Mittwoch, 12.September

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Heute haben
Han Suyin * 1917
Stanislaw Lem * 1921
Michael Ondaatje * 1943
Geburtstag und
auch Mark Rothko  *1903
Dmitri Schostakowitsch * 1906
Barry White * 1944.
Es ist der Todestag von David Foster Wallace.
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Heute auf dem Gedichtekalender:

Klabund
Enzian II

Wenn ich wüßte warum –
Ich wüßte weniges.
Wenn ich wüßte woher
Ich wüßte viel.

Der Anker auf dem Matrosenarm
Faßt Fleisch.
Dein Gesang aus den Fenstern
Verstummt.

Dorthin segelt die Yacht,
Die Jähe.
Weiße Brust?
Atmet die Salzsee.

Die großen Meere! Aber die kleine Quelle
Sah niemand im Alpendickicht.
Nur ein sterbendes Murmeltier
Netzte die Lefzen.
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Sarah Wiltschek empfiehlt:

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Donatella di Pietrantonio:Arminuta
Antje Kunstmann Verlag € 20,00

Ein 13jähriges Mädchen wird von ihrem Onkel, bei dem sie aufgewachsen ist, vor der Tür ihrer „echten“ Familie abgesetzt. Das Mädchen versteht nichts, außer, dass sie zurück will. Da wo sie herkommt. Da wo sie geliebt wurde. Da wo die Stadt, das schöne Haus und das Meer ist. Aber es gibt kein Zurück. Es wird in eine Familie voller Kinder und Armut geworfen. Mit einer Mutter, die streng und unbarmherzig ums Überleben kämpft und ihr weder Trost noch Antworten gibt.
Sie findet heraus, dass ihr Onkel und seine Frau sie aufgenommen haben als sie noch ein Säugling war. Weil sie selber keine Kinder bekommen konnten und ihre Mutter schon genug Münder zu stopfen hatte. Mehr weiß sie nicht und so bleibt ihr bloß die eigene krude Vorstellung von der Krankheit und dem Tod ihrer Ziehmutter. Wie sonst ist zu erklären, dass keine Post, keine Anrufe von ihr kommen und sie sich nicht mehr blicken lässt.
Die Armut macht ihre neue Familie zur Zielscheibe für Hänseleien und Ausgrenzung. Arminuta, die Zurückgekommene wird sie von nun an gerufen. Einzig ihre kleine Schwester nimmt sie von Anfang an in Beschlag und in ihren Schutz. Sie fängt die Prügel der Mutter ab und sorgt dafür, dass ihre große Schwester im neuen Leben zu Recht kommt. Auch ihr Bruder Vincenzo zeigt ihr seine Zuneigung, die gleichwohl weit über die geschwisterliche Liebe hinaus geht. Er hat, wie alle Kinder der Familie die Schule früh abgebrochen, verdient sich auf krummen Wegen ein Zubrot und ernährt damit gleichzeitig seine Eltern und Geschwister. Sein Schicksal steht unter keinem guten Stern und die Familie wird schließlich von seinem Verlust schwer gebeutelt.
Die guten schulischen Leistungen retten Arminuta und bringen sie zurück in die Stadt auf die Oberschule und in eine andere Familie. Als sie endlich ihre Ziehmutter wieder sieht, ist die Erkenntnis bitter und der Grund warum sie sie zurückgegeben hat, hinterlässt eine lebenslange Narbe.

Donatella di Pietrantonios kurzen, aber eindringlich Roman habe ich in einem Rutsch gelesen und war von Anfang an eingenommen von seinen so klar und genau gezeichneten Figuren und von seiner Erzählweise, die sich aufs Einfachste beschränkt, aber präzise den richtigen Ton findet, um die Welt im Innen und Außen der Protagonistin zu beschreiben: Das enge Schlafzimmer der Kinder, in dem die Schwestern Kopf an Fuß auf einer vollgepinkelten Matratze schlafen und sich gegenseitig Trost und Wärme geben. Der Küchentisch, an dem es stets ein Handgemenge gibt, um das beste Stück Brot oder Fleisch. Der Schmutz und die fehlenden Hygiene, die das Leben in Armut zeichnen. All das erzählt die Autorin in einer Haltung, die trotz allem die schönen, lichten und liebevollen Momente herausstellt, so, dass es gleichzeitig eine Geschichte von Freundschaft und vom unzerüttbaren Zusammenhalt der beiden Schwestern ist.

Donatella Di Pietrantonio wurde in den Abruzzen geboren und lebt heute in der Nähe von Pescara. Ihre Romane Meine Mutter ist ein Fluss (Kunstmann 2013) und Bella mia (Kunstmann 2015) wurden mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet. Mit ihrem neuen, in zahlreiche Länder verkauften Buch ist ihr der internationale Durchbruch gelungen.
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Heute abend in unserer Buchhandlung:

WebsiteDemenz

Almut Pfriem: „Perlen der Demenz“

Die aus Ulm stammende Almut Pfriem hat die Demenz ihrer Mutter in einem Buch verarbeitet. Es trägt den Titel „Perlen der Demenz – Eine Familie findet ihren Weg“.
Sie liest daraus heute abend am, 12. September, 19 Uhr.
Der Eintritt ist frei.

Die 53-Jährige schreibt in ihrem Erstlingswerk die Geschichte der letzten Lebensjahre ihrer Mutter, die 2014 starb, aus zwei Perspektiven: Einmal die der Betroffenen, der es schmerzlich bewusst ist, dass sie immer mehr und immer öfter vergisst; und zum anderen aus der der Tochter, die gemeinsam mit ihren Geschwistern versucht, mit den Veränderungen umzugehen und einen für alle gangbaren Weg zu finden. In der Handlung mischen sich Realität mit Fiktion.
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Die Jury des Deutschen Buchpreises hat in Frankfurt am Main ihre Shortlist bekannt gegeben.:

María Cecilia Barbetta: Nachtleuchten
Maxim Biller: Sechs Koffer
Nino Haratischwili: Die Katze und der General
Inger-Maria Mahlke: Archipel
Susanne Röckel: Der Vogelgott
Stephan Thome: Gott der Barbaren

Am Dienstag, den 18.September veranstalten wir ab 19 Uhr wieder unser Shortlistlesen.