
Heute haben
Stanislaw Lem * 1921
Michael Ondaatje * 1943
Geburtstag
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Rasmus Schöll empfiehlt:
Sofi Oksanen: „Als die Tauben verschwanden“
Aus dem Finnischen von Angela Plöger
Kiepenheuer & Witsch Verlag € 19,99
eBook € 17,99
Achtung: Die Finnen kommen.
Wie allseits bekannt, ist Finnland das diesjährige Gastland auf der Frankfurter
Buchmesse und so nach und nach sind jetzt alle Toptitel dieses Bücherherbstes
im Laden. Hier kommt eines, das mir sehr, sehr gut gefallen hat. Bei so manch einem dürfte Sofi Oksanen einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, mit ihrem fulminanten Buch „Fegefeuer“.
Und nun druckfrisch ihr neuestes Buch: „Als die Tauben verschwanden“ ist ein starkes, bewegendes und lang nachwirkendes Buch über die 30er und 40er Jahre des letzten Jahrhunderts, mit Vorblenden bis in die 60er Jahre. Für deutsche Leser aus vollkommen neuer Perspektive werden die Kriegswirren und die Einzelschicksale aus estnisch-/finischer Sicht geschildert. Meisterhaft erbaut sich die Handlung an drei Hauptpersonen: Nr.1 Edgar, ein schleimiger Ekeltyp, nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht, gnadenlos – brutal. Genial von Sofi Oksanen gezeichnet, ein überspitzter oder ins extrem getriebener „Untertan“, ganz im „Mannschen Format“.
Nr.2 Roland, ein ehrlicher Widerstandskämpfer, voller Liebe zu Estland, fein
sensibel, von hohen Idealen geleitet, bildet den Antipoden.
Und Nr.3 Judith, die Frau von Ekel Edgar, eine vielschichtige Persönlichkeit,
die Edgar mit einem SS-Offizier betrügt.
Alles zusammen ergibt ein spannungsreiches, erfrischend anders erzähltes Buch
über die Zeit des 2. Weltkrieges und seiner Folgen, über ein Land (Estland)
zwischen den beiden „genoziden“ Ideologien (NS – Kommunismus) des 20.
Jahrhunderts. Das Buch hat mich stark an „Fegefeuer“ erinnert und ist sicherlich nichts für schwache Nerven. Es ist eine Geschichte, die einem noch lange zu denken gibt.
Kein Urlaubsbuch, aber es hat alles, was im Kafka’schen Sinne („Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“) ein gutes Buch braucht.
Über die Autorin:
Sofi Oksanen, geboren 1977, Tochter einer estnischen Mutter und eines finnischen Vaters, studierte Dramaturgie an der Theaterakademie von Helsinki. Ihr dritter Roman, „Fegefeuer“, war monatelang Nummer eins der finnischen Bestsellerliste und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Finlandia-Preis, dem Literaturpreis des Nordischen Rates und dem Prix Femina. Der Roman erschien in über vierzig Ländern und machte die Autorin auch in Deutschland zu einer der wichtigsten Vertreterinnen der internationalen Gegenwartsliteratur. Ihr erster Roman „Stalins Kühe“ erschien in Deutschland 2012. Sofi Oksanen ist verheiratet und lebt in Helsinki.
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NDR Podcast
Denis Scheck über das Buch
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Heute abend ist es soweit:
Beim shortlistlesen lesen Marion Weidenfeld und Clemens Grote aus den sechs verbliebenen Büchern für den Deutschen Buchpreis.
Beginn: 19 Uhr
Ort: In der Buchhandlung
Eintritt: frei