tragen, das ist logisch
für Scheichs und Machos pädagogisch
Da sie nun erstmals selbst erkennen
wozu sie ihre Frauen drängen

Drum ist die Maske so per se
ein Zeichen für égalité

© Jörn-Peter Dirx
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„Systemsprenger“ € 12,99
Regie: Nora Fingerscheidt, D 2019, FSK ab 12

Ein unglaublicher Film, der mich im Kino umgehauen hat, wie eine harte Linke in die Magengegend. Laut, direkt und, das mag man fast kaum glauben, sehr zart und liebevoll.
Das Mädchen Benni ist zehn und egal wo sie hinkommt, wo sie wohnt, in welche Schule sie geht: sie fliegt hinaus. So etwas nennt das Jugendamt einen „Systemsprenger“. Dabei will Benni nur eines: Liebe, Geborgenheit und wieder bei ihrer Mutter wohnen. Doch Bianca hat Angst vor ihrer unberechenbaren Tochter. Als es keinen Platz mehr für Benni zu geben scheint und keine Lösung mehr in Sicht ist, versucht der Anti-Gewalttrainer Micha, sie aus der Spirale von Wut und Aggression zu befreien.
Benni ist anders, seid ihr als kleines Kind eine Windel ins Gesicht gepresst wurde, bis sie beinahe erstickt ist. Seitdem darf niemand ihr Gesicht berühren, sonst tickt sie aus. Aber nicht einfach nicht nur ein kleiner Ausraster. Ihr Ausbrüche sind lebensgefährlich für sie und ihre Gegenüber.
Gleichzeitig ist sie ein Kind voller Zärtlichkeit, die ein großes Schmusebedürfnis hat, lustig und traurig sein kann. Zu ihrer Mutter kann sie nicht, da sie überfordert ist mit ihrem Leben, mit ihren Beziehungen und mit Benni.
„Systemsprenger“ kann ich nicht beschreiben. Sie müssen schon selbst den Film erleben, sonst glauben sie mir nicht wie schön und traurig dieser Film über ein schwer traumatisiertes Kind ist. Gleichzeitig sind wir erschlagen von dem Gewaltpotential Bennis und unserer Hilflosigkeit ihr gegenüber. Wenn sie uns mit glasigem Blick anschaut, nachdem sie wieder einmal mit Medikamenten ruhiggestellt worden ist, ist kaum auszuhalten. Der Regisseurin ist ein sehr intensiver, nicht belehrender, Film gelungen und wie die Hauptdarstellerin Helena Zengel diese Rolle spielt, ist mir wirklich ein Rätsel.
Zurecht wurde der Film mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.