Heute kommen unsere Geburtstagkinder nicht aus der Literatur.
Es sind die Sängerin Alanis Morisette, der Schauspieler Morgan Freeman, der Architekt Norman Forster, Marilyn Monroe, Carl Bechstein und Christiane Vulpius, die Lebensgefährtin Goethes.
Mit einer Punktlandung zum 1.Juni stellen wir das passende Gedichtbändchen aus dem Reclam Verlag vor. Die Herausgeberinnen sind die selben wie vom Bierbuch, das wir letzte Woche hier vorgestellt haben. Auch da war es der Reclam Verlag und bei beiden Buchreihen gestaltet Nikolaus Heidelbach die Buchumschläge.
Juni
Gedichte
Hrsg.: Evelyne Polt-Heinzl und Christine Schmidjell
„Frühling lässt sein blaues Band ….“
Von wegen. Der Mai ist vorbei, die Kulturzelte sind aufgebaut, die Theater denken an ihre Sommerpause und der Fußball legt bald los mit seinem europäischen Riesentheater.
Wir können uns jedoch ganz entspannt zurücklehnen, da wir wissen, dass der Reclam Verlag für jeden Monat ein kleines, feines Gedichtbändchen für uns und unsere Hosentaschen hat. Das Wetter könnte noch besser werden. Wir wollen aber nicht über den Regen jammern. Hatten wir doch letztes Jahr viel zu wenig davon. Auch die Herausgeberinnen denken an dieses Wetter. Sie betiteln ihr drittes Kapitel mit „Düstere Junitage“.
Im bunten Wiesenstück
Blütenduft und erste Früchte
Düstere Junitage
Der Sommer ist da
Besondere Tage
Christian Morgenstern
Butterblumengelbe Wiesen
Butterblumengelbe Wiesen,
sauerampferrot getönt –
o du überreiches Sprießen,
wie das Aug‘ dich nie gewöhnt!
Wohlgesangdurchschwellte Bäume,
wunderblütenschneebereift –
ja, fürwahr, ihr zeigt uns Träume,
wie die Brust sie kaum begreift.
Ferdinand von Saar
Die Erdbeere
Bei heißen Sonnenbränden,
Du Beere, duftig, roth,
Mit nimmermüden Händen
Pflückt dich das Kind der Noth.
Es sieht die Fülle prangen
Und unterdrückt dabei
Das eigene Verlangen,
Wie mächtig es auch sei.
Gehäuften Topf und Teller
Trägt es zum Händler dann;
Der geizt noch mit dem Heller –
Er ist ein kluger Mann.
Doch nicht bei seines Gleichen
Vollendet sich der Kreis:
Erst auf dem Tisch des Reichen,
Der zu bezahlen weiß.
So wird zur Menschenhabe
Und dient dem Wucher nur
Selbst deine frei’ste Gabe,
O liebende Natur!
Wilhelm Runge
Blumen flattern Sommer
Blumen flattern Sommer
Duften nimmt beide roten Backen voll
Falter wiegen Wald
Goldkäfer schreien
Mücken strampeln himmelauf und ab
heiß im Arm der Fische hängt das Bächlein
Unken patscht Libellenflügel wach
Zweige lachen
tuscheln
sonnen
strömen
Vögel wogen Wiesen
liegen flach
ziehn die Ahorndolden an den Händen
böse schelten Bienen in den Bart
Zwitschern streckt die sommerschweren Glieder
taumelnd tollt des Atems Flügelschlag
und der Augen wilde Rosen springen.
Das Denken träumt
Gelächter reimt die Straßen
zum Tanz des Blutes
schläfenaufundab
die Adern blinzeln Frühling durch die Knochen
und schlürfen tief den schweren Himmel ein
Wind spielt der Augen froh geschwellte Segel
der Stirne Knoten löst vom Tode sich
weiß über Wiesen schnattern Dörfer hin
die Städte fauchen
und zankend zerrn die Pulse ihre Zügel
nur deine Seele spielt im Sternjasmin
Lieb-Brüderchen Maßloslieb-Schwesterlein
Rosen nicken aus den Junistunden
trällern Sommerblau den Matten hin
mild aus tiefstem Herzen grünt die Heimat
ihre Lippen murmeln wälderschwer
überwelthin schwingt die Sterne Zeit
Kinderwangliebkinderwanggereiht
Krieg brüllt auf
die wilden Blumen schrein
Sonne leckt Gestöhn aus allen Poren
Frieden holt den tiefen Atem ein
und der Nächte durchgewühlte Locken
schmeicheln um der Seele zitternd Knie
Angst zerreißt der Sterne Himmelglanz
und der Abend drückt die Augen blind
einsam geigt
tief hinter Blut geduckt
ewger Kindheit wildumsehntes Glück
und der Sehnsucht über die Welt
hängende Herzen
schlagen
Klabund
Die Wirtschafterin
Drei Wochen hinter Pfingsten,
Da traf ich einen Mann,
Der nahm mich ohne den geringsten
Einwand als Wirtschafterin an.
Ich hab‘ ihm die Suppe versalzen
Und auch die Sommerzeit,
Er nannte mich süße Puppe
Und strich mir ums Unterkleid.
Ich hab‘ ihm silberne Löffel gestohlen
Und auch Bargeld nebenbei.
Ich heizte ihm statt mit Kohlen
Mit leeren Versprechungen ein.
Ich habe ihn angesch…
So kurz wie lang, so hoch wie breit.
Er hat mich hinausgeschmissen;
Es war eine wundervolle Zeit…
Ferdinand von Saar
Die Erdbeere
Bei heißen Sonnenbränden,
Du Beere, duftig, roth,
Mit nimmermüden Händen
Pflückt dich das Kind der Noth.
Es sieht die Fülle prangen
Und unterdrückt dabei
Das eigene Verlangen,
Wie mächtig es auch sei.
Gehäuften Topf und Teller
Trägt es zum Händler dann;
Der geizt noch mit dem Heller –
Er ist ein kluger Mann.
Doch nicht bei seines Gleichen
Vollendet sich der Kreis:
Erst auf dem Tisch des Reichen,
Der zu bezahlen weiß.
So wird zur Menschenhabe
Und dient dem Wucher nur
Selbst deine frei’ste Gabe,
O liebende Natur!
Leseprobe
_______________________

Am Donnerstag, den 16.Juni um 20 Uhr kommt Judith Hermann ins Ulmer Roxy.
Verpassen Sie diese Gelegenheit nicht.
Die kühle Präzision, mit der Judith Hermann diese verzweifelte Geschichte erzählt, raubt einem den Atem.
Volker Weidermann, Der Spiegel, 21.05.2016
Den tänzelnden, federleichten und doch melancholischen Ton, der ihre Leser in ›Sommerhaus, später‹ sofort hingerissen hat, trifft sie auch in ihrem neuen Buch.
Uwe Wittstock, Focus, 21.05.2016
Buch der Woche beim MDR
Besprechung im BR „Diwan“
Die Süddeutsche Zeitung berichtet
„Ich habe mir dieses Gespräch gemerkt. Es war ja kein wirkliches Gespräch, es war eher eine Situation. Ich hätte zu meinem Vater sagen können, dass ich mir all das merken will – einprägen will, um es Jahre später wieder hervorholen zu können, noch einmal zu bedenken und möglicherweise anders zu verstehen. Als mein Mann und ich in diese Stadt hoch im Norden fuhren, um meinen Vater aus der dortigen Psychiatrie abzuholen, hörten wir billige Musik aus dem Autoradio, die Sonne sank, und die roten Blinklichter an den Windrädern leuchteten auf, wir hatten Kaffee dabei und Weingummi und Schokolade, und ich war dankbar, ohne irgendetwas darüber sagen zu können.“
aus Judith Hermann: Lettipark